Der Thread hat sich, von der harmlosen Eingangsfrage Holgers angefangen, inzwischen lustig entwickelt.
Die Bemerkungen dabei, die ich am wenigsten nachvollziehen kann, sind die von Frank (radiofreddy), zumal die in der Sache auch nicht ganz richtig sind.
Von woher und aus welcher Ära ein Gerät stammt, ist unter sammlerischen Gesichtspunkten erst einmal völlig egal. Klammerte man bewußt den VE aus wegen geschichtlicher Vorbelastung, müßte man zwangsläufig den gesamten Bereich dieser Zeit auch mit ausklammern. Denn er ist in der Zeit erzeugt worden.
Dabei hat der VE ursächlich mit den Nazis gar nichts zu tun. Den VE gab es bereits als fertigen Entwurf für einen einfachen und kostengünstig zu produzierenden Empfänger in den Schubladen bei Telefunken, als die Nazis an die Macht kamen.
Der wäre auch ohne die Nazis rausgekommen. Der Fehler am VE ist nur, daß die neuen Machthaber mit ihrer Ausgerichtetheit gerade auf moderne Massenmedien dessen Potential erkannt hatten. Weshalb sie dieses Gerät zu "ihrem eigenen" gemacht haben. Und darüber hinaus verfügt, daß dieses Gerät als Gemeinschaftsproduktion von den großen deutschen Radiofirmen in Übernahme mitproduziert werden mußte, um den erwartbaren Bedarf zu decken. Nur deshalb gibt es ihn in so vielen Varianten ebensovieler Hersteller. Interessant einmal nachzulesen, was unser Forenkollege Johann dazu im rm.org und im Rahmen seiner Tätigkeit für das Radiomuseum Fürth veröffentlicht hat.
Meine Sammelei hat übrigens vor weit über 30 Jahren mit einem VE angefangen. Als Schüler zum Aufräumen des Schulmittelraumes verdonnert, gelangte ein defekter VE zu mir. Was nicht mehr genutzt wurde, sollte weggeschmissen werden. Und interessierte Schüler durften Exponate auch mit nach Hause nehmen.
So kam der VE zu mir.
Und dann viel später erst die Geschichte zu ihm.
Als er wieder vernünftig lief, Ende der 70er Jahre mit viel Taschengeldeinsatz erkauft, wurde er bei einem Wohnungseinbruch mir gestohlen. Und würde mich auch sehr über einen in meiner Sammlung freuen, -hat ja alles mit ihm begonnen- , wären die Preise nicht inzwischen so sinnfrei freifliegend geworden.
Ebenso aber verhält es sich mit den Geräten aus der ehemaligen DDR, die ich übrigens als gelernter Wessi mit Freuden sammle, weil sie vorher nie in erreichbarer Nähe zu mir waren. Von umgelableten Geräten bei den Versandkaufhäusern einmal abgesehen, wobei diese Geräte nun eher Durchschnittsware waren. Auf diesem Wege sind keine Stradivaris, keine Rossinis und auch nicht die designmäßig wunderschöne Undine, von Heli einmal ganz abgesehen, in den Westen gelangt.
Ebenso nicht, weil ich es damit habe, die interessanten Tonbandgeräte der erst SBZ und dann DDR. Tolle und spannende Entwürfe gibt es da, wobei besonders erwähnt werden muß, daß die DDR-Designer deutlich experimentierfreudiger waren als die im Westen. Designmäßig sind die Entwürfe und auch z.T. produzierten Geräte aus DDR-Produktion deutlich spannender als bei uns im Westen, von wenigen westlichen Ausnahmen einmal abgesehen.
Das alles ist sammel- und erhaltenswürdig. Daran gibt es für mich gar keine Frage und keinen Zweifel. Den Ingenieuren und besonders den Designer noch nachträglich ein großen Lob für ihre Ideen und auch ihren Mut, es durchgesetzt zu haben. Was vermutlich in den Anfängen auch nicht leicht war. Selbst bei den Arbeitern der Firma Heli, die an die ganzen barocken Formen gewöhnt waren, hieß die Lautsprecherbox zum Heli 3001 RK2 damals despektierlich "Hasenstall".
Und es waren definitiv damals nicht die Bonzen, die ihre Firmen haben machen lassen, damit sie etwas Schickes für zuhause hatten. Es waren in den Anfängen noch rein private oder nur teilprivatisierte Firmen, die, wie jeder Unternehmer im Westen auch, ihr Bestes gegeben haben und sehr innovationsfreudig waren. Umgekehrt wird nämlich ein Schuh draus. Wie die Firmen behindert und ausgebremst wurden gerade durch die "Bonzen". Da lohnt es sich einmal, wobei ich Dich, Frank, direkt anspreche, Dir einmal die Geschichte um das Wartburg 311 Coupé und Cabrio durchzulesen. Wie sich damals, obwohl die Wartburger damit ein ordentlicher Devisenbringer hätten sein können, der unerträgliche Spitzbart als Verhinderer eingemischt hat. Und aus welchen Gründen auch.
Aus westlicher Sichtweise eine riesen Lachnummer, aus östlich systemvernagelter Sichtweise konsistent und zwangsläufig.
Und trotzdem haben es noch bis zu den Anfängen der 70er Jahre private Firmen geschafft, bei teilweise fürchterlichen Behinderungen, innovativ zu bleiben und Meilensteine zu produzieren wie den von mir hochgeschätzten Heli RK5.
Das kann man nicht alles abtun. Das alles ist sammelwürdig, weil es nämlich mit der Ideologie des Staates, unter dem es erzeugt worden ist, ursächlich nichts zu tun hat. Schließlich sammeln wir keine Muffelöfen von Topf&Söhne.
Und für das, was Militariasammler und ideologisch interessierte Sammlerkreise an Unfug verbrechen, dafür können wir als große Gemeinde technisch orientierter Sammler auch nichts. Daß rückwärtsgewandte vor z.B einem VE mit zitternden Knien knien, weil jemand das Kreuz nicht herausgekratzt hat, fällt in den Bereich "persönlicher Wahnsinn"; nicht in den Zuständigkeitsbereich von uns Sammlern. Hier sind eindeutig eher Psychologen gefragt.
Als Schlußbemerkung noch etwas, was ein Freund, selber "gelernter" DDRler, mir über die Helis gesagt hat: "Was glaubst Du, weshalb die in der DDR eigentlich jeder haben wollte...? Weil deren Empfangsteil so gut war, daß Du in jeder Ecke der DDR auch alles hören konntest. Nur den Preis konnte nicht jeder bezahlen."
Frank, mal ganz ehrlich: Glaubst Du wirklich, Ullbricht, Honnecker und Co. hätten dieses Produkt zum persönlichen Spaße entwickeln lassen, obwohl es damit für jeden in der DDR kein Tal der Ahnungslosen mehr geben konnte? Eine solche Betrachtungsweise ist wirklich Unfug.
Gruß und schönes restliches Wochenende,
Ralph
PS: Von Täve habe ich übrigens nichts in meinen Geräten. Wohl aber von Frieda. Die einen zauberhaften Nachnamen hat. Ein Schelm, wer dabei .... Wobei dabei der Scherz, den Torsten wiedergegeben hat, da schon saftiger ist als meine Pünktchen.
_________________ Und klingt der Netzbrumm schauerlich, das Radio spricht: NOCH LEBE ICH!
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