Hallo an alle,
viele von Euch werden das Problem kennen - gerissener Lack, der aussieht wie ein ausgetrocknetes Flussbett. Die Risse sind vom Untergrund abgelöste Lackflächen, die durch die Lichtbrechung sichtbar werden. Es gilt, diese abgelösten Lackstellen wieder dauerhaft mit dem Holz zu verbinden, damit der Riss unsichtbar wird und der Lack sich nicht noch mehr vom Gehäuse löst. Dann wäre eine Neulackierung fällig.
Möbelpolituren geben dem Holz lediglich eine gewisse Frische zurück und verflüchtigen sich mit der Zeit wieder. Um aber eine dauerhafte Verbindung des Lacks mit dem Holz zu erreichen, benötigt man aushärtende Mittel, die unter den Lack kriechen und zusätzlich als Klebstoff dienen.
Ich habe mit handelsüblichem reinem Walnuss-Öl (ohne Zusätze) gute Ergebnisse erzielt und möchte Euch meine Vorgehensweise vorstellen. Das Objekt ist ein Grundig 4040W, der in einem Keller sein trauriges Dasein fristete. Der Lack war rissig, aber noch nicht großflächig abgelöst - somit das ideale Übungsobjekt.
Der erste Schritt war die Reinigung des Gehäuses mit Brennspiritus und Glasrein, um hartnäckige Verschmutzungen zu entfernen. Danach wurde das Gehäuse mehrfach mit der schweizer Möbelpflege "Renuwell" getränkt, um dem Furnier wieder Frische und die alte Farbe zurückzugeben. Die Möbelpolitur kriecht mit der Zeit in jeden Winkel unter der Lackschicht und dunkelt das Furnier nach. Ein paar Tage Trocknungszeit sollte man dem Gehäuse danach gönnen.
Anschließend habe ich das Gehäuse leicht gereinigt (Reste/Grauschleier der Möbelpolitur entfernt) und das Walnuss-Öl mit einem Lappen satt aufgetragen. Es kriecht wie die Möbelpolitur in die Risse.
Nach mehreren Stunden Einwirkzeit wurde das überschüssige Öl mit einem Küchentuch abgewischt und das Gehäuse über Nacht zum Trocknen in einen warmen Raum gestellt. Diesen Vorgang kann man so oft wiederholen, bis man mit dem Sättigungsgrad zufrieden ist und die Risse so gut wie möglich unterwandert sind.
Nach wiederum einigen Tagen Trocknungszeit nach dem letzten Auftrag, in denen das Öl in den Rissen aushärtet, kann man das Gehäuse mit Autopolitur bearbeiten, um Hochglanz zu erzielen. Ich benutze Sonax Metallic-Hochglanz aus dem Kfz-Zubehörhandel (wenig Schleifmittelzusatz).
Die gerissene Lackoberfläche an der Seitenwand vorher:
...und nachher:
Die Gehäuseoberseite vorher:
...und nachher:
Anschließend ist noch folgendes anzumerken: Bei direktem Lichteinfall oder Gegenlicht sind die Risse immer noch als matte Adern zu erkennen.
Großflächige Lackablösungen lassen sich nicht mit Walnuss-Öl kaschieren, diese Behandlung funktioniert nur zum Verdecken von Rissen.
Ich würde mich freuen, wenn Ihr ebenfalls Lösungen und Tricks vorstellen würdet und zu meinem Vorschlag konstruktive Kritik anbringt. Vielleicht kann die Vorgehensweise dadurch noch verbessert werden.