drahtfunk hat geschrieben:
Erstaunlich scheint es auch immer wieder, wo die Redakteure die Interviewpartner für solche Sendungen einsammeln.
Seit der Etablierung des Internet ist es relativ einfach geworden, Fachleute (im Sinne von Leute, die dazu etwas mehr oder weniger interessantes sagen können) für ein beliebiges Thema zu finden. Wenn zum Beispiel eine Fernsehproduktionsfirma hier im Dampfradioforum nach Leuten suchen würde, die ein Interview über das Sammeln alter Radios oder ein ähnliches Thema geben, wären sicher etliche Mitglieder bereit dazu.
Leider machen sich heutzutage immer weniger Fernsehleute die Mühe, solche Leute zu suchen. Weniger aufwendig ist es, einen entsprechenden Text zu verfassen und von irgendwem vorlesen zu lassen. Die dargestellten Informationen sind dann mitunter schlecht recherchiert, was dadurch kaschiert wird, dass man den Beitrag in sehr kurze Szenen fragmentiert, so dass der Informationsgehalt fraglich wird (man könnte das, aus dem Zusammenhang gerissen, auch anders verstehen...), und fehlende Originalbilder werden durch hypernervöse Kameraschwenks ersetzt, so dass kaum etwas zu erkennen ist. So läuft Fernsehproduktion heute oft: ohne seriöse Grundlage einen scheinbar informativen Beitrag drehen.
Eine Bekannte bekam mal von einer Fernsehproduktionsfirma das Angebot, für (wenig) Geld ein gestelltes Interview über ein Thema zu machen, mit dem sie überhaupt nichts zu tun hatte, aber sie sollte eine Beteiligte bzw. Betroffene spielen. Sie machte aus Gründen im letzten Moment einen Rückzieher: weil sie die Information, die sie darstellen sollte, falsch fand, weil es gegen ihre Überzeugung war, die Zuschauer so zu belügen, und weil sie sich nicht mit etwas öffentlich machen wollte, was gar nicht stimmt und letztendlich ihrem Ansehen schaden könnte. Es war gar nicht so einfach, aus dem bereits geschlossenen Vertrag auszusteigen. Und es war ihr strengstens verboten, vor der Sendung mit irgendwem darüber zu sprechen. Die Bedingungen waren knallhart.
Bitte versteht das nicht falsch: diese Sendung machte einen ordentlich recherchierten Eindruck. Es gibt ja auch noch genug Leute, die in dieser Zeit einen Fernseher besaßen und gern ein wenig über stichwortartig vorgegebene Themen plaudern. Und Bildmaterial ist auch zu finden. Einen solchen Beitrag über die Anfangszeit des Hörrundfunks zu drehen, ist erheblich schwieriger.
Lutz