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Dampfradioforum • Thema anzeigen - "Reparatur"-Bericht Wegaphon 529 Phase_1

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BeitragVerfasst: Sa Dez 19, 2020 15:44 
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Hallo zusammen,

die Zeiten sind günstig für lang aufgeschobene Reparaturarbeiten, dachte ich. Und nahm mir ein schon seit langer Zeit wartendes Wegaphon-529-Radio vor (https://www.radiomuseum.org/r/wega_wegaphon_529.html). Der UKW-Teil war defekt und der Plattenspieler fehlte.
Wie sich schnell herausstellte, war der UKW-ZF-Teil total verstimmt, ließ sich aber nicht neu abgleichen, da die Spulenkerne festsaßen. Leider ließen sie sich auch durch keines der gängigen Mittel wieder lösen.

Das Radio wurde von mir deswegen als Totalschaden eingestuft und zur Ausschlachtung freigegeben. Das relativ gut erhaltene Gehäuse im damals sogenannten skandinavischen Stil incl. des großen Ovallautsprechers erschien aber zu schade zum Verschrotten. So entstand die Idee, den NF-Teil des Radios aus den Ausschlachtteilen neu aufzubauen. Als Tonquellen anstelle des defekten HF-Teils könnte ich dann etliche Wunder der modernen Technik aus der Bastelkiste nutzen: ein batteriebetriebener CD-Spieler anstelle des fehlenden Plattenspielers, ein streichholzschachtelgroßes Modul mit komplettem UKW-Teil aus einem Autoradio, ein ähnlich kleines induktiv abgestimmtes MW-AM-Modul mit TDA1072 auch aus einem alten Autoradio und schließlich ein kleiner MP3-Player. Alles zusammen ließe sich bequem im vorhandenen Gehäuse unterbringen.

Dateianhang:
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529_1.jpg [ 166 KiB | 7250-mal betrachtet ]


Das Ganze natürlich eher ein Spaßprojekt mit Resteverwertung zur Werkstattbeschallung. Phase_1 beschreibt den Aufbau des NF-Verstärkers.

Da die meisten der vorgesehenen Tonquellen eine höhere Tonqualität bieten als das alte UWW-Teil, sollte das neue NF-Teil sich wenigstens den Anforderungen der alten HiFi-DIN-Norm (ehemals DIN 45500) annähern. Auch eine EL84-gemäßere Ausgangsleistung von ca. 4W stand auf dem Wunschzettel. Denn leider ergab sich, daß der Original-AÜ ein recht dürftiges Exemplar war. Mehr als 2W Ausgangsleistung war von ihm nicht zu erwarten.

Die Bastelkiste gab glücklicherweise noch einen anderen EL84-Radio-AÜ her mit etwas größerem Kern. Dessen (ohne Anodenstrom) gemessene Primär-Induktivität lag bei 15H. Nicht berühmt, aber noch ausreichend für eine untere Leistungs-Grenzfrequenz von ca. 50Hz. Das Windungsverhältnis Primär/Sekundär ließ aber einen vorteilhaften EL84-Arbeitswiderstand von 5..6kOhm erwarten bei Abschluß mit dem 4-Ohm-Lautsprecher.
Das Netzteil gab bei Belastung knapp 300V Gleichspannung ab. Davon blieben nach kleiner RC-Siebung noch etwa 285V Betriebsspannunng bzw. 265V Anodenspannung für die Endstufe übrig. Das ist bei ca. 40mA Anodenstrom ausreichend für eine Ausgangsleistung sekundär von etwa 4W.

