Dampfradioforum

Hallo liebe Radiofreunde,

da ich mich in der Hauptsache in meiner Freizeit historischer Kinotechnik widme, war ich eine Weile nicht hier. Ich erlaube mir dennoch mich an Euch zu wenden und hoffe auf Eure Hilfe. Auch wenn es für mich immer einen Beigeschmack hat nur gelegentlich irgendwo aufzutauchen und um Hilfe zu bitten Ich hoffe, Ihr nehmt es mir nicht krumm.

Zum Problem: In meiner Werkstatt seht eine SABA Breisgau Automatic 8 Truhe eines Freundes. Der Plan war seinem Vater eine Freude zu Weihnachten zu machen und die Truhe wieder zum Leben zu Erwecken. Da ich mich nur gelegentlich mit Radios befasse, sind meine Kenntnisse begrenzt. Elektrische Kenntnisse sind aufgrund meiner Ausbildung vorhanden. Im Normalfall habe ich aber eher mit kA und kV zu tun:-)

Bei einer ersten vorsichtigen Inbetriebnahme am Regel-Trenntrafo zeigte sich, dass die Truhe vollkommen stumm blieb. Um keinen weiteren Schaden anzurichten nahm ich sie vom Netz und spendierte ihr erst einmal eine ausführliche Reinigung und eine Kondensatorkur. Alle Teerkondensatoren und Elkos sind getauscht. Während ich auf die Bauteile wartete, widmete ich mich dem Plattenspieler, dem Holz, dem Tastensatz, den festsitzenden Potis und allem, was sonst noch so vermurkst war, durch die offenbar unsanfte Behandlung. Das alles funktioniert so weit zumindest augenscheinlich gut.

Nach dem Einbau der letzten Kondensatoren habe ich die Truhe erneut in Betrieb genommen. Voller Hoffnung, dass die Kondensatorkur sie wieder zum Leben erweckt hat. Leider bleibt sie aber immer noch stumm. Und zwar vollkommen stumm. Aus dem Lautsprecher ist rein garnichts zu hören, kein Summen, kein Säuseln, nicht mal ein Brummen. Auch beim Anschluss eines Zusatzlautsprechers tut sich nichts. Die Skalenlampen leuchten, auch die Lampen für "Sprache" und "Musik" leuchten abwechselnd beim Umschalten. Die Röhren glimmen alle. Und die Automatik läuft ganz wunderbar. Immerhin:-) Alle Röhrenkontakte habe ich gereinigt, auch die der "Sprache"-"Musik"-Umschaltung habe ich eingesprüht und mehrmals hin und her bewegt.

Leider sind meine Radiokenntnisse aber ab hier erschöpft. Kann mir jemand von Euch einen Weg zeigen, wir ich weiter kommen könnte?

Ich danke herzlich und hoffe sehr auf Eure Unterstützung. Vielleicht kann ich die Truhe ja doch noch vor Weihnachten ausliefern:-)

Viele Grüße
Pascal

P.S. Auch der Gleichrichter ist erneuert und ich habe, so wurde es im SABA-Forum empfohlen, einen 120 Ohm Widerstand dahinter geschaltet. Dort wurde beschrieben, dass dies notwendig sei, um die höhere Spannung durch den Si-Gleichrichter auszugleichen.

Die Becherelkos sind nicht erneuert, da diese ja selten defekt sind. Sie werden nicht heiß. Ob das Radio brummt, weiß ich ja nicht;-)

P.P.S. Wenn ich mir den Ausgangsübertrager anschaue, sieht der Kunststoff aus, als wäre er mal ziemlich warm geworden. Kann dieser Eurer Erfahrung nach defekt sein?

P.P.P.S. Das magische Auge glimmt zwar, aber leuchtet nicht.

Hallo Pascal,

wenn die Lautsprecher vollkommen schweigen solltest du dich zunächst versichern ob sie auch angeschlossen sind; dabei reicht es schon wenn der LS-Wahlschalter die inneren Lautsprecher abgeschaltet hat. Die beste Position ist 1+2, dabei ist sowohl der innere als auch der externe Lautsprecher aktiv (für den Fall, dass du einen Testlautsprecher angeschlossen hast).

Der aufgequollene Spulenkörper des Ausgangsübertragers deutet darauf hin, dass C81 (500pF) von der Anode der Endröhre einen Schluss hatte und dadurch die Anodenwicklung überhitzt wurde. Gelegentlich ist dann auch der Übertrager geschädigt - sprich defekt. Das ist aber meist nicht mit absolutem Schweigen verbunden.

Ich gehe davon aus, dass du ein Schaltbild zur Hand hast und ein wenig damit umgehen kannst. Denn dann wären als nächstes die Betriebsspannungen an der Endröhre EL84 zu messen. Konkret an pin7 (Anode), pin9 (Schirmgitter) pin3 (Katode) und auch an pin2 (Steuergitter) wäre eine Messung sinnvoll. Beim Berühren der Messleitungen von pin2 sollte ein vernehmbares -moderates- Brummen aus dem Lautsprecher ertönen.

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...und glüht auch die Anode rot, ist die Röhre noch nicht tot.

Mit freundlichen Grüßen, Peter R.

Hallo Peter,

herzlichen Dank für Deine Antwort. Die Lautsprecher in der Truhe waren beim ersten Versuch angeschlossen, der Schalter stand in der Mitte. Inzwischen steht das Chassis wieder auf der Werkbank und ich habe einen externen Lautsprecher angeschlossen, weil ich ausschließen wollte, dass bei der Verdrahtung in der Truhe etwas im Argen liegt. Aber auch der externe Lautsprecher bleibt stumm. Der Umschalter steht nun auf der Stellung für den Zusatzlautsprecher.

