Hallo Karl und Mitleser,
bei der Simulation verwendet man ja Verhaltensmodelle der Bauteile und wenn man das selbe Modell für zwei parallelgeschaltete Bauteile verwendet, ist die Stromaufteilung immer völlig symmetrisch. Man müsste zwei Modelle mit unterschiedlich modelliertem Verhalten verwenden, was die Simulation (mit Modellerstellung) deutlich aufwändiger macht. Dafür kann man dann zerstörungsfrei testen und rückwirkungsfrei messen.
Die Kondensatoren am Gleichrichter haben zwei Funtionen:
1. "Snubber": Durch die Spulen des Trafos fließt kein sinusförmiger, sondern impulsförmiger Wechselstrom im Bereich der Spannungsspitze zum Nachladen des Kondensators nach dem Gleichrichter. Die Trafospulen bilden mit den unvermeidbaren Wicklungskapazitäten Schwingkreise, die üblicherweise im LW-Bereich (Grundfrequenz um 100 kHz) ausschwingen.
Die "Snubber"-Schaltung besteht aus den Kondensatoren in Verbindung mit dem ohmschen Widerstand der Trafospule. Je nach Eigenschaften des Trafos sind die Kondensatoren mehr oder weniger wirkungsvoll, wie mvd bereits geschildert hat.
2. HF-Störunterdrückung: Bei Halbleiterdioden ist im Vorwärtsbetrieb die Sperrzone mit Ladungsträgern vollgestopft. Am Ende der Stromspitze zur Kondensatornachladung dreht sich die Spannung an der Diode um. Sie bleibt aber noch leitend, bis die Ladungsträger aus der Sperrzone abgeflossen sind (Sperrverzögerungszeit im Datenblatt). In dieser kurzen Zeit entstehen hochfrequente Schwingungen im KW-Bereich (Grundfrequenz um 10 MHz) durch den lokalen Schaltungsaufbau. Diese Stromspitzen kann man nicht verhindern, aber die Abstrahlung und dadurch deren Wirkung verringern durch Parallelschalten von Kondensatoren mit guten HF-Eigenschaften (Keramik-Dieelektrikum) möglichst nah an den Dioden.
Bei Gleichrichter-Röhren treten diese Störungen nicht auf.
Allgemein: Die Störungen (Beeinflussungen) sind direkt proprtional zur Fläche des Stromkreises, in dem der Störstrom fließt. Daher: Leitungen dicht parallel führen, verdrillen, Bauteile dicht zusammen. Alles andere wirkt wie eine magnetische Antenne (Drahtschleife).
Bernhard
Gleichrichter mit der AZ41
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Re: Gleichrichter mit der AZ41
Jede Simulation ist nur so gut wie die Eingangsdaten. Wenn man hier etwas vergisst oder falsch eingibt, ist das Ergebnis im Allgemeinen wertlos. Oft kann man die speziellen Eigenschaften von Röhren nicht richtig darstellen. Auch muss man das Ergebnis richtig interpretieren können. Erfahrung ist auch in diesem Bereich erforderlich. Ohne diese hat man vielleicht am Ende eine Schaltung, die zwar in der Simulation hervorragend funktioniert, aber in der Praxis schlecht bis gar nicht. Wenn einem noch unerfahrenen Schaltungsentwickler nicht bei solchen Gelegenheiten ältere Kollegen helfen würden, würde so manches Gerät entwickelt, das nicht funktioniert.Karl (der kleine) hat geschrieben:Ich habe mir die Mühe gemacht den Gleichrichter und den Ladekreis zu simulieren. Bei der Simulation des Gleichrichters komme ich zu dem Ergebnis, dass bei dem gewählten Arbeitspunkt (280V Trafospannung und ca. 70mA Last) die Belastung der Dioden im Normalbetrieb nahezu gleich bleibt, wenn sich die Kapazität des Ladekondensators zwischen 8µ und 500µ ändert. Das gilt nicht für den Hochlauf. Zum Laden des Kondensators ist natürlich bei einer größeren Kapazität auch eine höhere Belastung der Dioden zu erwarten.
Auch im Fall der parallelgeschalteten Bauteile, den Bernhard erwähnt hat, sind einige Besonderheiten zu beachten. Schaltet man z.B. zwei Dioden parallel, um den zulässigen Strom zu erhöhen, teilt sich dieser zwar in der Simulation u.U. gleichmäßig auf, in der Praxis aber nicht, weil die Durchlasspannung von Dioden streut. Wenn die Simulation das nicht berücksichtigt, wird eine der Dioden dann überlastet.
Der Normalbetrieb ist im Fall der Siebkapazität hinter der Gleichrichterröhre nicht das Problem. Denn in diesem Zustand muss über die Gleichrichterröhre nur die Energie nachfließen, die die eigentliche Schaltung des Radios verbraucht, und diese hängt tatsächlich nicht von der Siebkapazität ab. Kritisch ist, wie weiter oben schon geschrieben wurde, die Phase des Aufheizens. Dann ist einerseits der Siebelko noch leer, andererseits die Gleichrichterröhre noch kalt. Wenn ihre Kathode so weit aufgeheizt ist, dass sie zu emittieren beginnt, passiert das erst einmal nur in kleinen Bereichen, weil die Temperatur der Kathode nicht ganz gleichmäßig ist. Über diese kleinen Bereiche fließt nun relativ viel Strom, dadurch erwärmen sie sich schnell, wodurch der Stromfluss noch zunimmt. Ergebnis ist eine Überlastung von Teilbereichen der Kathode. Diese ist um so größer, je mehr Energie zum Aufladen des Siebelkos nötig ist, diese hängt wiederum von der vorhandenen Kapazität ab. Daher kommt die Begrenzung der Siebkapazität.
