Hallo allerseits,
als Zwischendurchprojekt habe ich mich mal an die Instandsetzung eines Sachsenwerk 502W (ohne Magisches Auge) begeben, das ich vor etwa 15 Jahren am Straßenrand (Sperrmüll) gefunden hatte. Stand bis Ende letzten Jahres bei mir im „Vorratskeller“.
Also: Sauber gemacht und erster optischer Check. Teile scheinen komplett zu sein. Seilrad am Drehko zerbröselte und Skalenseil lag dementsprechend innen herum, Stromzuleitung ausgefranst und alter Stecker dran.
Das große Seilrad ließ sich mechanisch nicht mehr reparieren. Zerbröselte zwischen den Fingern. Musste ich mit Superkleber ran. Die Fixierung des Skalenseils war etwas mit Fummelei verbunden, ging aber auch ohne Seillaufplan. Hatte das Prinzip auf einem Foto in Internet sehen können und der Seillauf ist nicht so kompliziert bei diesem Radio.
Danach alle R´s gemessen (ok), Stromzuleitungskabel erneuert und die große Kondensatorkur gemacht. Sämtliche Teer- und Papierkondensatoren habe ich gewechselt. Zum Glück stehen die Kapazitäts- und Spannungswerte drauf, denn die mir zur Verfügung stehenden Schaltpläne geben für dasselbe Gerät unterschiedliche Werte an, je nach Plan. Und im Gerät selber waren z.T. wieder andere Komponenten verbaut. Offensichtlich wurde hier während der Produktion viel verändert. Beim Ersatz durch neue axiale Kondensatoren hielt ich mich an die Werte der real eingebauten Kondensatoren.
Lade- und Sieb Elkos haben nur 16µF. Die sind als große Walzen rechts an der Seite des Chassis übereinander angeordnet mit einer Metallklammer befestigt. Diese Optik wollte ich auf jeden Fall beibehalten und habe sie an Ort und Stelle belassen, die Kabel abgezwickt und neue Elkos unter dem Chassis mit 15µF / 450V eingebaut.
Etwas rätselhaft blieb mir ein Elko mit 20 µF (Foto), der in keinem der Pläne vorkommt und der mit Minus an Masse liegt und mit Plus am Gleichrichter AZ11. Der Elko im Plan liegt mit Plus an Masse. Es scheint, dass der im Gerät einmal ausgetauscht wurde. Aufschrift „5. 69“ mit 450/500V Spannungsfestigkeit deutet darauf hin, dass er vielleicht einmal im Jahre 1969 gewechselt wurde. Getauscht wurde er von mir gegen 22µF, 400V wobei ich die vorherige Einbauposition der Pole beibehielt.
Dateianhang:
Sachs-1.JPG
Mittels Regel-Trenntrafo habe ich den ersten Versuch unter Strom begonnen und die Spannung langsam hochgefahren. Zuerst schaltete sich eine Skalen-Lampe ein, später, nach einem Stoß die Zweite und bald waren auch schon Töne zu hören. Auf Mittelwelle bekam ich die ersten Sender rein. Nicht gerade Hi-Fi, aber es funktioniert. Auch die Tonblende schafft keinen Megasound - ist halt AM - jedoch hört man einen deutlichen Unterschied, wenn man am Regler dreht. Die Tests auf LM und KW zeigten, dass ich erfreulicherweise auf allen Wellen Empfang bekomme.
Prima dachte ich. Eigentlich fertig. Nur noch kurz die Spannungen messen.
Alle Spannungen lagen über den Sollwerten. Habe daraufhin den Spannungswähler am Gerät auf 240V gedreht. Liegen immer noch etwas über dem Normalwert, sind aber aus meiner Sicht noch innerhalb der Toleranz. Jedenfalls liegen sie nicht über den maximalen Spannungswerten der jeweiligen Röhren laut Röhrenhandbuch. Na gut dachte ich, dann noch kurz die Heizspannung messen:
Und jetzt kommts:
Überall nur knapp 3V AC, auch an den Fassungen der Skalenlampen! Unterheizen möchte ich aber nicht weil sonst die Röhren „taub“ werden. Aber kann das sein oder messe ich hier Mist? Habe nur ein einfaches digitales Mulimeter. Kann ein Radio mit Röhrenheizspannung von knapp 3V gut laufen? Und die Skalenlampen leuchten trotzdem schön hell, beinahe grell!
Meine Überlegung: Vielleicht habe ich einen Fehler beim Stromzuleitungskabel gemacht. Abgelötet neu angelötet. Keine Änderung. Danach neue Sicherung eingebaut, neue Skalenlämpchen, Sicherungsaufnahme und Kontakte des Spannungswählers gereinigt (Vielleicht zu geringer Stromdurchlauf). Keine Änderung. Alle Röhren gezogen außer Gleichrichter, keine wirkliche Änderung.
Dann Heizspannung an Gleichrichterröhre gemessen: Achtung: 334V DC! An Pin 6 der AZ11, also an f1.
Das kann doch nicht sein, oder? Der ominöse Elko (minus an Masse, Plus an Heizung f1 der AZ11 wo eigentlich 4V AC anliegen sollten). Das kann doch eigentlich nicht funktionieren!? Oder? Für mich ein Rätsel.
Jetzt habe ich das paradoxe Problem ein spielendes Radio zu haben, das aber eigentlich gar nicht nicht funktionieren dürfte.
Hier noch ein paar Werte aus meinem Messprotokoll:
An den Lade / Siebelkos : 251/330V
ECL11 : Pin 4 (a) = 236V, Pin 8 (G1) = -5,6V
Habt Ihre eine Ahnung, was hier los ist?
Gruß aus der kalten Hauptstadt
Xandio