Hallo,
es ist mit Sicherheit alles richtig, was ihr geschrieben habt.
Trotzdem..... - :
In den letzten 3 Jahrzehnten ist so vieles aus der NS-Zeit nachgedruckt worden und somit auch als Dokument öffentlich zugänglich.
Neben den Protokollen des Nürnberger Prozesses sind auch die Protokolle des OKH und auch in einem mehrbändigen Werk, dort zwar nur Auszugsweise, was aber immerhin noch tausendweis an Seiten ist, die Ermittlungsprotokolle der Gestapo veröffentlicht.
In der Ermittlungsweise der Gestapo kann man z.B. nachlesen, daß die Herren im langen, schwarzen Ledermantel immer, zumal in der Kriegszeit, eine besondere Obacht auf den VE hatten, da dessen Skala relativ schnell verblich.
Ich habe sogar gelesen, in Tagebüchern von Leuten, die im Untergrund tätig waren, die Skala des VE immer wieder neu zu verstellen, sodaß die Präferenz des eigenen Gerätes zu Auslandssendern erst einmal nicht anzusehen war.
Eine Skala, siehe auch größere, teurere Geräte, wo nur ein hauchdünner Reiter die Sendereinstellung markiert, war da unkritisch.
Neben der Tatsache, daß Geräte der gehobenen bis hohen Preisklasse ohnehin kein Massenprodukt waren.
Wer in dieser hohen Preisklasse kaufen konnte und trotzdem, mit dem Gerät ja erst recht, Auslandssender gehört hat, dem wurde, so Goebbels 1943 in der Sportpalastrede, "der Kopf zwischen die Füße gelegt".
Der VE ist d a s Massenprodukt dieser Jahre, und hätte man die Massen in ihrer Finanzkraft damit schon hinlänglich erreichen können, bei der Propaganda- und Indoktrinierwut dieser Zeit und dieser Regierung, dann wäre es wahrscheinlich nicht einmal zu dem noch abgespeckteren DKE gekommen. Damit hat man aber auch noch die letzten, die mit dem ganz kleinen Geldbeutel, erreicht.
Die Geräte sich aber empfangsseits mehr als bescheiden, was sie wohl auch sein sollten.
Der VE vom Konzept, siehe den sehr guten Artikel dazu von Hans. M. Knoll im radiomuseum.org, war wohl auch, noch zu demokratischen Reichszeiten, geschaffen und erdacht worden. Aber mit anderem Hintergrund. Erdacht wurde er, um die Massen auch am Radioempfang partizipieren zu lassen.
Nach dem 5. März 1933, erst recht nach der Verabschiedung des Gesetzes zur "Behebung der Not von Volk und Reich" (Ermächtigungsgesetz), laufen die Uhren dann anders.
Ein in der weimarer Zeit erdachtes, preiswertes Gerät mit den aus dem Preis resultierenden notwendigerweise existierenden Beschränkungen, wird hier zum Mittel der Indoktrination. Für viele erlangbar wegen des geringen Preises, darüberhinaus nur in sehr engem Rahmen einsetztbar.
Ein solches Gerät hätte sich der Herr Dr. phil.Goebbels auch selbst erdacht, hätte es das nicht schon gegeben. Nur so war auch diese unglaublich schnelle Massenproduktion möglich ( s. Artikel Knoll).
Den Volksempfänger "tunen" zu können, und Stockhusen ist nicht der einzige in dieser Zeit, der versucht, diesem für diese Entwicklungszeit bereits "Behelfsempfänger", das Laufen beizubringen, und dieses veröffentlichen zu dürfen, ist auch der Tatsache geschuldet, daß die Dritt-Reicher, allen vorran der Propaganda-Goebbels, durch vieles bemüht war, dem Volke und dem Ausland "Zückerchen" zu geben.
Während der Kriegszeit ging der Zucker dann aus. Übrigens besonders denen, die einen fernempfangtauglichen VE hatten und die Gestapo es auch noch nachweisen konnte.
