Restauration Olympia 571W/L

Fragen, Berichte und Tipps zu Reparatur und Technik.

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Dreielferschrauber
Philetta
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Restauration Olympia 571W/L

Beitrag von Dreielferschrauber »

Hallo Forengemeinde!

Gerade habe ich mich im Dampfradioforum angemeldet und freue mich, auf viele Gleichgesinnte zu treffen.
Ich bin Maschinenbauingenieur und schraube als "Haupthobby" an zwei Wartburg 311 - daher auch mein Mitgliedsname. Damit es in der Garage gemütlich wird, habe ich schon vor 10 Jahren angefangen, Radios zu sammeln und erfreue mich seitdem beim Autoschrauben am Klang der alten Technik. Damit das ganze nicht ausufert, beschränke ich mich auf Röhrenradios der DDR-Zeit von 1950 bis zum Ende der Röhrenära. So fanden sich z.B. Olympia 502W, 4U62, 1U11, Sonneberg 65/52, mehrere Mittelsuper (Oberon Phono, Dominante, Rema 2001, Olympia 571W/L), ein unrestauriertes Stradivari IV und in der Wohnung ein Gerufon Ultra Stereo.

Meine erste "Restauration" klappte dank einiger elektrotechnischer Grundkenntnisse und dem Buch "Radios der 50er Jahre" von Eike Grund recht gut. Seitdem beschallt ein Dominante W101 meine Garage.

So, genug erzählt.
Aktuell bin ich gerade auf der Suche nach einem brauchbaren und trotzdem nicht zu teuren Multimeter und hoffe auf euren Rat :)
Bis jetzt (auch wenn Ihr euch jetzt den Bauch halten werdet) habe ich alles mehr oder weniger im Blindflug und mit Hilfe eines alten "Uni10" von Meßtechnik Mellenbach gemacht. Für den 311er hat das ausgereicht - nur beim Radio möchte ich zumindest eine brauchbare Kapazitätsmessung.
Welche Geräte könnt Ihr für meine weiteren Gehversuche bei der Radiorestauration empfehlen?

Danke und Gruß
Andreas
hoeberlin
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Re: Neuvorstellung und Fragen zur Meßtechnik

Beitrag von hoeberlin »

Hallo, und willkommen.

Im jetzigen Stadium brauchst Du kein Kapazitätsmessgerät. Dein UNI10 ( vorausgesetzt es funktioniert korrekt )
reicht zunächst völlig.

Der typische Fehler an Kondensatoren ist nicht abweichende Kapazität in erster Linie, sondern eine mangelnde Isolation ( die hat dann zwar auch eine geringfügige Kapazitätsänderung zur Folge ), aber da der Kondensator bei mangelnder Isolation sowieso erneuert werden muß, braucht man seine Kapazität auch nicht mehr zu messen.

Eine Ausnahme sind die Elkos im Netzteil, und der Ratioelko. Letzterer ist häufig defekt, und sollte vorsorglich getauscht werden, wenn auch nur der geringste Zweifel besteht.

Kapazitätsverlust der Netzteilelkos ( Elko = Elektrolytkondensator ) führt zu übermäßigem brummen des Gerätes. Brummen kann, muß aber nicht zwangsläufig an den Elkos liegen.

Hier würde ich empfehlen, einfach probeweise das vorhandene Original einseitig abzulöten, und probeweise einen neuen Elko anzuschliessen.
Ist das Brummen dann weg > Elko tauschen.

Zur Kapazitätsmessung gibt es verschiedene Verfahren: Messbrücke ( teuer, aufwendig, umständlich in der Bedienung, aber genau ) oder die in vielen modernen Digitalmultimetern eingebauten Funktionen ( bei Kondensatoren mit schlechter Isolation zeigen die erhebliche Messfehler ).

Vielleicht hilft das weiter...

VG Henning
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Dreielferschrauber
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Re: Neuvorstellung und Fragen zur Meßtechnik

Beitrag von Dreielferschrauber »

Ok, vielen Dank erstmal. :danke:

Genau wie Du es beschreibst, war meine Taktik beim ersten Reparaturversuch: Teerkondensatoren + Wachskondensatoren ohne Messung getauscht und die Siebelkos probeweise ersetzt. Beim Dominante hat das gut funktioniert. Das Radio ist nicht 100% gut abgeglichen, aber für die Garage reicht das vorerst.

