Hallo Bernd,
vielen Dank für Deine Anmerkungen. Die Vergabe der Noten habe ich natürlich relativ vorgenommen, der Graetz hat halt den mit Abstand schlechtesten Klang bei UKW, daher die 5. Einen 154W habe ich übrigens auch, der klingt nicht ganz so mumpfig.
Nun also meine Bemerkungen zu den einzelnen Radios:
1) Loewe Rheingold 52: Das Gerät mit der besten Gehäusequalität, so etwas gibt es sonst nirgends. Auch die Haptik wirkt wie für die Ewigkeit gemacht. Die AM-Empfangsqualität ist die beste im Testfeld, leider muß das Design auf den damaligen Käufer antiquiert gewirkt haben, was sicher ein Contra-Argument war. Der Klang wirkt auf UKW etwas eingeschnürt, was am ehesten am Lautsprecher liegt. Mit dem Prüflautsprecher ist davon nichts zu bemerken. Die "Eingeweide" sind so aufgeräumt und übersichtlich angelegt, wie bei keinem der anderen Geräte.
2) Nordmende 189WU: Das Gerät führt das Testfeld in puncto Klang an. Obwohl hier nur ein 25cm großer Breitbänder verbaut ist, fehlt einem nichts an der Höhenwiedergabe. Leider driftet die UKW-Frequenz in den ersten 10 Minuten kräftig, diesen Effekt konnte ich bei insgesamt 6 Geräten der Baureihe (2*187WU, 2*188WU, 2*189WU) feststellen, insofern halte ich es für einen Serienfehler. Auch der Wellenschalter ist nach den Jahren zickig: die AM/FM-Umschaltung will häufig bedient werden, sonst setzt der Empfang auf UKW manchmal aus. Zerlegen ist schwierig. Das Gerät eignet sich auch für den Kurwellenjäger, da es 4 gespreizte Bänder hat.
3) Loewe Atlas 9852 W und GW: Das "billigste" Modell im Testfeld hat ebenfalls einen sehr guten Lautsprecher. Die Kurzwellenlupe arbeitet präzise und haarscharf. Insgesamt solider Eindruck, gute Haptik.
4) Telefunken Opus 52 und AEG Super 61WU: Das teuerste Radio im Testfeld kommt mit einem ungemein soliden Tastenaggregat daher, das geht so richtig satt, beste Haptik und Optik im Test, alles ist aus dem vollen gemacht. Getrennte Antriebe für UKW und AM, der UKW-Antrieb wird auch als Kurzwellenlupe verwendet. Leicht eingeschränkte Höhenwiedergabe, was nur auf UKW auffällt. Leichte Unterschiede im Gehäuse: der Telefunken hat mehr Messingzierleisten, der AEG dafür echte Intarsien. Diese Geräte gehören schon in die Luxusklasse. Bei dem Preis hätte ich auf UKW mehr Trennschärfe und Empfindlichkeit erwartet, vor allem aber einen Hochtöner.
5) Grundig 4004W: Den (leider Elektrostat-)Hochtöner hat der Grundig, und auch eine EL12, wie auch die Telefunken/AEG und der Saba. Das ermöglicht ihm eine sehr gute Musikwiedergabe auf UKW, leider ist die Sprachwiedergabe unnatürlich blechern. Das Gerät hat mit Abstand den besten UKW-Empfang, im Grunde gleichauf mit Geräten, die 2 oder 3 Jahre später gebaut wurden, und das trotz der Verwendung der ECF12-Stahlröhre im UKW-Teil. Da hatte Maxe die Nase vorn. Ungewöhnliche Schiebetastenmechanik. Auch geeignet für den Kurzwellenjäger. Das Gerät war auch mit EL41 statt EL12 und auch als Allströmer lieferbar, in beiden Fällen ohne Hochtöner.
6) Metz Hawaii S: Einziges Gerät mit Gegentaktendstufe im Test. Sehr solide Haptik und feine Optik, Chassis wirkt sehr aufgeräumt, das ganze Radio wirkt wie ein Kleinserienprodukt. Klang auf UKW leicht eingeschränkt.
7) Imperial 612W: Gewöhnungsbedürftige Optik als "Nasenradio", starke Frequenzdrift auf UKW, alle zugänglichen Bauteile wurden ohne Erfolg überprüft. Innen recht kraus gelötet und verarbeitet. Guter Klang auf allen Bändern dank pdyn. Hochtöner. Unpraktische Bedienung dank 3 Bedienelementen auf der rechten Seite.
8) Lorenz Großglockner: Imposantes Großgerät mit braunen Tasten. Schwache UKW-Empfindlichkeit aber guter Klang dank des Lautsprechers. Der UKW-Tuner war erst im Folgejahr (Nymphenburg) so richtig gut. Geeignet auch für den Wellenjäger dank 2*MW und 2*KW.
9) Saba Konstanz W: Altmodische, aber solide Gehäuseform mit unpraktischer Abstimmung an der rechten Gehäuseseite. Schlechtester UKW-Empfang im Testfeld, der Gleichlauf des UKW-Aufsatzes läßt sich nicht optimal trimmen, der Nachgleich des EQ80-Filters macht graue Haare. Guter AM-Empfang. Der Saba-Fan tat 1951 gut daran, ein weiteres Jahr mit der Anschaffung zu warten und dann ein Gerät aus der W2-Serie zu erwerben, schon der kleine Lindau W2 geht ganz famos auf UKW.
10) Graetz 156W: Schlechtester Klang im Testfeld, klingt immer mumpfig, auf AM fällt das nur weniger auf. Passabler UKW-Empfang, sehr aufwendige Bandbreitenregelung für AM. Gute Gehäusequalität aber unpraktische Bedienung mit Bedienelementen auf beiden Gehäuseseiten.
Welches Gerät hätte ich gekauft ? Als sparsamer Mensch hätte ich mich bemüht, mit den 400 Mark auszukommen und hätte den Atlas genommen und dabei sicher nichts verkehrt gemacht. Als Radiofreak hätte ich sicher den Grundig vorgezogen, als klassische Empfangsmaschine hat er die deutlich besten Karten. Und als Fan schöner Geräte hätte ich den Telefunken Opus 52 bevorzugt und dafür Streß mit der besseren Hälfte wegen des Kaufpreises riskiert

Dieses Radio macht mit seinem fast arroganten Gesicht und seiner kompromißlosen Verarbeitung heute noch die beste Figur.
Keine Empfehlung hätte es für den Saba und den Lorenz gegeben, beide haben keine wirklich brauchbaren UKW-Teile. Auch der Graetz wäre bei mir nicht eingezogen, der Klang ist wirklich gruselig. Den Imperial hätte ich auch nicht genommen, weil mir die Optik nicht zusagt. Gleiches hätte beim Holger des Jahres 1951 auch für den antiken Rheingold gestimmt, dem Holger des Jahres 2014 gefällt der "Nibelungensuper" eben deswegen ganz gut.
Für die Zukunft bin ich gespannt, ob ich noch weitere Großgeräte aus dem Modelljahr 1951/52 bekommen kann, für das Modelljahr 1952/53 bin ich ähnlich gut sortiert.
H.