Lutz
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Re: Gleichrichter mit der AZ41
Hallo Bernhard und Lutz,
@ Bernhard:
Danke für die ausführliche Erklärung über den Sinn der Kondensatorbeschaltung beim Gleichrichter. Das hab ich soweit verstanden auch wenn ich noch mal drüber nachdenken werde. Die Geschichte mit den aufgespannten Flächen und dem kompakten Aufbau geht klar.
@ Lutz:
Ja ja... Simulationen sind ein Teufelszeug man kann einges gut und ganz viel falsch machen.
)
Bei der Parallelschaltung von Halbleitern sind die Effekte zumindest allgemein bekannt (mehr oder weniger). Aber ich hab keine Ahnung wie sich Röhren im Parallelbetrieb verhalten. Das lass ich dann besser noch mal sein.
Auch ein Danke an Dich für die Erklärung warum die Kapazität des Ladekondensators im Datenblatt begrenzt ist. Die ausführliche Erklärung ist einleuchtend und verständlich.
Wahrscheinlich ist das auch der Grund warum ein Heißleiter zwischen Gleichrichterdiode und Ladekondensator eingebaut ist. Nach meiner Messung hat er bei Raumtemperatur ca.10K und im warmen Zustand (ca.70°C) geht er bereits auf 600R zurück. Damit soll vemutlich die Strombelastung bei Einschalten begrenzt werden. Die Gründe dafür sind ja oben erklärt.
Gruß
Karl
@ Bernhard:
Danke für die ausführliche Erklärung über den Sinn der Kondensatorbeschaltung beim Gleichrichter. Das hab ich soweit verstanden auch wenn ich noch mal drüber nachdenken werde. Die Geschichte mit den aufgespannten Flächen und dem kompakten Aufbau geht klar.
@ Lutz:
Ja ja... Simulationen sind ein Teufelszeug man kann einges gut und ganz viel falsch machen.

Bei der Parallelschaltung von Halbleitern sind die Effekte zumindest allgemein bekannt (mehr oder weniger). Aber ich hab keine Ahnung wie sich Röhren im Parallelbetrieb verhalten. Das lass ich dann besser noch mal sein.
Auch ein Danke an Dich für die Erklärung warum die Kapazität des Ladekondensators im Datenblatt begrenzt ist. Die ausführliche Erklärung ist einleuchtend und verständlich.
Wahrscheinlich ist das auch der Grund warum ein Heißleiter zwischen Gleichrichterdiode und Ladekondensator eingebaut ist. Nach meiner Messung hat er bei Raumtemperatur ca.10K und im warmen Zustand (ca.70°C) geht er bereits auf 600R zurück. Damit soll vemutlich die Strombelastung bei Einschalten begrenzt werden. Die Gründe dafür sind ja oben erklärt.
Gruß
Karl
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Re: Gleichrichter mit der AZ41
Röhren haben im Allgemeinen wesentlich höhere Innenwiderstände als Halbleiter, was bei der gleichmäßigen Verteilung des Anodenstroms hilft. Trotzdem ist die Verteilung meist mehr oder weniger ungleichmäßig, weil auch Röhren Toleranzen haben und außerdem die Emission im Laufe der Lebensdauer nachlässt. Um bei Parallelschaltung eine Überlastung der Röhre mit dem höheren Anodenstrom zu vermeiden, sollte man Röhren mit ähnlicher Kennlinie verwenden (also im Allgemeinen vom selben Hersteller und etwa gleich alt), und der Gesamt-Anodenstrom sollte kleiner als die Summe der einzeln zulässigen Anodenströme sein.
Lutz
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Re: Gleichrichter mit der AZ41
Wie soll man denn bei der AZ 41 eine Gleichstrom-Gegenkopplung hinkriegen?PL504 hat geschrieben:Aber mittels Gleichstrom-Gegenkopplung (getrennte Kathodenwiderstände) ist das wie bei Transistoren wunderbar in den Griff zu kriegen.
Die einzige Möglichkeit, bei der Parallelschaltung von Gleichrichterröhren ungleiche Anodenströme einigermaßen auszugleichen, ist, in Reihe mit jeder Diodenstrecke einen Widerstand zu schalten. Je größer dessen Wert, desto gleichmäßiger die Anodenströme, aber desto größer auch die Verluste.
Oder man macht das ganze abgleichbar und muss es dann von Zeit zu Zeit überprüfen. Das ist aber im Allgemeinen keine brauchbare Lösung für Konsumergeräte, weil kaum ein Nutzer sein Gerät überprüfen lässt, solange es einwandfrei zu funktionieren scheint.
Lutz