probeweiser Anschluß eines lange stillgelegten Röhrenradios

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radiofreddy
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Re: probeweiser Anschluß eines lange stillgelegten Röhrenrad

Beitrag von radiofreddy »

hallo,

auch etwas "Senf" von mir: Schau mal in den Schaltplan des Radios - das Netzkabel geht normalerweise ziemlich direkt in den Netzschalter. Was Du auf jeden Fall ersetzen bzw. für den Test entfernen solltest, sind elektronische Bauteile ( Entstörkondensatoren ), die sich auf dem Weg vom Stecker zum Netzschalter befinden, denn die stehen immer unter Netzspannung, auch wenn das Radio ausgeschaltet ist.

Vom Netzschalter geht es in der Regel über Spannungswähler und Sicherungshalter zur Primärwicklung des Netztrafos. Das mit der Vorschaltlampe hilft auf jeden Fall, Schäden bis hierhin zu vermeiden.

Weiter geht es ab der Sekundärwicklung des Netztrafos. Prinzipiell haben die Netztrafos in Röhrenradios immer zwei Windungen - eine Niederspannungswicklung für die Röhrenheizung und die Skalenlampen, und eine mit hoher Spannung für die Anodenspannung. Hinter letzterer hängt in der Regel ein Selen Brückengleichrichter und die Siebschaltung mit dem Doppel-Elko. Der Selengleichrichter ist ein potentieller Todeskandidat, und wenn er einen Schluss bekommt, kann er die Anodenspannungswicklung des Netztrafos kurzschliessen, was dann zum Abrauchen des Netztrafos führt. Die Vorschaltlampe hilft hier nur indirekt, weil mit dem Sekundärstrom auch der Primärstrom steigt - je nach Qualität des Netztrafos ( Innenwiderstand ) kann es aber sein, dass die kurzgeschlossene Anodenspannungswicklung in Stille abraucht, ohne dass die Vorschaltlampe dies verhindert. Elkos, die Jahrzehnte nicht benutzt wurden, haben oft die Isolierschicht zwischen den beiden Elektroden abgebaut, und müssen vorsichtig reformiert werden. Tut man das nicht, verhalten sich derart geschädigte Elkos wie kurzgeschlossen, was dann den Gleichrichter und als Folgefehler die Anodenspannungswicklung mit ins Grab nimmt.

Wenn man diesen Bereich vom Netzstecker bis zum Ausgang des Anodenspannungsnetzteils durchgecheckt hat, und im Zweifel lieber einmal zuviel ein neues Teil einbaut, hat man das größte Risiko beseitigt. Das einzige, was mir an bösen Fallen noch einfällt, ist der Ausgangsübertrager, der bei aufwändigeren Endstufenkonstruktionen schon mal etwas sensibel auf Defekte in der Endstufe reagiert, und im Defektfall das Radio in einen Totalschaden verwandelt.

Gruß Frank
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Re: probeweiser Anschluß eines lange stillgelegten Röhrenrad

Beitrag von DiRu »

Zur Vorschaltlampe findet sich einige Information im Radiomuseum.org.
http://www.radiomuseum.org/forum/wozu_e ... lampe.html
http://www.radiomuseum.org/forum/vorschaltlampe.html
Bitte aber darauf achten, daß die Vorschaltlampen in die Phase eingeschaltet sind und nicht in den Nulleiter. Das gilt speziell für Allstrom-Geräte - und diese dann so herum einstecken, daß das Chassis auf Null liegt..

Durch einen einfachen Zusatz (Übertrager) kann man mit Hilfe eines Stell-Trenntrafos auch der Zeitverlauf des Stromes mit einem Oszilloskop kontrollieren.
http://www.radiomuseum.org/forum/stell_ ... schlu.html

Beim Arbeiten mit bzw. an der Netzspannung ist stets äußerste Vorsicht geboten!

MfG DR
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Re: probeweiser Anschluß eines lange stillgelegten Röhrenrad

Beitrag von Wanderfalke »

Ich habe inzwischen auf der Rückwand den genauen Typ des Radios abgelesen.

Es handelt sich um den Typ "Othello 55".

Der alte Netzstecker ist auch nicht mehr da. Möglicherweise habe ich den selbst schon vor 20 Jahren abgeschnitten, weil er nicht mehr in die Schuko-Steckdose paßte.
Beim Abschneiden ist es dann geblieben.

Außerdem habe ich mich heute nach erschwinglichen Stelltrafos umgesehen. Da wird einiges aus DDR-Produktion angeboten, nicht immer in gutem Zustand.
Reicht ein Stelltrafo - oder muß es ein Stelltrenntrafo sein?
Manche Geräte haben nur einen Stellbereich zwischen 140 und 250 Volt, andere von 0 bis 250 Volt.

