Hallo Forum,
da ist mir wieder ein ganz dicker Fisch ins Netz gegangen. So hin und wieder surfe ich mal die Seiten des holländischen
http://www.marktplaats.nl an, das ist eine ebay-Tochter, das System funzt aber anders, ebay selber konnte sich bei unseren Nachbarn nie so recht durchsetzen.
Um den Jahreswechsel war mir eine Anzeige aufgefallen, in der gleich 9 Radiogeräte zum Preis von 140 Euro angeboten wurden, oder jedes für sich zum Preis von 20 Euro. Eines interessierte mich sogleich, ein Erres KY509 von 1950, der Zeit gemäß noch ohne UKW.
Ich habe dann die Verkäuferin (tatsächlich eine früher radiobegeisterte Frau, jetzt hat sie Kinder !) angemailt und sie hat mir dann das Radio bis vorgestern zur Seite gestellt. Vorgestern war wieder einmal das Treffen der "Limburgse Radiovrijnden", durchaus vergleichbar unserem Stammtisch, in Heerlen, der Abholort war davon nur 15 KM entfernt. Also habe ich erst das Gerät abgeholt, damit ich das den Sammlerkollegen auch vorstellen konnte. Die machten ganz schön Augen, als ich den Kaufpreis von nur 20 Euro nannte.
Ich habe schon begonnen, das Gerät aufzufrischen, der Lack ist noch sehr gut beisammen, Politur mit "Stahlfix" reichte, um den groben Dreck herunter zu bekommen. Darunter sieht es fast makellos aus.
Die Technik dieses auch in NL seltenen Spitzengerätes hinterläßt einen etwas zwiespältigen Eindruck: Gegentaktendstufe mit ECC40 und 2*EL41 und zu deren Versorgung 2*AZ41. Das eigentliche Empfangsteil ist dagegen Standard: ECH42, EF41, EBC41 und Schluß.
Den Hersteller Erres gibt es bis heute und er hat sogar noch etwas für sein altes Gerät von damals übrig:
http://www.vanderheem.info/ky509.htmlBeachtet unten die Links zu Serviceanleitung und zu dem niedlichen Prospekt !
Auch diese Sammlerseite zeigt Details und ein bißchen Firmengeschichte:
http://www.hupse.eu/radio/frameset.htm? ... ntentFrameAber nun ein paar Bilder vom Objekt:




Wie man sieht, habe ich schon einige Bauteile getauscht. Folgende Fehler waren auffällig und wurden behoben:
1) Markerschütternder Brumm, kein Signal kam durch. Sieb- und Ladeelko waren ausgetrocknet und wurden getauscht, danach brummte es immer noch, nach Tausch der Koppel-Cs der beiden EL41 war aber schon Empfang möglich. Zwei weitere Elkos mt 50µF in einem Becherelko wurden auch abgehängt und ersetzt. Leider immer noch unangenehmer Brumm.
2) Schwinggeräusch beim Abstimmen, jeweils beim Entfernen von der Sendermitte. Ursächlich war ein defekter Kondensator an der ECH.
3) Spannungen am ersten Elko um fast 100 Volt zu niedrig, Ursache: verschlissene AZ41. Zwei gut geprüfte gebrauchte rein und die Werte stimmten.
4) Restbrumm von fast 300mVeff am Lautsprecher (bei TA-Betrieb, LS-Regler zugedreht) hatte eine simple, aber doch nicht häufige Ursache: die ECC40 war defekt, eine gebrauchte Tauschröhre brachte den Restbrumm auf einen Wert von 3mVeff ! Erfreulicherweise fand ich eine gebrauchte Röhre im Fundus, es wären aber noch zwei neue da gewesen....
Dann habe ich noch ein paar weitere Kondis getauscht und schon spielt er wie neu. Razzia mache ich hier nicht, da ich das Gerät sowieso behalten werde und es sicher keine hunderte Stunden wird spielen müssen. Der Witz ist: das mag. Auge hat auch noch wenigstens 50% Leuchtkraft.
Ich halte dieses Gerät für eines der am besten proportionierten Radios der Vor-Tasten-Zeit. Es ist irgendwie elegant, finde ich. Jedenfalls habe ich meinen Spaß dran und die Empfangsergebnisse sind sehr gut. Der Klang auch, was sicher der Endstufe und dem kolossalen Breitbänder zu verdanken ist.
Hier wurde ja schon häufiger über holländische, aber auch deutsche Philips-Radios geschimpft, von wegen Aufbau, Verlötung und sonstiger Verarbeitung. Nichts davon trifft hier zu. Das Gerät ist gründlich durchdacht, mit solidem Material aufgebaut worden und hat ein stabiles, mit Intarsien versehenes und perfekt lackiertes Gehäuse. Ein Radio für die Ewigkeit, aus einem anderen Jahrhundert. So deutlich, wie hier, ist mir das selten aufgefallen.
Also ein alter Holländer mit Geschmack, aber wirklich kein Käse !
H.