Alle die genannten Tonquellen geben maximal nur etwa 300mVeff NF-Spannung ab. Am 4-Ohm-Ausgang sind dann 4Veff für 4W Ausgangsleistung nötig, entsprechend etwa 22dB Gesamtverstärkung.
Für die benötigte Leerlaufverstärkung ergibt sich dann folgende Rechnung:
Für Vollaussteuerung braucht die EL84 laut Datenblatt etwa 14Vss am Gitter. Man benötigt bei 0.3Veff am Eingang also incl. einer kleinen Reserve eine Verstärkung von ca. 20V/V oder 26dB bis zum Gitter der EL84. Die Verstärkung vom Gitter der EL84 bis zur Sekundärwicklung lag in diesem Fall bei etwas unter 1V/V oder -2..3dB. Um den Frequenzgang zu glätten und den Ausgangswiderstand etwas kleiner zu machen, sollte noch eine Überalles-Gegenkopplung von 10..12dB vorgesehen werden. (Eine höhere Überalles-Gegenkopplung wäre im Prinzip wünschenswert, scheitert aber meist an Phasendrehungen in den einfacheren AÜs.) Das ergibt dann insgesamt etwa 40dB Leerlauf-Verstärkung vom Eingang bis zum Lautsprecher.
Mit nur einer Triode als Vorverstärker ist das nicht mehr zu machen. Insbesondere dann nicht, wenn das EL84-Gitter relativ niederohmig angesteuert werden soll um Gitterstromverzerrungen zu vermeiden. Daher wurden zwei Vorverstärkerstufen mit je einer Triode vorgesehen. Eine ECC88 aus der Bastelkiste bot sich hier an. Die ECC88 ist zwar als VHF-Röhre vorgesehen, eignet sich wegen iher linearen Kennlinien aber auch sehr gut für die NF-Verstärkung. Um sie an hochfrequenten Eigenschwingungen zu hindern ist allerdings ein Gitterstopwiderstand Pflicht.
Damit ergibt sich die ausgeführte Schaltung wie im Bild.

Dateianhang:
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529_2.gif [ 52.83 KiB | 7250-mal betrachtet ]


Die beiden Triodenstufen sind gleich aufgebaut, ihre Verstärkung wird durch starke lokale Gegenkopplung mit R4/R5 und R9/R10 auf je ca. 11V/V oder 22dB herabgesetzt bzw. ca. 44dB bis zum Gitter der EL84. Die lokale Gegenkopplung der EL84 mit R13 und C5 verringert die Verstärkung aber um etwa 8dB. Zusammen mit den -2dB bis zur Sekundärwicklung und ca. 10..12dB Gegenkopplung ergibt sich so die gewünschte Verstärkung mit Gegenkopplung von ca. 14V/V oder 22dB vom Eingang bis zum Lautsprecher.
Die lokale Gegenkopplung der Endröhre erwies sich als vorteilhaft. Sie reduziert auch den Eingangswiderstand der Endstufe und reduziert dadurch auch Verzerrungen durch Gitterstrom-Einsatz. Den Magnetisierungs-Verzerrungen im AÜ kann sie natürlich nicht entgegenwirken. Dadurch bleibt eine zusätzliche Überalles-Gegenkopplung wünschenswert.

Der Kondensator C2 bildet zusammen mit dem Anodenwiderstand R3 einen Tiefpaß, der die Stabilität der Gegenkopplungsschleife etwas erhöht und gleichzeitig die Auswirkungen der AÜ-Resonanz bei etwa 27kHz dämpft. Diese häufig bei solchen Röhrenverstärkern zu beobachtende Überhöhung im Frequenzgang - verursacht durch Resonanz von Streuinduktivität und Wicklungskapazität des AÜ - war in diesem Fall relativ schwach ausgeprägt. Sie wird auch durch die lokale Gegenkopplung der EL84 bedämpft.
So ergaben sich die folgenden gemessenen Frequenzgänge:

Dateianhang:
529_3.gif
529_3.gif [ 25.17 KiB | 7250-mal betrachtet ]


Schwarz dargestellt der Leerlauf-Frequenzgang, also ohne R16. Aufgetragen relativ zum Frequenzgang mit Gegenkopplung.
Grün der Frequenzgang mit Gegenkopplung. Null dB entspricht hier einer Verstärkung von 14V/V bei 1kHz. Gemessen wurde bei 780mVeff am Ausgang. Die leichten Überhöhungen an den Enden des Übertragungsbereichs ergeben sich dadurch, daß hier die Gegenkopplung durch Phasendrehung im AÜ nicht mehr voll wirksam ist.
Rot dargestellt der Maximalleistungs-Frequenzgang, also die jeweils maximal an 4 Ohm abgegebene Leistung bis zum Einsatz der Begrenzung. Null dB entspricht hier einer Leistung von 4W an 4 Ohm. "-3dB" heißt hier also "halbe Leistung".

