Episode 4
Zum Schluß auch hier eine Sache, die sehr speziell ist.
Da half das Handbuch des Paralleltyps, ohne wäre das schon schwer gewesen.
Heute bin ich den letzten Fehler angegangen, weiter oben geschildert:
" Ich bin noch bei weiteren Messungen, der Frequenzgang des Verstärkers steigt bei 1 MHz an, bei 3 MHz doppelte Amplitude, und sinkt bei 6 MHz wieder auf den Normalwert- es gibt aber keine Frequenzkompensation- ich bin am Grübeln."
Der Frequenzgang soll -laut Handbuch des Paralleltyp- Geräts- immerhin von 4 Hz bis 7 MHz bei +/- 1 dBgehen. Flankenabfall 3dB bei 3 und 8 MHz.
Das ist für ein Meßgerät von vor 70 Jahren schon gut.
Ich habe nun den Verstärker mit dem HF- Generator und dem moderneen Oszi "durchgezappelt".
Wenn ich in den Vorverstärkerstufen eine Kapazität einbringe, die des Oszi- Tastkopfes reicht schon, dann... ist der Frequenzgang ok.
Also- eine sehr kleine Kapazität als Ankopplung, 2,2 pF vor den Oszi- Tastkopf.
Damit ist die Kapazität der Meßleitung so gering, daß die Amplitude kaum beeinflußt wird.
Und damit ist festzustellen, daß der Frequenzgang bis zu den Endstufen geradlinig ist !
Erst in der Gegentakt- Endstufe entsteht die Überhöhung bei 3 MHz !
Was läuft da also verkehrt ? Es gibt keine einstellbaren, frequenzbestimmenden Bauteile.
Wenn ich die Bestückung betrachte, fällt auf, daß die Endstufen 8 Anodenwiderstände haben, die andersfarbig sind, und keinen Aufkleber mit den Bauteilnummern besitzen.
Eine Gruppenschaltung je 4 x 800 Ohm, also resultierend 800 Ohm.
Offensichtlich sollen diese einen größeren, früheren Widerstand, 750 Ohm/ 6 Watt, ersetzen.
Das ist durchaus nicht unüblich.
Und- im Gerät sind laut Handbuch tatsächlich einige Widerstände- als Reihenschaltung von Einzelwiderständen vorgeschrieben, und einige sind auch in der Bestückung zu sehen. !
Die Anodenwiderstände aber... laut Handbuch nicht.
Die haben aber... laut Handbuch die spezielle Bemerkung: "Innenbekohlung entfernt" !
Das... kenne ich gar nicht ! Was zum Teufel... ? Ich wußte nicht mal, daß Widerstände sowas haben können....
Ich nehme das als Hinweis, daß mit dieser Maßnahme evtl. ein induktiver und/ oder kapazitiver Einfluß der "inneren Bekohlung" ausgeschlossen werden soll.
Damit wären diese Widerstände aber... frequenzbestimmend !
Die meisten Geräte des Herstellers Geräte haben eine Drosel in der Anodenleitung der Endstufen, dieser OG... nicht, er hat sie, aber in der zu den Ablenk- Platten der Bildröhre gehenden Leitung !
Dann... könnte der Einsatz der Gruppenschaltung durch die Widerstands- Wendeln in Gruppenschaltung einen Einfluß auf den Frequenzgang der Endstufen haben.
Also- Anodenwiderstände getauscht. In jeder Anodenleitung nun einen.
Eigentlich sollen 750 Ohm/ 6 Watt sein.
Habe ich aber nicht. Auch keine 700 oder 800 Ohm dieser Leistungsklasse.
Also gerade vorhandene 680 Ohm- Borkohle- Schichtwiderstände rein, die könnten von der Größe her 5- 6 Watt haben.
Und tatsächlich ! Sofort ist der Frequenzgang... gerade !
Und auch die Abweichungen in den angegebenen Grenzen.
Damit ist die Restauration abgeschlossen.
Ursache des letzten Fehlers war eine vorhergehende Reparatur, eben die Kondensatoren einfach ersetzt, möglicherweise hat der Reparateur keine Unterlagen gehabt, die Handbuchbeschreibung weist allerdings auf den Einfluß der speziellen Vorschrift für die Widerstände nicht hin.
Etliche Neuröhren -Netzgleichricher und Vorröhren- sind nun drin, einige Vorröhren werde ich allerdings noch besorgen müssen.
Die Endröhren sind alle im Bereich "sehr gut" (Funke).
Gebrauchte Röhren gehen natürlich- aber es ist ein Meßgerät, da sollten alle Werte top sein, wie es auch das Handbuch beschreibt (Punkt Verstärkung).
Übrigens sind alle Keramik- Sikatrop- Papierkondensatoren noch drin, die sind ja hermetisch geschlossen, und die Lebensdauer sehr hoch, Stichproben ergaben zu hohe, für mein Equipment ohne weiteres nicht meßbare Isolationswiderstände.
Möglicherweise wurden auch für Meßgeräte vom Werk besonders gute Bauteile selektiert.
Ich habe noch etliche Meßgeräte, voll mit Sikatrop- Kondensatoren, und alle funktionieren einwandfrei, in den ganzen Jahren meiner Praxis hatte ich keinen einzigen elektrisch defekten Kondensator dieser Bauart, lediglich bei mechanischen Beschädigungen mußten sie ersetzt werden.
Nur alle Elkos sind komplett getauscht, wegen der "feuernden" Netzgleichrichterröhren war mir das zu viel Risiko für die neuen Gleichrichterröhren, 3 NF- Elkos "liefen trocken", und insgesamt 23 Euro für die wenigen Elkos sind ja zu verkraften.
Alle Umschalter sind gereinigt, mechanisch (Eigenbau- Spezialwerkzeug) oder mit "Teslanol".
Nur die Einstellungen müssen gelegentlich nachgeeicht werden. Das ist aber nur für genaue Messungen nötig.
So ist der Oszi jetzt echt fit, und auch verdammt genau für das hohe Alter.
Warum habe ich das hier beschrieben ?
Es gibt eben Sachen, die man in solchen Geräten findet, die heute vergessen sind, solche, die sehr speziell sind, und die man vielleicht kennen sollte, wenn man so alte Geräte repariert.
Vielleicht hilft dies dem einen oder anderen Radiofreund.
Edi
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