Restauration für Museum: VE301
Letzten Samstag/ Sonntag: Während Schnee ohne Ende fällt, in Greifswald die höchste jemals gemessene Schneehöhe (60 cm) seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gemessen wurden, 2 cm mehr als der bisherige Rekordwinter 1978, erstand dieser Volksempfänger VE 301 W zu neuem Leben.
Der VE 301 gehört zum Fundus des Museums Gingst auf Rügen, und wird nun dort nun im Ernstfall- Einsatz arbeiten müssen.
Wer rastet, der rostet, und das hat er sich eine Weile im Museumskeller gefallen lassen müssen, aber "nu is Sense damit" !
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Die Restauration eines VE's ist für uns Dampfradiofreunde nicht der Hit- dennoch habe ich eine kleine Fotoserie zusammenbekommen- vielleicht hilft's ja mal einem Neuling.
Ist ein VE der Firma Schaleco, "Schackow, Leder & Co.", Berlin N4, Chausseestr. 42, die Firma bestand von 1925- 1939.
Das Gehäuse ist mit Wandfarbe gesprenkelt, und leider unten beschädigt- aber das ist von vorn nicht zu sehen. Immerhin hält es noch.
Die Original- Röhren noch gut- erstaunlich.
Chassis raus.
Der Drehko wurde mit "Trick 17" schon mal "nachjustiert", ins Chassis gedrückt (der Trick steht auch bei Jogi). Aber die Skale ist verbogen.
Auf den ersten Blick sofort zu sehen: Der VE- Block- C winkt mir schon mit der offenen linken Seitenwand (Lade- und Sieb- C's):
"Hier bin ich, mach' was mit mir !"
Na, das mach' ich doch gern- Nö- da ist nix mit anschmeißen, das wäre nur Röhrenquälen, tut nicht not.
Und 4 Waxis grinsen hinter Drähten.
Keine Chance- ich hab' Euch entdeckt !
Und der Lautsprecher- bietet ein Bild des Jammers. Die Membran- beulig, wellig, ein kleiner Riß am Innenkonus- Rand, die Sicke teilweise vom Rahmen runter, die Lötstelle des Innenkonus kalt.
OK, dann los.
Die Skale bekommt viel heißes Wasser. Mit etwas biegen, und Parken unter einer umgedrehten Tasse ist sie wieder rund, und greift in die Friktionsscheiben.
Bei Vorkriegsgeräten halte ich mich dran: Alte Kondensatorgehäuse, neues Innenleben.
Der dicke Block- C ist ja einseitig einige Millimeter offen, lässt sich mit einem dünnen Schraubenzieher wunderbar zerlegen, in einigen Minuten isser leer, die oberer Teerschicht raus, die fetten Waxis kommen bereitwillig raus. Bissel die Blechschachtel sauber gemacht, und ein neues Innenleben fertiggemacht.
Mit dabei: 2 Leiterplatten- Styroflexer. Gerade passend- und im Block drinnen- kann man das durchgehen lassen, denke ich.
Einige der alten Zwischenwände aus Pertinax kommen mit etwas Wachs wieder rein.
Seitenwand zugelötet, Innenleben rein, Laschen zu, fertig.
Die Waxis "Dralowid Neokond" lassen sich wunderbar zerlegen, an den Anschlüssen ziehen, gehen sie auseinander, wie Fliegenfänger- Leimrollen, bleibt die leere Papphülse. Eine Papphülse ist kaputt, musste ich kürzen.
Ließen sich prima neu befüllen- top. In die Seiten etwas von dem alten Wachs des Block- C's- fertig.
Erstaunlich die Widerstände: Einer weicht 20% vom Wert ab. (60 K statt 50 K).
Die anderen stimmen mit Abweichungen unter 1% !!!
Nun ja, optisch ist der R ok, ich lasse den einen drin.
Block rein, Waxis rein, alles eingebaut, eingelötet.
Nur die grünen neuen Gewebeschlauchstückchen an den Waxis verraten die Arbeit des Restaurateurs.
Die Widerstände habe ich etwas ausgerichtet, sieht schöner aus.
Dann der Lautsprecher. Messen: Ja, Spule ok.
Mit Wasser die Membran entklebt, mit viel Wasser weich gemacht, lässt sich wunderbar hinziehen, wird wieder richtig rund und konisch... auch die Sicke kriegt wieder Form, super !
Neuen Kleber unter Sicke, mit Möbelklammern fixiert. Nach dem Trocknen System optisch justiert (Stift exakt auf Konusmitte), Lötstelle neu verlötet. Sieht gut aus.
