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 Betreff des Beitrags: Gesellenstücke
BeitragVerfasst: Do Aug 13, 2015 1:27 
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Hallo,

immer mal wieder bleib ich an meinem "Gesellenstück" mit Staunen und einwenig Entsetzen hängen, wenn es mir mal begegnet..und zwar war das ein Netzteil. Simpelste Ausführung mit LM317, ohne Strombegrenzung und lässt sich nichtmal bis auf 0V runterregeln :lol:
Das war quasi ein Bausatz, der in der Prüfung aufgebaut werden musste. Sowas hatte ich schon weit vor der Ausbildung gemacht.
Wir waren damals so 2008/2009 um die 7 Schüler, zwei davon arbeiteten in einem klassischen Radio-Fernsehladen.
Das traurige ist, dass dieser einfache Bausatz noch nichtmal bei allen lief nach der Prüfung.
Das eigentliche Netzteil ist ein externer Voltcraft-Trafo...

Wenn ich daran denke, was Schreiner oä Handwerker für tolle Sachen nach 3,5 Jahren bauen, weiß ich nicht ob ich lachen oder weinen soll. Meine Ausbildung war zum RFT bzw Informationselektroniker. Die Ausrichtung war aber schon noch auf die klassischen Aufgaben ausgerichtet. Die Prüfung wurde dann von einem ambitionierten! Funkamateur im Ruhestand durchgeführt, der zu diesem Zweck nochmal zurückgekommen ist.
Ich fand das damals ja ziemlich amüsant, aber nur, weil ich wusste, dass ich in diesem Beruf nicht arbeiten muss.

Das Gerät hatte ich ab und zu sogar schonmal in Gebrauch, wenn mein Labornetzgerät schon in Benutzung war. Nach kurzer Zeit am Anfang ging es allerdings nicht mehr, weil der arme LM317 den riesen Kühlkörper alleine tragen musse. Dieser war nichtmal auf der Platine befestigt und irgendwann gaben die Beinchen nach...habe ihn dann provisorisch verlängert und den Kühlkörper im Gehäuse festgeschraubt... :mrgreen:

Die praktische Zwischenprüfung hätte noch mehr Anlass zum Kopfschütteln.

Ich frage mich die ganze Zeit schon immer mal wieder, ob das damals bei uns Durchschnitt war, oder auch andere stücke gebaut wurden als Abschluss. Eine Leistung im Aufbau sehe ich darin eigentlich nicht. Glaube hatte sogar für dieses "Teil" eine 1... :roll:

Was habt ihr denn so gebaut, hier gibt es ja den ein oder anderen RFT :hello: ?
Grüße
Max


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 Betreff des Beitrags: Re: Gesellenstücke
BeitragVerfasst: Do Aug 13, 2015 5:10 
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Hallöchen zusammen,