Vielen Dank für die hinzugekommenen Ratschläge. Ich werde versuchen, sie zu verarbeiten und umzusetzen.
Wahrscheinlich komme ich aber nicht ohne die Hilfe eines Kenners der Radiotechnik aus.

Beste Grüße, Claus
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Re: probeweiser Anschluß eines lange stillgelegten Röhrenrad

Beitrag von eabc »

Nabend Claus,
wie ich es schon schrieb, falls du mehr aus dem Hobby machen möchtest, dann suche einen Trenn Stelltrafo, mit 0 -250 V und mind. 1 A Belastbarkeit.
Die DDR TST Typen sind Ihr Geld wert, weil Sie Robust und Langlebig sind.
Als Netzschnur suche dir eine mit dem heutigen Euro Flachstecker, ein Schukostecker sollte nicht genommen werden, da Röhrenradios i.d.R. kein dreipoliges Kabel mit dem Schutzleiter besitzen.
M.f.G.
harry

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Re: probeweiser Anschluß eines lange stillgelegten Röhrenrad

Beitrag von röhrenradiofreak »

radiofreddy hat geschrieben:Was Du auf jeden Fall ersetzen bzw. für den Test entfernen solltest, sind elektronische Bauteile ( Entstörkondensatoren ), die sich auf dem Weg vom Stecker zum Netzschalter befinden, denn die stehen immer unter Netzspannung, auch wenn das Radio ausgeschaltet ist.
Dieses Radio hat, wie auch alle mir bekannten anderen Nordmende-Radios, keine solchen Entstörkondensatoren.

Es gibt in diesem Radio allerdings einen Kondensator, der immer erneuert werden sollte. Das ist der C83 (10 nF / 500V), dieser sitzt unter dem Chassis im Bereich der Röhren EL84 und EABC80.

Lutz
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Re: probeweiser Anschluß eines lange stillgelegten Röhrenrad

Beitrag von Wanderfalke »

eabc hat geschrieben:Nabend Claus,
wie ich es schon schrieb, falls du mehr aus dem Hobby machen möchtest, dann suche einen Trenn Stelltrafo, mit 0 -250 V und mind. 1 A Belastbarkeit.
Die DDR TST Typen sind Ihr Geld wert, weil Sie Robust und Langlebig sind.
Als Netzschnur suche dir eine mit dem heutigen Euro Flachstecker, ein Schukostecker sollte nicht genommen werden, da Röhrenradios i.d.R. kein dreipoliges Kabel mit dem Schutzleiter besitzen.
Guten Abend, Harry,

Ist "TST" die zwingende Gerätebezeichnung, an der man die Trennstelltrafos erkennt?

Bislang bin ich nur auf Trafos mit der Bezeichnung RFT gestoßen.
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Re: probeweiser Anschluß eines lange stillgelegten Röhrenrad

Beitrag von eabc »

RFT ist der Oberbegriff aller Heimelektrik/Elektronik aus der DDR
TST steht für Trenn Stell Trafo, siehe hier: http://www.radiomuseum.org/r/techni_tha ... t_280.html
LST = http://www.radiomuseum.org/r/messge_zwo ... 002lt.html
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Re: probeweiser Anschluß eines lange stillgelegten Röhrenrad

Beitrag von Wanderfalke »

radiofreddy hat geschrieben:hallo,

auch etwas "Senf" von mir: Schau mal in den Schaltplan des Radios - das Netzkabel geht normalerweise ziemlich direkt in den Netzschalter. Was Du auf jeden Fall ersetzen bzw. für den Test entfernen solltest, sind elektronische Bauteile ( Entstörkondensatoren ), die sich auf dem Weg vom Stecker zum Netzschalter befinden, denn die stehen immer unter Netzspannung, auch wenn das Radio ausgeschaltet ist.

Vom Netzschalter geht es in der Regel über Spannungswähler und Sicherungshalter zur Primärwicklung des Netztrafos. Das mit der Vorschaltlampe hilft auf jeden Fall, Schäden bis hierhin zu vermeiden.

Weiter geht es ab der Sekundärwicklung des Netztrafos. Prinzipiell haben die Netztrafos in Röhrenradios immer zwei Windungen - eine Niederspannungswicklung für die Röhrenheizung und die Skalenlampen, und eine mit hoher Spannung für die Anodenspannung. Hinter letzterer hängt in der Regel ein Selen Brückengleichrichter und die Siebschaltung mit dem Doppel-Elko. Der Selengleichrichter ist ein potentieller Todeskandidat, und wenn er einen Schluss bekommt, kann er die Anodenspannungswicklung des Netztrafos kurzschliessen, was dann zum Abrauchen des Netztrafos führt. Die Vorschaltlampe hilft hier nur indirekt, weil mit dem Sekundärstrom auch der Primärstrom steigt - je nach Qualität des Netztrafos ( Innenwiderstand ) kann es aber sein, dass die kurzgeschlossene Anodenspannungswicklung in Stille abraucht, ohne dass die Vorschaltlampe dies verhindert. Elkos, die Jahrzehnte nicht benutzt wurden, haben oft die Isolierschicht zwischen den beiden Elektroden abgebaut, und müssen vorsichtig reformiert werden. Tut man das nicht, verhalten sich derart geschädigte Elkos wie kurzgeschlossen, was dann den Gleichrichter und als Folgefehler die Anodenspannungswicklung mit ins Grab nimmt.

