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BeitragVerfasst: Di Mai 25, 2021 12:08 
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Registriert: So Mai 23, 2021 22:19
Beiträge: 25
Kenntnisstand: Grundkenntnisse (ohmische Gesetz etc.)
Hallo!

Ich bin neu in diesem Forum.
Mein Name ist Yannick und im Rahmen einer Ausmistaktion meiner Großeltern ist mir eine alte Musiktruhe (Ballerina Konzert Stereo 30) in die Hände geraten, die mich fasziniert und die ich gerne wieder in Betrieb nehmen bzw. (wenn nötig und möglich) reparieren würde.

Ich bin in dem Bereich jedoch ein ziemlicher Anfänger, meine bisherigen Erfahrungen waren eher im digitalen Bereich.
Ich bin Informatikstudent, Grundkenntnisse (ohmsches Gesetz usw.) sind vorhanden, Platinen für kleinere Microcontrollerprojekte designen und bestücken (löten) kann ich, im anlogen Bereich wird es dann schon dünner und bei Röhren gabs eigentlich keinerlei Vorkenntnisse.

Ich habe mich im Internet etwas eingelesen (und bin dabei auch auf dieses Forum gestoßen), habe aber noch einige Fragen und hoffe, dass mir hier vielleicht jemand helfen kann.
Die Sicherungen habe ich überprüft und den gröbsten Staub vorsichtig rausgepustet (der Rest sitzt relativ fest).
Meine Großeltern beteuern, das Radio hätte bis zuletzt funktioniert, allerdings ist der Netzstecker abgeschnitten (sie wissen nicht warum), was mich etwas skeptisch macht.
Bei meiner ersten Sichtprüfung konnte ich auf Anhieb keine verschmorten Widerstände oder sichtbar defekten Kondensatoren sehen.
Es sind mir aber zwei andere Dinge aufgefallen:

  • Unter dem Radio enden einfach zwei Kabel, die zusammengelötet sind (im unten verlinkten Bild rot markiert). Sie waren einfach mit etwas Kreppband-ähnlichem umwickelt, um sie zu isolieren, was mir merkwürdig vorkam.
    Sie sind offenbar direkt mit dem Netzeingang verbunden (vor dem Trafo), überbrücken aber keine Sicherung oder ähnliches.
    Ich bin etwas ratlos, welchen Zweck das hat. Ggf. für eine Art Netzschalter? Aber dafür ist die Position seltsam.
    Kann das so bleiben (natürlich wieder ordentlich isoliert) oder muss da etwas gemacht werden?
  • Unter der Platine konnte ich einige schwarze Stellen finden (gelb markiert). Es sieht für mich allerdings weniger so aus als hätte da etwas geschmort, sondern tendenziell eher als wäre das schon bei der Herstellung (beim Löten?) passiert.
    Ist das unbedenklich?

Ich habe im Internet unterschiedliches dazu gelesen, ob man vor der ersten Inbetriebnahme bereits Kondensatoren tauschen/entfernen sollte. Wäre das hier irgendwo notwendig?

Da ich keinen Regeltrafo besitze, würde ich den ersten Test dann hinter einem Trenntrafo mit einer 60W Glühlampe in Reihe machen.
Alternativ könnte ich bei anderer Verkabelung des Trenntrafos auch mit niedrigerer Spannung (z.B. 115V) beginnen, wäre das sinnvoll? Richtig funktionieren würde es dann ja vermutlich nicht.
Die Lautsprecher muss ich vorher natürlich wieder anschließen.
Sollte ich vorher noch etwas anderes beachten?

Ich hoffe, das waren nicht zu viele Fragen auf einmal.
Bilder und die beigelegte Dokumentation (erstaunlich wie transparent man das früher gemacht hat!) habe ich mal hier hochgeladen:
https://drive.google.com/drive/folders/ ... sp=sharing
Ich hoffe, der Link ist in Ordnung. In den Forenregeln stand, dass solle man für Bilder über einer Breite von 800 Pixeln so machen.
Über Ratschläge würde ich mich sehr freuen!