das könnte ein interessanter Thread werden...
Meinereiner hat ja ebenfalls das Handwerk zum Radio- und Fernsehtechniker erlernt, Abschlußjahr 1981. Die Gesellenstück-Challenge: Den Oppermann-Bausatz "Infrarotempfänger" innerhalb von DREI (!!) Stunden aufbauen. Handicap dabei: Es musste statt der Originalplatine eine Euroformat-Streifenrasterplatine verwendet werden, der Platz darauf möglichst voll ausgenutzt. Das Kunststoffgehäuse durfte bereits ein paar Tage vor der Prüfung vorbereitet werden!
Naja... - los gings...
Da ich grundsätzlich bei solchen Bausätzen ein wenig misstrauisch bin, prüfte ich zunächst einmal alle Transistoren mit einem selbstgebauten Transistortester. Und... Bingo! Ein Dreibeiner war schlicht und einfach tot. "Ähm... - ich hätte da mal ein Problem..." begann ich dann die Diskussion mit den Herrschaften der Prüfungskommission. Diese zeigten sich etwas verwirrt bis ungläubig, wollten wissen, wer denn den Tester hergestellt hat. "ICH - und zwar schon VOR meiner Lehre!" Nun waren die Herren endgültig vollkommen überfordert, ließen sich jedoch schließlich überzeugen. Mit einem neuen, natürlich geprüften Transistor machte ich mich ans Werk... - welches nach einer HALBEN Stunde fertig zur Abgabe war. Und wieder erntete ich ungläubige Gesichter und Kopfschütteln. "Sind sie sicher, dass sie wirklich fertig sind?" - "Aber ja doch!" - "Na dann kommse mal zu uns zur Funktionskontrolle und Begutachtung." Sie konnten es nicht fassen. Das Gerät funktionierte auf Anhieb und war auch noch gemäß der Vorgabe aufgebaut, eine Lötstelle so sauber wie die andere. Die Maßhaltigkeit der Bohrungen im Gehäuse... - einwandfrei. Also eine glatte 1. "Jungs, bis später..." verabschiedete ich mich in die nächste Kneipe, Stunden wartend, bis der Nächste kam, mit dem ich endlich mal anstoßen konnte. Sie waren alle fassungslos... Schließlich rückte die Stunde der Wahrheit näher - Zeugnisvergabe und Verleihung des Gesellenbriefes. Zugegebenermaßen hatte ich schon leicht "Schlagseite", als ich ein letztes Mal vor die Kommission treten musste. Nur gut, dass ich nicht mit dem Auto gekommen war, sondern mit der Bahn. Prüfung bestanden, Geselle im Radio- und Fernsehtechnikerhandwerk :hello: :bier: :bier: :bier:


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 Betreff des Beitrags: Re: Gesellenstücke
BeitragVerfasst: Do Aug 13, 2015 5:37 
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Ich habe Elektoinstallateur gelernt und habe auf einem Großen Brett eine Schaltung "auf Putz" installieren müssen. Dabei war noch eine Schützschaltung mit Sterndreickanlauf. Das Kabel musste noch mit Schellen verlegt werden, nicht wie es heute üblich ist mit Rohr.

Habe dann später auf Abendschule etwas Elektronik hinterher geschoben, mit nem Kollegen zusammen. Der hat einen Frequenzzähler gebaut und den unseren Lehrer vorgestellt. Das Gerätchen hatte einen für heutige Verhältnisse diskreten Aufbau, kein PIC oder ähnliches, alles mit einzelnen ICs und LED-Zahlen als Display. Das Teil bestand aus drei Lochrasterplatinen, also eine stundenlange Arbeit.

Der Lehrer meinte direkt, das wäre locker ein Meisterstück. Warscheinlich macht man heute so etwas nicht mal mehr bei der Meisterprüfung.

_________________
Gruß Stephan

Röhre gut, alles gut
Ein Wunder ist das elektrisch Licht, manchmal geht es, manchmal nicht. :idea:

RIP WDR Langenberg 720kHz (6.07.2015 - 02:00)
RIP DLF Nordkichen 549kHz (31.12.2015 - 23:50)


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 Betreff des Beitrags: Re: Gesellenstücke
BeitragVerfasst: Do Aug 13, 2015 8:26 
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Wenn ich auch etwas beitragen darf... ?! :)

Meinen Gesellenbrief, bei mir steht da nur "Prüfungszeugnis", machte ich 1997/98 im Winter.
Die praktische Prüfung zum Enerigieelektroniker, Fachr. Anlagentechnik dauerte bei uns vier Tage. Donnerstags und Freitags waren jeweils zwei Prüfungen die wiederum ca. 30min. jeweils dauerten.
Darunter waren eine SPS-Aufgabe, die Fehlersuche in einer unbekannten Schaltung, Messübungen mit Oszilloskop und Multimeter und eine Aufgabe in Digitaltechnik.

