Genauer gesagt:
6,01
Euro. In der Bucht geschossen. Selbstabholung, was mir sehr recht war, also muss man fairerweise –anstelle des Portos- noch etwas „Benzingeld“ aufrechnen. Nur 1 weiterer Bieter hatte sich für das Gerät interessiert, aber das wohl nicht allzu sehr, angesichts des Ersteigerungspreises. Abgeholt hat das Teil dann meine Frau, ich musste arbeiten und wollte den Vorgang verständlicherweise nicht auf die lange Bank schieben, man weiß ja nie…
Graetz 177w, also das "Übergerät", 1954 im Radiokatalog mit 539 DM Anschaffungspreis angepriesen. Optisch bereits veraltet, da die neue Melodia/Sinfonia-Serie auf den Markt gekommen war.
Was erwartete mich also? Auf Grund der sparsamen 2 Fotos war zu erkennen, dass die Rückwand vorhanden, die Skala nicht gerissen und der Stoff sehr gut erhalten war. Außerdem stark abblätternder Lack, was ja auch vorteilhaft bei der Restaurierung sein kann.
Ach ja, und dann war da noch die Mitteilung des Verkäufers, dass das Gerät bis vor einiger Zeit noch gespielt habe, dann aber verstummt sei.
Grrmmmblmfx!
Hoffentlich wurde die Technik nicht zu Tode verheizt. Ersatzteile für den 177W sind ja nicht soooo häufig zu finden.
Nachdem das Gerät dann auf der Werkbank stand:
Technik komplett, unverbastelt, lediglich irgendwann mal eine TA-Rundbuchse in das Chassis eingestzt. Dies aber so professionell gemacht, dass die Rückwand nicht zerschnippelt werden musste. Leider ist dies die Stelle im Chassis, die vorher die „Fahrgestellnummer“ trug. Man kann nicht alles haben.
Ansonsten: fast kein Staub, keine Fettablagerungen, kein Rost.
Auf den 1. Blick auffällig: Eine EL84 ist weiß, also Luft gezogen. Bei näherer Betrachtung: den Glaskörper hat es komplett oberhalb seiner Bodenseite abgesprengt (!).
Trafo sieht optisch ok aus, AÜ scheint mal etwas warm geworden zu sein. Kein Wunder: Doppelkondensator 2x 2,5 nF, der parallel zu den Primärwicklungen des Gegentakt - AÜ liegt, ist komplett zerschmolzen. Au Backe, hoffentlich hat’s der AÜ überlebt.
Gerätesicherungen: die 1,
6 A Sicherung ist durchgebrannt, Gott sei Dank wurden hier keine Stanniolpapierflickversuche unternommen, sonst hätte es das Gerät wohl gänzlich zerrissen. Blick unter das Chassis: bis auf 2 Widerstände, die etwas angekokelt wirken, sieht alles gut aus. Natürlich etliche Teerkondensatoren, aber wenigstens keiner dahingeschmolzen.
Da mich nunmehr die Neugier trieb:
Die zwei 5nF-Kondensatoren auf der Primärseite des Trafos abgeknipst, passende Sicherung rein. Den Doppelkondensator am AÜ ersetzt, außerdem die beiden Koppelkondensatoren der Endstufe sowie den Ratioelko und den Elko vor dem Hochtöner ersetzt, da alle „uselich“ aussahen. Trenntrafo vorgeschaltet. Röhren geprüft, in den Werten passende zweite EL84 eingesetzt.
Eingeschaltet.
Sicherung hält, Patient lebt, und das gar nicht mal schlecht !!! Ordentliche Empfangs- und Lautstärkeleistung.
Röhren: alle 3 EC92 auf dem W19 im Minusbereich oder knapp im „?“-Bereich, also ersetzt. Leistungszuwachs erzielt. Selbst die EM34 leuchtet noch sehr passabel.
Erstaunlicherweise auch kein Netzbrumm, also Sieb-/Ladeelko scheinbar intakt. Wird, wenn das Chassis draußen ist, trotzdem überprüft.
Fazit: Totalrevision kann beginnen.
Gehäusezustand: alle Zierleisten vorhanden und intakt. Lack rundum rissig, auf der Oberseite bereits stark abblätternd. Auf der linken Seite einige tiefe Kratzer neueren Daseins. Lack muss also komplett runter und neu gemacht werden. Nicht so mein Spezialgebiet. Parallel läuft derzeit hier im Forum ja die Instandsetzung eines
Graetz 176 W. Sonja (Rockabella 73), da werde ich mal schauen, wie Du vorgehst. Du kannst dann ja in technischer Hinsicht bei mir „schauen“.
Stoff, wie beschrieben, sehr gut erhalten. Der wird nicht mal gewaschen. Tasten prima. Optisch wie technisch.
Einziger Wermutstropfen: die
graetz-eigene Fehlkonstruktion bei der Skalenbeschriftung: Hier sind, wie üblich, bereits deutliche Lackablösungen im Bereich beider Tonanzeigen zu erkennen. Die Pappe hängt gerade noch so. Da habe ich noch keinen Lösungsansatz.
Gesamturteil: Für
6,01
Euro ein Schnäppchen.
Ach ja: der Verkäufer hatte das Gerät nach eigener Aussage auf dem Sperrmüll gefunden und dann betrieben, da es noch spielte. Die Sicherung setzte dem Treiben schließlich ein gnädiges Ende.
Werde weiter berichten.
k.
Nachtrag: hier das Modell, nebst eines Reparaturberichts eines Forenmitglieds:
http://www.radiomuseum.org/forum/graetz ... richt.html