Hallo Freunde der glühenden Glaskolben!Vor etwa einem Jahr bekam ich von Jupp (saarfranzosen) in Linsengericht bei unserem Treffen ein altes, großes Radio geschenkt.
Jupp wußte um meine Leidenschaft alter „Blaupunkt“ Geräte. Und da hatte er etwas ganz besonderes für mich – ein französisches „Blaupunkt“. Die heißen da dann sinnigerweise „Point Bleu“ und hatten bis etwa 1936 deutsche Verwandte. Danach wurden eigene Entwicklungen unter dem Markennamen vertrieben.
Ich will hiermit mein Versprechen einlösen und die Wiederauferstehung dieses Gerätes zeigen.
Ich habe hier von ihm ein „Point Bleu 206“ bekommen. Wenn man überhaupt Unterlagen im Netz zu dieses Gerät findet, so ist dies das Modell „206K“. Dieses sieht von außen genauso aus, hat aber ein anderes Innenleben (Röhrenbestückung etc). Hier wäre dann eine Verwandschaft zu dem „Blaupunkt 4W66K“ gegeben.
Bilder wiederum findet man noch von einem anderen „206“ (dazu später mehr), desweiteren ist mir ein drittes Gerät bei einem befreundeten Sammler bekannt.
Aber eben eine Schaltung ist nicht aufzutreiben. Deutsche Blaupunktgeräte kann man hier als Vergleich völlig vergessen. Helfen tut hier das „Point Bleu 166“ . Mein Suchkriterium war hier die Röhrenbestückung. Unterschiede gibt es zwar (hier haben wir nur MW+LW), aber ansonsten sind schon viele Gemeinsamkeiten zu finden.
Den Zustand, wie ich es bekam hatte mir Jupp schon vorab auf Bildern übermittelt. Die Wahrheit sah dann auch genauso aus. Ohne Röhren, Rückwand (typischer Franzose), Knopf fehlte vorn und an der Seite, aber dafür viel Rost und wenig Lack.
Hier der Zustand, wie ich es bekam.
Das sollte doch an einem Wochenende zu machen sein
Hier noch mal ein Detail
Kurz mal überpolieren...Danach stand das Gerät bei mir erstmal in der Warteschleife. So kam der späte Herbst und damit auch mal Zeit für das Radio.
Als erstes wollte ich mich um die Optik kümmern. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen hier komplett neuen Lack walten zu lassen. Dazu mußte der alte Lack logischerweise runter. Dies begann ich der Einfachheit halber auf dem Dach mit der Ziehklinge. Das alles war nach etwa einer halben Stunde erledigt. Anschließend noch ein feiner Überschliff mit 400 Schleifpapier. Nun hatte ich das nackte Furnier vor mir. Es zeigten sich die schon bekannten Ablösungen des Furniers aber auch ein gnadenlos geiles Furnierbild. Das hatte Georg schon in Linsengericht erkannt und ebenso kommentiert.
Der Rest des Gehäuses stellte sich eigentlich gar nicht sooo schlecht da. Gut, der Korpus ging schon aus dem Leim, aber insgesamt sah das Bild nicht übel aus.
Daher entschloß ich mich, nur das Dach neu zu machen und den Rest zu erhalten.
Dazu also erstmal alles aus dem Gehäuse raus, damit ich in Ruhe arbeiten konnte. Oben wurde dann zuerst das Furnier wieder neu verleimt. Anschließend ging es an die Optik mit Ballenmattierung. Diese wählte ich, weil ich das Gesamtbild des Radios nicht durch zu neuen Lack zerstören wollte.
eine Zwischenstufe auf dem Dach...Anschließend wurde der Schallwandstoff gesäubert. Dies mußte in eingebautem Zustand erfolgen, da der Stoff nur in Streifen in das Gehäuse geklebt ist. Mit Schwamm, Pinsel und Staubsauger ging dies recht gut.
Dann noch den Skalenrahmen mit schwarzer Farbe versorgt, ebenso die Innenseiten der Wangen an den Schallwandaustritt. Hier legte ich Wert darauf, es nicht zu neu aussehen zu lassen, also keinen Hochglanz oder überhaupt perfekten Lack. Hört sich nach nachlässiger Arbeit an, war aber fast schon schwieriger als einfach nur neuen Lack aufzutragen.
Nun ging es an die Technik. Dafür hatte ich mir vorgenommen, das Chassis wieder ansehnlich zu machen. Das ging eigentlich nur mit frischer Farbe.
Um diese aufzutragen, mußte aber nun das Chassis oben leergeräumt werden. Was dies bedeutet kann sich jeder selbst ausmalen. Ausschlachten und ohne Rücksicht auf Verluste kann ja jeder, aber hier mußte dann Draht für Draht dokumentiert werden, der Skalenzug demontiert werden, alles so abgeschraubt werden, daß man es auch wieder zusammen bekommt usw. Dabei konnte man sich gleich noch mit den einzelnen Teilen beschäftigen und deren Säuberung, Ingangsetzung etc. Der Dreko sollte eigentlich auch gespritzt werden, allerdings lässt sich diese Konstruktion nicht so wie die deutsche Ausführung in seine Einzelteile zerlegen. Hier also nur den Rost entfernen und die Leichtgängigkeit wieder herstellen. Allein der Dreko hat mich zwei Nachmittage gekostet. Der Trafo wurde ebenso demontiert wie auch das gesamte Wellenaggregat. Auch hier war Entrosten angesagt. Zu den Filtern später noch mehr.