Der Hauptteil - das Gesellenstück, war der Aufbau einer Schützschaltung mit Einbindung einer Euro-Karte, die allerdings vom Aufbau vorgegeben war. Wie bei Herby war das eine Lochstreifenkarte.
Obwohl zeitlich wesentlich länger als der nächste Prüfungsteil (7h oder 8h und 5H), war das für uns der leichtere Teil. Schließlich musste nach Plan aufgebaut werden und da die Prüfung auch noch in unserer Lehrwerkstatt abgehalten wurde und unser Ausbildungsleiter auch im Prüfungsvorstand saß, hatten wir seit dem Sommer mehrere Altprüfungen unter Prüfungsbedingungen aufgebaut. So war dieser Tag für uns eigentlich fast wie ein weiterer Test. Ich persönlich habe ich drauf gefreut, weil ich gerne Platinen gelötet und Schaltungen aufgebaut habe.

Was genau die Aufgabe war, weiß ich heute schon garnicht mehr. Jedenfalls waren auf der Platine irgendwelche Schaltstufen, die über Relais Leuchtmelder und Schütze ansteuerten. Im Meisterbüro stand ein Prüfstand für die Lochrasterkarte, an dem die Schaltung simuliert und getestet werden konnte. Sehr gut erinnere ich mich noch an meinen ersten Prüfungslauf für die Platine - man hatte drei Versuche. Mit einem Prüfer im Rücken, saß ich nun vor dem Simulator und steckte die Platine ein. Vor mir ein Zettel mit Anweisungen und Feldern zum Eintragen der Ergebnisse:
1. Drücken Sie Taster S1, was geschieht... Entspricht dies der gewünschten Funktion ? 2. Drücken sie Taster S2... Ich drückte und aus einem Poti stieg Rauch empor, was den Prüfer wohl sehr amüsierte und zum Ausruf "Oh, hier riecht's nach Ampere"! bewegte. Mein Ausbilder war mit im Büro und über seine Reaktion rätsele ich heute noch: Er sah auf das Poti - das stand fast am Anschlag - und meinte barsch: "DAS WEISS MAN DOCH, DASS MAN POTIS IMMER AUF MITTE STELLT BEVOR MAN DIE SCHALTUNG IN BETRIEB NIMMT!" Nun gut, so strebsam wie er waren wir nicht alle, auch wenn er das gerne gehabt hätte. Und man musste - wenn man was von ihm wollte - immer doch etwas besser sein als er, denn selbst bei für uns Lehrlinge kompliziertesten Sachverhalten meinte er regelmäßig: "haach, das wääs ma doch, dass das so is...". Heute Frage ich mich immernoch, wollte er mir damit einen Wink geben, oder kam es unüberlegt "vom Herzen"?
Ich entgegnete nur, dass es wohl ein Unding sei, dass man eine Schaltung so plane, dass ein Poti überlastet werden könne, denn ich war mir 101% sicher, dass meine Platine in Ordnung ist.
Zurück am Arbeitsplatz, baute ich schnell ein Ersatz-Poti ein - jeder hatte alle Teile dreifach - stellte alle Potis auf Mittelstellung und informierte meine Kameraden. Beim nächsten Prüfdurchgang erfüllte die Platine jedenfalls alle Bedingungen.
Bemerkenswert war, dass auch zwei arrogante Streber dabei waren, die sonst immer alles wissen und alles können. Beide hatten in der Berufsschule auch immer gute Noten. Einer davon wohl nur daher, dass er dem Lehrer nicht ganz unsympathisch war und er es ihm immer durchgehen ließ, dass er bei Klassenarbeiten meist garnicht auf die Fragen einging und sein geballtes Wissen eher im Stile einer Diplomarbeit wie ein Aufsatz seitenweise verfasste. Wo der Klassendurchschnitt mit 2-3 Blättern auskamen, lieferte er bei der Technologie-Arbeit 6-8 Seiten ab. Der arme Kerl stand dann bei der praktischen Prüfung stundenlang vor seinem Aufbau und fand weder in der Schützschaltung, noch auf der Lochrasterkarte die offensichtlichen Fehler.
Der andere suchte ebenfalls stundenlang nach dem Fehler, fand ihn nicht und bemerkte nach der Abgabe dann beim Aufräumen, dass er vergessen hatte seine Platine ganz in die Halterung zu stecken.

