Hallo allerseits,
vom unserem Philipp (Vagabund) konnte ich im Frühjahr einen Neckermann Royal 111/21, also den Körting 55W günstig erwerben. Hauptsächlich tat ich das, weil mich die spezielle Schaltung und damit einhergehende Trennschärfe und der Effekt, dass die Sender „aus völliger Stille“ erscheinen sollen. Mit fünf Lautsprechern und 2X EL 84 sollte er auch klanglich etwas bieten.
Beim ersten Öffnen stellte ich fest, dass das Gerät unberührt war, jedoch waren bis auf dem EM 85 alle Röhren gefleddert worden. Das war jetzt nicht ganz schlecht, bis auf die EM 85 hatte ich alle Röhren noch auf Lager und gerade die EM 85, die ja bei Körting nicht mit billigeren Ersatztypen gewechselt werden kann, hätte ja richtig gekostet…
Zuerst war Staubwischen angesagt, da eine dicke Schicht das Chassis konservierte.
Ein erster Test mit Vorschaltlampe ergab Rauchzeichen von unter dem Chassis. Einem Widerstand an eigentlich unverdächtiger Stelle war zu warm geworden. Also, dann erst einmal die EROS ersetzen. Was hat sich Körting nur bei der Servicefreundlichkeit gedacht?

Kondensatoren, die in dritter Reihe verlötet sind, so dass selbst Kinderhände für für den Wechsel zu klein sind und deswegen Seilzüge ausgehängt oder Lötfahnen abgebaut werden müssen

Der nächste Test führte zum gleichen Ergebnis. Schlussendlich konnte die EM als Übeltäter ausgemacht werden. Nach Einbau einer Neuen spielte das Gerät auf allen Bereichen.
Trotz augenscheinlich unberührter Kerne zerrte und zischelte es auf UKW bei Empfang auf der Sendermitte. Das wurde besser, wenn ein wenig neben dem Sender abgestimmt wurde. Dann wurde das Signal aber hörbar dumpfer. Außerdem kamen die Sender nicht aus „völliger Stille“, eher aus profanem Rauschen. Also blieb doch nichts anderes übrig, als an den Filtern zu arbeiten

