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BeitragVerfasst: Fr Dez 26, 2008 7:04 
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Hallo Forum,

neulich konnte ich eine halbe Radio-/TV-Werkstatt ausräumen, der alte Meister trennte sich von seinen doppelt vorhandenen Meßgeräten, alles von Philips. Sowas kann ich immer brauchen.

Mein gieriges Auge fiel dabei auch ein wirklich altes Radio, einen Telefunken 975WK aus dem Jahre 1939. An sich sammele ich keine Vorkriegsgeräte, in Anbetracht des guten Gehäusezustandes habe ich den aber auch mitgenommen, gratis. Erste Idee, gewinnbringend versilbern. Beim Blick in den Innenraum habe ich aber den Fertigungsstempel vom Oktober 1939 gesehen, in dem Monat wurde auch mein Vater geboren. Beide werden nächstes Jahr also 70 Jahre alt.

So beschloß ich, die alte Kiste mal einer genauen Prüfung zu unterziehen. Der Blick in den Innenraum offenbarte eine interessante Gehäusekonstruktion: das Chassis besteht aus einem Gestell aus Holzlatten, auf dem eine Pertinaxplatte montiert ist. Das ganze Gedöns steht (!) im Gehäuse, so daß die 4 Stahlröhren (ECH11; EBF11; EF11; EL11) nach hinten zeigen, die AZ11 steht recht auf dem Netzteil, die EM11 hängt gesondert hinter der Skala. Die Bestückung mit den anderen Bauteilen wird sichtbar, wenn man die frontseitige Bakelitmaske abnimmt, hinter der sich auch der Lautsprecher verbirgt. An sich ist das sehr servicefreundlich, solange man das Chassis nicht herausnehmen muß. Dies war hier aber erforderlich zum Großreinemachen, und weil ein neuer Seilzug erforderlich wurde. Man braucht lange Schraubendreher und spitze Finger....

Irgendwie kann man an dieser sparsamen Verarbeitung schon die Kriegszeit erkennen, meine ich. Mein Gerät war irgendwann mal Opfer einer nicht zu Ende geführten Bastelattacke gworden: Lautsprecher und Netzteil waren sauber vom Rest der Schaltung getrennt. Die fiesen textilummantelten und gewachsten Kabel aus der Vorkriegszeit waren in all ihrer bockbeinigen Steifigkeit aber noch vorhanden, sodaß ich erst den Lautsprecher wieder montiert und die ganzen Kabel nach Schaltplan wieder angelötet habe.

Nach erfolgtem Tausch von ca. 15 Kondis und dem Auflegen eines neuen Seilzuges (geht innerhalb von 10 Minuten, da sehr einfacher Verlauf und keine Komplikationen) spielte das Gerät wieder leise auf, die EM11 zeigte aber guten Empfang an. Alle sonstigen Röhren hatten auf meinem Euratele gute Werte, alle außer der EF11 gehören noch zur Originalbestückung.

Der Fehler lag in der zuvor rekonstruierten Verdrahtung, ich hatte im Eifer des Gefechtes die beiden Zuführungen zur Feldspule des elektrodynamischen Lautsprechers vertauscht, nach Richtigstellung dieses Fehler spielt das Gerät nun wieder so, wie einst im Mai, nein Oktober !

Was mögen die ersten Meldungen gewesen sein, die das Gerät seinem frischgebackenen Besitzer gebracht hat ? Der Sieg in Polen oder irgendwelche sonstigen Scheußlichkeiten ? Manchmal wünscht man sich, die alten Kisten könnten nicht nur immer die neuesten Meldungen bringen, sondern mal aus dem eigenen Leben erzählen.

Fast 70 Jahre ist der nun alt, was mache ich nur mit ihm ? Ohne UKW ist es ja schon was öde, sowas sammele ich normal ja nicht, wie gesagt. Ich könnte ihn ja meinem Vater schenken....?

Gruß
Holger

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BeitragVerfasst: Sa Apr 06, 2013 13:08 
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Hallo Holger und liebe Mitleser,
gerade habe ich eben dieses Gerät aus dem Regal genommen und mich mal dran gewagt. Um Holgers Bericht
zu bebilder, und Wutausbrüche beim vermeintlichen Entfernen des Chassis zu vermeiden,hier meine ersten Aufnahmen von dem Gerät.
TIP: Der Bakelitrahmen ist mit 3 Schrauben befestigt. Eine oben mittig über der Skala. Die beiden anderen liegen recht augenscheinlich links und rechtsneben dem TELEFUNKEN Schriftzug über der Stoffbespannung. Dannkommt man gut an alle kritischen Teile ran.
Das ganze Cassis ist aber auch sehr einfach zu demontieren. Hier muss man nur die dicken Schrauben der 4 Metallwinkel entfernen und den Trafo losschrauben.