Viele Grüße
Yannick


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BeitragVerfasst: Di Mai 25, 2021 14:10 
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Registriert: Mo Apr 03, 2006 7:23
Beiträge: 1063
Wohnort: Niederbayern
Kenntnisstand: Sehr gute Kenntnisse (Hobby)
Hallo Yannick,

herzlich willkommen im Forum! Da hast Du ja ein schönes Schätzchen ausgegraben...!

Die Truhe ist relativ neuen Baujahres; zum Glück sind dort schon einigermaßen haltbare Kondensatoren verbaut (Erofol und Erofol II). Diese gelten auch heute noch als sehr gut und werden vermutlich nicht zu wechseln sein. Die Erstinbetriebnahme mit Vorschaltlampe scheint sinnvoll. So können sich Lade- und Siebelko wieder langsam formieren.
Während der Anheizphase der Röhren gleich mal die Spannung am Siebelko messen (Becherelko).

Die "Brandspuren" sind keine; das sind Flussmittelreste vom Lötprozess. Also unbedenklich.

Die zusammengelöteten Litzen sehen verdächtig nach dem Anschluss für den Netzschalter aus. Vielleicht ist dieser defekt und die Leitungen wurden gebrückt. Oft wurde dann ein Schnur-Zwischenschalter oder ein schaltbarer Schukostecker an's Netzkabel geschraubt. Vielleicht wurde der beim Ausmustern der Truhe abgebaut...

Viel Spaß beim Herrichten!

Jörg

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www.radiolegenden.de


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BeitragVerfasst: Di Mai 25, 2021 19:13 
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Registriert: So Mai 23, 2021 22:19
Beiträge: 25
Kenntnisstand: Grundkenntnisse (ohmische Gesetz etc.)
Hallo Jörg,

vielen Dank für die schnelle und nette Antwort!
Das klingt ja erfreulich und der Netzschalter ergibt absolut Sinn:
Auf einem Bild in der Dokumentation ist er sogar mit der entsprechenden Taste verbunden abgebildet, da war ich wohl irgendwie blind.
Dann werde ich mich demnächst daran wagen, es das erste mal einzuschalten!

Eine kleine Rückfrage habe ich noch bezüglicher der Messung am Becherelko:
Wenn ich den Schaltplan richtig verstehe, besteht der ja in Wirklichkeit aus 3 Kondensatoren, die ich auch den 6 Anschlüssen (Minuspole verbunden) zuordnen kann.
Die Sollspannung ist ja für alle 3 Stellen angegeben. Ist es da erstmal egal, an welcher ich messe?

Viele Grüße
Yannick


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BeitragVerfasst: Di Mai 25, 2021 19:17 
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Registriert: Do Jul 08, 2010 21:17
Beiträge: 1993
Moin,
erstaunlich, Erofol-Kondensatoren, obwohl das Schaltbild 1962/63 behauptet. Das haette ich ein bis zwei Jahre spaeter angesetzt.
Die Kondensatoren sollten daher kein Problem darstellen, aber die kleinen Elkos sollte man tauschen. Kleines Volumen, wenig drin und daher nach 60 Jahren haeufig trocken (Katodenkondensatoren der Endroehren, Ratioelko). C375 (4µ/385V) in 10µ/400V aendern. Er siebt die Anodenspannung der NF-Trioden. Und die sollte brummfrei sein.

Die Fassungen der Roehren sollten nachgeloetet werden. Besonders die der Endroehren. Sie setzen um die je 16W Waerme an die Luft, ein guter Teil davon geht durch den Sockel in die Fassung und durch die Temperaturbelastung mit Temperaturwechseln werden die Loetstellen muerbe. Nehmen die Loetstifte der Fassungen kein Zinn an, ausbauen und gruendlich reinigen. Bei den Endroehren muessen die Fassungen zuverlaessig sein. Es muss alles getan werden, die teuren ELL80 vor Schaeden zu schuetzen (eine Unterbrechung der Anodenzufuehrung wuerde die Schirmgitter ueberlasten).
Dazu gehoert auch, ohne Endroehren an den Kontakten fuer die Steuergitter die Gleichspannung zu messen. Erwartet werden 0V, keinesfalls eine positive Spannung. In dem Fall muss dem nachgegangen werden (Koppelkondensator, Isolationsfehler der Platine oder Fassung).

