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BeitragVerfasst: Do Aug 16, 2012 8:10 
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Angeregt durch Gery's Beitrag über den GRUNDIG 98 As in der Rubrik "Geräte & Geschichten, die Radiogalerie" und die darin anklingende Frage über den hoch anmutenden Verkaufspreis von DM 300,- für dieses kleine Gerät, habe ich mal etwas recherchiert, was es mit den von Johann genannten "Mondpreisen" näher auf sich hat.

Das Thema hat mich grundsätzlich interessiert, da neben den technischen Daten der Geräte auch immer mal der Original-Kaufpreis eines Radios Erwähnung findet. Dieser wird von Sammlern meist als der Preis verstanden, zu dem das Gerät damals über den Verkaufstresen an den Kunden ging. Grundlage für diese Angaben im Netz sind zumeist historische Radioverkaufskataloge.

Grundlage meiner Recherche waren die mir vorliegenden Exemplare des "Handbuch des Rundfunk- und Fernsehgrosshandels", in denen die jeweilige Produktpalette des Jahrgangs dargestellt wird.

Ausgehend von Geräten wie dem GRUNDIG 98 As zitiere ich nachfolgend aus dem "HANDBUCH des Rundfunk- und Fernsehgrosshandels 1965/66", welches mir in Originalausgabe vorliegt und in dem dieses Gerät aufgeführt ist.
Selbiges HANDBUCH ist nach Willen der Verfasser "ausschließlich für den persönlichen Gebrauch der Angehörigen der Rundfunk- und Fernsehwirtschaft bestimmt". Wie dem sehr sperrigen Text zu entnehmen ist, trat ab 1965 ausgelöst durch das Bundesverfassungsgericht eine Neustrukturierung der Preisangaben ein.
In dieser Ausgabe des HANDBUCHS sind den meisten enthaltenen Radios keine Preise mehr angefügt, so auch nicht mehr dem GRUNDIG 98 As.

Zitat zur Preisgestaltung der Geräte (Seiten A5/A6)

"Zum Geleit

Gegenüber der vorjährigen Ausgabe unseres HANDBUCHS hat sich in preislicher Hinsicht eine neue Situation ergeben. Der 1. September 1964 ist zu einem bedeutungsvollen Datum geworden, nachdem das Bundeskartellamt die Hersteller von Rundfunk- und Fernsehgeräten mit Brief vom 10. August 1964 aufgefordert hatte, das Verrechnungspreissystem aufzugeben. Damit schien zugleich der Bruttopreis aufgegeben, aber nicht, weil es um den Bruttopreis ging, sondern weil die Bruttopreise zu "Mondpreisen" geworden waren. Der Brief des Bundeskartellamtes zielte nicht auf Bruttopreise oder Nettopreise ab; er wollte "Mondpreise" beseitigen. Durch gleichförmige Anwendung waren die "Mond-Verrechnungspreise" zu regelrechten Verbraucherpreisempfehlungen geworden.

Zur Zeit sind verschiedene Preissysteme in Anwendung. Wir beobachten durchgehende Nettopreise für Einzelhandel und Großhandel mit einem Vergütungssystem. Daneben bestehen getrennte Nettopreise für Einzelhandel und Großhandel. Zwischen beiden Eckpreisen liegt die Großhandelsspanne. Es folgt die Gruppe der Hersteller, die den Gedanken der Preisbindung wieder aufgegriffen hat. Mehrere Hersteller sind dazu übergegangen oder sind in einem Falle dabei geblieben, ihre Produktion an Geräten oder einzelne Typen daraus in zweiter oder erster Hand zu binden. Der Preisbindungsrevers eines Herstellers für ein in Hannover neu gezeigtes Gerät hat beim Großhandel besondere Beachtung gefunden. Aber auch die vierte Möglichkeit, bei unverbindlichen Richtpreisen zu bleiben, die beim Bundeskartellamt angemeldet wurden, hat Anhänger gefunden.

