Hallo Jan,
Nachwuchsbastler hat geschrieben:
...Macht es deiner Meinung nach Sinn die Stufen vor dem Kathodenfolger höher verstärken zu lassen um den Pegelverlust durch den Übertrager auszugleichen? (natürlich mit Anpassung der GK) Ich brächte dann ja 90dB (Also Faktor 30.000, zum glück gibt der 1:20 Übertrager am Eingang schon 26dB dazu) Verstärkung trotz Gegenkopplungsschleife wenn ich wieder 80db Gesammtverstärkung im Maximum möchte, ist das überhaupt problemlos möglich bei der Schaltung? (ich denke nicht sonst hätte der Schaltungsentwickler R6 & C6 sowie R10 & C9 ja weggelassen und stärker gegenkoppeln können?)
ich will Dich jetzt nicht in Deinem Vorhaben verunsichern.
Aber es gäbe noch das eine oder andere zu bedenken.
Falls Du dieses Projekt als Fingerübung ansiehst und zufrieden bist, wenn hinten etwas herauskommt, kann man sich viele Überlegungen sparen.
Sollstest Du aber konkretere Vorstellungen haben und etwa bezüglich Frequenzgang, Rauschabstand, Verzerrungen halbwegs professionelle Daten anstreben, so könntest Du auf Schwierigkeiten stoßen.
Um etwas konkreter zu werden: mir gefällt die Eingangsstufe der vorgestellten Schaltung nicht so gut.
Aus zwei Gründen:
a) die vorgesehene Röhre ECC88 oder E88CC kann man nicht unbedingt als rauscharm ansehen. Sie wurde entwickelt für den Einsatz als Kaskodenverstärker in VHF-Vorverstärkerstufen. Für diesen Zweck ist sie gut geeignet. Im NF-Bereich hat sie aber Probleme.
Im Jogi-Forum findest Du z.B. unter dem Suchbegriff "RC Glieder berechnen / RIAA Zeitkonstanten" einen Thread, in dem in einigen Beiträgen das Thema angesprochen wird. Auch unter dem Suchbegriff "Röhrenrauschen - Ein Unterprojekt" findest Du mit der Browsersuchmaschine Deines Vertrauens weitere Hinweise und Meßwerte zur ECC88/E88CC/6DJ8.
Abhilfe wäre die Verwendung einer anderen Röhre. Wenn ich mich recht erinnere, hat der Röhrenentwickler Gerhard Haas vor Jahren in der Zeitschrift "Elektor" eine ähnliche Schaltung mit einer ECC83 in der Eingangsstufe vorgestellt. Ich weiß nicht, ob diese Schaltung im Internet verfügbar ist. Seinerzeit gab es aber einen Bausatz in seiner Fa. zu kaufen und auch technische Daten für seine Schaltung zu sehen.
Ich selber würde auch überlegen, in der Eingangsstufe eine stromarm betriebene NF-Pentode z.B. EF86/EF804 o.ä. einzusetzen. Bei einem Eingangsübertrager mit so hohem Übertragungsverhältnis ist es wichtig, die Eingangskapazität der ersten Verstärkerstufe gering zu halten. Das gelingt mit einer Pentode besser als mit einer Triode. Auch wenn letztere in einer Kaskode betrieben wird.
b) die Schaltungstechnik der ersten Verstärkerstufe erscheint mir nicht optimal.
So wie gezeichnet ist die Anodenspannung der 'unteren' Triode nicht gut definiert, d.h. sie hängt stark von den Toleranzen des jeweils eingesetzten Exemplars ab. Normalerweise wird bei der Kaskoden-Schaltung das Gitter der 'oberen' Triode durch einen Spannungsteiler zwischen Betriebsspannung und Masse festgelegt. Die Spannung am 'oberen' Gitter wird dann so gewählt, daß sie der gewünschten Anodenspannung der unteren Triode plus der Gitterspannung der 'oberen' Triode entspricht. Wie der Entwickler der gezeigten Schaltung den angegebenen Anodenstrom berechnet, ist mir nicht ersichtlich.
Da die ECC88 stark zum Schwingen im VHF-Bereich neigt, sollte man bei ihr unbedingt einen Dämpfungswiderstand direkt am Gitter vorsehen.
Was mir noch zu der Schaltung einfällt:
eine Gesamtverstärkung von 80 oder mehr dB bedarf einer großen Sorgfalt bei der Verdrahtung und Schirmung damit man keine Eigenschwingungen erzeugt. Vielleicht mal überlegen, ob nicht auch 60dB ausreichen.
Auch ich halte (wie 'glaubnix') als Ausgangsstufe einen Kathodenfolger mit kapazitiv angekoppeltem Ausgangsübertrager für die günstigste und unproblematischste Lösung. Definierte Impedanzverhältnisse lassen sich so am einfachsten einstellen.
Gruß
Heinz