Die Steckverbinder zu den Lautsprechern muessen zuverlaessig sein. Auch wenn diese Verstaerker hier von der Lautsprecherwicklung aus gegengekoppelt sind, sie sollten nicht ohne Belastung betrieben werden. Als Schutz fuer eine Mindestlast kann man Widerstaende 47 bis 100 Ohm an die Lautsprecherwicklungen loeten.

73
Peter


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BeitragVerfasst: Di Mai 25, 2021 20:25 
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Hallo Yannic,

Zitat:
Die Sollspannung ist ja für alle 3 Stellen angegeben. Ist es da erstmal egal, an welcher ich messe?


nicht ganz!

Stimmt bereits die Spannung über C146 nicht, kann der Rest auch nicht stimmen.

Mögliche Fehler dann:
- Gleichrichter verbraucht/defekt
- Gesamtstromaufnahme stimmt nicht (zu hoch, zu niedrig)

Wenn jedoch die Spannung über C146 stimmt und die 220V (für UKW) über dem Siebkondensator stimmen nicht, dann liegt ein Fehler im Empfangs- bzw. Vorverstärkerteil vor.

Allerdings muss bei den Spannungsmessungen beachtet werden, dass aufgrund der heute höheren Netzspannung auch die Betriebsspannungen tendenziell etwas höher ausfallen werden, die Abweichung wird sich im Bereich von +5 - +10% bewegen.
Dies gilt allerdings nur, wenn das Gerät auf 220V Netzspannung eingestellt ist.
Sind allerdings die Spannungen auch bei Geräteeinstellung auf 220V zu niedrig (mehr als 5 - 10%), muss die Ursache ermittelt werden.

Ich habe dieser Tage ein Radio fertiggestellt, bei welchem wegen eines verbrauchten Gleichrichters die Betriebsspannungen um rund 60V zu niedrig waren, das Radio hat aber trotzdem funktioniert!


Viele Grüße

Martin


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BeitragVerfasst: Mi Mai 26, 2021 6:12 
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Registriert: Di Nov 22, 2011 16:49
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Wohnort: Müritzkreis
Kenntnisstand: Weitergehende Kenntnisse (Hobby)
Moin Yannic,
auch wenn es evtl. schon geschrieben wurde, das in deinem Radio wohl keine "Papierwickler" mehr verbaut wurden, würde ich vorsorglich, der selten gewordenen ELL80 wegen, dessen Arbeitspunkte im "Auge behalten". D.h. die ELL80 herausziehen, Gerät einschalten und an den Steuergittern (g1) am Pin 2 + 6 nacheinander eine evtl. vorhandene positive Spannung nachweisen, falls diese über z.B.+0,5V/DC beträgt, dann sind unbedingt die beiden Koppel C,s auszuwechseln, denn sonst treiben diese "inkontinenten" C,s nicht nur die Röhren in den sicheren Tod. Dann bei laufendem Betrieb, die Kathodenspannung am Pin 7 über einen Zeitraum von min. 20 Minuten messen, 6-10 V wären hier angemessen ( obwohl ich mir bei diesem Wert nicht sicher bin!) Wichtig nur, diese Spannung darf nicht langsam ansteigen, weil dann ein Röhrendefekt vorliegt, die die Röhre weiter schädigt.

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M.f.G.
harry

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- Es ist keine Schande, nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen.
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BeitragVerfasst: Mi Mai 26, 2021 14:43 
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Registriert: So Mai 23, 2021 22:19
Beiträge: 25
Kenntnisstand: Grundkenntnisse (ohmische Gesetz etc.)
Hallo!

Vielen Dank erstmal für die vielen hilfsbereiten Antworten!