Aktuell baue ich am Olympia 571 W/L, weil es mir mit seinem für die 50er sehr modernen Design optisch sehr gut gefällt. C´s im Tonteil sind größtenteils ersetzt und das Radio spielt wieder. Nun brummt es noch, und das auch bei gezogener EL84. Ich werde also (am besten bei Antikradio, oder?) passende Elkos ordern und die Siebelkos probeweise ersetzen. Dann sehen wir weiter.
Stilechte Becherelkos kenne ich nur von Frag Jan zuerst. Gibt es noch weitere Quellen?

Und noch eine Anfängerfrage: Kann ich als Ersatz für den Ratioelko jeden beliebigen Elko mit passender Spannungsfestigkeit und Kapazität verwenden oder gibt es weitere Punkte zu beachten? Aktuell sind dort die originalen 6µF von 1957 verbaut - wäre ein Ersatzelko mit 5µ ok oder muß die Kapazität genau stimmen?

Viele Grüße
Andreas
hoeberlin
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Re: Neuvorstellung und Fragen zur Meßtechnik

Beitrag von hoeberlin »

... ob man zum Ersatz defekter Netzteilelkos originalähnliche Becherelkos verwendet, oder den alten Becher nur abklemmt, und unter dem Chassis passende axiale elkos einbaut, ist Geschmackssache.

Zum Testen reicht jedenfalls der probeweise Anschluss eines "modernen Modells"

Alle Elkos haben große Toleranzen. Diese bewegen sich meist im Bereich -10% bis +20%, oder noch höher.

Demzufolge kann ohne weiteres ein 5µF Elko als Ratioelko eingesetzt werden.

VG Henning
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Re: Neuvorstellung und Fragen zur Meßtechnik

Beitrag von edi »

Willkommen im Forum !

Schön, daß ein 311er- Fan hergefunden- so einer -nebst kompl. Ersatzauto- steht auch bei mir, zwar fahrbereit, aber abgemeldet, er harrt seiner Verschönerung (wurde vor Jahren von Vandalen "behandelt").

Stimmt schon, was die Vorposter schrieben, Kapazitätsmesser ist kaum nötig- in 35 Jahren Praxis habe ich den so wenig genutzt, das kann ich an den Händen abzählen.
Ein Uni reicht für den Anfang, viele Schaltpläne geben die Spannungen "gemessen mit Vielfachmesser..." an.

Ratioelkos ersetze ich selten durch Elkos, heute sind Kunstfoliekondensatoren dieser Kapazität und Spannungsfestigkeit erhältlich, die haben keine Polung, und sollten nach menschlichem Ermessen ewig halten... einbauen und vergessen.

Edi
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Re: Neuvorstellung und Fragen zur Meßtechnik

Beitrag von Dreielferschrauber »

Schön, daß es hier noch mehr Oldtimerbesitzer gibt :D
Ich bin im ZWF (Zentrales Wartburg Forum) sehr aktiv und dort gibt es noch einige Dampfradiofans mehr. Spätestens im April muß ich das Radio auch erstmal wieder beiseite stellen und den 311er TÜV-fertig machen.
Olympia_571.jpg

Bis dahin möchte ich zumindest den NF-Verstärker in Form haben. Der Klang überzeugt mich auch noch nicht wirklich. Das Radio hat an der Front leider "nur" einen großen Breitbandlautsprecher. Die seitlichen Hochtöner hört man kaum wenn man davor sitzt, so daß es dem Klang etwas an Brillianz fehlt. Ich werde aber erst einmal die reslichen Kondensatoren tauschen und dann berichten.
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Uwe
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Re: Neuvorstellung und Fragen zur Meßtechnik

Beitrag von Uwe »

Hallo Andreas,

ich hab hier noch einen Olympia 571W/P in der Garage rumstehen. Der hat das gleiche Chassis, ein mieses Gehäuse, der Plattenspieler fehlt, und er nimmt mir eine Menge Platz weg, also wenn ich dir irgendwie helfen kann ..... :bier:. Die Kondensatoren hatte ich schon mal getauscht, den aktuellen Status müsste ich mal prüfen, ist lange her.

Gruss
Uwe
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Re: Neuvorstellung und Fragen zur Meßtechnik

Beitrag von Dreielferschrauber »

Hallo Uwe,

danke für das Angebot :)
Ich habe in mein Chassis nun schon eine Menge Arbeit gesteckt (gereinigt, Potis zerlegt, 2 neue Skalenseile, teilweise neue Kondensatoren), daß ich erstmal weiterforschen möchte.
Interessant ist die Sache trotzdem. Hast Du die Variante mit Selengleichrichter (bei mir schon durch eine Diodenbrücke ersetzt) oder mit EZ80? Und an der Front den runden oder den Ovallautsprecher? Beim 571W/L zumindest gab es beide Varianten. Mich würde mal der Klang interessieren. Schau doch mal nach.