Was ein VE heute empfängt, das muß man übrigens nicht großzügig versuchen, auf die damalige Zeit zu interpolieren. Wir haben es heute mit unseren Sammlergeräten häufiger damit zu tun, das diese übersteuern. Die Sender schaffen inzwischen mit deutlich mehr "KWuppdich". Und das gilt nicht nur auf UKW, das gilt auch für die Lang- und Mittelwellensender. Wenn also heute ein klasse betriebsbereiter VE oder sogar DKE tolle Sachen empfängt, so läßt das gar keinen vernünftigen Rückschluß darauf zu, was mit dem einen 33/34 und mit dem kleinen Bruder 38 empfangbar gewesen ist.
Wer 1939 Radio gehört hat, der hat in Götterswickerham (liegt bei Köln) ohne Stockhusen nur den angeschlossenen Reichsrundfunk gehört, aus Köln, nicht wesentlich mehr. Sollte er auch nicht!
Wäre von hause aus auch Hamburg möglich gewesen, bei reinen Reichssendern ohnehin unsinnig, da wäre nichts neues zu erfahren gewesen für die Rheinländer außer dem Tidenhub auf der Elbe, den benötigt man aber im Rheinland nicht - dann wäre auch problemfrei Antwerpen möglich gewesen. Dieser ausserreichlich-weltliche Bezug war im Dritten Reich aber gar nicht gedacht. Das Berliner Gegröle sollte in jedes Wohnzimmer, in jede Küche, nicht die Stellungnahmen des Auslandes dazu.
Und so schließt sich der Kreis meiner Argumentation. Der Verweis darauf, teurere Radios hätten diesen Empfang ohnehin möglich gemacht, greift nicht. Diese waren, das Exportsegment einmal ganz beiseite geschoben, dem VE und DKE gegenüber als Massenartikel, nur einer relativ dünnen Gesellschaftsschicht vorbehalten. Die, um diese teuren Radios zu kaufen, auch gut verdiente, auch gut am Reich verdiente. Und so sah es ja auch am Ende dieses "gloriosen" Reiches aus: Nicht der kleine VE-Besitzer war plötzlich als erster an der Spritze, wenn es um die "Persilscheine" ging, da waren auch die Leute zuvorderst, denen es ein leichtes war, einen Blaupunkt oder Telefunken mit automatischem Senderfang zu kaufen. (Wenn ich das richtig sehe und alte Dokumente richtig gelesen habe, dann hätte alleine einer meiner Opas für den großen Telefunken 6 Bruttogehälter * SPAM-Verdacht! Werbung nicht erlaubt* müssen - abenteuerlich - da hätte er sogar besser über ein Auto nachgedacht.)
Auch weitere Bemerkungen muß es dazu nicht geben. Radioempfang, das war damals, im Vergleich zu heute, ein neues, viele Menschen interessierendes, spannendes Medium. Wir haben in den zwanziger und auch dreißiger Jahren eine große, ganz offensichtlich auch den Nerv der Zeit treffende, Medienvielfalt, die sich einzig und allein mit dieser Technik beschäftigt. Und viele Leute haben sich damit beschäftigt. Wahrscheinlich gibt es aus den zwanziger Jahren mehr Selbstbauten als Industriefertigungen, bishin zu komplizierten Reflexempfängern oder Superhets, deren Empfang dreistufig ausgeführt ist mit vier- oder fünfstufiger Verstärkung, was es so z.T. nur in den Zeitschriften gab. Gleiches gilt für Heterodyn- und Neutrodynempfänger und deren Konzepte. Da muß man mal sehen, was Verfasser wie Nesper nicht nur als Bücher, sondern auch in Monatszeitschriften in hoher Auflage verfasst haben. Es gibt aus den zwanziger Jahren auch viele Fotos von solchen Selbstbaugeräten, von Ausstellungsständen der Zulieferindustrie.
Mit anderen Worten, zwischen 1933 und 1940, der Zeitnähe geschuldet, hat auch jeder Interessierte noch gewußt, was in dem Stockhusen steht - und was man damit machen kann.
Heute ist das, sonst hätten wir einen soviel größeren Zulauf in den Foren und Sammlerzirkeln, eher zeitentrückt.
Guß Ralph
PS: Wenn die Radiowerkstatt diesen Artikel ließt, dann wäre mir sehr an ihrer Meinung gelegen!
_________________ Und klingt der Netzbrumm schauerlich, das Radio spricht: NOCH LEBE ICH!
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