Dampfradioforum

Hallo ,

mein Name ist Matthias, ich habe vor einigen Tagen das Nordmende Othello 59 3D meiner Großeltern bekommen.
Das Gerät wurde von meinem Großvater Ende der 50er Jahre gekauft und bis circa 1983 täglich genutzt.
Es wurde dann durch ein Grundig RPC-2000 im Wohnbereich ersetzt.

Oma hat das Othello dann in ihr Bügelzimmer gestellt und damit bis vor wenigen Monaten circa 2-3 mal pro Monat wenige Stunden benutzt.

Keine Frage ich freute mich sehr als sie mir das Radio geschenkt hat, da sie nun in eine Pflegeeinrichtung zieht.
Beiläufig erwähnt wurde noch dass dass Radio damals fast 500.- DM gekostet hat was circa 1/8 von Opas Jahresgehalt entsprach.

Ich kannte mich bis dato nicht wirklich im Detail mit den Gefahren von alten Röhrenradios aus.
Beim Transport zu mir nach Hause bemerkte ich aber schon dass im Gehäuse einiges an Staub ist.
Daraufhin habe ich mich im Forum eingelesen und das Radio erstmal stehen lassen.


Ich habe keinerlei Erfahrung mit Radiotechnik, weiss nun aber dass u.U. hohe Spannungen offen anliegen und wirklich niemand an den Geräten arbeiten sollte der nichts davon versteht.


Schmutz und Staub bilden eine Brandgefahr also habe ich das Radio vorsichtig trocken mit Pinsel und Absaugung gereinigt. Und mir einen Überblick verschafft
ob Kabel gebrochen, abgerissen oder nicht mehr ummantelt sind. Ebenso überprüft ob die passenden Röhren verbaut sind und in welchem Zustand das Netzkabel ist.

Eben die "Inbetriebnahme" eines Röhrenradios des Forums abgearbeitet und es dann eingeschaltet, es funktioniert, aber der Tieftonbereich klingt kaputt und kratzig.

Das Gerät hat einige "schlechte" Teerkondensatoren verbaut. Diese sind eventuell kaputt und für den lausigen Klang verantwortlich ?


Wenn ich alles richtig verstanden habe muss das Radio, um es sicher betreiben zu können, von einem Fachkundigen überprüft werden.
Inklusive Spannung und die Funktion der Röhren. Die schlechten Kondensatoren müssen ersetzt werden und sowieso alles was nicht korrekt funktioniert.

Mit dem Löten von Elektronik bin ich vertraut und würde mir zutrauen einzelne Kondensatoren auszulöten und zu ersetzen.
Alles Andere wie Messungen und das Überprüfen von Röhren oder Elko oder Trafo übersteigt mein Wissen und Equipment leider sehr weit.



Grundsätzlich meine Frage:
Ist das Othello ein halbwegs brauchbares Gerät mit gutem Klang oder eher eine Gurke, bei der sich die Reparatur/Restauration nicht wirklich lohnt da es eher schlechte Technik ist.
Mir ist in etwa bewusst was Ersatzteile und Arbeitszeit kostet schrecke aber dennoch nicht davor zurück.

Ich finde ein Radio das so lange schon in er Familie spielt, hat es dann auch verdient weiter zu erklingen.
Der emotionale Wert ist vermutlich das Höchste bei einem alten Röhrenradio; wenn das Gerät taugt bin ich dennoch selbstverständlich bereit Kosten und (machbare) Mühen auf mich zu nehmen.

Der Tonabnehmereingang scheint ja ebenfalls auch für modernere Einspeisungen nutzbar zu sein.


Ich bin dankbar für die Hilfe und freue mich über Einschätzungen, Erfahrungen und Ratschläge.


Viele Grüße Matthias

Moin Matthias,

herzlich willkommen im DRF. Ein Teil der Kondensatoren kann durchaus für den schlechten Klang verantwortlich sein, einige sollten auf jeden Fall geprüft, oder gleich ersetzt werden und vorher würde ich den auch nicht weiter laufen lassen. Es können sonst weitere Schäden entstehen. Den 59er Othello stufe ich schon Richtung gehobene Liga ein, auf jeden Fall ein erhaltungswürdiges Gerät.