Dem Frequenzgang (grün) entsprechend sieht die Wiedergabe von Rechteck-Signalen aus:

Dateianhang:
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von links: 100Hz, 1kHz, 10kHz, jeweils ca. 2Vss an 4 Ohm.

Den Klirrfaktor habe ich nur bei einer Frequenz von 1kHz gemessen. Bei 90% der Maximalleistung, also 3.6W, ergab sich ein Klirrfaktor von 0.5%. Bei 1W Ausgangsleistung fiel er auf 0.06%.
Die Wirkung der globalen Gegenkopplung läßt sich gut an der Gitterwechselspannung der EL84 beobachten.

Dateianhang:
529_5.gif
529_5.gif [ 83.67 KiB | 7250-mal betrachtet ]


Im Bild die Gitterwechselspannung mit etwa 13Vss bei 1kHz entsprechend einer Ausgangsleistung von 3.6W. Die Gegenkopplung bewirkt eine Vorverzerrung der Gitterspannung, die die Kennlinienkrümmung der EL84 kompensiert. An der Anode ergibt sich dann eine fast reine Sinusspannung mit nur 0.5% Klirrfaktor.

Der 100Hz-Restbrumm im Ausgangssignal lag bei etwas mehr als 1mVeff. Dadurch ergibt sich ein Signal/Störabstand von ca. 68dB bezogen auf Vollaussteuerung, nicht rekordverdächtig aber brauchbar. Im Testbetrieb war kein Brumm zu hören.
Der Brett-Test-Aufbau passt auch ins Gehäuse sodaß er einfach übernommen werden kann.



Gruß

Heinz


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BeitragVerfasst: Sa Dez 19, 2020 16:00 
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Hallo zusammen,
Heinz hat geschrieben:
Der Brett-Test-Aufbau passt auch ins Gehäuse sodaß er einfach übernommen werden kann.


vergesslich wie ich bin, habe ich vergessen ein Bild des Brettaufbaus anzufügen. Sollte das letzte Bild im Beitrag sein. Leider lassen sich hier Bilder nicht mehr nachträglich einfügen.
Hier also extra nochmal der Brettaufbau:

Dateianhang:
Brett_05.jpg
Brett_05.jpg [ 155.25 KiB | 7245-mal betrachtet ]


Gruß

Heinz


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BeitragVerfasst: Do Dez 24, 2020 11:01 
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Hallo Heinz,

das ist eine interessante Schaltung samt Beschreibung.
Die beiden Systeme der ECC88 laufen aber durch das Hochlegen der Kathoden mit R5, 10 ja auf Sparflamme. Ich glaube ich habe das Tool hier schon mal vorgestellt: http://trioda.com/tools/triode.html
Da habe ich mal kurz mit der ECC88 probiert, ein Kathodenwiderstand von 270 Ohm sollte die Stufen noch linearer arbeiten lassen.
Trotzdem noch die Frage: Sollte man die gewünschte Verstärkung und die erforderliche Eingangsspannung für die EL84 nicht auch mit auch mit einer ECC83 und den Datenblattwerten von Ra = 100 kOhm hinbekommen? Natürlich dann mit überbrückten Rk.
Ich finde die Messungen interessant, man bekommt auch mit einem ordentlichen Radio-AÜ einen prima Frequenzgang hin.
Gespannt bin ich auf Deinen Höreindruck. Bekanntermaßen produzieren unsere Radios ja ordentlich Bass um den ollen "Papplautsprechern", auch einen entsprechenden Klang zu entlocken. Schön finde ich auch, dass das Gerät nicht komplett verschrottet wird, sondern mit allerlei "modernem Zeugs" am Leben gehalten wird. Mit etwas mechanischem Umbauaufwand könnte da man auch wieder einen etwas zeitgemäßeren Dreher installieren, z.B. einen Dual 1210 o.ä.

Viele Grüße
Frank

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BeitragVerfasst: So Dez 27, 2020 15:36 
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Hallo Frank,
captain.confusion hat geschrieben:
.....ein Kathodenwiderstand von 270 Ohm sollte die Stufen noch linearer arbeiten lassen.

