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BeitragVerfasst: Do Dez 03, 2009 14:58 
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Registriert: Di Jan 27, 2009 13:42
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Hallo zusammen,

hier mal wieder ein kleiner Bericht von mir. Diesmal habe ich ein Gerät hervorgezottelt, dass schon seit längerer Zeit bei mir unbeachtet rumstand.

Bild

Es handelt sich um ein elektrisch angetriebenes Grammophon mit elektro-magnetischem Tonabnehmer zum Abspielen von Schellackplatten mit 78 Umdrehungen/Min.

Das ganze wurde (laut Angabe bei radiomuseum.org, wo ein ähnliches Gerät in einem Schrank eingebaut vorgestellt wurde), ca 1935 von der Firma Odeon in Berlin hergestellt.

Das Gehäuse war im Original schwarz lackiert (Klavieroptik) und ich habe es ausgebessert und aufpoliert. Auf dem Bild sieht es nicht so toll aus, weil sich im Blitz und unter den Lampen jedes Staubkorn zeigt.

Hier ist ein Bild mit geöffneter Schublade:

Bild

Mit einer Scherenmechanik wird die vordere Klappe nach hinten gezogen, wenn man die Schublade herauszieht.

Angetrieben wird der Plattenteller durch einen fliehkraftgeregelten Elektromotor. Die Bremse des Fliehkraftreglers kann eingestellt werden, um die Geschwindigkeit leicht zu verändern.

Bild

Wie bei moderneren Geräten, wird der Motor durch Zurückbewegen des Tonarms eingeschaltet und schaltet sich am Ende der Platte selbsttätig aus.
Hier die dazugehörige Mechanik:

Bild

Die Steuerung von Motor und Beleuchtung erfolgt über zwei Quecksilber-Wippschalter in diesem Kasten, zusätzlich wird die Beleuchtung über einen Bowdenzug bei geschlossener Klappe abgeschaltet:

Bild

Der Clou an diesem Gerät ist der massive Tonarm mit all seiner mechanischen Rafinesse:

Bild

Bekanntlich muss die Stahlnadel nach jeder Platte gewechselt werden. Bei normalen Grammophonen wird diese Nadel durch eine kleine Klemmschraube gehalten. Hier wurde das viel eleganter gelöst:

Bild

Zum Wechseln der Nadel wird der ganze Tonkopf nach oben gedreht, die Nadel herausgezogen und die Neue hineingesteckt. Zuerst hält die Nadel durch einen Magneten und beim Zurückdrehen des Tonkopfes wird sie fest eingespannt.

Alles war an diesem Gerät durch Reinigen, Ölen, Fetten, Polieren und neu-Verkabeln zu erledigen, bis auf ausgerechnet dieses Wunderwerk von Tonkopf.
Zur Erzeugung des Tonsignals bewegt sich die Nadel in einer Spule, logisch. Leider hatte die Spule keinen Durchgang und ich baute sie aus. Sie war bewickelt mit tausenden Windungen von Draht, den ich selbst mit Lupe (und neuer Brille) nur gerade ahnen konnte. Der Draht hatte sich zum Teil einfach aufgelöst und pulverte heraus. Vermutlich hatten da über die Jahrzehnte irgendwelche säurehaltigen Bestandteile ihr ätzendes Werk vollbracht.
Jetzt war ich ratlos.....
Im Nachhinein war nicht zu ermitteln, wie viele Windungen diese Spule hatte, wichtig war jedenfalls, dass es möglichst viele sind, damit auch eine ausreichende Signalspannung erzeugt wird.
Ich fasste mir also ein Herz, krümelte die letzten Drahtreste herunter und bewickelte die Spule mit dem dünnsten CuL (von eine Relaisspule), den ich finden und gerade noch verarbeiten konnte.
Das Ergebnis konnte sich zwar hören lassen, war aber zu leise. Nach einigem Nachdenken, fiel mir ein kleiner Mikrofon-Eingangsübertrager 1:5 von Beyer wieder ein, der bei mir rumlag. Diesen baute ich ein und die Spannung kam auf ein ausreichend tongewaltiges Maß.