In Deinem Fall wäre es evtl. keine schlechte Idee, wenn Du Deinen Wohnort ( nur Ort, keine Straße etc.!) angeben würdest. Eventuell findet sich jemand in Deiner Nähe der Dir Unterstützung anbietet.

Beste Grüße
Peter

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Röhre, du im Radio, nur dein Klang macht mich wirklich froh.

Hallo Matthias!

Zuerst mal etwas was Du brauchen wirst und worauf sich andere Helfende beziehen können - der Schaltplan.
KLICK!

Deine Frage nach der Brauchbarkeit - dieses Radio stellt, wie Peter es auch schon gesagt hat, ein Radio der oberen Liga da.
https://www.radiomuseum.org/r/nordmende ... _593d.html
Gegentaktendstufe, 5 Lautsprecher, 9 Röhren - da wird schon einiges geboten für den Jahrgang, aber auch allgemein.

Zu den Fehlerquellen.
Es ist stark anzunehmen, das die sogenannten Koppelkondensatoren defekt sind. Die müssen grundsätzlich getauscht werden. Weiterhin würde ich mich um die Elkos kümmern.
Schau mal hier viewtopic.php?f=2&t=4364 nach den Bauformen der verschiedenen Kondensatoren was da bei Dir zutrifft. Vermutlich sind da sogenannte ERO100 (Seite 6) drinnen - alle raus! Nordmende verbaute gerne Neokon (Seite 12) - raus.
Am besten mal ein Foto von der Chassisunterseite hier zeigen, dann markieren wir Dir die Bauformen die raus müssen.
Wenn das passiert ist mu man messen - hier geht es einmal um die Betriebsdaten des Radios und um die Einschätzung des Zustandes der einzelnen Röhren. Eventuell findest Du jemand in Deiner Nähe der die auf einem Röhrenprüfgerät mal schnell durchmessen kann.

paulchen

Vielen Dank für eure Einschätzung Peter und Paulchen.

Es ist schön zu hören dass das Radio eine hochwertige Technik besitzt. Ich wohne in der Nähe von Pforzheim.

Vielen Dank für den Schaltplan. Ich kann diesen allerdings noch nicht lesen und muss mich da wohl etwas einlesen.

Anbei habe ich ein paar Bilder verlinkt, ich konnte leider keine großen Bilder ins Forum uploaden.
Aber es sind in der Tat einige der beschriebenen Kondensatoren verlötet.
So etwas wildes habe ich bisher nicht gesehen aber es scheint alles original zu sein.





Das Radio verfügt auf der Rückseite auch über zwei Schalter von denen ich nicht weiss wofür die sind. Vielleicht weiss das jemand. Diese sind mit den Lautsprechern oder deren Stromkreis ? verbunden.



Alles in allem ist das Gerät schön sauber geworden und wirkt ziemlich original. Das Glas ist in gutem Zustand lediglich die goldenen Messingstreifen um das Magische Band sind voller Grünspan.








Danke für eure Mühe!

Ich habe mal versucht zu markieren was ich erneuern würde. Muß nicht vollständig sein.
Diese Art der Verkabelung ist damals üblich gewesen. Platinen kamen erst ein paar Jahre später auf. Aber was Du da vor Dir hast lässt sich wunderbar bearbeiten und die Bauteile so auch schön wechseln. Dazu brauchst Du am Anfang nur Seitenschneider und Lötkolben.



Einige davon sehen schon sehr bedenklich aus. Der rot eingekreiste wurde schon mal erneuert.
Die beiden Schalter hinten sind auch nachträglich eingebaut worden. Genaue Funktion meinerseits unbekannt. Aber das ist eine letzte Baustelle und gerade nicht so relevant.

paulchen

Da die beiden Schalter an die Lautsprecherverkabelung angeschlossen sind, werden sie wohl dazu dienen, die internen Lautsprecher abzuschalten. Das ist bedenklich, denn eine Röhrenendstufe ist gefährdet, wenn sie ohne Last, also ohne angeschlossene Lautsprecher betrieben wird. Ich würde deshalb die Schalter ausbauen und den Originalzustand der Verdrahtung wiederherstellen.