Das ist gut möglich. So wie gezeigt, sind die Nichtlinearitäten in der gesamten Vorstufe wegen der starken lokalen Gegenkopplung aber jetzt schon vernachlässigbar gering
verglichen mit der Endstufe. Mir kam es mehr darauf an, daß zumindest das zweite System mit mindestens 5mA Anodenstrom betrieben wird.

captain.confusion hat geschrieben:
Trotzdem noch die Frage: Sollte man die gewünschte Verstärkung und die erforderliche Eingangsspannung für die EL84 nicht auch mit auch mit einer ECC83 und den Datenblattwerten von Ra = 100 kOhm hinbekommen? Natürlich dann mit überbrückten Rk.

ich muß zugeben, daß ich in diesem Fall nicht sehr viel rechnerische Energie in den Entwurf der Schaltung gesteckt habe. Mit einer Betriebsspannung von 280V und 100k Anodenwiderstand könnte man mit einem System einer ECC83 die geforderte Leerlaufverstärkung wohl knapp erreichen. Man müßte aber auf die lokale Gegenkopplung der EL84 (und natürlich der ECC83) verzichten. Das bedeutet auch, daß die Impedanz am Gitter der EL84 etwa 10mal höher wäre. Ungünstig, wenn man für höhere Ausgangsleistung bis in den Gitterstrombereich aussteuern möchte.
Auf der anderen Seite ist es natürlich so, daß man die volle Verstärkung, die mit zwei Trioden möglich ist, nicht braucht. Es ist im Gegenteil nicht ratsam, sie voll auszunutzen wegen der Gefahr von Eigenschwingungen. Dieses Problem bekommt man aber durch die lokale Gegenkopplung leicht in den Griff. Die Verstärkung wird bei dieser Schaltung durch Gegenkopplung, lokale und globale, eingestellt. Dadurch hat man auch größeren Spielraum in der Wahl der Arbeitspunkte und Arbeitswiderstände. Die Mehrkosten für das eine Röhrensystem spielen heutzutage ja keine entscheidende Rolle mehr.

captain.confusion hat geschrieben:
Mit etwas mechanischem Umbauaufwand könnte da man auch wieder einen etwas zeitgemäßeren Dreher installieren, z.B. einen Dual 1210 o.ä.

Ich weiß nicht, welcher Plattenspieler im Original eingebaut wurde. Das Radio kam schon ohne Plattenspieler bei mir an. Die Gehäusetiefe läßt aber 30cm-LPs oder -Plattenteller nicht zu.

Gruß

Heinz


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BeitragVerfasst: Mi Mär 03, 2021 20:04 
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Hallo zusammen,
mit Verzögerung durch einige Notfälle mit höherer Bearbeitungspriorität bin ich jetzt dazu gekommen, die Phase_2 des Wegaphone-529-Umbaus abzuschließen.

Dateianhang:
01_Vorders_Ruecks.jpg
01_Vorders_Ruecks.jpg [ 156.6 KiB | 6394-mal betrachtet ]
Bild1 Vorderseite, Rückseite (ohne Abdeckung und UKW-Innendipol)

Dateianhang:
02_Innen_Brett_01.jpg
02_Innen_Brett_01.jpg [ 175 KiB | 6394-mal betrachtet ]
Bild2 Innen_Brett

Nach einigen Empfangsversuchen habe ich darauf verzichtet, ein AM-Modul einzubauen. Unter den jetzigen Verhältnissen im MW-Band war ein halbwegs genußreicher Empfang nicht möglich. Jedenfalls nicht ohne eine hoch und störungsfrei aufgehängte Antenne, die hier aber nicht zur Verfügung steht.
Dafür kommt als zusätzliche Tonquelle noch das Schnurlos-Telefon hinzu, das den Empfang einiger Internet-Sender erlaubt. Es kann ebenfalls über ein Klinkenkabel angeschlossen werden.

Der Brettaufbau des NF-Verstärkerteils erfuhr noch ein paar kleine Änderungen. Die Anschlußbuchsen für Eingang und Ausgang wurden umgesetzt. Ein Netzschalter wurde am Netztrafo angeflanscht. Er kann über eine Verlängerungsachse jetzt von oben bedient werden. Schließlich wurde noch eine kleine 9V-Versorgung für das UKW-Tunermodul dazwischengequetscht. Die stabilisierte 9V-Spannung kann aus der Heizspannungswicklung gewonnen werden.