Der nächste Prüfungsteil bestand aus der Erweiterung und Modifizierung einer uns bekannten Schaltung - das war immer das Gesellenstück vom Vorjahr. Im Gegensatz zu den anderen Lehrbetrieben bauten wir diese Schaltung im Vorfeld zur Prüfung selbst neu auf. Einige andere Betriebe verwendeten tatsächlich die alten Gesellenstücke. Bei dieser Prüfung mussten wir die Schaltung und die Platine verändern - hier gab es nur einen Schaltplan für die Platine und für die Schützschaltung eine Materialvorgabe samt Funktionsvorgabe - die Umsetzung mussten wir selbst planen und dokumentieren. Auch dass hat mir großen Spaß gemacht.
Die Gesellenstücke durften wir natürlich nicht behalten, sie wären auch von geringem Nutzen. Ich hätte nur gerne die Unterlagen gehabt...

Vor fünf oder sechs Jahren bin ich nochmal dort gewesen. Die Lehrwerkstatt war inzwischen umgezogen. Was mein ehemaliger Ausbilder über die heutigen Ausbildungsmethoden und die Tauglichkeit der Schulabgänger zur Ausbildung erzählte, schockierte mich doch leicht. Die Prüfung dauert heute insgesamt nur noch einen Tag. Es muss nichts mehr aufgebaut werden, sondern der Auszubildende muss vorher etwas erarbeiten und dann vorstellen - man muss also nicht unbedingt viel können, solange man sich gut verkaufen kann. Auf die Berufsschule, meinte er, würder er am liebsten verzichten, dies sei nur Zeitverschwendung, da alles was dort vermittelt würde/werden sollte, in der Lehrwerkstatt erst auf- und nachgearbeitet werden müsse.
Offensichtlich hat auch hier die sich allseits verbreitende Oberflächlichkeit Einzug gehalten.

Um so mehr denke ich gerne an die Zeit meiner Ausbildung zurück. Wir hatten drei bis vier Elektromeister und einen Schlossermeister, durften Drehen und Schweißen lernen, bastelten mit Elektronik und Elektromechanik und wurden wirklich sehr gut auf unser Berufsleben vorbereitet. Schließlich hatten wir eine eigene Lehrwerkstatt und damit Vollzeitausbildung. Ich konnte Erfahrungen sammeln, die ich nicht missen möchte.


Gruß,
Daniel

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Daniel


Baden Baden, Beromünster, Paris, Rom…
...Eine ganze Welt ist auf der Skala des SABA-Empfängers vereint


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 Betreff des Beitrags: Re: Gesellenstücke
BeitragVerfasst: Do Aug 13, 2015 11:11 
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mein Gesellenstück zum Informationselektroniker 1981 ( war ein anderer Beruf, als der Informationselektroniker heute ) war eine Digitaluhr mit TTL-Bausteinen, verteilt auf drei Europakarten eingebaut in einen 19" Baugruppenträger. Zwei Platinen waren geätzte Leiterplatten, wir mussten sie aber noch bohren, und hatten keinen Bestückungsplan, nur den Stromlaufplan. Das dritte Modul war eine Punktrasterplatte und musste mit Silberdraht verschaltet werden - drei Brücken auf der Bestückungseite waren erlaubt. Die Verkabelung des Baugruppenträgers erfolgte mit einem Kabelbaum, der mit Wachsfaden gebunden werden musste, so richtig altmodisch mit Nagelbrett.