Viele Grüße
Pascal

Hallo Pascal,

dann solltest du jetzt mit den geschilderten Spannungsmessungen beginnen... erst dann kann man weiteres sagen.
Und wenn du schon dabei bist, kannst du auch noch die Anoden-(pin6) und Schirmgitterspannung (pin1) der EF86 messen.
Leider sind in meinem Schaltbild keine Spannungsangaben zu finden. Aber wenn du die Messergebnisse kundtust, kann man sehen, ob diese nachvollziehbar sind.

Nachtrag zum magischen Auge: diese sind meist hoffnungslos verbraucht, so dass sie kaum noch Leuchtkraft haben; oft erkennt man im Dunkeln noch einen grünen Schimmer. Ein Ersatz, besonders eine originale EM34 (Zweibereichsanzeige) ist recht teuer >50€! Deshalb weicht man oft auf die russische 6E5S aus, deren Anzeige (Einbereichsanzeige) jedoch unkomfortabler ist und eine kleine Änderung der Verdrahtung erfordert.

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...und glüht auch die Anode rot, ist die Röhre noch nicht tot.

Mit freundlichen Grüßen, Peter R.

Hallo Peter,

herzlichen Dank für Deine Beschreibungen. Ein Schaltbild habe ich und grundlegend kann ich auch damit umgehen. Leider stehen auch bei mir keine Spannungen dran.
Ich werde heute Abend die Messungen durchführen und dann berichten. Ich messe immer gegen Masse, richtig?

Viele Grüße
Pascal

Moin,
ja, die Betriebsspannungen werden gegen Masse (Chassis) gemessen.

Zuerst moeglichst schnell nach Einschalten die Anoden- und Schirmgitterspannung der Endroehre messen. Sollte die Anode spannungslos sein und das Schirmgitter Spannung fuehren, uebernimmt es den Anodenstrom und wird ueberlastet. Daher muss zuerst festgestellt werden, ob dieser Zustand vorliegt.

73
Peter

Hallo Pascal,

der Fall, welchen Peter, hier anspricht wäre auch mit absolutem Schweigen verbunden; dabei müsste aber der C81, welcher auch auf den Spitznamen 'AÜ-Killer' hört, ganze Arbeit geleistet haben und ein Durchschmelzen der Anodenwicklung verursacht haben. Dann würde die Endröhre keine Anodenspannung erhalten und... siehe Beitrag, Peter, oben.

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...und glüht auch die Anode rot, ist die Röhre noch nicht tot.

Mit freundlichen Grüßen, Peter R.

Hallo Peter und Peter,

herzlichen Dank für Eure Hilfe! Nachfolgend die Messergebnisse:

EL84
Pin 7 316 V
Pin 9 ca. 1 V beim Einschalten, danach ca. 146 mV
Pin 3 46 mV
Pin 2 0,58 V

Beim Berühren des Pin 2 brummt es leise aus dem Lautsprecher.
Die Werte sind wohl, was den AÜ angeht, schon einmal erfreulich:-)

EF86
Pin 6 140 mV
Pin 1 56 mV

Ist die Anodenspannung der EF86 zu gering?

Könnt Ihr die Spannungen interpretieren?

Danke und viele Grüße
Pascal

Moin,
der EL84 fehlt die Schirmgitterspannung und der EF86 alle Betriebsspannungen ausser Heizung. Das Netzteil ist nahezu ohne Belastung, daher die 315V an der Anode.

Typischerweise hat so ein Geraet einen Ausgangsuebertrager mit Brummkompensation. Die Primaerwicklung hat drei Anschluesse, am "mittleren Anzapf" wird die Anodenspannungsquelle angeschlossen, an ein Wicklungsende die Anode der Endroehre, am anderen ueber einen Siebw iderstand von typ. 1-1,5k Ohm der Siebkondensator und an dem haengt das gesamte Geraet ausser der Anode der Endroehre.
Fehlt die Brummkompensation, wird der Siebkondensator direkt ueber den Siebwiderstand am Ladekondensator (der, der direkt am Gleichrichter haengt) angeschlossen.

Mein Kandidat waere erstmal dieser Siebwiderstand. Ist der unterbrochen/hochohmig, schweigt das Geraet, weil es keinen/zuwenig Stom hat. Oder du hast beim Kondensatortauschen eine Leitung vergessen, wieder anzuschliessen

73
Peter

Da die Primärwicklung keine drei Anschlüsse hat, hat das Radio wohl keine Brummkompensation, richtig?
Dann wären wohl R81 und R82 zu prüfen?

Ich war beim Kondensatortausch völlig paranoid und habe alles huntertmal nachgesehen. Ich kann es mir nicht vorstellen, dass ich was vergessen habe. Aber man weiß ja nie;-) Ich werde nochmal nachsehen.

Einen Auszug aus dem Schaltbild habe ich hier hochgeladen: https://ibb.co/V9P57Lp

Danke Dir:-)

Viele Grüße
Pascal

Bingo! R82, der Siebwiderstand ist unterbrochen. Hmm, 1,6 kOhm stehen drauf. 1,8 kOhm +/- 10% hab ich hier. der hat 1,83 kOhm. Den bau ich ein. Größer ist da jedenfalls wohl besser als kleiner.

Peter, Herzlichen Dank, der Tip war spitze!
Nun sieht es folgendermaßen aus:

EL84
Pin 7 256 V
Pin 9 232 V
Pin 3 215 V
Pin 2 ca. 14 mV

EF86
Pin 6 115 V
Pin 1 1,2 V

Und es rauscht im Lautsprecher.

Was meint Ihr dazu?

Viele Grüße
Pascal