Nun alles zusammen.
Und der große Moment- 6m Antennendraht, und... einschalten.
Wow- spielt auf Anhieb !!! RTL/ Radio China International auf 1440 KHz, Deutschlandfunk, etliche russischsprachige Sender. Teilweise ineinanderbrabbelnd.
An einen anderen Antenneneingang = andere Spulenanzapfung, schafft Abhilfe.
Tagsüber ist hier auf Mittel- und Langwelle- so gut nichts empfangbar. Abends schon- aber was dann am Tag ?
Also bekam der VE einen NF- Anschluß, schaltungsmäßig wie bei den Röhrensockel- Aufsteck- Adaptern, und zwar von G1 der Audionröhre an die unterste LW- Antennenbuchse, nur einen Spulendraht, ab, den Gitterdraht ran, also eine kleine, schnell rückbaubare Abweichung vom Originalzustand.
Geschirmte Leitung, 3,5 mm- Klinke zu 2 x Bananenstecker gebaut.
Getestet mit einem MP3- Stick, funktioniert.
So soll bei Führungen passendes, altes Sendematerial -etwa alte Olympia- Übertragungen von 1936, Musik oder Nachrichten- eingespielt werden können (Nein, Adolf und Goebbels haben genug Unheil angerichtet, die sollen's Maul halten).
MW- Senderchen, wie die käuflichen FM- Transmitter, das wäre was- aber gibt's so was ?
Nach den Wechselarbeiten- das Chassis leicht rostig, die Waxis in unsauberem gelbbraun, die Drähte oxydiert, aber die Lötstellen spiegelglänzend- das sieht irgendwie- unpassend aus.
Also- etwas von dem ollen Block-C- Wachs, wo es etwas mit dem Teer gemischt ist,
rauf auf die Lötstelle damit, mit dreckigen Fingen etwas auf den Lötstellen rumgegrabbelt- Ja, so geht das schon.
Dann noch ein Wackelkontakt, eine defekte Lötstelle an der Spulenfestung zum Drehko, da hatte jemand den Draht durchgeschnitten, wahrscheinlich, um Drehko oder Spule ausbauen zu können, und nur einen winziges Tröpfchen Lötzinn auf den Draht, und diese Verbindung war aufgegangen, als ich den Spulenturm wegen dem Block- C ankippen musste.
Dem Gehäuse gönne ich ein Plastkärtchen zum Abkratzen der Wandfarbe-Spritzer, und viel heißes Wasser, sowie gewöhnliche Handseife.
So, nun sieht der VE auch optisch wieder super aus- ohne jede Chemie.
Dann Probelauf.
Irgendwie ist der Klang noch nicht so... Hmmm....
Eine Messung zeigt, dass die Endröhre- ja gar keine Gittervorspannung bekommt...
Sch.....- habe ich doch den Siebelko "gemasst", und damit den 700 Ohm für die negative Gittervorspannung gebrückt !
Glücklicherweise ließ sich das schnell beheben- nun ist Gittervorspannung da, nun ist auch der Ton ok.
Ja, sowas passiert mir auch mal...
Nochmal Probelauf- und nun glänzt der VE... spielt wie am ersten Tag- lässt sich durch nichts mehr beeindrucken. Top.
Ein Unterschied zur Schaltung gab's- der 5000 pf ("Klanggkondensator") parallel zum Lautsprecher war nicht an die Anode geschaltet. Ich hab's mal probiert- ok, versteh' ich... das klingt auch schrecklich, wie Bahnhofslautsprecher.
Muß wohl mit der Lautsprecherspule Resonanz auf einer Mittenfrequenz haben- ich erinnere mich, dass früher oft die Parallel- C's einseitig abgeknipst waren. OK, war so, lasse ich auch so.
Zum Schluß habe ich mir noch eine kleine Dokumentation zur Geschichte des Volksempfängers VE 301 ausgedacht, als Auslage für's Museum, mit alten Prospektbildern, einem Ölgemälde, in dem der VE zu sehen ist, dem berühmten Warnschild gegen das Abhören von "Feindsendern", u. v. m.
So, das war's- heute geht der VE in Einsatz.
Übrigens- sollte jemand noch ein VE- Gehäuse übrig haben- das Museum Gingst auf Rügen würde sich sehr freuen.
Folgend die übliche Bilderserie (sorry für die teilweise nicht so tolle Bildqualität).
Edi