Der Othello 59 ist eines der beiden Spitzengeräte von Nordmende aus diesem Modelljahr. 13 UKW-Kreise und eine ZF-Stufe mehr als bei vielen anderen Radios sorgen für einen sehr guten UKW-Empfang, die Gegentaktendstufe mit 12 Watt für ordentlich Dampf. Der Tannhäuser 59 hat eine andere Lautsprecherbestückung (einen Lautsprecher mehr), das Gehäuse ist einen Tick größer, ansonsten ist er identisch. Im nächsten Modelljahr kamen beide Modelle als Stereogeräte auf den Markt, aber Stereo-Wiedergabe gab es nur vom Plattrenspieler, denn der UKW-Stereo-Rundfunk wurde erst 1963 eingeführt.

Lutz

Danke für die Hilfestellung. Dann werde ich mir die Kondensatoren erstmal notieren um dann Stück für Stück auszutauschen.

Ist das Ersetzen der alten Kondensatoren mit aktuellen, modernen Kondensatoren aus dem Elektronikfachhandel ohne weiteres möglich ?
Ich vermute mein Othello ist kein rares Sammlerstück bei dem eine Restauration mit vintage Teilen der 50er/60er Jahre erforderlich ist.


Vielen Dank für den Hinweis mit den Lautsprecherabschaltern. Diese werde ich entfernen.

Hallo Matthias,

viele hier im Forum bevorzugen zum Ersatz der Kondensatoren die von der Fa. ATR-Shop (https://atr-shop.de/) vertriebenen Bauformen.
Diese ähneln den origialen doch mehr als die sogenannten Wima-Klötze.
Am besten Du nimmst gleich die Ausführung für 650V Betriebsspannung, die 400V-Typen sind nur wenig billiger.

Allerdings ist es so, dass es heutzutage viele alte Werte nicht mehr gibt.
Anstelle von z.B. 5nf nimmst Du dann 4,7nf, anstelle von 20nf dann eben 22nf.

Im Zweifelsfall hier nachfragen!

Eine Besonderheit bei Nordmende ist die abgeschirmte Widerstands-Kondensatorkombination.
Sowas gibt es nicht mehr zu kaufen, das muss selbst gebastelt werden, ist aber kein Hexenwerk.

Wenn Du den Weg nach Esslingen/Neckar nicht scheust, bin ich Dir gerne behilflich.
Ich könnte Dir auch die Röhren durchmessen.


Viele Grüße

Martin

Hallo Matthias,

Das mit dem Grünspan rund ums magische Auge ist bei Nordmende dieser Baujahre oft so.
Da hat der Schaumstoff die Linien „aufgefressen“.
Am besten so lassen. Wenn man da bei geht, wird es meist nur schlimmer.


Viele Grüße,
Axel

Vielen Dank Martin für den Hinweis auf den Shop und das Angebot der Hilfestellung und Röhrenüberprüfung. Eine kleine Runde nach Esslingen scheue ich absolut nicht.
Danke für den Tipp mit den Kondensatoren, ist es sehr relevant ob der Wert des Kondensators über oder unterschritten wird?

Wenn ich richtig verstanden habe ist die Aufgabe eines Kondensators im wesentlichen die Versorgungsspannung zu speichern oder zu harmonisieren und einen gleichbleibenden, konstanten Abruf zu ermöglichen.

Die Axialkondensatoren passen in der Tat sehr gut in das alte Radio und sind definitiv ansprechender als die roten Plättchen.

Bezüglich der beiden Lautsprecherabschaltungen habe ich versucht mich auf dem Schaltplan zurechtzufinden. Klappt aber leider nicht so.

Wenn ich aber die Schaltungen betrachte scheint es ja einfach so zu sein dass einfach der Stromkreis unterbrochen wird, ich also "einfach" die Kabel die von den Lautsprechern kommen wieder dort anlöten sollte wo das Kabel der nachgerüsteten Schalter eintrifft.

Hier beispielsweise: das gelbe Kabel wird dort angelötet wo das weiße Kabel mit dunkelroter Isolierung vom Schalter kommend an die Spule(?) angelötet ist.



Hier einfach das gelbe Kabel wieder an den Lautsprecher.



Und hier ebenfalls das gelbe Kabel wieder an den Lautsprecher.





Mir ist ebenfalls aufgefallen dass auf einer Taste des Klangregisters vermutlich ein geklebtes Plättchen fehlt.



Hier auch ein paar Bilder des Grünspans.






Es ist wirklich eine spannende Technik und für mich als Laien doch etwas komplex.

Breitet sich der Grünspan weiter aus oder bleibt der lokal ?

