radio-hobby.de hat geschrieben:
Was vielleicht noch fehlt, ist eine ausführliche Erklärung, warum an dem Eingang der Philetta "Phono" steht, und dennoch mit dem Magnetsystem des Plattenspielers nicht richtig arbeitet.
Die alten Plattenspieler vor ca. 1965 hatten ein Piezo-Keramisches Element im Tonabnehmer, und dafür ist der Eingang an der Philetta gedacht. Dieses Piezo-Keramische Element erzeugt erstens sehr hohe Pegel, und zweitens werden Höhen und Bässe gleich stark wiedergegeben. Die heutigen Magnetsysteme erzeugen einen viel niedrigeren Pegel, und außerdem werden bei den Magnetsystemen der modernen Plattenspieler die Höhen sehr stark betont wiedergegeben, Bässe dagegen sehr viel schwächer. Der RIAA Vorverstärker muss das ausgleichen. Dein moderner Verstärker sollte diesen RIAA Vorverstärker am "Phono" Eingang haben. Damit sollte der Plattenspieler also normal klingen.
Viele Grüße
Georg N.
vielleicht noch mal eine etwas präzisere und korrektere Erklärung:
Würden die tiefen und hohen Frequenzen mit gleicher "Lautheit" auf die Platte geschnitten, hätte eine LP einen Durchmesser von mehreren Metern, und der Tonabnehmer müsste Auslenkungen im Millimeterbereich schaffen. Weil das natürlich nicht geht, wendet man den Trick an, beim Schneiden der Platte den Pegel der tiefen Töne gegenüber dem Pegel der hohen Frequenzen nach einer klar definierten Kurve abzusenken. Diesen Vorgang nennt man Pre - Emphasis.
Beim Abspielen muss nun das Gegenteil erfolgen - die tiefen Töne müssen nach der selben klar definierten Kurve wieder angehoben werden, dieser Vorgang wird De - Emphasis genannt. Wer es gerne detailliert wissen will, kann es hier nachlesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Pre-EmphasisDie Piezokristalle in Kristall- oder Keramiksystemen haben von sich aus die Eigenart, tiefe Töne lauter und hohe leiser wiederzugeben. Nachteil hier ist, dass die Frequenzkennlinien der Systeme nicht genau zu der Kennlinie passen, die beim Schneiden der Platte angewendet wird, was zu mehr oder weniger starkem Verbiegen des Wiedergabefrequenzganges führt. Weil Kristallsysteme in der Regel nicht im HiFi-Bereich eingesetzt werden, ist dieser Nachteil zu verschmerzen. Wenn man sich aber die wenigen Versuche ansieht, die im HiFi-Bereich mit Kristallsystemen gemacht wurden ( z.B. das CDS700 von Dual ), stellt man fest, dass hier auch für Kristallsysteme ein Vorverstärker benutzt werden musste, der den Frequenzgang des System so korrigierte, dass er mit der genormten Schneidekennlinie überein passte.
Im HiFi-Bereich setzte sich schnell das Moving Magnet System ( MM-System ) durch. In hochwertigen Plattenspielern setzte man auch gerne Moving Coil Systeme ( MC-Systeme ) ein. Beide haben von sich aus einen annährend linearen Frequenzgang, spielen also an einem linear ausgelegten Verstärkereingang die tiefen Töne gegenüber den hohen Tönen zu leise. Hinzu kommt, dass die Systeme meist einen viel kleineren Ausgangspegel haben als die Kristallsysteme. Bei MM-Systemen liegt die Ausgangsspannung im zweistelligen Millivoltbereich, bei MC-Systemen im einstelligen. Der Phono Vorverstärker muss daher zum einen linear verstärken bzw. bei MC-Systemen als Impedanzwandler funktionieren, zum anderen muss er die Frequenzgangverzerrung der Schallplatte neutralisieren. Deshalb nennen sich solche Phono Vorverstärker auch Entzerrer Vorverstärker.
Kristallsysteme haben zwar Pegel von einigen hundert Millivolt, sind aber recht hochohmig. Die Eingänge von Röhrenradios sind in der Regel für Kristallsysteme optimiert, bei modernen AUX-Eingängen an Verstärkern kann es dagegen passieren, dass auch Kristallsysteme nicht vernünftig funktionieren, weil der Eingang zu niederohmig ist.
Seit den sechziger Jahren hat sich die sogenannte RIAA-Kennlinie weltweit durchgesetzt. Davor kochten alle mehr oder weniger ihr eigenes Süppchen, hochwertigere Plattenspieler waren in den Fünfzigern teilweise mit Bass- und Höhenreglern ausgestattet, um hier korrigierend eingreifen zu können. Die Kennlinienproblematik ist einer der Gründe, weshalb alte Platten auf modernen Plattenspielern teilweise so grottenschlecht klingen und umgekehrt.
Gruß Frank