Hallo zusammen,
hierum geht es:

paulchen schrieb mir freundlicherweise, wo genau und warum man diesen Schwingstrom mißt (vielen Dank nochmal!).
paulchen hat geschrieben:
Mit dem Schwingstrom ermittelst Du, ob und wie stark der Oszillator schwingt. Hat man da eine ungefähre Angabe, kann man recht einfach den Oszillator auf Schwingung überprüfen.
Dazu ein Milliampermeter mit entsprechenden Meßbereich (0,5-1mA) an die markierte Stelle einschleifen.
Dann kannst Du das Radio durchstimmen und wirst sehen, wie der Strom ansteigt dabei bzw abfällt.

paulchen schrieb mir per PN, weil er eine ausführlichere Erklärung im Forum erwartete und - bescheiden wie er nun mal ist - nicht vorgreifen wollte.
Eine solche Erklärung kam leider nicht, deshalb habe ich selbst etwas recherchiert (gemäß dem Schlußlied von "Tegtmeier klärt auf": "Wat man nich selba weiss, dat muss man sich erklären."). Falls etwas an den folgenden Ausführungen nicht stimmt, bitte Bescheid sagen!
Hier ist ein Ausschnitt aus dem Schaltplan des Grundig 3043, etwas zusammengeschoben und ohne die Bauteile, die
nicht zum Oszillator für Langwelle gehören.

Es ist ein Meißner-Oszillator (der übrigens vor genau 100 Jahren erfunden wurde). Der Schwingkreis, blaßrot markiert, liegt an der Anode der Triode der E
CH81. Seine Schwingung wird über BV1798 und C33 zurück an das Gitter gekoppelt.
Um zu sehen, ob und wie stark der Oszillator schwingt, kann man die Wechselspannung an der Anode oder dem Gitter messen. Aber wie? Ein Standard-Multimeter ist für mehrere hundert Kilohertz nicht geeignet. Ein Oszilloskop schon, aber es beeinflußt durch seine Kapazität den Schwingkreis und kann sogar die Schwingung abbrechen.
Die oben beschriebene Schwingstrommessung ist da viel einfacher, sie mißt die Wechselspannung nicht direkt, sondern über einen Umweg.
Das Milliamperemeter (sowas hat jeder) steht auf DC; es wird also ein der Gleichstromanteil des Schwingstroms gemessen. Dieser muß einigermaßen proportional zum Wechselstromanteil sein (sonst wäre die Messung nutzlos), und der Wechselstrom ist proportional zur Wechselspannung. Damit haben wir diese indirekt gemessen.
Das Meßgerät beeinflußt den Oszillator nicht nennenswert, denn es wird auf der kalten Seite von R11 eingeschleift.
Schön.
Aber: Warum steigt in R11 der Gleichstromanteil gemeinsam mit dem Wechselanteil? Wie kann hier überhaupt ein Gleichstrom fließen? Vom Koppelkondensator C33 kann er nicht kommen, und vom Gitter doch auch nicht.
Oder?
Wie wir ja alle wissen, fließt ein Strom ins Gitter, wenn das Gitter positiv gegenüber der Kathode ist. Die Gitter-Kathoden-Strecke wirkt also wie eine Diode, die zu R11 parallelgeschaltet ist.
Die positive Spannung an R11 kann in dieser Schaltung nur ein paar Volt erreichen, denn darüber fließt ein relativ großer Strom ins Gitter ab. Also erreicht die positive Halbwelle der Schwingung an R11 z.B. maximal 6V.
Nehmen wir an, die zurückgekoppelte Wechselspannung beträgt Uss = 42 V. Dann erreicht die negative Halbwelle -36V (6V - 42V).
Die durchschnittliche Gleichspannung über R11 wäre bei einer symmetrischen Schwingung -18V ( (6V - 42V)/2 ). Tatsächlich ist sie etwas geringer, weil die positive Halbwelle durch Diodeneffekt an der Spitze abgeflacht ist. Der mittlere Schwingstrom ist -520µA.
Jetzt erkennt man auch, warum der Gleich- und Wechselanteil sich proportional ändern: Wird die Wechselspannung größer, so bleibt die positive Halbwelle auf 6V begrenzt und die negative Spitzenspannung sinkt. Dadurch wird der Durchschnittswert (= Gleichanteil) des Gleichstroms negativer - damit vergrößert sich sein Betrag.
Quellen:
Meißner-OszillatorRadio-Mentor 7/8 1943, S. 271
Anleitung zur Fehlersuche für Rundfunkmechaniker, S. 56
Übrigens, über "unsere" Definition des Schwingstrom gibt es bei weitem nicht soviele Informationen wie über die übliche Definition: der Strom, der zwischen Spule und Kondensator eines Schwingkreises hin- und herfließt.
ParallelschwingkreisGruß, Frank