so einfach ist es nicht. Erstmal ist es heute für jeden möglich, eine Webseite ins Netz zu stellen, die nach einer Riesenfirma aussieht. Was da aber tatsächlich verkauft wird, steht auf einem anderen Blatt.
Der Händler muss 6 Monate Gewährleistung auf die Geräte geben, er muss die Radios in einen Zustand versetzen, dass sie eine Zeit lang funktionieren wie ein Neugerät - wenn er wie hier beworben Modifikationen an den Geräten anbietet, müsste er strenggenommen sogar dafür sorgen, dass die Geräte danach die aktuellen Sicherheitsvorschriften einhalten, was bei Röhrenradios kaum möglich ist.
Und last but not least die kaufmännische Seite - wenn Du das eine oder andere Gerät verkaufst, um Dir die Sammelei davon zu finanzieren, kannst Du Dir den ganzen Betrag netto in die Tasche stecken. Wenn Du es aber gewerblich betreibst, musst Du zunächst mal Umsatzsteuer abführen ( 19% ). Strenggenommen holst Du Dir diese natürlich vom Kunden als Mehrwertsteuer rein, aber wenn das Gerät mit 19% Aufschlag so teuer wird, dass es keiner mehr kauft, musst Du den Nettopreis senken, und so bezahlst Du die Umsatzsteuer am Ende doch aus eigener Tasche. Dazu kommen Einkommens- und Gewerbesteuer, krankenversichert willst Du auch sein, und Ausfallzeiten durch Urlaub oder Krankheit müssen auch einkalkuliert werden, weil man als Selbständiger da nichts verdient.
Ich habe mir mal mit unserem Steuerberater die Mühe gemacht, den benötigten Stundensatz auszurechnen, wenn Du bei einer 40 Stunden Woche mit freier Arbeit einen durchschnittlichen Facharbeiterlohn verdienen willst, und den Sozialstandard eines Angestellten halten willst. Dieser liegt hier bei uns ungefähr bei 40 Euro. Zustande kommt dieser relativ hohe Satz dadurch, dass Du, wenn Du weiter leben möchtest wie ein Angestellter, etwa drei Monate pro Jahr für Urlaub, Feiertage und Krankheit abziehen musst. Dir bleiben also nur noch neun echte produktive Zeitmonate, und hier musst Du von den 40 Wochenstunden noch etwa 20% für unproduktive Arbeiten abziehen. Von dem, was dann übrig bleibt, fallen Einkommenssteuer und ab einem bestimmten Umsatz Gewerbesteuer an, und Du musst für Deine soziale Absicherung den Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil berappen - sprich - Kranken- und Rentenversicherung werden über den Daumen knapp doppelt so teuer. Du kannst Dir selber mal die Mühe machen, anhand Deines momentanen Gehaltes auszurechnen, was Du pro Stunde verdienen müsstest - und da bist Du noch nicht reich, sondern hast lediglich das, was Du vorher auch hattest.
Und wenn Du den Stundensatz von 40 Euro mal auf so ein Radio überträgst - Du musst die Radios beschaffen, musst sie instandsetzen, anbieten, Dich selber bekannt machen, musst sie verkaufen, Rückstellungen für Garantiefälle aufs Sparbuch legen usw. Wenn Du ein brauchbares Radio für 50 Euro einkaufst, und es für 500 Euro wieder verkaufen willst, hast Du 450 Euro zur Verfügung, was gut 11 Arbeitsstunden entspricht. Abgezogen werden müssen noch die Aufwendungen für Ersatzteile, die z.B. bei magischen Augen nicht mal mehr aus dem Russland- bzw. Chinalager wirklich günstig zu haben sind. Die ganzen Mittelchen zum Aufarbeiten der Optik sind ganz schön teuer, und eine Werkstatt muss auch da sein, die sich amortisieren muss - und last but not least kommen da noch die ganzen Schmarotzerbuden wie Berufsgenossenschaft, Kammer etc., und teilen Dir mit, dass Du ja gar keine Reparaturen an Elektrogeräten durchführen darfst - oder ein Käufer hat sich an einem Deiner Radios einen gefangen und klagt gegen Dich auf Schmerzensgeld - auch hierfür musst Du gewappnet sein, sonst treibt Dich so eine Überraschung innerhalb weniger Tage in die Privatinsolvenz.
Seit ich mich mit Radios beschäftige, fangen immer wieder Leute an, ein Geschäft aus der Sache machen zu wollen - mir ist bis jetzt noch niemand bekannt, der dauerhaft davon leben konnte, oder sogar reich geworden ist. Die von Dir geäußerte Meinung zeigt aber deutlich, mit welcher Haltung die meisten Menschen den Unternehmern und Selbständigen gegenüber stehen. Wenn ich nochmal anfangen könnte, würde ich brav meinen Angestelltenjob weitermachen, mich ins soziale Ruhekissen legen und meinen Chef loben und preisen - ganz ehrlich.
Gruß Frank
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