Beste Grüße,
Jochen


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BeitragVerfasst: Sa Apr 06, 2013 13:47 
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Hallo Holger,
das die Selektion der Teile mit Sparsamkeit und etwas mit dem bevorstehenden Krieg zu tun hat, wage ich zu bezweifeln. Der Zweite Weltkrieg begann mit dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939. Denn zu der Zeit waren noch genug Materialien bzw. Teile vorhanden. Die Hochzeit der zivilen Radioentwicklung in Deutschland dürfte 1940 gewesen sein.
Es gab ja auch ziemlich aufwändig gebaute Radios von der Zeit.
Super 975WK
Holger hast du keinen Mittelwellensender? Auf Kurzer Welle ist doch auch noch jede Menge los.
Ich finde die alten Vorkriegsgeräte interessanter als die 50er Geräte, so kommt man sich wenigstens nicht in die Fuchtel beim Beute jagen :lol: :hello:
:danke: für die schönen Bilder Jochen!


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BeitragVerfasst: Sa Apr 06, 2013 20:58 
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Hallo Gery,
danke!!!!!!!!! :-) :danke: :danke: :danke:
Falls jemand Detailbilder braucht.... das Rdio ist noch zerlegt. Habe die Skalenseile neu aufgezogen und alles gereinigt,
Grüße,
Jochen

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BeitragVerfasst: Sa Apr 06, 2013 21:45 
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Ein wunderschönes Radio, für Technik aus den 30er jahren kann ich mich begeistern. Übrigens habe ich heute meinen Lorenz Super 200W sanft aus dem Dornröschenschlaf erweckt. Auf Mittelwelle erfreute er mich mit einer Sportreportage. Zwar klang es wie im Jahr 1938, aber mir der primitiven Antenne war wohl auch kein besserer Empfang möglich. Für mich ein klarer Fall, der Lorenz wird nicht mein einziges Vorkriegsradio bleiben - versprochen :super:

Radiogrüße :hello:
Hans Detlef


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BeitragVerfasst: So Apr 07, 2013 8:33 
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Registriert: Di Mai 18, 2010 8:45
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Gery hat geschrieben:
Holger hast du keinen Mittelwellensender? Auf Kurzer Welle ist doch auch noch jede Menge los....


Ääääähm, Gery, Holger's Beitrag ist schon viereinviertel Jahre alt :wink: und die Situation der MW-Sender seither nicht besser geworden, ob nun abgeschaltet oder ungenießbar störverseucht.

Die Bilder des Geräts, die Jochen neu eingestellt hat, begeistern mich aus konstruktiver Sicht. Ein Radio, das bau- und wartungstechnisch durchdacht aufgebaut ist. Die etwa gleichaltrigen Blaupunkt im unteren Preissegment, die zwar auch die Röhren waagerecht an der Schallwand montiert haben (etwa der hier: http://www.radiomuseum.org/r/blaupunkt_4w28_4_w_28.html ), überzeugen da in reparaturtechnischer Hinsicht weniger.

Gruß
k.

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k. steht für klaus

Kenntnisse kann jeder haben, aber die Kunst zu denken ist das seltene Geschenk der Natur.
(Friedrich II.)


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BeitragVerfasst: So Apr 07, 2013 15:04 
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Klaus hat geschrieben:
Ääääähm, Gery, Holger's Beitrag ist schon viereinviertel Jahre alt


Upps :oops: hatte nicht auf das Datum geschaut :mrgreen:

Trotzdem immer schön, auch alte Beiträge zu lesen die man noch nicht kennt :hello:

Gruß
Gery


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BeitragVerfasst: So Apr 07, 2013 16:14 
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:-) jau, das hatte Holger schon am 2. Weihnachtsfeiertag 2008 gepostet. EIN GLÜCK!!!
Ich hatte mir schon gedanken gemacht, welch eigenartig denkender Konstrukteur solche Aufbauten für gut befindet... Dabei ist gerade diese Konstruktion genial! Für normale Reparaturen nur die Rückwand und Front runter und man kommt überall dran. Nur zum Seilwechsel und Großreinemachen muss das Chassis ganz raus, was aber auch kein Problem ist. Man muss nur wissen, welche Schrauben gedreht werden müssen.
Nachträglich nochmal danke, Holger!
:super: :danke:

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BeitragVerfasst: So Apr 07, 2013 19:24 
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Hallo zusammen,

ich habe gar nichts dagegen, wenn meine alten Threads hin und wieder "aufgewärmt" werden. Das Gerät hat miene Sammlung längst wieder verlassen und steht nach letztem Stand meines Wissens in einem Seniorenheim in Grevenbroich, wo es für samstags nachmittags die Fußballberichterstattung wiedergeben darf. Dürfte damit eines der letzten Vorkriegsradios sein, welches noch regelmäßig und für einen "echten" d.h. "Nicht-Sammler"-Zweck Einsatz findet.