Da ist ja jetzt doch noch einiges dazu gekommen.
Aus meiner amateurhaften Sicht habe ich etwas Angst bei zu vielen "invasiven" Maßnahmen vor dem ersten Test womöglich etwas zu verschlimmbessern, was sich dann schwerer diagnostizieren lässt.
Insbesondere z.B. beim Entfernen und wieder Einsetzten der Röhren (Beschädigung oder schlechter Kontakt mit dem Sockel danach).
Ich würde daher vorher gerne nur Dinge tun, die sonst schon beim ersten kurzen Test eine Gefahr für die Bauteile darstellen würden und danach dann schrittweise weitermachen.
Funktioniert dann plötzlich etwas nicht mehr, kann man besser nachvollziehen woran es liegt (zumindest in meiner Vorstellung).
Oder ist meine Sorge da unbegründet?

Ich habe (auch deshalb) noch ein paar Fragen zu einigen der Maßnahmen:
hf500 hat geschrieben:
die kleinen Elkos sollte man tauschen. Kleines Volumen, wenig drin und daher nach 60 Jahren haeufig trocken (Katodenkondensatoren der Endroehren, Ratioelko). C375 (4µ/385V) in 10µ/400V aendern. Er siebt die Anodenspannung der NF-Trioden. Und die sollte brummfrei sein.

Würde das schon bei kurzem Testbetrieb zu Schäden führen? Zumindest leitend sollten sie ja dadurch nicht werden, oder? Ansonsten würde ich dazu tendieren, das nach dem ersten Test zu machen.
Die Katodenkondensatoren müssten ja C407 bzw. C408 sein. Wo finde ich den Ratioelko?
hf500 hat geschrieben:
Die Fassungen der Roehren sollten nachgeloetet werden. Besonders die der Endroehren. Sie setzen um die je 16W Waerme an die Luft, ein guter Teil davon geht durch den Sockel in die Fassung und durch die Temperaturbelastung mit Temperaturwechseln werden die Loetstellen muerbe. Nehmen die Loetstifte der Fassungen kein Zinn an, ausbauen und gruendlich reinigen. Bei den Endroehren muessen die Fassungen zuverlaessig sein. Es muss alles getan werden, die teuren ELL80 vor Schaeden zu schuetzen (eine Unterbrechung der Anodenzufuehrung wuerde die Schirmgitter ueberlasten). Dazu gehoert auch, ohne Endroehren an den Kontakten fuer die Steuergitter die Gleichspannung zu messen. Erwartet werden 0V, keinesfalls eine positive Spannung.

Nachlöten könnte ich machen. Entlöten und ausbauen stelle ich mir auf dem engen Raum ziemlich schwierig vor.
Auch hier die Frage: Muss das schon vor dem ersten Testbetrieb erfolgen? Wie schnell führt die Überlastung des Schirmgitters zu Schäden?
Ist die Gefahr, dass die Fassungen nicht zuverlässig leitet nach der Entfernung der Röhre zum Messen nicht höher?
Die Anschlüsse für die Lautsprecher werde ich vor dem ersten Betrieb dann auf jeden Fall noch mal durchmessen und später noch die Widerstände hinzufügen.

Hobbybastler hat geschrieben:
Wenn jedoch die Spannung über C146 stimmt und die 220V (für UKW) über dem Siebkondensator stimmen nicht, dann liegt ein Fehler im Empfangs- bzw. Vorverstärkerteil vor.
Allerdings muss bei den Spannungsmessungen beachtet werden, dass aufgrund der heute höheren Netzspannung auch die Betriebsspannungen tendenziell etwas höher ausfallen werden, die Abweichung wird sich im Bereich von +5 - +10% bewegen.
Dies gilt allerdings nur, wenn das Gerät auf 220V Netzspannung eingestellt ist.

Danke für die Erläuterung! Mein Trenntrafo liefert in der aktuellen Konfiguration ca. 216V, weil ich dachte, dass das näher an den früheren 220V liegt. Welche Abweichungen sind denn durch die vorgeschaltete Glühlampe zu erwarten?