Das Tunermodul wird über ein Potentiometer abgestimmt. Dazu wurde ihm eine Skala spendiert. Der Abstimmkomfort entspricht nur dem eines Taschenradios, der Knopf neben der Skala ermöglicht aber nochmal eine Feinabstimmung um +/-500kHz.
Zur Lautstärkrregelung wurde noch ein 100kOhm-Poti vorgesehen. Dazu ein kleiner Umschalter mit dem man zwischen Tuner und externer Quelle umschalten kann. Alle externen Quellen werden über eine Klinkenbuchse angeschlossen.

Dateianhang:
03_Netzteil_Poti2.gif
03_Netzteil_Poti2.gif [ 25.94 KiB | 6394-mal betrachtet ]
Bild3 Netzteil, Poti

Die Masseverbindung an der 'Aus'-Buchse ist bewußt nicht durchverbunden, um eine Brummschleife zu vermeiden. Die nötige Masseverbindung erfolgt über die interne "FM"-Buchse und die 9V-Stromversorgung.

Der Klang wird hier wesentlich durch den verbauten Lautsprecher und das Gehäuse bestimmt. Da sich beides nicht geändert hat, sollte sich auch der Klang des modernisierten Radios nicht wesentlich von dem des Originals unterscheiden. Mit Ausnahme des obligatorisch hörbaren Röhrenradio-Brumms, der hier entfällt.
Der Verstärker kann mehr wie sich beim Anschluß einer modernen Lautsprecherbox zeigte. Aber der eingebaute 529-Ovallautsprecher begrenzt zu höheren Frequenzen hin das Klangbild merklich. Immerhin klingt alles recht rund und man kann unbegrenzte Zeit ohne Stress zuhören.

Lautsprecher kann man nicht mit Rechtecksignalen testen. Ein Bild von den akustischen Eigenschaften kann man sich aber mit Hilfe von Sinus-Bursts verschaffen. (Sofern man denn die Möglichkeit hat, sowas zu messen :-) ) Das Spektrum einer Folge von wenigen Sinusschwingungen ist nicht so breit wie das eines Rechtecksignals, gibt aber Aufschluß über das Verhalten des Lautsprechers in einer mehr oder weniger breiten Umgebung der Sinusfrequenz. Je weniger Sinusschwingungen, desto breiter der Bereich.

Dateianhang:
04_100_300_1k.jpg
04_100_300_1k.jpg [ 156.93 KiB | 6394-mal betrachtet ]
Bild4 Toneburst1

Dateianhang:
05_3k_5k_10k.jpg
05_3k_5k_10k.jpg [ 166.06 KiB | 6394-mal betrachtet ]
Bild5 Toneburst2

Im Bild obere Zeile jeweils die Antwort des 529-Lautsprechers auf einen 'toneburst' mit insgesamt sieben Sinusschwingungen. In der Zeile darunter zum Vergleich eine ähnliche Messung des Herstellers an einem K&H-Studio-Regie-Lautsprecher OX (https://www.frihu.com/images/2017/12/ox.pdf).
Wie man sieht, kann der 529-Lautsprecher nicht ganz mithalten mit einem Studio-Lautsprecher, trotz geringerer Lautstärke. Das Ausschwingverhalten ist aber relativ ordentlich. Auch dank des relativ niedrigen Ausgangswiderstands durch globale Gegenkopplung beim NF-Verstärker. Bei den Frequenzen von 300Hz und 3kHz sieht man, daß Membran-Resonanzen entstehen. Der 10kHz-Toneburst zeigt die deutlich trägere Reaktion der Papp-Membran des 529-Lautsprechers. Beim OX-Monitor werden Frequenzen oberhalb ca. 800Hz von Hornlautsprechern wiedergegeben. Deren Membranen werden durch das vorgeschaltete Horn natürlich wesentlich besser bedämpft. Bei den K&H-Messungen ist auch zu berücksichtigen, daß die Testsignale bei höheren Frequenzen deutlich mehr Sinusschwingungen enthalten, also nur einen schmaleren Frequenzbereich erfassen.