Zeit hatten wir zweieinhalb Tage, ich habe fast den ganzen ersten Tag nur Pläne gezeichnet, während die meisten anderen schon wie wild bauten. Im Laufe der Tage fiel mir immer mehr die Geschichte vom Hasen und Igel ein, und am Ende hatten die die besten Noten, die sich am Anfang am besten vorbereitet hatten. Das Netzteil ganz am Anfang des Threads sieht wirklich etwas lächerlich aus, da war bei uns die erste Zwischenprüfung schon deutlich anspruchsvoller.

Was ich aus der Zeit immer noch in Betrieb habe, ist ein Doppelnetzteil mit zwei 723, 2* 0,5-30 Volt, 0 - 3 Ampere. Da habe ich nur irgendwann mal die Analog- gegen Digitalanzeigen getauscht, ansonsten ist der Aufbau noch wie damals.

Gruß Frank


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 Betreff des Beitrags: Re: Gesellenstücke
BeitragVerfasst: Do Aug 13, 2015 16:36 
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klasse tread-Idee! Nehmt den bitte aus der Plauderecke raus!

Meine Prüfung zum Radio- Fernsehtechniker war im Februar 1978. Im Saarland wurde das Gesellenstück in der Freizeit oder im Betrieb gebaut. In meinem Jahrgang waren die richtigen Freaks zusammen! Da wurden ganze Orgeln, Multifunktionsgeneratoren und Gitarrenverstärker gebaut, mit Röhren, TTL's und CMOS, Platinen geätzt, entwickelt und gelötet und gemessen was das Zeugs hielt. Und damit wurde auch weit übers Ziel hinausgeschossen! Verlangt war lediglich eine einfache Schaltung mit wenigen Tranistoren. Diese sollte aber sauber und vorzeigbar aufgebaut sein. Ich beschloß, im Gegensatz zu vielen meiner Kameraden, mich an diese Bedingungen zu halten. Nicht mehr und nicht weniger.

Ich kramte in den Elektor-Schaltungen und entschied mich für ein fotoelektronisches Drehzahlmeßgerät. Ideal für mein Moped- und Autoschrauberhobby. Es wurde eine schöne Epoxyd-Platine geätzt, und der Aufbau in einem selbstgebohrten Stahlblechgehäuse nach allen Regeln der Kunst vollzogen. So war die Platine hochklappbar. Es gab Gummifüße, zuschaltbare Skalenbeleuchtung, selbst gezeichnete Skala, eine Batterieüberwachung, eine Taste um das Gerät am 50Hz-Lichtnetz an einer Glühbirne zu eichen. Die Verkabelung wurde gebunden, zugentlastet, und zur mit Reibebuchstaben versehenen Frontplatte steckbar gemacht. Der Batteriehalter selbstgebaut mit Flügelmuttern.

Ein echtes Prachtstück. Die Prüfung konnte kommen.

Es gab erst einen schriftlichen Teil. Ich war nicht gut vorbereitet. Drei Tage vor der Prüfung lag ich krank im Bett und beschäftigte mich erstmalig intensiv mit den Büchern. Es reichte immerhin für eine 3 in der Prüfung.

Dann kam der Tag der praktischen Prüfung. Wir saßen stolz mit unseren "Erzeugnissen" in einem Raum und warteten stundenlang bis wir aufgerufen wurden. Es war Februar, draußen war es kalt. Der Raum war aufgeheizt. Zwischendurch überprüfte ich die Eichung meines Meßgerätes. Und stellte mit Entsetzen fest das sie wegdriftete. Ich wurde immer nervöser. Jeden Moment konnte ich an die Reihe kommen. So stellte ich kontinuierlich die Eichung nach. Und dann fiel mir das Teil aus der Hand. Die Abdeckung der Skala flog durch den Raum, der Zeiger verbog sich. Mit zitternden Händen setzte ich wieder alles zusammen. Nicht lange danach wurde ich reingerufen. Das Drehzahlmeßgerät funktionierte bestens, die Eichung passte (zumindest für diesen Moment). Der Aufbau konnte überzeugen, und meine 1 war sicher.
Der nächste Teil der praktischen Prüfung führte mich vor ein präpariertes Fernsehgerät. Es muß ein 709er Telefunken gewesen sein. Mit vielen Schaltern konnten Fehlerbilder provoziert werden, und ich mußte erklären in welcher Stufe der Fehler zu finden war. Hier konnte ich voll punkten. Wie oft hat mein Geselle, wenn wenig Arbeit da war, mir Fehler in Fernsehgeräte gebaut und lies mich dann suchen. Vielleicht war ich meiner Sache auch zu sicher, jedenfalls interpretierte ich eine Farbvertauschung falsch und verpatzte das letzte Fehlerbild. So rutschte ich dann im praktischen Teil auf eine 2.