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Grundlage war die originale Abgleichanleitung. Das Gerät verhielt sich beim Abgleich genau wie in der Anleitung angegeben. Leider war, außer bei der nun größeren Lautstärke, keine Verbesserung zu verzeichnen. Im RM.org hat Herr Freudenberg eine hervorragende Beschreibung des Geräts und eine weitergehende Abgleichanleitung eingestellt. Nun gut, so wurde nach dieser Anleitung abgeglichen, die ich nachfolgend einstelle (wenn nicht gestattet, lösche ich gerne wieder):
Vorbereitungen:
1. Der FM-Skalenzeiger muss bei ganz eingedrehtem FM-Drehkondensator mit der Marke am Skalenrand übereinstimmen.
2. Taste UK und Ferntaste drücken. R1 ganz nach links drehen (dann ist die Rauschsperre unwirksam).
3. Voltmeter 1 (Ri > 10 MΩ, Messbereich 10 V) über 500 kΩ an die Regelspannung Messpunkt MP1 (Bild 2.1) legen.
4. Voltmeter 2 (Ri > 10 MΩ, mit +/-Anzeige oder Nullpunkt in der Mitte, Messbereich 25 V) über 500 kΩ an MP2 (Bild 2.1, Diskriminator-Gleichspannung) legen.
5. Unmodulierten Messsender 10,7 MHz über 5 nF an das Gitter der EF 89 legen (Bild 2.1).
6. Die im folgenden genannte Reihenfolge unbedingt einhalten![/list]
ZF-Abgleich
[list=]1. Kerne in der Reihenfolge G, D, E und F auf Maximum von Voltmeter 1 stellen.
2. Kern J ganz herausdrehen. 10
3. Messsender auf Ausgangsspannung 1 mV < Ueff < 100 mV einstellen, Maximum 10,7 MHz an Voltmeter 1 kontrollieren (Messender darf in der Frequenz auf keinen Fall „weglaufen“).
4. Kern K in die Synchrolücke einstellen. Diese ist daran erkenntlich, dass das Voltmeter 2 einen Wert anzeigt, der sich beim Drehen von Kern K um etwa 2 Umdrehungen nicht ändert. Der gesuchte Abgleichpunkt liegt in der Mitte. K steht jetzt ungefähr auf der Mitte des Mitnahmebereichs.
5. Kern L drehen, bis das Voltmeter +/-0 V anzeigt. Jetzt ist der Diskriminator auf 2,14 MHz eingestellt.
6. Röhre EBF 80 herausziehen, der Synchro-Oszillator schwingt jetzt frei und wird nicht synchronisiert; Messsender nicht ausschalten (Drift!). Voltmeter 2 schlägt jetzt wieder aus. Den Kern K wieder drehen, bis das Voltmeter wieder auf 0 V steht; der Synchro-Oszillator schwingt jetzt frei auf 2,14 MHz. Dann Kern J eindrehen, bis das Voltmeter wieder 0 V anzeigt (Das Voltmeter schlägt aus und geht dann wieder zurück; jetzt ist der Oszillator-Dämpfungskreis J auf 2,14 MHz eingestellt).
7. Kern J wieder etwas verstimmen auf ca. 0,5 bis 1 V an MP2.
8. Messsender über 5 nF an Gitter 1 der E(C)H 81 legen, 10,7 MHz kontrollieren. Messsender so weit aufdrehen, bis Voltmeter 2 wieder auf Null zurückgeht. Ausgangsspannung des Messsenders so weit reduzieren, bis Voltmeter 2 gerade wieder ausschlägt; Kern H nachstimmen, bis Voltmeter 2 wieder auf Null zurück geht. Ausgangsspannung des Messsenders wieder reduzieren, Kern H wieder nachstimmen usw., bis dass keine Verbesserung mehr erzielt wird. Jetzt ist der Kreis H auf 10,7 MHz abgestimmt.
9. Messsender von der ECH 81 abklemmen. Voltmeter 2 schlägt jetzt wieder etwas aus.
10. Kern J wieder auf Null von Voltmeter 2 zurückdrehen.
11. EBF 80 wieder einsetzen; Kern von BV 577 herausdrehen.
12. Messsender (10,7 MHz) mit einer Ausgangsspannung von max. 0,5 V an die UKW-Antennenbuchsen legen.
13. Erst Kern C, dann Kerne B und A auf Maximum von Voltmeter 1 einstellen.
14. Kern an BV 577 (10,7 MHz Sperrkreis) auf Minimum von Voltmeter 1 stellen.Das Problem beim Abgleich nach dieser Methode liegt bei 8.: Selbst wenn der Meßsender auf max. steht, geht die Spannung am MP2 nicht auf 0 zurück. Ich habe die Spannung deswegen nur auf das erreichbare Minimum eingestellt.
Ein weiteres Problem bekomme ich beim Abgleich des Kreise A, B und C: drehe ich die Kerne auf maximalen Ausschlag am MP1 (also max. Regelspannung), ist das Signal so verzerrt, dass noch nicht einmal erahnt werden kann, ob der eingestellte Sender Musik oder Sprache bringt, also müssen diese drei Kerne „verstellt“ werden, damit ein verständlicher Empfang (mit reduzierter Signalstärke) gegeben ist. Aber auch dann darf nicht auf Empfangsmaximum abgestimmt werden, sondern links neben den Sender (also immer ein bisschen weniger als die Empfangsfrequenz). Der Empfang ist also doppelt getrübt, da beim Verlassen der Sendermitte die Schaltung erbarmungslos das ohnehin schon verbeulte Signal "abschneidet" (Trennschärfe)

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So habe ich das Gerät erst einmal zur Seite gestellt und über Lösungsmöglichkeiten nachgedacht, ob ich Fehler beim Abgleich gemacht habe… und inzwischen das Gehäuse wieder in Schuss gebracht.
Danach habe ich sämtliche Widerstände auf ihre Werthaltigkeit geprüft und keine Abweichungen > 10 % festgestellt. (Styroflex- und Keramik-)kondensatoren kann ich mangels Gerätepark leider nicht prüfen, da habe ich nur auf kalte Lötstellen gesucht.
Elkos wurden komplett gewechselt, die Spannungen stimmen mit dem Schaltplan im Wesentlichen überein.
Zwischenzeitlich ist mir noch aufgefallen, dass sich der UKW-Empfang bei kaltem Gerät einwandfrei ist, erst nach zwei bis drei Minuten muss vom Empfangsmaximum weggeregelt werden, damit der Sender hörbar bleibt, sonst ertönt nur noch verzerrtes Gebrumme.
Inzwischen hege ich den Verdacht, der Fehler könnte in der Vorstufe und/oder in der Mischstufe liegen und bin für Tipps jeder Art sehr dankbar.
Hier schon mal ein paar Bilder des Gerätes:
Dateianhang:
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Dateianhang:
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Dateianhang:
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Dateianhang:
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Dateianhang:
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Beste Grüße
Hans