Einiges Aufsehen erregte die Grundsatzerklärung des Bundesverbands der Deutschen Industrie vom März 1965 zur vertikalen Preisempfehlung. Damit trat eine Art Ehrenerklärung der unverbindlichen Richtpreisempfehlung und des Verrechnungspreises ein. DerBDI beabsichtigte damt, den irrigen Meinungen entgegenzutreten, die die Preisempfehlung aus dem Kartellgesetz verbannen wollen. Soweit bei der Anwendung von vertikalen Preisempfehlungen Mißstände auftreten - so heißt es darin -, etwa durch Empfehlung marktunangemessener Preise oder durch täuschende Werbung, ist ihnen mit den Mitteln des geltenden Rechts zu begegnen. Der Hersteller sollte solchen Entwicklungen voreugen, indem er vor erstmaliger Bekanntgabe sorgfältig prüft, welches Preisniveau sich auf dem Verbrauchermarkt voraussichtlich bilden wird, gegebenenfalls seinen empfohlenen Preis ändert, wenn der sich auf dem Verbrauchermarkt entwickelnde Preis hiervon wesentlich abweicht, und schließlich dem Handel nicht Rabatte gewährt, die zu einer unlauteren und unseriösen Rabattwerbung beim Endabnehmer mißbraucht werden. Die Abrechnung nach Bruttopreisen mit dem Handel als solche ist nach Auffassung des BDI noch keine Preisempfehlung. Ein Hersteller, der dieses Abrechnungsverfahren anwendet, ohne damit einen Wiederverkaufspreis empfehlen zu wollen, sollte jedoch seine Abnehmer im Handel ausdrücklich darauf hinweisen, daß diese Bruttowerte lediglich der Abrechnung mit seinen Wiederverkäufern dienen und nicht für die Weitergabe an den Verbraucher bestimmt sind.

Sofern der Hersteller nur Nettopreise nennt, bleibt es dem Großhändler überlassen, eigene Verkaufspreise zu kalkulieren, die seinem Unternehmen und der Struktur seiner Kundschaft gerecht werden. Um dies zu erleichtern, kann mit der diesjährigen Ausgabe des HANDBUCHS die Mater einer Ergänzungspreisliste bezogen werden, die nach dem gleichen Schema aufgebaut ist, wie das HANDBUCH. Sie dient in der Hausdruckerei des Katalogbeziehers dazu, in kürzester Zeit daraus eine individuelle Verkaufs-Preisliste zu machen. In den Druckstock brauchen nur noch die Preise der Großhandlung eingefügt zu werden, die sie als ihre Verkaufspreise an den Einzelhandel errechnet. (...)

Damit ist ein Weg gefunden, den Belangen des Einzelhandels in bezug auf das Handbuch weiter Rechnung zu tragen. Als bewährtes Verkaufs- und Werbungsmittel behält es seine bisherige Bedeutung; es veröffentlicht alle wichtigen Abbildungen und Beschreibungen sowie Hersteller-Bruttopreise; die Ergänzungspreisliste der Handbuchbezieher unterrichtet zusätzlich über die sonstigen Preise, die aus rechtlichen Gründen in dieser Form im Handbuch nicht direkt aufgenommen werden können. (...)

Köln
im August 1965"


Wie man sieht, eine recht komplexe Thematik, zumindest seit 1964.

k.

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k. steht für klaus

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(Friedrich II.)


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BeitragVerfasst: Do Aug 16, 2012 8:46 
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Hallo die Runde

Ich habe aus dem Katalog 1964/65
den Text im Vorspann eingescannt.
Dort sieht man das Gewitter zu den Mondpreisen aufziehen, was Klaus dann ja zeigt.


Das HANDBUCH DES RUNDFUNK- UND FERNSEH-G ROSSHANDELS 1964/65 ist ausschließlich für den persönlichen Gebrauch der Angehörigen der Runtifunk-und FernschwirtschafJ beslimmt. Preise? ohne besonderen Vermerk sind zur Zeit gebundene Preise, sofern nicht entsprechende Hinweise in Überschriften, Tabellen und Fußnoten alle Preise einer Seife als unverbindliche Preise kennzeichnen. Ein Stern neben dem Preis weist auf einen unverbindlichen Richtpreis hin; nur für den internen Verrechnungsverkehr gedachte unverbindliche Händler-Verrechnungspreise, die nicht für den Endabnehmer bestimm! sind, stehen zusätzlich in Klammern. Soweit Preise fehlen, konnten sie von den Firmen noch nicht genannt werden.
Die Herstellerfirmen behalten sich technische Änderungen sowie Form- und Preisänderungen ausdrücklich vor. Maße und Gewichte sind lediglich als Richtwerte zu betrachten.