Nicht vergessen werde ich auch als nach der Prüfung die Kameraden mit ihren Gitarren und Selbstbauinstrumenten eine Session abhielten. Das klang toll! Und ich war frei! Ab jetzt bekam ich Kohle für meine Arbeit.

Was ich damals noch nicht wusste war das ein paar Jahre später der Markt der Unterhaltungselektronik einbrach, und daß ich meine Arbeit durch Konkurs verlor. Und daß mir noch weitere Schulbesuche und Prüfungen bevorstanden.

Hier sind die Bilder meines Gesellenstückes:

Fotoelektronischer Drehzahlmesser

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Gruß,
Jupp
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Der Sammler "an sich" wird einfach nie ethisch oder moralisch sein. Liegt in der Sache der Natur... Sonst wären wir ja keine "Sammler & Jäger", sondern biedere Heimchen (Marek)


Zuletzt geändert von saarfranzose am Do Aug 13, 2015 22:07, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Gesellenstücke
BeitragVerfasst: Do Aug 13, 2015 18:33 
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Hallo Jupp,
den hast Du wirklich schön gebaut - sieht fast aus als käme es von Knick und Konsorten.

Jaja, das Kabelbaumbinden durfte ich auch lernen. Mir machte das immer Spaß solche handwerklichen Feinheiten zu machen. Nebenbei kann ich dadurch auch super Rollbraten binden :D

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Gruß,
Daniel


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 Betreff des Beitrags: Re: Gesellenstücke
BeitragVerfasst: Do Aug 13, 2015 23:53 
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(Thema verschoben!)


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 Betreff des Beitrags: Re: Gesellenstücke
BeitragVerfasst: Fr Aug 14, 2015 10:41 
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Oh das freut mich aber, dass es so reges Interesse gab. Ich finde das auch ganz spannend als Thema, um mal zu sehen was alles so gebaut wurde zur Prüfung.
Der Drehzahlmesser sieht ja echt gut aus und die anderen Geschichten sind auch interessant. Bin mal gespannt auf weitere Erlebnisse :)


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 Betreff des Beitrags: Re: Gesellenstücke
BeitragVerfasst: Fr Aug 14, 2015 10:46 
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ich hab von meinem Gesellenstück leider keine Bilder - die Kisten mussten auch in der Berufsschule bleiben, und die Baugruppenträger wurden für die nächsten Jahrgänge bis aufs Netzteil "geputzt" - wir hatten im Halbjahr vor der Prüfung selber das "Vergnügen", die Werke unserer Vorgänger kaputtmachen zu müssen.

Für das Kabelbaum binden hatten wir so einen widerlichen Wachsfaden, ähnlich wie heute Zahnseide, nur stabiler. Da haben einem immer tagelang die Finger gebrannt, weil sich der Faden beim Spannen in die Haut gezogen hat. Mir tun heute noch die Arbeiter leid, die damals jeden Tag die Kabelbäume für den Apparatebau auf diese Weise binden mussten.