Viele Grüße
Yannick


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BeitragVerfasst: Mi Mai 26, 2021 15:17 
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Registriert: Do Jul 08, 2010 21:17
Beiträge: 1993
YannickE hat geschrieben:
Ich habe (auch deshalb) noch ein paar Fragen zu einigen der Maßnahmen:
hf500 hat geschrieben:
die kleinen Elkos sollte man tauschen. Kleines Volumen, wenig drin und daher nach 60 Jahren haeufig trocken (Katodenkondensatoren der Endroehren, Ratioelko). C375 (4µ/385V) in 10µ/400V aendern. Er siebt die Anodenspannung der NF-Trioden. Und die sollte brummfrei sein.

Würde das schon bei kurzem Testbetrieb zu Schäden führen? Zumindest leitend sollten sie ja dadurch nicht werden, oder? Ansonsten würde ich dazu tendieren, das nach dem ersten Test zu machen.
Die Katodenkondensatoren müssten ja C407 bzw. C408 sein. Wo finde ich den Ratioelko?


Moin,
im Idelafall sind die Elkos nur trocken und haben nicht mehr ihre Kapazitaet. Das ergibt Verstaerkeungsverlust, besonders im Bassbereich, bzw. erhoehten Brumm, wenn es einen Siebkondensator betrifft. Die Katodenelkos der Endroehren duerfen alles haben, nur keinen Kurzschluss. Dann werden die Roehren ueberlastet (Ausfall der Gittervorspannung, die durch die "hochgelegte" Katode erzeugt wird (das Gitter muss gegenueber der Katode negativ sein, hier um etwa 8V).

Zitat:
hf500 hat geschrieben:
Die Fassungen der Roehren sollten nachgeloetet werden. Besonders die der Endroehren. Sie setzen um die je 16W Waerme an die Luft, ein guter Teil davon geht durch den Sockel in die Fassung und durch die Temperaturbelastung mit Temperaturwechseln werden die Loetstellen muerbe. Nehmen die Loetstifte der Fassungen kein Zinn an, ausbauen und gruendlich reinigen. Bei den Endroehren muessen die Fassungen zuverlaessig sein. Es muss alles getan werden, die teuren ELL80 vor Schaeden zu schuetzen (eine Unterbrechung der Anodenzufuehrung wuerde die Schirmgitter ueberlasten). Dazu gehoert auch, ohne Endroehren an den Kontakten fuer die Steuergitter die Gleichspannung zu messen. Erwartet werden 0V, keinesfalls eine positive Spannung.

Nachlöten könnte ich machen. Entlöten und ausbauen stelle ich mir auf dem engen Raum ziemlich schwierig vor.
Auch hier die Frage: Muss das schon vor dem ersten Testbetrieb erfolgen? Wie schnell führt die Überlastung des Schirmgitters zu Schäden?
Ist die Gefahr, dass die Fassungen nicht zuverlässig leitet nach der Entfernung der Röhre zum Messen nicht höher?
[/quote ]


Wenn man an die Fassungen der Endroehren auf der Platinenloetseite nicht herankommt, muss man sie freilegen (es sieht so aus, als haetten sie einen der Ausgangsuebertrager daruebermontiert). Zur Sicherheit der Roehren und der allgemeinen Funktionssicherheit muessen die Loetstellen in Ordnung sein. Bei einer Roehre mit einem so filigranen System wie einer ELL80 (immerhin hat man zwei EL95 in einen Novalkolben gestopft) besteht die Gefahr, dass ein ueberlastetes und damit gluehendes Schirmgitter sofort zu Schaden fuehrt. Die Roehre ist inzwischen einigermassen teuer, man darf sie nicht riskieren (sie werden schon seit einer ganzen Weile (ca. 45-50 Jahre) nicht mehr hergestellt). Das Geraet ueberpruefen, ueberholen und dann erst vollstaendig in Betrieb nehmen.
Wenn die Fassungen zuverlaessig eingeloetet sind, kann man problemlos daran ohne Roehre messen. Zum Messen an den Steuergitteranschluessen beide Endroehren ziehen. Alles, was passiert, ist, dass die Anodenspannungen im Netzteil wegen der fehlenden Belastung durch die fehlenden Roehren ansteigt. Das ist aber harmlos fuer das restliche Geraet. Es muss beim Anheizen fuer 20 Sekunden mit der Leerlaufspannung des Netzteiles klarkommen koennen.


