Wavetek 801 Pulsgenerator
Grüße an alle Freunde der gepflegten elektronischen Messtechnik,
heute stelle ich Euch eine etwas andere Reparatur vor. Anstelle eine "besser als neu"-Reparatur eine Wiederherstellung mit bewusst gewählten Kompromissen...
Wavetek ist oder besser
war ein US-amerikanischer Hersteller und ist nicht so bekannt oder innovativ wie HP oder Tektronix, hat allerdings unter Elektronikern ebenfalls einen guten Ruf. Die Geräte galten im allgemeinen als zuverlässig und hatten stets ein prima Preis-Leistungsverhältnis. Aus Wavetek wurde dann Willtek, bevor Aeroflex diese Firma erwarb. Siehe
http://en.wikipedia.org/wiki/WavetekVor einigen Jahren habe ich einen Typ 801 Pulsgenerator der Firma Wavetek ersteigert. Mit Baujahr 1985 ein fast 30-jähriger "Youngtimer".
Die Anwendungsgebiete sind u.a.
- Test von Modulatoren, Schaltern, digitalen Schaltungen
- Optimierung und Tests von Regelschleifen wie aktive Filter
- Durch einstellbare Flanken lassen sich auch Sägezahn-Signale und recht annehmbare Dreieck-Signale zur Untersuchung von Verstärkern etc. erzeugen.
Datenblatt hier:
http://www.seas.gwu.edu/~ecelabs/appnotes/PDF/equipment/wv801.pdfDas Gerät bietet viele Einstellmöglichkeiten zur Generation von Pulssignalen bis 50 MHz, u.a. TTL- und ECL-kompatible Signalausgänge, Triggermöglichkeiten und einen einstellbaren 50 Ohm-Ausgang mit "richtig Dampf" bis +/-20Vpp. Kern ist ein ECL-Multivibrator, der über ECL-Gatter an weitere Schaltungsteile wie eine einstellbare Verzögerung gekoppelt ist. Also stromgekoppelte Logik, in die man sich bei der Fehlersuche erst wieder "eindenken" muss.
Erste Diagnose: Der 50 Ohm-Ausgang war platt, die ECL-Ausgänge ebenfalls. Der TTL-Ausgang funktionierte.
Die Kurzfassung der folgenden Reparatur:
- Das Service-Handbuch wurde flugs bei http://www.artekmanuals.com gekauft. Eine sehr empfehlenswerte Adresse!
- Die symmetrische +/-5,2V-Versorgung für die Erzeugung der ECL-Signale wurde repariert. Die Leiterkarte ist zwar etwas verkohlt, zeigte aber keine Kurzschlüsse. Bei den ECL-Schaltungen wurden kleinere Defekte behoben.
- Fast alle Elkos im Netzteil fielen beim Testen des Leckstroms durch und wurden ersetzt.
- Zwei OpAmps und eine Zenerdiode in der symmetrischen Versorgung des 50 Ohm-Ausgangs wurden ersetzt.
- Der 50 Ohm-Ausgang ist eine recht komplexe Schaltung mit mehreren Stufen und Kompensationsschaltungen. Defekte Ausgangstransistoren und Zeitmangel liessen mich das Gerät dann einlagern...
- Nach gut vier Jahren entdeckte ich beim Aufräumen den Karton und beschloss, das Gerät wieder instand zu setzen.
- Die Ausgangsstufe war wirklich platt! Diese verwendet selbstredend keine 08/15-Transistoren, sondern rechte RF-"Dampfhämmer" mit hoher Transitfrequenz und geringen Ausgangskapazitäten.
- Die Ausgangstransistoren sind thermisch sehr ungünstig platziert. Die Transistoren haben nur knapp bemessene Kühlkörper und sind "kopfüber" angeordnet, so dass die Wärme im geschlossenen Gehäuse gegen die Leiterkarte steigt....
- Insgesamt wurden vier Ausgangstransistoren ersetzt. Darunter drei 2N5160, die pro Stück zwischen 15€ und 20€ gehandelt werden. Soviel war mir das Gerät nicht wert. Daher habe ich überlegt, und beschlossen, Kompromisse in der Steilflankigkeit und der max. Ausgangsfrequenz einzugehen. Leider ist die Auswahl bei PNP-RF-Transistoren sehr eingeschränkt.
- Bei der Fehlersuche wurde wieder einmal deutlich, wie zeitsparend und nahezu unersetzlich ein Kennlinienschreiber/curve tracer ist. Einer der 2N5160 war degeneriert, zeigte also bei höheren Kollektorspannungen nur sehr geringe Verstärkung. Mit einfachen Mitteln wie dem Multimeter-Diodentester lassen sich solche Defekte nicht ermitteln...
- Im Fundus fanden sich noch 2SA1096 Transistoren mit einer deutlich geringeren Transitfrequenz und vergleichsweise hohen Kapazitäten. Diese habe ich verwendet und das Gerät funktioniert nach einer Kalibration einwandfrei, wenn auch mit stark verringerten Amplituden bei hohen Frequenzen, Die Anstiegszeiten von ehemals 7 ns/5 ns habe sich etwa verdreifacht. Der Arbeitspunkt passte recht gut. Die Reparatur ist reversibel.
- Der 50 Ohm-Ausgang leistet nun 23 Vpp bei 5 MHz, die sich bei 25 MHz auf 8 Vpp und bei 50 MHz auf 3 Vpp reduzieren.
- Das Kunststoff-Gehäuse hatte einige gebrochene Stehbolzen, die ich mit Heisskleber reparieren konnte.
Einige Bilder finden sich unten. Hierbei habe ich das einfache GRUNDIG GO 20Z Service-Oszi verwendet, von dem ich bereits berichtete...
Servus,
Der Schlappmacher