Gruß Frank


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 Betreff des Beitrags: Re: Gesellenstücke
BeitragVerfasst: So Aug 16, 2015 13:57 
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Registriert: Di Feb 07, 2012 23:11
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klasse tread-Idee!
Das find ich auch, drum will ich ein wenig aus meiner Lehrzeit 1962 – 1965 erzählen.
Ich habe in der Werkstatt eines VDRG Großhändlers gelernt. 2 Jahre in der Radiowerkstatt und dann 1½ Jahre in der Fernsehwerkstatt. Hier kamen überwiegend nur „Krücken“ rein, also Geräte, an denen sich unsere Einzelhändler schon ohne Erfolg versucht hatten – und dabei selbst unwissentlich weitere Fehler einbauten.
Unsere angenehmsten Reparatur Fabrikate waren damals SABA hier besonders der T1005, ein tolles Chassis, übersichtlich und gut zu händeln, NORDMENDE Präsident, GRAETZ Burggraf noch handverdrahtet…….
Als Krücken wurden oftmals PHILIPS Geräte angesehen mit Ihren “Kreuzkurvenundspiralenschaltungen“, Raffael 43 cm, Rembrandt 53 cm, spätere „Schwenkrahmenwackelchassis", labberige Rückwandchassis, nervtötende Kanlwähler…
SIEMENS (man kam an nichts dran) außer man baute die Bildröhre aus, später der GRAETZ Markgraf, das Chassis war ein einziger Wackelkontakt.
Generell wurden alle Geräte nach der Reparatur gewobbelt.
Rückblickend habe ich meine Lehrzeit jedoch in sehr guter Erinnerung, auch hatte der Beruf damals eine hohe soziale Anerkennung.

Die Gesellenprüfung im Herbst 1965 dauerte zwei Tage. Der erste Tag mit schriftlicher und mündlicher Prüfung. Der zweite Tag sollte die praktischen Fähigkeiten des Lehrlings zeigen. Dazu wurde in einer „fremden“ Werkstatt, das zuvor in der „heimatlichen“ Werktstatt gebaute Gesellenstück begutachtet und in Betrieb genommen. Was jedoch vorher schon mehrmals durch einen fremden Meister geschehen war. Man wollte sehen, baut der Stift das Ding auch alleine.
Mein Gesellenstück war der damals übliche Verstärker. Mit der EL84, einer ECC83 und an Stelle einer EF 86 habe ich eine "moderne" Transistorvorstufe mit dem AC122 eingebaut. Als Gimmick waren die steckbare Vorstufe und die Klangregelung in gedruckter Schaltung ausgeführt. Die ersten Ätzversuche waren nicht gerade berauschend. Mein Meister prophezeite: das Ding läuft nie. Ich hatte Glück, es funktionierte endlich, nachdem ich, nach endlosem Suchen „woher kommt denn der Brumm“, die Heizung der ECC auf Gleichstrom umgebaut hatte.

Fehlersuche, praktischer Teil: Dazu mussten drei eingebaute Fehler in einem TV Gerät in maximal ½ Stunde gefunden werden.
Das waren damals bei mir: defekter Boosterkondensator, danach kam ein waagerechter weißer Strich, hier ein defekter 10 nF in der Siebung der Anodenspannung zur PCL 85, abgeleitet von der Boosterspannung, und als unfreundliche Krönung ein Bild, dass nur aus einem tanzenden „Brumm“ bestand, Ursache war ein masseseitig „hochgelegter“ Siebelko.

Glück für mich, die Fehler recht schnell zu finden, was sich in einer guten Note wiederfand.

Freundliche Grüße von Carlo


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 Betreff des Beitrags: Re: Gesellenstücke
BeitragVerfasst: Do Aug 20, 2015 13:49 
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Hallo!
Wie doch die Zeiten und der Prüfungsort die Anforderungen verändern.

Bei meiner Gesellenprüfung zum Radio- und Fernsehtechniker 1992 wurde als praktischer Teil der Aufbau eines "Dämmerungsschalters" auf einer Lochrasterplatine gefordert. Das Thema war vorher nicht bekannt, man bekam einen Schaltplan und eine Tüte mit den Bauteilen auf den Tisch und hatte, wenn ich mich recht erinnere, 3 Stunden Zeit. Zum Testen bekam man eine Taschenlampe.

