Hallo,
hier mein Senf dazu, ich weiß, es ist schon viel geschrieben worden, aber diese Problemkondensatoren hatten mich zu Beginn meiner TV-Bastelei auch sehr beschäftigt, ohne es zu ahnen...
Ein alter Fernsehmechaniker riet mir damals "...alle "Gewaplast" (die alten braunen mit der bröckeligen Vergußmasse) ohne Messen rausschmeißen." Und was mache ich ? Ich nahm mein Ohmmeter (UNITEST) und "prüfte" --> "ALLES O.K.", ich baute einen Transistor-Multivibrator mit niederohmigen Widerständen: Alles o.k., es "hupte" wie mit Styroflex-Kondensator. Die Kondensatoren können doch gar nicht defekt sein, wenn damit ein Multivibrator funktioniert !
wozu also wechseln ?
... Ergebnis: Die TV-Geräte spielten mehr schlecht als recht, immer wieder Probleme mit durchgehenden Röhren, ständig Ärger und sinnlose Sucherei usw...
Als ich von einiger Zeit einen WEISSENSEE-TV bekam, ging ich ähnlich vor, wobei ich zum Teil die Kapazität nachgemessen hab, viel zu groß ! Und eigenartiges Verhalten am Ohmmeter, zum teil wie ein Elko... Ich mußte wirklich ALLE alten Problemkondensatoren wechseln und nach jedem Wechsel funktionierte die jeweil. Schaltung "besser" oder überhaupt erst.
Was will ich damit sagen ? Nicht überall stören die defekten Kondensatoren sofort, denn sie sind ja nicht komplett defekt im Sinn von "0 und 1". Durch die Feuchtigkeit verändern sich aber bestimmte Kenngrößen und das ist im Zusammenhang mit Röhrenschaltungen und hochohmigen Rückkopplungen etc. eben mit teilweiser schlechter Funktion verbunden, man merkt ja auch nicht immer sofort, wenn eine Endröhre zu wenig -Ug1 bekommt...
Was ich auch feststellte: An den Kondensatoren liegt eine Spannung von einigen 10...100 mV, auch wenn so vorher garnicht geladen wurden. Wahrscheinlich Feuchtigkeit + gerinfügig unterschiedliches Metall(oxid)?
Ich baute dann aus anderem Grund einen extrem hochohmigen Komplementärdurchgangsprüfer, der ist so hochohmig, daß Lageänderungen an Zuleitungen zum Aufleuchten führen (Verschiebungsströme im nA-Bereich). Aus langeweile mal Styroflex/PP-Kondensatoren vs. alte Papierkondensatoren gemessen, Ergebnis: 0,1 µF-Kondensator Styroflex: Aufladung sieht wie 1000µF-Elko aus, LED verlischt aber schließlich, weil C geladen. 0,1µF Gewaplast, 40 Jahre alt: LED verlischt auch nach Stunden nicht, der Leckstrom ist mit dem Ohmmeter nicht nachweisbar, mit dem extrem hochohmigen Durchgangsprüfer aber schon ! Und jetzt stellt man sich eine Schaltung vor, die mit 10MOHm am g1 eine -Ug1 über den Anlaufstrom macht...
Die Versuche kann jeder selbst nachvollziehen, auch bitte mal die Leerlaufspannung (DMM im 2V-Bereich) an einem seit Tagen herumliegenden Gewaplast messen, ist schon verblüffend.
Aber letztlich stimmt es natürlich: jeder kann doch mit seinen Geräten machen was er will, warum das immer zu Diskussionen führt, versteh ich auch nicht recht. Find ich auch etwas kindisch, das explizit zu betonen, früher im Sandkasten ja, aber als großes Kind ?

Ernshafte warnende Hinweise sind doch o.k., 1x reicht aber finde ich, ich war ja damals auch beratungsresistent und wer hatte das Problem damit ?? Der alte Fernsehwerker nicht, sondern ICH ICH ICH !!! Und ich hab trotzdem meine Lektion gelernt und denk noch gern zurück an diese Story und wie Recht der Kollege damals hatte, ohne den Verlauf hätte ich mich auch garnicht so damit beschäftigt... insofern hat doch alles seinen Sinn.
Gruß IngoZ
Ergänzung:
1) auch NOS-Papierkondensatoren (u.a. Feuchtigkeitsproblemdinger) sind alle defekt, kann man auch nachprüfen... die werden ja nicht elektrisch gealtert sondern aufgrund der Bauart ziehen sie Nässe.
2) im yt mal nach shango066-Videos schauen, der prüft die amerikanischen Problem- "Waxies" und "bumblebees" mit einem speziellen Kondensatortester aus dem militär. Bereich, z.B. hier (ca. 18:20min):
https://www.youtube.com/watch?v=fLxwArfLn5Qdort wird ein Resonanzkreis realisiert und der "peak" mit einer 6E5-Röhre angezeigt. NUR SO kann man die Güte von solchen Kondensatoren halbwegs genau beurteilen, ein sehr interessanter Mensch anyway...