Wenn man diesen Bereich vom Netzstecker bis zum Ausgang des Anodenspannungsnetzteils durchgecheckt hat, und im Zweifel lieber einmal zuviel ein neues Teil einbaut, hat man das größte Risiko beseitigt. Das einzige, was mir an bösen Fallen noch einfällt, ist der Ausgangsübertrager, der bei aufwändigeren Endstufenkonstruktionen schon mal etwas sensibel auf Defekte in der Endstufe reagiert, und im Defektfall das Radio in einen Totalschaden verwandelt.

Gruß Frank
Hallo, Frank,
wenn ich diesen "Spaziergang" durchs Radio lese, wird mir ganz anders. Von diesen Bauteilbezeichnungen habe ich schon mal gehört, aber das ist auch alles.

Welche Teile sollte man denn vorsorglich gleich austauschen - und welche sollten erst mal geprüft werden?

Im Falle der zweiten Möglichkeit: mit welchen Instrumenten?

Gruß, Claus
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Re: probeweiser Anschluß eines lange stillgelegten Röhrenrad

Beitrag von eabc »

Hallo Claus,
das schöne an einem Forum ist sicher, das jeder seinen "Senf " dazugeben kann, das schlimmer aber das "Viele Köche den Brei verderben".
Schlimmer noch wenn nicht speziell auf gefragtes geantwortet wird.
Dein Radio ein Othello 55 besitzt keine Entstörkondensatoren im Netzeingang und auch nicht an der Anodenspannungswicklung.
Lasse uns an den von mir gemachten Tipps weiterarbeiten, so kommen wir bestimmt am schnellsten zu einem positivem Ergebniss.
M.f.G.
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Re: probeweiser Anschluß eines lange stillgelegten Röhrenrad

Beitrag von Wanderfalke »

eabc hat geschrieben:Hallo Claus,
das schöne an einem Forum ist sicher, das jeder seinen "Senf " dazugeben kann, das schlimmer aber das "Viele Köche den Brei verderben".
Schlimmer noch wenn nicht speziell auf gefragtes geantwortet wird.
Dein Radio ein Othello 55 besitzt keine Entstörkondensatoren im Netzeingang und auch nicht an der Anodenspannungswicklung.
Lasse uns an den von mir gemachten Tipps weiterarbeiten, so kommen wir bestimmt am schnellsten zu einem positivem Ergebniss.
Sehr gerne!

Ich hoffe, ich kann innerhalb der nächsten Tage einen brauchbaren Stelltrenntrafo erstehen.
Die Wiederbelebung des schönen Radios wäre mir diese Ausgabe wert.

Wäre das Radio eigentlich ebenso überholungsbedürftig, wenn es ohne nennenswerte Unterbrechung bis heute benutzt worden wäre?
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Re: probeweiser Anschluß eines lange stillgelegten Röhrenrad

Beitrag von eabc »

Hallo Claus,
mit großer Wahrscheinlichkeit wäre das Radio irgendwann abgeraucht.
Auch wenn ein Röhrenradio viele Jahrzehnte spielt, so nehmen die verbauten Kondensatoren Feuchtigkeit auf, die einen höheren Stromfluß und damit eine Überlastung der Anodenstrom durchlaufenden Bauteile hervorrufen.
In deinem Radio werden wir deshalb 2 - 5 Kondensatoren nach dem wir ihre "Inkontinenz" festgestellt (gemessen) haben ersetzen. Dadurch erhalten wir nicht nur den "Röhrensound" sondern gewinnen wieder an elektrischer Betriebssicherheit.
M.f.G.
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Re: probeweiser Anschluß eines lange stillgelegten Röhrenrad

Beitrag von Wanderfalke »

Guten Abend zusammen,

ich habe einige wenige Angebote von TST-Trafos gefunden, die aber nur abgeholt werden können, da sie zum einen sehr groß und schwer sind und zum anderen vor allem, weil die (gewerblichen) Anbieter eine Beschädigung auf dem Versandweg fürchten.

Anbieter, die einen Versand anbieten, sind sehr rar.

Wie beurteilt ihr die Empfindlichkeit eines solchen Instruments, die dazu führen könnte, daß es beim Postversand Schaden nimmt?