Gruß

Heinz


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BeitragVerfasst: Mi Mär 03, 2021 23:34 
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Hallo Heinz,
ich finde das war ein sehr interessanter Bericht, und man lernt 'ne Menge dazu, beispielsweise deine Darstellung der Tonbursts.
Auch fand ich deine Herangehensweise an die Röhren- Schaltungsentwicklung gut nachvollziehbar. Ich finde, Dampfradioforum lebt von solchen Berichten. Spitze!
Mich hätte noch interessiert, wie der Frequenzgang bei reduzierter über-alles-Gegenkoppelung ausgesehen hätte. Also z.B. bei einem etwas größeren Widerstandswert für R16.
Noch 'ne Frage: warum liegen R1 und R6 nicht auf Masse? Willst du den Eingangswiderstand erhöhen, indem du den Fußpunkt des 1 MOhm Widerstandes "hochlegst"? Warum? Und: Welche evtl. nachteiligen Effekte der Mitkoppelung fängt man sich damit ein?
Schließlich: Ich vermisse das Boucherot-Glied, das ja Phasendrehung am Ausgangstrafo z.T. kompensieren soll. Ist es vielleicht in Wahrheit überflüssig?
Gruß
Georg

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Ein guter Irrtum braucht solide Fehlannahmen. :wink:


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BeitragVerfasst: Sa Mär 06, 2021 11:27 
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Hallo Georg,

viele Fragen, die es in sich haben. Wie es scheint, erfordert die Verstärkerschaltung doch noch einige Erläuterungen. Also hier nochmal relativ ausführlich:

radio-hobby.de hat geschrieben:
Mich hätte noch interessiert, wie der Frequenzgang bei reduzierter über-alles-Gegenkoppelung ausgesehen hätte. Also z.B. bei einem etwas größeren Widerstandswert für R16.

die allgemeine Antwort ist: je schwächer die Gegenkopplung wird, desto mehr nähert sich der
Frequenzgang dem Leerlauffrequenzgang (schwarze Kurve in der Frequenzgang-Grafik).

Wenn man die Zahlenwerte kennt für die (frequenzabhängige) Leerlaufverstärkung, also die
Verstärkung ohne den Widerstand R16 in meinem Schaltbild, und den Gegenkopplungsfaktor,
also das Teilerverhältnis R5/(R16 + R5), dann kann man sich den daraus folgenden
Frequenzgang bzw. die frequenzabhängige Verstärkung V mit Gk für jede Frequenz ausrechnen.

V = A/(1 + bA),
wobei A = Leerlaufverstärkung, b = Teilerverhältnnis.
(Ableitung dieser Gleichung spare ich mir hier mal. Kann man in der Literatur nachlesen.)

Um im Beispiel zu bleiben:
bei meinem Verstärker liegt die Leerlaufverstärkung im mittleren Frequenzbereich bei 56V/V.
Das Teilerverhältnis b liegt bei b = 2.2/(39 + 2.2) = 0.0534. Daraus ergibt sich:
V = 56/(1 + 0.0534*56) = 14.0
Zu beachten ist, daß das zunächst für mittlere Frequenzen gilt. Hier ist A eine annähernd reelle
Zahl. Im allgemeinen ist A eine komplexe Zahl, also mit Betrag und Phase. An den Enden des
Übertragungsbereichs weicht die Phase zunehmend von 0° ab, d.h. der imaginäre Anteil von A
kann nicht mehr vernachlässigt werden. Hier gelten dann die Rechenregeln für komplexe Zahlen.

radio-hobby.de hat geschrieben:
Noch 'ne Frage: warum liegen R1 und R6 nicht auf Masse? Willst du den Eingangswiderstand erhöhen, indem du den Fußpunkt des 1 MOhm Widerstandes "hochlegst"? Warum? Und: Welche evtl. nachteiligen Effekte der Mitkoppelung fängt man sich damit ein?

