Hallo zusammen,
hier mal wieder ein kleiner Bericht von mir. Diesmal habe ich ein Gerät hervorgezottelt, dass schon seit längerer Zeit bei mir unbeachtet rumstand.
Es handelt sich um ein elektrisch angetriebenes Grammophon mit elektro-magnetischem Tonabnehmer zum Abspielen von Schellackplatten mit 78 Umdrehungen/Min.
Das ganze wurde (laut Angabe bei radiomuseum.org, wo ein ähnliches Gerät in einem Schrank eingebaut vorgestellt wurde), ca 1935 von der Firma Odeon in Berlin hergestellt.
Das Gehäuse war im Original schwarz lackiert (Klavieroptik) und ich habe es ausgebessert und aufpoliert. Auf dem Bild sieht es nicht so toll aus, weil sich im Blitz und unter den Lampen jedes Staubkorn zeigt.
Hier ist ein Bild mit geöffneter Schublade:
Mit einer Scherenmechanik wird die vordere Klappe nach hinten gezogen, wenn man die Schublade herauszieht.
Angetrieben wird der Plattenteller durch einen fliehkraftgeregelten Elektromotor. Die Bremse des Fliehkraftreglers kann eingestellt werden, um die Geschwindigkeit leicht zu verändern.
Wie bei moderneren Geräten, wird der Motor durch Zurückbewegen des Tonarms eingeschaltet und schaltet sich am Ende der Platte selbsttätig aus.
Hier die dazugehörige Mechanik:
Die Steuerung von Motor und Beleuchtung erfolgt über zwei Quecksilber-Wippschalter in diesem Kasten, zusätzlich wird die Beleuchtung über einen Bowdenzug bei geschlossener Klappe abgeschaltet:
Der Clou an diesem Gerät ist der massive Tonarm mit all seiner mechanischen Rafinesse:
Bekanntlich muss die Stahlnadel nach jeder Platte gewechselt werden. Bei normalen Grammophonen wird diese Nadel durch eine kleine Klemmschraube gehalten. Hier wurde das viel eleganter gelöst:
Zum Wechseln der Nadel wird der ganze Tonkopf nach oben gedreht, die Nadel herausgezogen und die Neue hineingesteckt. Zuerst hält die Nadel durch einen Magneten und beim Zurückdrehen des Tonkopfes wird sie fest eingespannt.
Alles war an diesem Gerät durch Reinigen, Ölen, Fetten, Polieren und neu-Verkabeln zu erledigen, bis auf ausgerechnet dieses Wunderwerk von Tonkopf.
Zur Erzeugung des Tonsignals bewegt sich die Nadel in einer Spule, logisch. Leider hatte die Spule keinen Durchgang und ich baute sie aus. Sie war bewickelt mit tausenden Windungen von Draht, den ich selbst mit Lupe (und neuer Brille) nur gerade ahnen konnte. Der Draht hatte sich zum Teil einfach aufgelöst und pulverte heraus. Vermutlich hatten da über die Jahrzehnte irgendwelche säurehaltigen Bestandteile ihr ätzendes Werk vollbracht.
Jetzt war ich ratlos.....
Im Nachhinein war nicht zu ermitteln, wie viele Windungen diese Spule hatte, wichtig war jedenfalls, dass es möglichst viele sind, damit auch eine ausreichende Signalspannung erzeugt wird.
Ich fasste mir also ein Herz, krümelte die letzten Drahtreste herunter und bewickelte die Spule mit dem dünnsten CuL (von eine Relaisspule), den ich finden und gerade noch verarbeiten konnte.
Das Ergebnis konnte sich zwar hören lassen, war aber zu leise. Nach einigem Nachdenken, fiel mir ein kleiner Mikrofon-Eingangsübertrager 1:5 von Beyer wieder ein, der bei mir rumlag. Diesen baute ich ein und die Spannung kam auf ein ausreichend tongewaltiges Maß.
Das Gerät ist jetzt fertig und neben mir dudelt schon das reparierte Chassis eines AEG 69W, den ich dann mit dem Plattenspieler zusammen aufstellen und benutzen werde.
Hier noch mal das Logo des Palttenspielers:
Mal was anderes.
Viele Grüsse aus Berlin,
Jean