Hallo Freunde der glühenden Glaskolben!
Vor längerer Zeit bekam ich über Ebay ein Radio, welches mich auf Grund seiner Größe und vor allem in dem Zusammenhang durch sein Design interessierte.
Es kam grundsätzlich spielfertig zu mir, allerdings im recht überarbeitungswürdigen Zustand was die Optik angeht. Es fehlte ein Großteil der Messingzierleisten, welche hier als Intarsien ausgeführt sind, der Lack war schlecht und das Gehäuse insgesamt recht wackelig.
So stellte ich die Kiste erstmal weg und vergaß sie fast.
Monate später telefonierte ich mal wieder mit einem lieben Sammlerkollegen. Unter anderem kamen wir dann auf dieses Modell. Er hatte ein ebensolches auch in seinem Lager und überließ es mir für einen Freundschaftspreis. Bis es dann endlich bei mir war vergingen nochmals Wochen, da wir es nicht mit der Post schicken, sondern durch Henning hier aus dem Forum bei einer Gelegenheit zu mir transportieren lassen wollten. Dafür nochmals vielen Dank von mir!
Auch dieses Exemplar spielte noch recht gut auf allen Wellen. Dieses Gehäuse hatte einige Furnierschäden, war allerdings in Punkto Zierleisten vollständig. Der Lack war allerdings hier viel schlimmer dran als mein erstes. Ich entschloß mich aber zur Restaurierung dieses Exemplars gerade wegen der Zierleisten. Das andere diente mir als Ersatzteilspender und wurde später geschlachtet.
Das Radio nach der Sanierung von vornDie technische Seite war wie immer. Zuerst wurde der Netztrafo demontiert. Anschließend erfolgte die Reinigung des Chassis unter der Dusche mit einiger Chemie. Der Erfolg gab mir wie immer recht. Oberhalb und unterhalb alles Porentief sauber. So machen dann die späteren Arbeiten Spaß. Dann alles geölt und gefettet sowie nochmals die Schaltkontakte nachgereinigt und konserviert.
Nun erfolgte der Austausch aller Blaupunktkondensatoren sowie der Pappelkos von Bosch. Alles in allem waren dies 31. Der Doppelelko im Netzteil wurde mit frischen unterstützt (parallel geschaltet).
Das Innere des Gerätes aus verschiedenen Perspektiven. Der Bodendeckel fehlt hier noch. Damit war die Basis gelegt für eine Inbetriebnahme und späteren Abgleich.
Die Reinigung aller Anbauteile (Skale, Knöpfe) sowie des Lautsprechers etc. muß nicht weiter erwähnt werden denke ich.
Das größte Wagnis war die Schallwand. Der Stoff war völlig versifft, die Schallwand schon vom Aufbau her bröselig. Die jetzt noch mit Wasser zu malträtieren ging beinahe in die Hose. Mußte aber sein. Das Stoffergebnis ist zwar nicht perfekt, aber der Vorher-Nachher Effekt ist schon doll. Die Holzwand mußte ich später dann x-mal leimen, da sich diese drohte völlig aufzulösen. Hat aber geklappt.
Das Gehäuse.
Ich entschied mich wie so oft zum Abtragen des Lackes ohne jede Chemie mit der Ziehklinge. Anschließend noch fein geschliffen mit Sandpapier und ich hatte ein recht schlichtes Furnierbild vor mir. Lediglich die Frontseite ragt da entschieden heraus. Das hat alles in allem keine 2 Stunden gedauert. Was man dazu aber bereitstellen sollte ist ein Staubsauger.
Nun habe ich mich an die kleinen und großen Furnierfehler gemacht. Dazu gehörten das Ablösen des Furniers auf dem Dach, eine massive Verletzung auf der linken Seite sowie viele kleine Stellen am ganzen Gerät. Na ja, für einen Nichttischler ohne dessen Werkstatt finde ich das Ergebnis ganz annehmbar.
Nun der eigentliche Lack. Zuerst mal mußte da unbedingt Hartöl rauf, damit das Furnier angefeuert wurde. Anschließend kamen ein paar Schichten Schnellschleifgrund rauf.