Das Gerät ist jetzt fertig und neben mir dudelt schon das reparierte Chassis eines AEG 69W, den ich dann mit dem Plattenspieler zusammen aufstellen und benutzen werde.

Hier noch mal das Logo des Palttenspielers:

Bild

Mal was anderes.

Viele Grüsse aus Berlin,
Jean


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BeitragVerfasst: Do Dez 03, 2009 16:32 
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Ein Traum... ich kann nur immer wieder staunen, was die damals schon draufhatten. Wie gesagt, sieht wirklich klasse aus!!! Wenn du irgendwann mal eins abzugeben hast... :wink:
Niko

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Was die Welt funkt hör' mit Blaupunkt!


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BeitragVerfasst: Do Dez 03, 2009 17:03 
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Beiträge: 7296
Jean, ich staune!!

Die beiden Geräte (Dreher und Radio) kenne ich ja nun schon eine Weile.
Wie Du das Problem mit der Spule gelöst hast - echt toll!!
Und das der Spieler (besser Grammophon) soviele Details hat, habe ich bisher nicht geahnt. Super Teil, aber das hast Du ja von mir schon öfters live gehört.
Und das AEG ist auch schon wieder fit? Entwickelst Dich ja zum Akkordarbeiter :lol: .


Zitat:
Wenn du irgendwann mal eins abzugeben hast... Wink
Niko


Rede mal mit Jean, er hat eine Menge alter Radios rumstehen, die er gerne abgibt. Fast alle Vorkrieg oder kurz danach.
Werbung zu Ende :wink: .

paulchen


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BeitragVerfasst: Do Dez 03, 2009 17:28 
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Registriert: Sa Jun 13, 2009 22:06
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Herzlichen Glückwunsch, Jean,

zu diesem mechanischen Wertobjekt und dann auch noch, dass es Dir gelungen ist die Spule zu ersetzen!
Besonders interessant finde ich die Langlebigkeit des Antriebsmotors und seine Fliehkraftregelung.
Und wie das alte Luxusteil jetzt wieder glänzt! Vielleicht dürfen wir dann noch ein Bild sehen, wenn Plattenspieler und AEG 69W nebeneinander stehen - ich wünsche den beiden Teilen, dass sie bei Dir bleiben dürfen!

_________________
mit besten Grüßen


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BeitragVerfasst: Do Dez 03, 2009 19:12 
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Kenntnisstand: Spezialkentnnisse im Bereich Röhrenradios (Beruf)
Hallo, Jean,

das ist wieder mal eine Instandsetzung, für die Du einen hohen Respekt verdient hast. Ich habe die Spule ja gesehen, aber auch meine Brille war nicht gut genug.

Die Idee mit dem Trafo ist natürlich genial. Da wäre ich nicht drauf gekommen, auch deshalb, weil ich keinen solchen Trafo habe.

Glückwunsch!!

Gruß aus Schmargendorf,

Henning


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BeitragVerfasst: Do Dez 03, 2009 20:21 
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Hallo Jean,
super gemacht, meine Hochachtung.
Auf die Idee muss man erst kommen.

Edit: Hast du beide Wicklungen in Reihe geschaltet?

_________________
Viele Grüße aus Fraham
Helmut
PS:Im HighTec Land...wir können alles außer DSL auf dem Lande. Ab dem 19.1.2011 DSL3000


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BeitragVerfasst: Do Dez 03, 2009 21:40 
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Hallo zusammen,

vielen Dank für die freundlichen Worte, ich freue mich, dass Euch das Gerät gefällt. Der AEG 69W folgt auch bald, habe ihn eben schon wieder ins Gehäuse gebaut.

