Hier noch etwas süßsaurer Senf von mir:
Wenn Platz genug im Gerät ist und ich einen schutzisolierten Trenntrafo der geeigneten Leistung (!) bekomme, würde ich den Trafo unbedingt ins Gehäuse einbauen. So kann niemand durch Hin- und Herstecken die Sicherheit verringern. Oder der Anschluss des Gerätes an den Trenntrafo im gesonderten Gehäuse erfolgt mit geeigneten Gerätesteckern, die definitiv nicht in die Steckdose gesteckt werden können.
Heutzutage zugelassene Geräte mit Eurostecker und ohne Schutzkontakt (Schutzklasse 2) verfügen über eine verstärkte Isolation, in der Regel doppelte Isolation. D.h. der potentiell spannungsführende metallische Bestandteil wie z.B. eine Leitung, ein Schalter und dessen Lötfahnen, eine Sicherung etc. etc. ist einerseits isoliert, Lötstellen sind mit Schrumpfschlauch isoliert, und zum zweiten besteht das Gehäuse aus isolierendem Material. Chassis im Inneren sind aus Isoliermaterial oder, wenn sie metallisch sind, führen sie niemals Netz-Spannung, und sind von außen nicht zu berühren. Metallteile, die äußerlich auf dem Gehäuse zu berühren sind, kleben typischerweise als dünnes Blech auf der Oberfläche eines Kunststoffgehäuses und haben keine leitende Verbindung ins Geräteinnere. (Bitte: Ausnahmen und Sonderfälle bestätigen die Regel. China-Leuchten mit metallischem Fuß und Lampenstiel, durch welchen einfach isolierte 230-V-Leitungen verlegt sind, habe ich auch schon mal gesehen, aber das ist für mich nun wirklich nicht der Maßstab).
Das Prinzip lautet: Beim Ausfall EINER Isolationsschicht gibt es immer noch eine ZWEITE, die intakt ist.
Öffnungen in Gehäusen von Geräten der Schutzklasse 2 müssen so eng sein, dass keine metallischen Dinge wie Pinzetten, Schraubenzieher oder ähnliche Metallteile hineingeführt werden können und dort spannungsführende Teile berühren können. Zum Beispiel beim Föhn: ein sehr engmaschiges Sieb am Luftansaug-Ende verhindert, dass beim Stochern mit Pinzetten die Heizwendel berührt werden können.
Allstromgeräte aus der sehr frühen bis frühen Röhrenradio- und Fernseher- Zeit beachten diese Regeln generell nicht, soweit ich das an praktischen Beispielen sehen konnte. Das Chassis innen war damals immer aus Metall und führt je nach Steckerdrehung ggf. 230V Spannung. Die Isolation drumherum ist einlagig, d.h. entweder das Holz- oder Plastikgehäuse oder der Kunststoffdrehgriff oder die in Kunststoff gelagerten von außen berührbaren Befestigungsschrauben für das Metall-Chassis oder die Papierkondensatoren in den Antennen- und Erdeleitungen sind allesamt einlagige Isolationen. Die Rückwände und oft auch Bodenplatten haben relativ große Löcher, durch die zum Beispiel Pinzetten, Stricknadeln oder ähnliches gesteckt werden können. Steckt der Stecker "falsch" herum in der 230V-Dose, und versagt diese eine Isolation, erleidet man einen elektrischen Schlag bei Berührung, denn es gibt keine zweite Isolationsschicht.
Deswegen glaube ich, dass Allstromgeräte alter Bauart eben in Bezug auf Sicherheit keinesfalls dem Vergleich mit modernen Schutzklasse 2-Geräten standhalten - immer ausgehend davon, dass die VDE-Vorschriften bei den modernen Geräten beachtet wurden. Deswegen wäre in meinen Augen der schutzisolierte Trenntrafo, ordentlich in das Gerät eingebaut, oder mit speziellem Steckverbinder als getrenntes Gehäuse aufgebaut, im Prinzip die zweite Isolationsschicht, welche die veraltete Konstruktion des Allstromgeräts mit seiner einlagigen Isolationsschicht sozusagen "heilt" oder besser gesagt "nachbessert". Danach würde ich denken, hält das Gerät in punkto Sicherheit einem Vergleich mit modernen Schutzklasse 2-Geräten stand. Und dann sollte man auch keinen Schutzleiter anschließen müssen - meiner Meinung nach.
Mein Trenntrafo hat ein Metallgehäuse, ist seinerseits Schutzklasse 1 und benötigt daher für sich selber den Schutzleiter - das ist ein anders gelagerter Fall. Die an den Trenntrafo angeschlossenen Geräte dürfen ohne Schutzleiter bleiben, müssen es aber nicht.
Was denkt ihr beruflich tätigen VDE-Spezialisten darüber? Sind für euch die alten Allströmer mit ihren isolierenden Gehäusen doch irgendwie mit Schutzklasse 2-Geräten vergleichbar oder eher nicht, wie ich es denke? Ist mit eingebautem Trenntrafo die Schutzklasse 2 denn echt erfüllt?
P.S.: Mir ist ja klar, dass man bei Radios, mit denen man nur alleine spielt, alles im alten Zustand belassen kann.
Gruß
Georg
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