Ich denke, Deine Frage zielt auf die Funktion einer lokal stromgegengekoppelten Verstärkerstufe.
Die beiden nicht kapazitiv überbrückten Widerstände z.B. R5 und R6 in der Kathodenleitung bewirken vom Eingangssignal her gesehen eine Verringerung der effektiven Steilheit der Röhre. Aber gleichzeitig auch eine Verringerung der Nichtlinearität der Ia/Ug-Kennlinie um etwa den gleichen Faktor. Die reduzierte Steilheit bewirkt natürlich auch eine reduzierte Verstärkung, aber auch eine reduzierte Frequenzabhängigkeit von Verstärkung und Phase (flacherer Frequenzgang).
Näherungsweise ergibt sich im Beispiel der Verstärkungsfaktor U der Röhre mit Gegenkopplung zu
U = R3/(R4 + R5 + Rs)
wobei Rs der Kehrwert der Kennliniensteilheit im Arbeitspunkt ist. Im vorliegenden Fall liest man aus dem Kennlinienfeld der ECC88 bei 5mA Anodenstrom und ca. 65V Anoden-Kathodenspannung eine Steilheit von etwa 7mA/V ab. Also Rs = 1/7mA/V = 143 Ohm.
Dieser Wert für U ist ein Näherungswert weil der Einfluß des Innenwiderstandes der Röhre und des Eingangswiderstandes der Folgestufe vernachlässigt wird. Das ist in diesem speziellen Fall mit relativ starker Gegenkopplung und relativ kleinem R3 zulässig.
Bei der zweiten Stufe liegt dem Arbeitswiderstand R8 der Eingangswiderstand der EL84 parallel. Dieser ist durch die lokale Gegenkopplung der EL84 mit R13/C5 relativ klein. Dadurch verringert sich die Verstärkung dieser Stufe nochmal um etwa 8dB.
Um den relativ niedrigen EL84-Eingangswiderstand verzerrungsfrei auszusteuern, braucht man einen relativ kräftigen Anodenstrom der Vorröhre. In diesem Fall habe ich ca. 5mA vorgesehen.
Aus dem Kennlinienfeld liest man ab, daß für 5mA Anodenstrom eine Gitter/Kathodenspannung von -1..2V nötig ist. Diese fällt am Widerstand R4 bzw. R9 ab. Hier muß also der Gitterwiderstand R1 bzw. R9 angeschlossen werden für eine automatische Gittervorspannungserzeugung. Wie Du schon bemerkt hast, erhöht sich dadurch der Eingangswiderstand um etwa den gleichen Faktor um den sich die effektive Steilheit verringert. Das ist hier aber eine Nebenwirkung. Nachteilige Effekte habe ich keine bemerkt, sollten auch theoretisch nicht vorkommen.

Anschließend erhebt sich die Frage: Wozu der ganze Umstand wenn es im Radio zuvor eine einzige Vorröhre ohne die ganzen komplizierten Gegenkopplungen auch getan hat?
Die Antwort liegt in der Forderung nach einer globalen Gegenkopplung des Verstärkers mit der die linearen und nichtlinearen Verzerrungen verringert werden können ebenso wie der Ausgangswiderstand.

Ich bin am Anfang davon ausgegangen, daß man etwa 12dB Gegenkopplungsfaktor erreichen kann. Das ist ein Schätz- und Erfahrungswert für so einfache Ausgangsübertrager wie den hier verwendeten. Stärkere Gegenkopplung und entsprechend höhere Leerlaufverstärkung führt bei diesen Übertragern schnell zu Eigenschwingungen.
Daran hängt dann aber auch ein Rattenschwanz von weiteren Anforderungen. 12dB Gegenkopplung bedeutet, daß die Leerlaufverstärkung (open loop gain) um 12dB, also etwa den Faktor 4, höher sein muß als die Verstärkung mit Gegenkopplung (closed loop gain). Letztere wird auf 14V/V oder 23dB festgelegt durch die geforderte Eingangsempfindlichkeit bei Vollaussteuerung, in diesem Fall 300mVeff. Das wieder erfordert eine Leerlaufverstärkung von mindestens 4 x 14V/V = 56V/V.
Die Verstärkung vor dem AÜ muß weit über dessen Übertragungsbereich hinaus frequenz- und phasenstabil sein um Eigenschwingungen zu vermeiden. Ebenfalls ist eine relativ niedrige Impedanz im Gitterkreis der EL84 wünschenswert, um Gitterstromverzerrungenzu vermeiden. Nur eine Triode als Vorverstärker reicht dafür nicht aus. Andrerseits wird aber eine höhere als die oben festgelegte Mindest-Leerlaufverstärkung von 56V/V nicht nur nicht benötigt sondern kann auch schnell zu Eigenschwingungen des Systems führen. Da hier über drei Verstärkerstufen hinweg gegengekoppelt wird, werden hohe Anforderungen an die Frequenz- und Phasenstabilität gestellt. Beide Anforderungen, richtige Leerlaufverstärkung sowie Frequenz- und Phasenstabilität, kann man aber durch zwei Vorstufen mit jeweils lokaler Gegenkopplung bequem erreichen.


radio-hobby.de hat geschrieben:
Schließlich: Ich vermisse das Boucherot-Glied, das ja Phasendrehung am Ausgangstrafo z.T. kompensieren soll. Ist es vielleicht in Wahrheit überflüssig?

