Moin,
vor einiger Zeit fand ein Noris MG 1510 Tuner zu mir, der um einen Stereo-Decoder V von Grundig erweitert wurde. Das Ergebnis war leider nicht überzeugend. Aber wie der Zufall es will, entdeckte ich bei einer Fahrradtour ein Grundig 4070 M im Schaufenster eines Antik- und Trödelladens

. Diese Geräte waren ja für die Decoder IV und V vorbereitet und wurden in der Regel nie nachgerüstet, also kam mir der Gedanke dies nun nach bummeligen fünf Jahrzehnten nachzuholen.
Der Preis war niedrig, aber die Öffnungszeiten ungünstig, so dass ich erst am Wochenende dazu kam mir das Gerät näher anzusehen. Der Ladeninhaber hatte das Radio natürlich schon vorher einmal eingeschaltet und schritt erneut entschlossen zur Tat: „Das spielt noch wunderbar, ich zeige es Ihnen!“ Na gut, wenn’s schiefgeht muss ich es ja nicht nehmen. Aber nach der Aufwärmphase kam fast schon stilecht „Wake up. Little Susie“ der Everly Brothers in einwandfreier Qualität. Andererseits war die Skala dunkel, der UKW-Bereich ließ sich nur mühsam verstellen und der AM-Zeiger war fest. Und wie erwartet: Kein Decoder 'drin! Währenddessen betrat ein älteres Ehepaar den Laden, Freunde des Inhabers und wie sich herausstellte die Vor- und Erstbesitzer des Radios! Es war seinerzeit einer der ersten gemeinsamen Anschaffungen des damals jungen Paares und der Mann entpuppte sich im Gespräch als richtiger Grundig-Fan, ein TK 5 hatte er u. a. auch einmal besessen. Zufrieden nahm ich das Radio mit, schön wenn man etwas über die Vorgeschichte eines Geräts erfährt.
Da das 4070 also eher mechanische Malessen hatte und eine erste Durchsicht zu Hause außer dickem Staub nichts auffälliges ergab, schloss ich den Decoder an. Grundig hat dafür sogar eine ausführliche Anleitung auf der Rückwand angebracht. Es funktionierte auf Anhieb, ohne Unterschiede in der Lautstärke und Klangfarbe, nun durfte das Gerät erstmalig seit 1964 UKW in Stereo spielen

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Was darüber hinaus noch interessant ist: Schon von der Frontansicht kam mir das Radio bekannt vor, scheint es doch eine Stereo-Version des 3040a und ähnlicher Typen zu sein. Nur der NF-Teil (ECC 83 und ELL 80 statt ECL 86) sowie das auf der linken Seite etwas breitere Gehäuse für den zweiten Lautsprecher weichen ab. Das Chassis finde ich sehr interessant, da ist wirklich jeder Winkel genutzt ohne dass es unübersichtlich wirkt.
Ein unscheinbares 3040a war das Radio im Esszimmer meiner Großeltern, ich kann mich gut daran erinnern in meiner Kindheit damit „Bremen 1 am Wochenende“ gehört zu haben. Aufgrund der günstigen Empfangslage bei Nienburg/Weser war der UKW-Bereich schon vor der Ära der Privatsender randvoll. Der AM-Zeiger stand leider fest auf DLF (LW 150 kHz / MW 549 kHz), außer dem Kupplungsproblem war sonst nie etwas defekt. Das Radio hat meine Großeltern nun schon lange überlebt, ist nach ein paar Zwischenstationen dann bei mir gelandet und spielt mit leichtem Brumm immer noch.
Zurück zum 4070 M, es ist natürlich noch einiges zu tun: Unter dem dicken Staub kamen doch noch zwei Papier-C’s an den AÜs zum Vorschein. Der AM-Drehko sitzt fest und die Kupplungsbeläge sind wie üblich verschlissen. Eine Schwachstelle dabei ist eine Verbindung im Umschaltgestänge aus Plastik, diese war schon leicht angerissen. Mit Sekundenkleber und Kabelbinder müsste es halten. In diesem Zusammenhang frage ich mich sowieso warum man die Konstruktion nicht „umgedreht“ hat, so dass UKW statt AM die Grundeinstellung ist und die Mechanik nicht bei jedem Einschalten belastet werden muss. 1964 war doch UKW schon der am häufigsten genutzte Bereich?
Wenn alles erledigt ist, das Gehäuse aufgefrischt und wieder alles zusammengesetzt ist gibt’s natürlich noch ein paar Bilder. Insgesamt ist das 4070 M ein schönes und wohlklingendes Radio der Mittelklasse, wobei die Qualität des UKW-Bereichs mit dem originalen Stereodecoders schon deutlich darüber liegt.