H.

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BeitragVerfasst: Mo Apr 08, 2013 18:21 
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So weit ich weiß, war es in der Tat so, das bereits zu dieser Zeit keine "kriegswichtigen Güter" mehr verbaut werden durften.
Die Aufrüstung hat ja sicherlich schon vor Kriegsbeginn begonnen.

In der Bauart habe ich ein Siemens (Klangfilm :mrgreen: ) Kammermusik-Großsuper 93W. Hört sich zwar sehr spektakulär an, ist aber von der Schaltung her vermutlich das Gleiche wie in dem Telefunken hier.
http://www.radiomuseum.org/r/siemens_ka ... 93w_k.html

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Grüße
Christoph


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BeitragVerfasst: Mo Apr 08, 2013 20:26 
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Hallo Christoph,
der Kriegsbeginn war eher ein Zufall und eine kurzfristige Entscheidung des Spinners. Deswegen auch Blitzkrieg genannt. Die Aufrüstung wurde parallel betrieben. Somit war vor Anfang des Krieges, genug Material für die zivile sowie für militärische Zwecke vorhanden. Telefunken und andere Firmen hatten produziert wie blöd. Durch Enteignung der jüdischen Betriebe (z.B. Nora), war sogar mehr Material als nötig vorhanden.
Die Entwicklung ging bereits vor Kriegsbeginn zurück, da sich wichtige Leute die was im Kopf hatten abgesetzt hatten. Es gab natürlich einige Radfahrer, ich sage nur Werner von Braun, die erst als alles kaputt war, zu den Amis gewechselt ist. Er hätte sich auf jeden Fall auch vor dem Nürnberger Tribunal verantworten müssen! Die Amis brauchten den allerdings um sich den Vorsprung der Raketentechnik zu erzielen, Wissen kauft sich frei!
Zum Glück hatte England einige Ingenieure aus Deutschland, die die Radartechnik entwickelt haben.

06:44 Habe es ein bisschen editiert, weil es nun doch wieder zu politisch geworden ist.

Schlusswort: Deutschland war im Vergleich zu anderen Ländern, hoch entwickelt. Ohne den Spinner hätten wir von dem Vorsprung um einiges mehr profitiert.


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BeitragVerfasst: Di Apr 09, 2013 7:16 
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Naja...
http://de.wikipedia.org/wiki/Aufr%C3%BC ... 3_bis_1939
Ich weiß, ist zwar "nur" Wikipedia, aber total falsch wirds wohl nicht sein....

_________________
Grüße
Christoph


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BeitragVerfasst: Di Apr 09, 2013 16:58 
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Hallo Christoph,
ja okay die Zahlen sprechen für sich. Sehr interessant! Was ich vergessen habe, ist auch die Deutsche Reparationen nach dem Ersten Weltkrieg Die haben von Anfang an für Probleme gesorgt.

Wenn man allerdings den Telefunken mit der Göbbelsschnauze vergleicht, ist der Telefunken jedoch immer noch ein Top Gerät.


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BeitragVerfasst: Di Apr 09, 2013 21:53 
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Gunnammnd allerseits! :-)
Mal auf die Geschichte gepfiffen...
Nach einem klasse Bastelabend zusammen mit Claus läuft auch mein alter Knabe wieder... Brav, ohne Brumm, trennscharf und laut! So muss es sein!
Das Gehäuse wird ebenfalls eine Schellackpolitur erhalten.
Schönen Abend noch allerseits,
Jochen

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BeitragVerfasst: Mi Apr 10, 2013 9:03 
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Hallo Jochen,
:super: na da freue ich mich vorab schon auf Bilder. Hier habe ich noch einen Braun 4640W aus dem Jahr 1939 von einem Sammlerfreund übernommen, der da beim Kondensatortausch nicht mehr weiter kam. Da muss ein wenig geleimt werden, ansonsten sieht er noch sehr gut aus. Auch hier werden Bilder folgen.
Da ich erst noch ein Radio für ein DRF Mitglied aus München machen muss, steht er auf der Warteliste für die nächste Restauration.
Der Braun ist gestempelt mit 15. April 1939 also hat in 5 Tagen Geburtstag.
Zum Thema Geschichte, es ist doch immer wieder interessant was so eine Geschichte ein Radio umgibt. Ich schaue ab und zu in die Chronik, um zu vergleichen was im Jahr der Herstellung gerade so los war.


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