Zitat:
Hobbybastler hat geschrieben:
Wenn jedoch die Spannung über C146 stimmt und die 220V (für UKW) über dem Siebkondensator stimmen nicht, dann liegt ein Fehler im Empfangs- bzw. Vorverstärkerteil vor.
Allerdings muss bei den Spannungsmessungen beachtet werden, dass aufgrund der heute höheren Netzspannung auch die Betriebsspannungen tendenziell etwas höher ausfallen werden, die Abweichung wird sich im Bereich von +5 - +10% bewegen.
Dies gilt allerdings nur, wenn das Gerät auf 220V Netzspannung eingestellt ist.

Danke für die Erläuterung! Mein Trenntrafo liefert in der aktuellen Konfiguration ca. 216V, weil ich dachte, dass das näher an den früheren 220V liegt. Welche Abweichungen sind denn durch die vorgeschaltete Glühlampe zu erwarten?


Ueberpruefen, ob dem Geraet die korrekte Netzspannung zugefuehrt wird:
Die Heizspannung messen (z.B. an einer der Skalenlampen) Hier sollte eine Wechselspannung von 6,3V +-5% anstehen. Die Heizspannung ist die wichtigere der Betriebsspannungen im Geraet, sie muss stimmen. Die Anodenspannungen, die sich einstellen, sollten dann in der Groessenordnung der Schaltbildangaben sein. Hat man noch Freiheiten am Netzspannungswaehler, so ist die Netzspannung einzustellen, die die geringere Abweichung der Heizspannung vom Sollwert liefert. Unterheizen ist dabei schaedlicher als leichtes Ueberheizen.

Eine 60(75)W Vorschaltlampe wird durch das Geraet schon mit einem Gutteil ihres normalen Betriebssromes beaufschlagt und daher steht ueber ihr eine relativ hohe Spannung (die dann dem Radio fehlt). Die Lampoe soll hier erstmal anzeigen, ob das Netzteil grob ueberlastet wird. Ohne Endroehren sollte sie nur schwach leuchten.


73
Peter


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BeitragVerfasst: Mi Mai 26, 2021 16:10 
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Registriert: So Mai 23, 2021 22:19
Beiträge: 25
Kenntnisstand: Grundkenntnisse (ohmische Gesetz etc.)
Danke für die Antwort!
Dann sähe meine Checkliste zusammengefasst also so aus:
  • Beide ELL80 entfernen
  • Sockel nachlöten und hoffen, dass sie das Lötzinn (da nehme ich einfach normales bleihaltiges, richtig?) annehmen
  • Mit vorgeschalteter Lampe einschalten und testen, ob diese schwach leuchtet
  • Vorgeschaltete Lampe entfernen
  • Einschalten und Heiz- und Steuergitterspannungen prüfen
  • Röhren wieder einsetzten
  • Verbindung zu den Lautsprechern sicherheitshalber nochmal prüfen
  • Einschalten und Kathodenspannungen über längeren Zeitraum im Auge halten
  • Danach die anderen Maßnahmen schrittweise
Klingt das so sinnvoll?
Kann ich irgendwie prüfen, ob der Kontakt zwischen Röhre und Sockel nach dem Wiedereinsetzten ordentlich ist?

Viele Grüße
Yannick


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BeitragVerfasst: Mi Mai 26, 2021 16:29 
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Registriert: Di Nov 22, 2011 16:49
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Kenntnisstand: Weitergehende Kenntnisse (Hobby)
Deine Checkliste ist schon mal annehmbar, dazu aber sollte auch noch geprüft werden, ob bei herausgezogener ELL80-Röhre an den beiden Steuergittern (g1) keine positive Spannung, die höher als 0,5V/DC ist, anliegt, weil dann unbedingt die beiden Koppelkondensatoren gewechselt werden müssten

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M.f.G.
harry

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BeitragVerfasst: Mi Mai 26, 2021 18:34 
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Registriert: Do Jul 08, 2010 21:17
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YannickE hat geschrieben:
Kann ich irgendwie prüfen, ob der Kontakt zwischen Röhre und Sockel nach dem Wiedereinsetzten ordentlich ist?