@Helmut: Welche Wicklungen meinst Du denn? Der Übertrager hatte keine Anzapfungen, nur zwei getrennte Wicklungen, die habe ich getrennt gelassen, um einen massefreien Ausgang zu haben, damit ich diesen alten, dreipoligen Plattenspielerstecker (ähnl. Netzstecker mit Stift in der Mitte) verwenden kann, an den zwei Signalleitungen und eine extra Schirmung angeschlossen werden. Ich hätte ihn natürlich auch als Autotrafo schalten können und ein Fünftel mehr Spannung gehabt, aber es reichte auch so.
Der Tonabnehmer hatte nur eine einzige Wicklung.

Grüsse aus Berlin,
Jean


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BeitragVerfasst: Fr Dez 04, 2009 15:03 
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Hallo Jean,
du hast genau das beschrieben, was ich gefragt hatte :D DANKE

_________________
Viele Grüße aus Fraham
Helmut
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BeitragVerfasst: Mi Dez 09, 2009 14:41 
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Hallo Jean,

schön, dass Du das Gerät nun doch behalten hast. Ist ein echtes Schmuckstück.

Viele Grüße

Halex

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BeitragVerfasst: Di Dez 15, 2009 18:00 
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Hallo zusammen,

hier geht es weiter mit dem Plattenspieler und dem passenden Radio dazu:
http://dampfradioforum.de/topic,3608,-der-aeg-69wk-zum-odeon-favorit-plattenspieler.html#31750

Viele Grüsse,
Jean


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BeitragVerfasst: Sa Dez 26, 2009 12:58 
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Hallo

Ich habe auch eine Frage zu diesem Tonarm :

Ich besitze auch so einen PSP

Mich würde interssieren, wie du den Tonkopf wieder richtig justiert zusammen gebaut hast.

Habe schon viele Vorkriegs - Ta repariert, aber bei dem System habe ich kapituliert :heul: :heul:

Der Anker klemmt immer wieder

Übrigens : Dise PSP gab es auch von Electrola und sind sehr, sehr selten und teuer .......


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BeitragVerfasst: Sa Dez 26, 2009 13:06 
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Hallo,
ausser einer winzigen Schlitzschraube (habe mir eine Klinge auf <1mm Breite abgeschliffen) war nichts zu justieren. Die kleine Schraube justiert den Nadelhalter innerhalb der Spule. Geklemmt hat da von Anfang an nichts, ich habe durch mehrmaliges Probieren mit der erwähnten Schraube auf höchste Lautstärke und subjektiv besten Klang eingestellt. Dazu habe ich mir beim Trödler eine praktisch neuwertige 78er Platte gekauft (Operette, klingt mir heute noch im Ohr) und für jeden Test eine neue Nadel verwendet.
Vielleicht ist bei Deinem TA etwas verzogen?
Grüsse,
Jean


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BeitragVerfasst: Mo Feb 01, 2010 8:41 
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Wunderschönes Gerät...ich habe leider nur ein Koffergrammophon und träume von einem Schrankgrammophon :D am liebsten auch elektrisch betrieben und mit elektro-magnetischem Tonabnehmer.
Ist halt schonender als mit Grammophon Nadeln :wink:

_________________
Gruß vom schönen Niederrhein, Olli

*Früher war mehr Lametta* Loriot


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BeitragVerfasst: So Mär 07, 2010 9:29 
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Registriert: Sa Mär 06, 2010 19:22
Beiträge: 1878
Wohnort: Ruhrpott
Ein wirklich traumhaftes Teil. Da kann man neidisch werden.
Mich würde auch mal interessieren, wie es sich anhört. Ich kenne es nur, wenn Schellacks mit einem modernen Magnetsystem für 78er abgespielt werden. Ist das in etwa zu vergleichen?
VG Willi


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BeitragVerfasst: So Mär 07, 2010 17:39 
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Registriert: Di Jan 27, 2009 13:42
Beiträge: 343
Hallo,
es klingt doch eher dem rein mechanischen Grammophon ähnlich, weil die Nadelgeräusche viel lauter sind, als wenn man die Schellackplatten mit einem modernen, leichten Tonabnehmer abtastet.
Viele Grüsse,
Jean


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