Letzte Woche habe ich zur Probe das Chassis vom Olympia an die Lautsprecher vom Rema 2001P angeschlossen - und es klang sofort eine ganze Ecke klarer. Wie schon geschrieben...tausche ich erstmal weiter Kondensatoren und dann mal sehen.

Vom urspünglichen Thema bin ich nun schon :offtopic: weit weg. Kann man den Thread in "Restauration Olympia 571W/L" umbenennen?
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paulchen
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Re: Neuvorstellung und Fragen zur Meßtechnik

Beitrag von paulchen »

Hallo Hobbyteiler (311´er)!

Ich hatte mal vor Jahren Dein Radio hier. Allerdings als 571W Variante (also das konservative Gehäuse). So ich mich erinnere, hat das Gerät hervorragend geklungen.
Wenn da also nichts an der Lautsprecherverschaltung gebastelt wurde und diese noch intakt sind, sollte das Gerät nach Fertigstellung auch bei Dir zufriedenstellend klingen.
Ich hoffe, daß Dir dies als erster Eindruck vom zu erwartenden Klang reicht. Der ist ja immer subjektiv.
Eventuell habe ich noch Bilder vom Gerät hier. Da muß ich mal suchen. Dürfte aber nicht so interessant sein.

Die seitlichen Hochtöner hört man kaum wenn man davor sitzt, so daß es dem Klang etwas an Brillianz fehlt.


Wechsel auf jeden Fall auch den 2µF Kondensator an den Hochtönern. Ebenso solltest Du den im Plan gezeichneten Schalter D3 prüfen (hast Du den Plan?).

paulchen
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Uwe
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Re: Neuvorstellung und Fragen zur Meßtechnik

Beitrag von Uwe »

Dreielferschrauber hat geschrieben:Hast Du die Variante mit Selengleichrichter (bei mir schon durch eine Diodenbrücke ersetzt) oder mit EZ80?

Mit der EZ80

Und an der Front den runden oder den Ovallautsprecher? Beim 571W/L zumindest gab es beide Varianten. Mich würde mal der Klang interessieren.

Einen Ovallautsprecher, kein Typ erkennbar, aber der gleiche wie im RM zu sehen. Klang kann ich jetzt gar nicht sagen, hab das jetzt nicht in Betrieb genommen und steht auch schon ne Weile.
Die Tipps zu den Hochtönern hat paulchen unten schon genannt. Der Schalter D3 dürfte der auf der Rückseite des Chassis sein, mit dem man die Innenlautsprecher abschalten kann.

Gruss
Uwe
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Re: Restauration Olympia 571W/L

Beitrag von Dreielferschrauber »

Danke euch erstmal für die Tips!

Ich habe mir bei Antikradio ein Kondensatorsortiment und bei AJF Becherelkos bestellt und in den letzten Tagen fleißig gelötet. Alle C´s in der Siebkette sind nun neu, ebenso die Kathodenelkos der EL84 und der EC92. Die Ratioelko wurde getauscht und der UKW-Drehkondensator gereinigt.
Klang und Empfang auf UKW sind nun i.O - wobei ich zum Testen eine Stassfurt Stereobox angeschlossen habe.
Kleines Versäumnis meinerseits: Für die Stereobox bzw. die Frequenzweiche im Olympia hätte ich bipolare Elkos bestellen müssen...

Nun habe ich noch zwei Probleme:
1) Es brummt. Direkt nach dem Einschalten ein klein wenig und nach Aufheizen der Röhren deutlich stärker, wobei die Intensität bei aufdrehen des Lautstärkepotis (im Tonabnehmerbetrieb) zunimmt.

2) Die Anodenspannungen (gemessen an EL84 und EC92) liegen ca. 30V zu hoch, ebenso die Gleichspannung hinter der Siebkette (250 statt 220V). Der Spannungswähler steht auf 240V und die Heizspannung beträgt 6,3V, das paßt also. Die Ursache vermute ich im nachgerüsteten Diodengleichrichter.

Ich würde nun mit einem Lastwiderstand (den Strom muß ich dazu noch messen) die Spannung nach unten korrigieren.
Kann die zu hohe Spannung evtl. auch die Ursache für das brummen sein, oder ist hier noch ein weiterer Fehler eingebaut?

Gruß
Andreas