=============

ZUM GELEIT

Das von uns herausgegebene HANDBUCH DES RUNDFUNK- UND- FERNSEH- GROSSHANDELS erscheint jetzt in der 15. Ausgabe. Nach wie vor erfüllt es seine Aufgabe als Standard-Katalogwerk der Rundfunk- und Fernsehwirtschaft; darüber brauchen wir ja erfreulicherweise nicht mehr viel zu sagen.
Die Preisbildung für Rundfunk- und Fernsehgeräte — ob es sich um unverbindliche Richtpreise oder um Verrechnungspreise handelt — trägt heute noch im allgemeinen der Tatsache Rechnung, daß sie für vom Markt verlangte Rabattzugeständnisse (wie wir es im Geleitwort zur vorjährigen Ausgabe des HANDBUCHS ausgedrückt haben) Spielraum bietet. Dies gilt sowohl für das Verhältnis der Lieferer zu den Abnehmern im Handel als auch für das Verhältnis des Handels zum Verbraucher. Da unser HANDBUCH nur für den persönlichen Gebrauch der Angehörigen der Rundfunk- und Fernsehwirtschaft bestimmt ist, enthält es die lediglich für den Handel bestimmten Preisnotierungen der Hersteller; Ausnahmen machen die wenigen Fälle gebundener Festpreise.
Ob sich in Zukunft die Preisbildung wieder innerhalb einer Rabattregelung vollziehen kann, die zweifellos auch das Niveau der Preise und Rabatte beeinflussen würde, muß sich herausstellen. Wenn über „Mondpreise" gesprochen wird, sollte man daran denken, daß gebundene Preise zugleich auch Höchstpreise sind. Insofern kann die Wiedereinführung einer Preisbindung für Rundfunk- und Fernsehgeräte — als weitere Stufe einer Ordnung und Wiedergesundung des Marktes —
A5
Kopiert von Radiowerkstatt 2012

hier Katalogseite GRUNDIG 1964

http://www.imgbox.de/users/public/images/HG5xA62oLd.jpg


Zuletzt geändert von Radiowerkstatt am Do Aug 16, 2012 10:28, insgesamt 6-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Do Aug 16, 2012 8:56 
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Wow.... interessanter Text!!!

Danke, Klaus!

:danke:

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BeitragVerfasst: Do Aug 16, 2012 9:01 
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Hallo Klaus,

zum Thema "Endverbraucher-Preis" nachfolgend Fotos einer Telefunken Jubilate 1351K von 1962/63 aus meiner Sammlung mit original Karstadt-Preisschild. Falls Du den Großhandelskatalog dieses Jahrganges vorliegen hast, würde mich die UVP interessieren:

Bild

Bild

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Gruß
Schumi

Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln:
Erstens durch Nachdenken, das ist der Edelste, zweitens durch Nachahmen, das ist der Leichteste, und drittens durch Erfahrung, das ist der Bitterste.


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BeitragVerfasst: Do Aug 16, 2012 9:08 
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HalloSchumi

VDRG Katalog 1962/63 Seite A 136 nennt : 258.- dunkel, 268.- hell matt.

johann


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BeitragVerfasst: Do Aug 16, 2012 9:08 
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Vielen herzlichen Dank, Johann :danke:

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Schumi

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BeitragVerfasst: Do Aug 16, 2012 10:14 
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Da war Johann schneller. Ich habe nicht alle Verkaufskataloge, konnte letztens jedoch bei eb.. noch einen Posten aus den 60ern ersteigern.

Ich war zunächst enttäuscht, da diese kaum noch Preise aufwiesen. Gerade dieser Aspekt hatte mich durchaus in der Vgh. interessiert.
Die Gründe werden in dem abgedruckten Text deutlich.

Allerdings ist, was das Thema PREISE UND ZIELGRUPPE angeht, nicht jeder Radiokatalog mit dem anderen vergleichbar.
So besitzen die Preise in den sehr bekannten PROHASKA-Katalogen eine andere Aussagekraft, als die Preise in den VDRG-Katalogen. Da erstere sich an den Endverbraucher richteten, der landesweit aus diesen Katalogen bestellen konnte, die VDRG-Kataloge aber Händlerkataloge ("Großhandel") sind, muss man mit der Preiszuordnung zu einem bestimmten Gerät Vorsicht walten lassen.

Interessanter Randaspekt in diesem Zusammenhang, der sicherlich ein eigenes Thema verdienen würde, sind die in den 50er Jahren auftauchenden NECKERMANN-Radios.
Deren Preiswürdigkeit und Beliebtheit beim Publikum begründete sich u.a. daraus, dass Neckermann 1 Preisebene, d.h. 1 Händlerebene übersprang:

Sah die normale Kette wie folgt aus:

Hersteller - Großhändler - Einzelhändler - Kunde

so hatte Neckermann diese um 1 Instanz verkürzt, und damit auch um 1 Kosten-/Gewinnebene:

Hersteller - Händler (=Neckermann) - Kunde

Das führte in Konsequenz zu wütendem Protest der etablierten Instanzen und zu offen ausgerufenem Boykott (z.B. im Reparaturfall).
Aber das ist, wie gesagt, ein eigenes Thema.

k.

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BeitragVerfasst: Sa Aug 25, 2012 19:58 
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Neckermann konnte sogar mehr wie eine Preisstufe überspringen. Da er natürlich deutlich grössere Mengen abnahm wie ein üblicher Grosshändler, hat er auch deutlich bessere Preise bekommen. So wies ja heute bei den ganzen Discountern auch der Fall ist. Vermutlich wird der auch damals schon bestimmte, sicher billigere Sonderausführungen durchgedrückt haben.


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