hallo, ich habe so ein Gerät schon mal geschleppt, zuerst von einer Garage die Einfahrt hoch, und dann aus dem Auto auf "Hunde" und dann in mein Zwischenlager. Und da steht sie jetzt leider schon länger, weil ich mit der Teilesuche noch nicht fertig bin:

Nach meinem Kentnissstand hat die Truhe die fetteste Einzelendstufe, die in einem deutschen Röhrengerät zu finden ist. Im Prinzip ist das Radiochassis baugleich mit dem 5010. Der Unterschied liegt in einem separaten Anodenspannungsnetzteil mit 375 Volt und zwei EL12/375 statt der Standard EL12 im 5010. Das 5010 ist mit 15 Watt Sprechleistung angegeben, die 9010 mit 25 Watt.
Eine weitere Besonderheit der Truhe ist der Plattenspieler. Beim Ebay Angebot fehlte dieser, und deshalb ist die Truhe auch für so einen günstigen Preis weggegangen. Der Plattenspieler ist ein Perpetuum Ebner Rex Sonderklasse. Diese Laufwerke waren die ersten Heimplattenspieler, in denen ein Moving Magnet Abtaster eingebaut war. Wer die Laufwerke in der Standardausführung kennt, wird auf meinem Foto die vielen Einstellregler unter dem Tonkopf erkennen, und den Pitch-Regler links am Plattenteller. Mit den Reglern unter dem Tonkopf bedient man den Entzerrer Vorverstärker, der ins Laufwerk integriert ist. Mit dem Pitch Regler bedient man eine Wirbelstrombremse, und kann damit die Drehzahl fein einstellen.
Die Magnetsysteme besaßen nur eine nicht umschaltbare Nadel. Um mit dem Gerät Mikro- und Normalrillenplatten abspielen zu können, brauchte man zwei Systeme, ein rotes für Mikrorille und ein weisses für Normalrille. Die Systeme lagen dem Plattenspieler ab Werk bei, für die Lagerung des gerade nicht verwendeten Systems ist eine kleine Ablagedose in die Truhe eingebaut.
Der Plattenspieler in meiner Truhe ist zwar vorhanden, aber leider auch verstümmelt - der Tonarm ist nicht original, es ist ein Kristallsystem vom Rex A eingebaut, und der Entzerrer Vorverstärker ist "außer Betrieb genommen" und dabei stark beschädigt worden. Nach einem Jahr intensiver Suche habe ich noch zwei weitere Rex Sonderklasse Laufwerke als Teileträger finden können, sowie drei Systeme - ein weisses als Totalschaden, ein weisses funktionsfähiges und ein rotes mit einer defekten Spule, aber mit viel Geduld zu reparieren. Wenn noch jemand eine Idee hat, wo man solche Systeme suchen kann ( die Dinger nennen sich PE3000 oder PE3000/7 ) bin ich für jeden Tipp dankbar.
Was noch zu erwähnen ist - die Truhe hat zwei Ausgangsübertrager, und es sieht so aus, als ob man einfach zwei Lautsprechersätze aus dem Tischgerät 5010 eingebaut hat. Wer schonmal ein 5010 in Betrieb erleben durfte, der kann sich in etwa vorstellen, wie sich das Teil anhört.
Die Truhe kostete 1952 3250 DM, audiomäßig war sie wohl das, was man später State Of The Art nannte. Grundig hatte aber 1952/53 noch ein größeres Monstrum im Sortiment, das auf den schlichten Namen 910 hörte. Diese war vom Audioteil nicht ganz so fett ausgestattet wie die 9010, hatte aber dafür einen Fernseher mit etwa 53cm Bildschirmdiagonale. Für eine solche Bildschirmgröße mussten zu dieser Zeit noch Bildröhren aus den USA importiert werden, weil es aus europäischer Produktion maximal 43cm gab. Die 910 kostete 1953 über 6000 DM, und ist heute so was wie eine blaue Mauritius unter den Truhen. Von Graetz gab es noch die F14, die auch mit Vollausstattung und amerikanischer Bildröhre daherkam, und sich sogar optisch an den Grundig Truhen orientierte. Preislich lag sie etwas über 5000 DM - und das alles lange vor der Königin von Saba, die meiner Meinung nach nicht ganz zu Recht als die Königin der Musiktruhen gehandelt wird.
Ein paar Vergleiche, um die Preise richtig einschätzen zu können. Ein Industriearbeiter verdiente unter 200 DM im Monat, einen Standard Käfer gab es ab 5000 DM, und für etwas über 8000 DM bekam man einen Mittelklasse Mercedes. Auch die hier gezeigte 9010 war eine Truhe, die selbst für die meisten wohlhabenden Menschen zu teuer war, umso erstaunlicher ist es, dass imer wieder welche davon auftauchen.
Gruß Frank