Bei den hier zu erneuernden Kondensatoren kommt es nicht auf den ganz genauen Kapazitätswert an, zumal die Kondensatoren selbst auch einen Toleranzbereich haben.

Manche früher gebräuchlichen Werte bekommt man heute kaum noch. Dann nimmt man den nächstliegenden heute gängigen Wert. Also z.B. 4,7 nF statt 5 nF, 22 nF statt 25 nF und so weiter.

Diie Spannungsfestigkeit muss gleich oder höher sein. Also ersetzt man z.B. einen Kondensator mit 500 V Spannungsfestigkeit durch einen mit 630 V oder 1000 V. Da heutige Kondensatoren meist kleiner sind, ergibt sich daraus kein Platzproblem.

Die Schalter wurden offensichtlich so angeschlossen, dass einfach die Zuleitungen zu den Lautsprechern einpolig unterbrochen werden. Also ist das, was Du vermutest, richtig.

Auf der mittleren, breiteren Taste der Klangregister-Tastatur klebte ein Messingplättchen, auf dem "Hi Fi-Expander" stand. Das ist bei diesen Geräten häufig abgefallen, wie man auch auf einigen Bildern im Radiomuseum sieht:
https://www.radiomuseum.org/r/nordmende ... _593d.html
Hier auf dem sechsten Bild sieht man, wie das im Originalzustand aussah:
https://www.ebay.com/itm/125445781753
Bitte nicht von dem Preis in diesem Angebot irritieren lassen. Das ist wahrscheinloich nur Wunschdenken des Anbieters, der darauf hofft, einen Dummen zu finden. Die Behauptung, es sei wie neu, stimmt nicht: Um das magische Band deuten sich gleichen Schäden an der Slalenscheiben-Bedruckung wie bei Deinem Radio an, die Beschriftung der Tasten "Bass" und "Sprache" sah schon einmal besser aus und einiges mehr. Ob es technisch überholt ist, darüber schweigt sich der Anbieter aus. Die Wortwahl "Totally Original" spricht eher dagegen. Wie auch immer, der Preis ist für dieses Radio Utopie.

Lutz

Hallo Matthias

Bei dem Schaumstoffschaden empfehle ich diesen durch farblich passenden Filz (Dicke beachten) zu ersetzen. Da der Goldanteil grün wird und auch als erstes beim Entfernen der Skala "mitkommt", kann man versuchen, die Goldstreifen mit Edding paint marker Goldstift nachzuziehen. Das geht recht gut, weil der schwarze Teil eher noch auf der Skala bleibt. Ich entferne solchen Schaumstoff immer, sozusagen prophylaktisch. Man wird natürlich immer sehen, das dort der Schaumstoff "gefressen" hat, aber immerhin kann nun kein weiterer Schaden entstehen. Beim fehlenden Schild stand "Hi-Fi Expander" drauf, eine Umpolvorrichtung eines Lautsprechers zur Erzeugung eines anderen Klangbildes. Dieses Modell steht bei mir aktuell im Wohnzimmer und erfreut mich mit (etwas zu) viel Bass (kann man zum Glück regulieren) und guter Wiedergabe der Höhen. Betrieb am Kabelnetz und ein PE-Plattenspieler im Schränkchen ist auch noch angeschlossen. Insgesamt ein wirklich gutes Gerät. Die Kondensatorkur wird ihm gut tun, war bei meinem auch so.

Gruss Stefan

Hallo Matthias,

Vorschlag von mir: Wir vereinbaren einen Termin an einem der nächsten Samstage oder Sonntage, z.B. Nachmittags zu einer Tasse Kaffee.
Dann bringst Du mir Dein Gerät vorbei und ich werde dann im laufe der darauffolgenden Woche(n) die erforderlichen Arbeiten ausführen.
Terminvereinbarung dann per PN.
Das Gerät hat doch recht komplexe Klangfilter und auch etliche Tonfrequenzelko's an den Lautsprechern, welche auf Werthaltigkeit ausgemessen werden sollten.
Alles das ich nicht an einem Nachmittag zu schaffen!

Die vorgenommenen Arbeiten werden dann dokumentiert und auch hier im Forum berichtet.


Viele Grüße

Martin

Hallo
So ein Schildchen für die Taste hab ich noch. Bei Interesse bescheid sagen.

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Gruß Roland
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http://wo-roehren-gluehen.de