Hatte man seinen Aufbau beendet bzw. war die Zeit vorüber, ging einer der Prüfer mit SEINER Taschenlampe von Tisch zu Tisch und testete die Funktion. Anschliessend musste die Platine mit Namen und Tischnummer des Prüflings beschriftet und zwecks Beurteilung der Ausführung abgegeben werden.

Wegen der "verbatzten", nicht benutzten Lötaugen auf der Unterseite bekam ich nur eine 3.

Bild

Bild

Im weiteren praktischen Teil der Prüfung hatten wir, wie z.T. von den "Vorschreibern" auch schon erwähnt, Praxisstationen abzulaufen, wie Antennenbau, Fernseher mit einschaltbaren Fehlern, etc.

Nach der Prüfung habe ich dann bis vor wenigen Monaten überwiegend im erlernten Beruf mit sich immer weiter ausdehnenden Zusatz- und Nachbarbereichen gearbeitet, nachdem jetzt jedoch der dritte Betrieb wegen mangelnder Rentabilität aufgegeben hat, bin ich dabei, mich auf etwas anderes zu verlagern... :(


:hello:
Gruß
Stefan


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 Betreff des Beitrags: Re: Gesellenstücke
BeitragVerfasst: Do Aug 27, 2015 1:06 
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Das sind ja noch zwei interessante Exemplare :) Fehler an einer alten Phywe-Wand musste ich auch suchen. Ich weiß gar nicht mehr was der Fehler war, aber es hat auch nicht lange gedauert.
Ich habe noch meine Zwischenprüfung gefunden.
Aufgebaut ist eine Lichtschranke mit einer Glimmlampe, die mittels Büroklammer auf der Platine befestigt ist -ich war sehr überrascht während der Prüfung :shock: aber es funktioniert. Darunter ist eine Fotodiode, wird das Licht unterbrochen geht die Led an, mit dem Taster kann sie wieder zurückgesetzt werden...das ganze Problem bei der Sache ist, dass der Konstrukteur der Aufgabe ein schönes Gehäuse dazu geplant hat und naja die ganze Apparatur nicht zu bedienen und nicht zu gebrauchen ist, wenn die Lichtschranke ordentlich im Geschlossenen Gehäuse verschraubt ist...


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 Betreff des Beitrags: Re: Gesellenstücke
BeitragVerfasst: Fr Sep 04, 2015 18:53 
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Ich habe zwar keine klassische Berufsausbildung absolviert, aber auf unserer Schule gab es einen Kurs "Digitale Elektronik". Da wurde viel mit TTL-Bausteinen gebastelt.

Die Abschlussaufgabe bestand darin, aus Logikgattern ein 4-bit-Schieberegister mit umschaltbarer Schieberichtung zu entwerfen und auf einem Experimentierbrett aufzubauen. Etliche Teilnehmer sind daran gescheitert, sie haben keine funktionsfähige Schaltung zusammenbekommen.

Ich war nach weniger als 30 Minuten fertig. Zur Verfügung standen 2 Stunden. Eigentlich hätte ich gehen dürfen, aber das wäre unfair gegenüber den anderen gewesen, denn es durften nicht zwei Teilnehmer gleichzeitig den Raum verlassen. Wenn ich also gegangen wäre, hätte niemand anders mehr auf die Toilette gedurft.

Also habe ich die Schaltung ein zweites Mal aufgebaut und dieses Mal auf die Optik geachtet: gleichmäßige Abstände zwischen den Bauteilen, rechtwinklig gebogene Drähte usw. Dieser Aufbau wurde jahrelang aufgehoben und als Beispiel gezeigt.

Weil immer noch jede Menge Zeit war, habe ich eine zweite Schaltung entworfen und aufgebaut, die dieselbe Funktion hatte, aber Logikgatter anderer Typen verwendete.

Ergebnis waren 17 Punkte von 15 möglichen.

Lutz


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