Moin,
der Kontakt zwischen Sockel und Roehre ist bei Presstelleroehren wie diesen hier immer gut. Wenn nicht, sieht man das sofort.
Der Sockel befindet sich naemlich an der Roehre und sie wird in eine Fassung gesteckt.
Komisch, bei Gluehlampen wird das immer richtig benannt ;-)

In der Regel hat man guten Kontakt der Roehren in der Fassung. Kann man pruefen, indem man im Betrieb die Roehren leicht "durchwackelt" (nicht uebertreiben, um Presstellerrisse zu vermeiden). Wenn es nicht mehr kracht, ist alles gut. Bei Roehren, die seit Ewigkeiten nicht mehr angefasst wurden, wird es fast immer krachen. Ein paarmal die Roehren ziehen und stecken geht auch.

Ja, man nimmt normales SnPb60/40 mit Flussmittelseele zum Nachloeten (sog. Elektroniklot).
Und: Der Ratioelko ist C346 (4µ 70/80V). Wird ersetzt mit 4,7µ/63V, Plus an Masse.

73
Peter


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BeitragVerfasst: Mi Mai 26, 2021 22:12 
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Registriert: So Okt 18, 2009 18:36
Beiträge: 1641
Wohnort: bei Fulda
Hallo Jörg und Mitleser,
freut mich, dass die Ballerina offenbar auf einem guten Weg der Genesung ist und sicher bald wieder tanzt, äh spielt!
Die Schaub-Lorenz Geräte (egal ob Fernseher oder Radio) sind nach meiner Erfahrung gar nicht so häufig, der Hersteller war halt eher stark bei den Koffergeräten (Tourings).
Bei dieser Ballerina ( es gab noch die Steigerung in Form einer Primaballerina) wurde offenbar der Fokus auf einen guten Niederfrequenzteil gelegt. 3 Stück ECC83 und die beiden ELL80 in AB Gegentaktschaltung sind schon mal eine Ansage. Wobei die angegeben 10 Watt Ausgangsleistung je Kanal wohl geschönt sind (mehr als 8 Watt sind laut Datenblatt nicht drin). Der Radioteil ist aber eher Standard. Immerhin sind offenbar Anschaltpunkte für einen nachträglich zu installiernden Stereodecoder für FM-Stereo vorgesehen. Das hatte zu der Zeit nicht jeder Hersteller.
Was mir noch aufgefallen ist: auf den Primärseiten der Ausgangsübertrager liegen offensichtlich so rote Eroid-Kondensatoren. Die gelten als Störanfällig und sollten ersetzt werden.
Noch etwas zu den ELL80. Oft sind diese Röhren verbraucht. Die sind zwar auch neu zu bekommen, werden aber recht teuer gehandelt. Hier bietet sich an, 2 EL95 mit Zwischenstecker als Ersatz zu nehmen. Eine Suche hier im Forum hilft weiter.

Gerne verfolge ich hier die weitere Genesung der Ballerina hier.

_________________
Viele Grüße

Frank


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BeitragVerfasst: Do Mai 27, 2021 18:52 
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Registriert: Do Jul 08, 2010 21:17
Beiträge: 1993
EQ80 hat geschrieben:
Hier bietet sich an, 2 EL95 mit Zwischenstecker als Ersatz zu nehmen.


Moin,
ja, nannte sich ELL80E(rsatz).
Ein Steckadapter aus einem Novalstecker und zwei Miniaturfassungen, um zwei EL95 verwendbar zu machen.

73
Peter

besser ging es mit Grundigs Grossraumchassis Ende der 50er. Das wurde fuer 4x EL95 gebaut, spaeter aber auf 2x ELL80 umgestellt, weil es billiger war (2 Roehrenfassungen weniger, moeglicherweise weniger Montageaufwand und am Ende sogar in den Roehren billiger. Das war ja schliesslich der Zweck der ELL80, mit geringstmoeglichem Aufwand eine 8W Gegentaktendstufe oder einen 2x3W Stereoverstaerker zu bekommen. Eine Steigerung war die ECLL800, die noch ihre Phasenumkehrtriode mitbrachte. Sie haette in der Ballerina noch eine ECC83 eruebrigt).

