Hallo,
ich habe in einem der letzten Beiträge von Rocco gelesen, für ihn sei es mit das Übelste, wenn das Furnier beschädigt sei.
Bei so Holzwurmgeschichten, das höre ich auch immer wieder, denken viele immer direkt an Totalschaden. (Ich habe da, ganz ehrlich, eher das Problem mit dem Innenleben. Ich such mich manchmal flach, dabei liegt das Gute ganz ums Eck

)
Ich möchte die Furnierfehler in fünf Kategorieen teilen:
1. kleine Fehlstellen durch unsachgemäßen Gebrauch
2. blasig aufgegangenes Furnier
3. durch Feuchtigkeit abgehobenes und welliges Furnier
4. größere Fehlflächen
5. Fehler an Vollholzgehäuse/Sperrholz
Da alle diese Reparaturen tiefereingreifende Vorgänge sind, sage ich jetzt bei keiner Lösung extra, daß schleifen und lackieren hinterher zwingend notwendig sind.
zu 1:
Kleine Fehlstellen lassen sich hervorragend mit Holzkitt beseitigen. Den gibt es in vielen, holztypischen Farben. Modellierfähig ist der in Grenzen auch. Und dieser Kitt läßt sich nachfärben. Allerdings würde ich gesplissene Zierrähmchen, sowas gibt es u.a. bei Nora, ganz ersetzen. Das Rahmenmaterial gibt es, auch in den Dicken, immer noch im Bastelbedarf.
zu 2:
Die Beulen kann man eigentlich so bearbeiten wie Beulen in einer Tapete. So ein kleines Entlüftungsloch ist sehr brauchbar. Dann muß man schauen, wie stark aufgeworfen die Beule ist.
Ein wirklich kleines Beulchen läßt sich leicht lauwarm anfeuchten, dann mit einer Spritze mit Leim unterfüttern. Dann ein massives Holzbrett darüber und mit einer Zwinge stramm anziehen.
Richtige Beulen sollten vorher wieder in Form gebracht werden. Auch hier ist das Entlüftungsloch angesagt. Ein Piekser mit einer Spritze reicht da voll aus. Sowas kann man, vorsichtig, mit einem Dampfbügeleisen und einem zwischengelegten Handtuch, wie beim Klebefurnier, wieder richten. Zwischendurch immer wieder nachsehen, daß das Furnier keine Falten wirft. Man kann es, wenn es flexibel wird, auch mit den Fingern formen.
Bei wirklich großen Beulen, wo auch Geduld nicht hilft, kann man auch vorsichtig mit dem Skalpell Material reduzieren. Das geht natürlich nur bei durchgehend längsgestreiftem Material, weil sich diese Operation dort in der Maserung verstecken läßt. Bei stark gemasertem Material oder designmäßig bewußt verarbeitetem "Augenmaterial", womöglich auf der Front und symmetrisch, da geht es wohl eher nicht.
Jedenfalls kann man diese Stelle Dämpfen, nach In-Form-Bringen wieder mit einer Holzleimgabe unterspritzen, und dann wieder mit dem darübergelegten Holzbrett und einer Zwinge festziehen.
Je nach Welligkeit des fertigen Ergebnisses muß man sich dann bei der Bearbeitung für den Schleifblock oder die Ziehklinge entscheiden. Wer noch nie mit der Ziehklinge gearbeitet hat, der schleift besser. Das dauert zwar länger, macht aber nichts kaputt.
zu 3:
Da geht man so vor, ursächlich, wie unter 2. Das Entlüftungsloch kann man sich sparen. Wichtig ist, das alte Furnier wieder geschmeidig zu machen. Auch hier hilft aufdämpfen, je nach Größe der Schadstelle oder auch extremer Welligkeit (bei extremen Feuchteschäden), kann man auch mit einem mit lauwarmem Wasser angefeuchteten Schwamm zu Werke gehen. Dann kann man das flexibel gewordene Furnier wieder "formen". Bei großflächigen Läsionen würde ich den Vorgang auch mehrfach, abgestuft und vorsichtig vornehmen. Zwischendurch, in den Trocknungsphasen, das Material wieder mit der Zwinge leicht ans Gehäuse anlegen. Leicht deshalb, damit sich bei großflächigen Abhebungen nicht noch zusätzlich Wellen einstehen.
Auch dabei kann letztlich, mit vorsichtigem Gebrauch, ein Skalpell hilfreich sein, weil die Fasern so auf-ver-quollen sein können, daß sich alles nicht mehr komplett rückwärts fügen läßt.
zu 4:
Große Fehlstellen sind ein Problem. Da muß man sich dann überlegen, ob man das Gehäuse retten will, oder ob ein solches, vergleichbares Gehäuse beziehbar ist. Bei sehr alten Geräten kann das sehr wohl eine wichtige Frage sein.