Nachdem nun alles frei war, konnte ich mich mit dem entrosten und spritzen beschäftigen. Dem Rost ging ich mit Abrazo und feinem Schleifleinen entgegen, der Lack kam aus der Büchse (Felgenspray). Das alles ging erheblich schneller als das zwischenzeitliche Abkleben des Chassis. Aber auch das war irgendwann erledigt.
Nachdem das neu lackierte Chassis vor mir stand mußte ich leider noch ein, zwei Stellen manuell ausbessern, die nicht so geworden sind. Wer es nicht weiß, sieht es nicht.
Nun konnte der Zusammenbau beginnen. Dabei wurde mit den einzelnen Filtern in der Mitte begonnen. Da sie vorher eingenietet waren und ich sie ausbohren mußte, kam hier nur wieder eine Verschraubung in Frage. Da sich dies aber im Filterinneren abspielt sollte es verzeihbar sein. Danach kam das Umschaltaggregat mit seinen Filtern an die Reihe. Der Netztrafo und der Dreko waren zum Schluß dran. Als Krönung dann noch das Gestell mit dem Skalentrieb.
Das unter dem Chassis noch die Kondensatoren gewechselt (getarnt) wurden, die Blockelkos neu befüllt wurden (4 Stück!) und der ganze andere Kleinkram, der mehr Zeit in Anspruch nimmt als alles andere, muß ich nicht erwähnen.
Hier das Chassis unten während der Restaurierung. Viel zu machen ist hier nicht mehr. Bei all diesen Arbeiten war mir schon im Vorfeld bewußt, daß ich eine ganz besondere Nuß zu knacken hätte. In allen Filtern war rum gelötet worden. Die Ursache dafür waren die oben eingebauten Trimmer. Die waren entweder defekt oder hatten Kapazität verloren, so das hier schon jemand mit Parallelkondensatoren und -trimmern gearbeitet hatte.
Da ich nicht wußte, was unter dem Chassis fehlte, setzte ich mich mit dem Besitzer des anderen im Netz bekannten Gerätes in Verbindung. Von ihm bekam ich tolle Fotos von allen gewünschten Details. Nun wußte ich, das mir auch hier ein Trimmer Kopfzerbrechen bereiten würde. Er fehlte völlig.
Hier an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an K.H.G.!!
Nach der Wiedermontage aller Teile auf und an dem Chassis war der erste Test und Erfolg die Betätigung des Skalentriebs. Dieser ist einer der Gründe, warum ich zum Blaupunktfan wurde.
Leichtgängigkeit und Haptik – dies trifft wohl hier bei den großen Modellen mit „Kreiselantrieb“ zu, wie bei sonst kaum anderen Modellen anderer Hersteller. Saba fällt mir noch auf Anhieb ein, aber sonst…?
Irgendwann kam der große Augenblick den ersten Strom „drauf zu geben“. Stelltrafo und einige Messgeräte im Gepäck ging es los. Zu sagen war da eigentlich nicht viel. Heizung ging, Anodenspannung war da, und das NF-Teil war auch schon in Funktion. Damit war zumindest eine Grundlage geschaffen, um weiter am eigentlichen Radio arbeiten zu können – dem HF-Teil.
Da mußte ich allerdings die Handbremse anziehen, da mir derweil die Zeit ein wenig davon lief. Es standen immer irgendwelche anderen Arbeiten an. Daher hier die Kurzfassung.
Der fehlenden Trimmer unterhalb des Chassis wurde ersetzt mit einem originalen aus einem alten Blaupunktfilter. Die Filter selber wurden überprüft und umgelötet auf (hoffentlich) Originalzustand. Danach die ZF eingestellt – kam schon mal gut durch. Anschießend Oszillator und Vorkreis kontrolliert. Erste Empfangsversuche – ging ganz gut. Auf MW im oberen Bereich reist der Oszillator noch sporadisch ab, aber das kann ich später mal angehen.
An dieser Stelle habe ich die Arbeiten an dem Gerät erstmal eingestellt, da es mir seit etwa 4 Monaten immer irgendwie im Wege rum stand. Ich denke aber, daß ich auf dieser Basis später mal die anliegenden Arbeiten beenden werde.
So stellt sich der Innenraum heute da.
Aus einem anderen Blickwinkel
Und nun dreimal von vorn.

Schöne Skale, nicht wahr? Bevor es magische Augen gab, bekamen die besseren Geräte als Austeureung Glimmlampen. Heute gesuchte Stücke.Perfekt ist es noch lange nicht, aber ich wollte es erstmal aus dem Weg haben. Eine Rückwand war hier nicht dabei, nichts besonderes bei französischen Geräten. Wie sie aussieht ist bekannt. Eventuell setzte ich mich mal dran und baue eine.
Jupp, ich hoffe, daß ich hiermit mein „Versprechen“ eingelöst habe.
Vielen Dank nochmals für das seltene Gerät.
paulchen