Meine SO141a habe ich irgendwann auf EL95 zurueckgebaut, um die ELL80-Vorraete zu schonen. Ist auch waermetechnisch guenstiger, weil die Verlustleistung auf groesserem Raum umgesetzt wird. Das war moeglich, weil man das Chassis nie geaendert hat, die Bohrungen fuer die EL95-Fassungen blieben. Man braucht nur Miniaturfassungen fuer Novalbohrungen, also den groesseren Befestigungslochabstand. Fuer 4x EL84 reichten Netzteil und Uebertrager nicht ;-)
Fuer die groessten Luxustruhen gab es den Vorgaenger des NF2 als separates Verstaerkerchassis mit 2x 15W.


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BeitragVerfasst: Do Mai 27, 2021 19:19 
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Registriert: Di Nov 22, 2011 16:49
Beiträge: 8346
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Kenntnisstand: Weitergehende Kenntnisse (Hobby)
Damals war "Geiz ist geil" auch noch nicht in den Hirnen angekommen und gewinnbringend vermarktet worden
Und die Wiedergabegüte bestimmt auch nicht schlechter.
Ich, seit ca. 15 Jahren, als Gehör Implantat Träger, jedenfalls bevorzuge die analoge Speicherung und Wiedergabe, als absolut verständlicher.

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M.f.G.
harry

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BeitragVerfasst: Fr Mai 28, 2021 18:30 
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Registriert: So Mai 23, 2021 22:19
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Kenntnisstand: Grundkenntnisse (ohmische Gesetz etc.)
Hallo!

Erstmal wieder danke für die noch hinzugekommenen Hinweise!
Einen Teil meiner Checkliste habe ich jetzt abgearbeitet:

Das Nachlöten war etwas umständlich, hat aber funktioniert.
Beim ersten Test hat die Glühlampe doch etwas heller geleuchtet, als ich erwartet hatte (kleiner Schreck),
aber die Stromaufnahme lag bei ca. 130 mA, was ich angesichts der 70W Angabe des Radios als in Ordnung eingestuft habe.

Ohne Glühlampe war die Stromaufnahme dann ca. 180mA bei 227V.
Die gemessenen Spannungen:
C146: 280V (Peak 290V)
C147: 255V (Peak 280V)
Das ist ja deutlich über den Sollwerten. Allerdings sind die ELL80-Röhren ja auch nicht eingesetzt. Liegt das angesichts dessen noch im Rahmen?
Die Heizspannung lag bei 6,5V.
An Pin 2 und 6 (an beiden Fassungen) war die Spannung direkt beim Ansetzen kurz minimal negativ, allerdings zu kurz zum Ablesen (digitales Multimeter).
Danach lag sie bei ziemlich exakt 0V, nie über 0,1V.
Ist das Verhalten so normal?

War auf jeden Fall schon mal schön, die Skalenlampen leuchten zu sehen und sogar die EM84 hat schon (statisch) etwas angezeigt!

Bei der Überlegung bezüglich der Stromaufnahme ist bei mir noch eine allgemeinere Frage aufgekommen:
Die Aufnahme liegt ja deutlich unter 800mA und das vermutlich auch im Betrieb mit Röhren (laut Angabe ca. 70W).
Mir kommt eine 0,8A-Sicherung (ist ja auch nicht flink, kann also kurzfristig sogar mehr) da ziemlich groß dimensioniert vor. Für 110V ist ja auch nur 1A angegeben. Weshalb hat man das so gewählt?

Wenn nichts dagegen spricht, würde ich dann demnächst mit dem Einsetzten der Röhren in der Checkliste weitermachen.
Das kann allerdings etwas dauern, weil ich in den nächsten Tagen wenig Zeit habe.

Viele Grüße
Yannick


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