Reparieren läßt sich auch das, allerdings benötigt man dann ein Reparaturfurnier, das weitestgehendst der Maserung des Originalfurniers entspricht. Das ist eine Frage von intensiver Suche. Und es ist dann sinnvoll, das gesamte, geschliffene Gehäuse einheitlich neu zu beizen.
Ist das so nicht gestaltbar, und ist es ein wichtiges, weil altes oder sehr seltenes Gehäuse, dann sollte man sich dazu entschließen, das Furnier komplett zu entfernen und das Gehäuse mit stimmendem Furnier neu zu überziehen. Wenn man allerdings komplett neu furniert, und dieses, mit einem originalen, zu verleimendem Furnier macht, also nicht mit einem Bügelfurnier, dann stellt sich auch die Frage nach der Oberflächenbehandlung noch einmal neu. Hier käme dann durchaus die Ziehklinge wieder in Verwendung. Da sollte man sich allerdings ein Probestück furnieren und daran üben, damit man sich keine Wellen oder sonstige Unschönheiten ins Furnier besorgt.
zu 5:
Oberflächenfehler bei solchen Gehäusen sind eigentlich unproblematisch. Man kann es problemlos schleifen und farblich abgestimmt kitten. Wenn das Gehäuse durch Feuchtigkeit stark verzogen ist, ist anfeuchten, gefolgt von einem strammen Einspannen in ein Zwingenkorsett in der Trocknungszeit eine gute Hilfe. Bevor man es anfeuchtet, sollte allerdings aller Lack herunter sein, da die Feuchtigkeit auch problemfrei allseitig aus dem Holz entweichen können soll. Danach beizen, schleifen und lackieren.
Alle Trockenzeiten sollten natürlich verlaufen und nicht durch Zuführung übermäßiger Wärme künstlich verkürzt werden. Mit unseren Heimmöglichkeiten führte das meistens nur zu weiteren Problemen. Man muß ja schließlich nichts verschlimmbessern.
Edit:
Nachtrag zum Pressvorgang beim Leimen:
Die zugefügte Leimmenge darf durchaus reichlich bemessen werden, dadurch wird die komplette Unterfütterung mit Leim sichergestellt. Lunker (hohle Stellen unter dem Furnier) würden nur zu neuen Beulen führen.
Der überschüssige Leim kann bei kleinen Beulen mit dem Finger-/Daumennagel durch das Spritzloch wieder ausgepreßt werden, dabei verteilt sich der Leim gleichmäßig unter dem Furnier. Der ausgetretene Rest kann dann feucht aubgewischt werden.
Bei größeren Flächen hilft gut ein Holzstück oder ein Pfannenwender (den bevorzuge ich, er läßt sich gut führen und druckmäßig dosieren) aus Holz. Mit leichtem Druck darübergeführt, preßt dieser den Überschußleim vor sich her heraus, wo er Stück für Stück feucht abgewischt werden kann. Der Restleim verteilt sich dabei wieder gleichmäßig unter dem Furnierstück.
Vor dem Pressen sollte etwas Butterbrotspapier o.ä. zwischen Furnier und Pressholz gelegt werden. So kann auch beim Pressen weiter austretender Leim nicht zur Verbindung mit dem Pressholz und somit zu Beschädigungen der Arbeit führen, wenn man das Holz wieder abheben möchte. Da das Holz sowieso noch geschliffen werden muß, sind eventuelle Anhaftungen des Butterbrotpapiers völlig schadlos. Diese gehen mit dem Schleifen weg.
Das Stück Pressholz sollte nicht mit Fett oder ähnlichen Trennmitteln behandelt werden, da das Trennmittel durch den unmittelbaren Kontakt auch in das Furnier diffundieren könnte. Solcherart entstandene Flecken, weil die Diffusionstiefe sehr tief sein kann, sind dann nicht mehr, oder nur unter Hinnahme von Dellen, ausschleifbar. Da ist Butterbrotspapier oder Backpapier schon die bessere Lösung.
Diese Erweiterung ist entstanden aufgrund einer Nachfrage von Rocco. So ist das. Manchmal ist man selber nämlich schrecklich betriebsblind, wenn man etwas schreibt.
Gruß Ralph
PS: Diesen Thread widme ich mal meinem Großvater mütterlicherseits. Er hat nämlich Saiteninstrumente gebaut, und das meiste übers Holz weiß ich von ihm und vielen Stunden zusammen mit ihm in seiner Werkstatt.