Über das Boucherot-Glied ist im Internet viel geschrieben worden, Zutreffendes und weniger Zutreffendes.
Im Original diente es dazu, Kontakt-Abbrand bei geschalteten induktiven Lasten zu vermeiden.
Ich selbst sehe keine Notwendigkeit, ein solches bei Röhrenverstärkern einzusetzen. Mir ist auch kein Röhrenradio und keine klassische Röhrenverstärkerschaltung bekannt, wo so etwas eingesetzt wird. Die Phasendrehung im AÜ kann ein Boucherot-Glied jedenfalls nicht kompensieren. (Wäre auch zu schön, wenn das möglich wäre.)
Bei Transistor-Verstärkern, die noch bis >100kHz eine hohe Leerlaufverstärkung aufweisen mit wesentlich stärkerer Gegenkopplung macht so eine RC-Kombination Sinn, hat aber eine andere Funktion als die des Original-Boucherot-Gliedes.
Nicht verwechseln mit einem Boucherot-Glied sollte man die häufig empfohlene Parallelschaltung einer solchen RC-Kombination zu einer Lautsprecherbox-Weichenschaltung. Hier dient sie dazu, einem Röhrenverstärker mit relativ hohem Ausgangswiderstand einen halbwegs konstanten Lastwiderstand anzubieten und damit die Abhängigkeit des Frequenzgangs vom Wert des Lastwiderstands zu verringern.

Wieder etliche Klarheiten beseitigt?

Gruß

Heinz


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BeitragVerfasst: So Mär 07, 2021 11:25 
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Hallo Heinz,
danke für deine ausführliche Erklärung.
Ich habe verstanden, dass es mit R4,R5 und R1 einerseits um Stromgegenkoppelung und andererseits um den Arbeitspunkt der Röhre geht.

Um wieviel verringert sich die Wirkung der lokalen Stromgegenkoppelung mit R4+R5 durch die Verbindung des Gitters mit der (gleichphasigen) Kathode über den Gitterableitwiderstand R1?

Gegenbeispiel: Teile den Gitterableitwiderstand R1 in eine Serienschaltung von zwei Widerständen zu je 470k und schließe den Verbindungspunkt über einen Kondensator von - sagen wir mal 100n - gegen Masse "wechselstrommäßig kurz".

Gruß
Georg

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BeitragVerfasst: Di Mär 09, 2021 11:56 
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Hallo Georg,
radio-hobby.de hat geschrieben:
Hallo Heinz, Um wieviel verringert sich die Wirkung der lokalen Stromgegenkoppelung mit R4+R5 durch die Verbindung des Gitters mit der (gleichphasigen) Kathode über den Gitterableitwiderstand R1?

Ich gehe mal davon aus,
a) daß Du mit "Wirkung" die Änderung des Verstärkungsfaktors der Stufe meinst, gegenüber einer Schaltung wie von Dir vorgeschlagen
b) daß wir eine 'alleinstehende' kathodengegengekoppelte Verstärkerstufe betrachten, also ohne einen Widerstand R16 und ohne C2 wie in meiner Schaltung
c) daß wir die Stufe mit Deiner Modifikation betrachten bei Frequenzen, bei denen die Impedanz des Kondensators vernachlässigbar gering ist.

In diesem Fall liegt einer der beiden 470kOhm-Widerstände wechselspannungsmäßig parallel zum 2k2-Widerstand. Der Gesamtwiderstand im Kathodenzweig verringert sich dadurch um etwa 0.4%. Die Verstärkung steigt dadurch um etwa den gleichen Faktor.
Soweit ich sehe, ist der Eingangswiderstand die einzige Größe, die sich signifikant ändert. Im Original liegt er bei einigen MegOhm, in der modifizierten Schaltung bei etwas unter 470kOhm.

Gruß

Heinz


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