Ich hatte jetzt eine Basis, worauf ich aufbauen konnte. Ich entschied mich nach vielen Jahren mal wieder für Schellack. Mein vorhandener Vorrat war hoffnungslos eingetrocknet. Also ein komplettes Set organisiert und los ging es. Hat mit der Trocknungszeit ein paar Tage gedauert, mit dem Ergebnis bin ich ganz zufrieden.Sogar ein ganz leichter Sunbrust ist mir auf diese Weise gelungen
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Das Radio von oben gesehen. Denke mal das kann man für den Hausgebrauch so lassen.Jetzt war ich an dem Punkt angekommen wo man sich über die Funktion des Radios langsam einen Kopf machen kann. Das Gehäuse stand wieder schön da, das Chassis war gesäubert und elektrisch wie mechanisch revidiert.
Also los.
Langsam wieder Strom auf das Chassis gegeben, mit einer Handvoll Messgeräte im Huckepack. Was soll ich sagen, es kam auf Anhieb auf allen Wellen was aus dem Lautsprecher. Die AM-Bereiche waren schon vorher empfindlich und gut klingend. Das hatte sich nicht verändert (außer der Klang) – für mich ein Indiz da nichts großartig zu verschlimmbessern.
Auf UKW kamen zwar weiterhin einige Sender durch, aber das kann unmöglich alles sein. Also Abgleich. Die ZF lag etwa über alles um 1,3Mhz daneben bei ca. 11,3Mhz Gesamt. Das ließ sich prima wieder auf 10,7Mhz einregeln. Was hier allerdings völlig im Dunkeln tappte war der Vorkreis mit Zwischenkreis. Da also nach Anleitung auch vorgegangen und voilà – kraftvoll und empfindlich kam UKW wieder durch. Das wir hier nicht die Maßstäbe der späteren UKW Geräte ansetzen sollten muß klar sein. Das Radio ist Baujahr 1951/52. Aber das komplette UKW Band wird mit allen Sendern empfangen, nicht immer mit gleicher Lautstärke, aber na ja. Aber wenn dann der Pegel stimmt klingt das Radio wunderbar mit seinen einzelnen Lautsprecher und nur der Klangwaage. Weicher, kraftvoller Bass und sogar richtig angenehme Höhen.
Hier haben wir ein Radio mit der von Blaupunkt zur Perfektion getriebenen Reflexschaltung für HF/NF. Von manchen hier als Krücke betitelt, von mir wohlwollend als technischer Kniff gesehen, der solche Geräte liebenswert macht. Zumal es wunderbar und sicher funktioniert. Es gab auch Geräte, wo die Signale 3x durch die Röhre gejagt wurden. Auch diese funktionieren!
Was bei Blaupunktradios dieser Jahrgänge immer wieder aufstößt (positiv wie negativ) ist die mechanische Umsetzung auf dem Chassis und auch hier der Einbau ins Gehäuse. Auch ich habe bei letzteren so meine Meinung. Allerdings rufe ich mich jedesmal selber zurück, weil mich gerade solche Sachen reizen. Das übliche 4 Schrauben + 2 Drähte ruft bei mir nur noch Schulterzucken hervor.
Dann noch der Wellenschalter, die Bereichsanzeige (toll!!) und immer wieder der Skalentrieb. Aber hier sollte ein Anfänger nicht ran gehen. Das ist schon Radiobasteln für Fortgeschrittene.
Hier die rechte Seite mit dem WellenschalterDer Seillaufplan der gesamten Skalenseile. Schön, oder?Und hier die riesige Skale.Funktioniert das alles aber erst und man hat das Chassis fertig ins Gerät eingebaut kann man nur niederknien. Die Haptik ist genial. Ein leichtgängiger Skalentrieb, satt schaltende Umschaltung – was will man mehr. Und dazu noch die Optik, die sich wohlwollend von dem üblichen Einerlei abhebt. Das ist es, was mich immer wieder reizt ein Blaupunktradio dieser Art anzufassen. Später wurde es dann etwas langweiliger.
Und abschließend noch ein Blick auf die Rückseite.Habe fertig!
paulchen