Restaurationsbericht Biennophone Ascona 5505

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saarfranzose
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Restaurationsbericht Biennophone Ascona 5505

Beitrag von saarfranzose »

warum interssiert mich ein kleines Schweizer Radio? Ja es gibt so schöne Details wie Wurzelholzeinfassung und Aluminium-Chassis. Tatsächlich zeigt aber ein kleiner Aufkleber das dieses Radio im Saarland verkauft wurde. Und darum hat es für mich den gleichen Stellenwert wie meine Saarfranzosen.

Biennophone Ascona 5505

Ich habe das Radio von einem Sammlerfreund günstig erworben. Die optischen Mängel, die ja bei Kauf bekannt waren, waren ein Riss in der Gehäusedecke und ein verwitterter Lack. Ausserdem hatte sich einiges an Staub und Nikotin angesammelt.

die funktionellen Mängel: schwache NF-Leistung, kein Empfang auf FM, kein Empfang auf AM.

Die NF-Leistung war nach Austausch des Koppel-C wieder in Ordnung. Dann folgte die Instantsetzung des UKW-Teils. Eine Gleichspannungsmessung an der ECC85 ergab an der Anode des Mischteils nur ca. 10V statt 130V. Die Ursache war ein schlechtes Keramikröhrchen, welches im ausgebauten Zustand um die 300KOhm Gleichstromwiderstand aufweist. Der Austausch ähnelte schon fast einer gynäkologischen Operation. Der Keramik-C ist hinter der Abstimmspule positioniert.

UKW funktionierte nach dieser Aktion schon wieder hervorragend.

An dem AM Fehler hatte ich auch etwas zu nagen. Den Prüfsender auf Langewelle konnte ich ganz schwach empfangen. Kam ich nun mit einem Werkzeug oder mit der Hand in die Nähe der Fassung der ECH81 wurde der Empfang immer lauter. Lustig um Theremin zu spielen, aber ungeeignet zum Radiohören.

Spannungsmessungen konnte ich bei diesem Effekt keine durchführen, also untersuchte ich die Bauteile rund um die ECH81. Als Fehlerursache stellte sich dann ein 47K Widerstand an g1 Triode gegen Masse heraus, welcher seinen Wert fast verdoppelt hatte.

Damit war die Technik unter Dach und Fach und es folgt die Reinigung und Gehäusebearbeitung.

Der Riss wurde geklebt und die Bruchstelle auf der Innenseite mit kräftigem Unterfurnier, welches im Wasserbad geschmeidig gemacht wurde, verstärkt. Wegretuschieren lies sich die Bruchstelle nicht ganz, aber die Stabilität ist wieder vorhanden.

Das Gehäuse und die Frontteile habe ich von Hand abgeschliffen, neuen Klarlack aufgebracht und mit Ballenmattierung zum glänzen gebracht. Den Stoff mit Vanish und Waschmittellauge gereinigt.
Zuletzt geändert von saarfranzose am Fr Mai 10, 2013 19:53, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß,
Jupp
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Radiomann
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Beitrag von Radiomann »

Perfekte Reparaturdokumentation. :super:
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Opus92
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Beitrag von Opus92 »

Sehr gut!

Das Chassis sieht ja aus wie neu!

"a la bonheur" würde der Franzose jetzt sagen! :D :D :D

Grüße

Nicolai
Jean_Berlin
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Beitrag von Jean_Berlin »

Hallo Jupp,

wieder ein toller Bericht von Dir, vielen Dank! Nicht nur ein schönes Radio, dass wohl kaum jemand sonst je zu Gesicht bekommen würde, sondern auch noch ein Reparaturbericht, bei dem man einiges lernen kann.
Gerade solche Röhrchen-Kondensatoren standen bei mir bisher ganz hinten in der Reihe der Verdächtigen, gut dass Du darauf aufmerksam gemacht hast, dass die auch nicht immer unschuldig sind.

Viele Grüsse aus Berlin,

Jean
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Schumi
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Beitrag von Schumi »

Klasse Bericht, Jupp :super:
Gruß
Schumi

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saarfranzose
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Beitrag von saarfranzose »

danke für das positive feedback!

ich hatte schon zweimal solche Röhrchen defekt. Einmal in einem Freiburg im Suchlauf und einmal ebenfalls in einem Saba in der ZF. Jedesmal hatten die Röhrchen einen messbaren Widerstand von mehreren 100K und die Fehler waren sehr schwierig zu finden.
Gruß,
Jupp
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Beitrag von DC1MF »

Klasse Bericht und wieder was gelernt (Röhrchenkondensator). :idea:
Viele Grüße aus Fraham
Helmut
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Beitrag von Niko »

Sahr gut! :super:
Zum Glück waren die alten Kondensatoren auch gelb :lol:.
Niko
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Beromünster
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Beitrag von Beromünster »

Hi Jupp,
sehr schönes Gerät, das hat richtig Stil + Aura :D ,habe mir alles genau angesehn, die Frontblende ist markant aufgebaut , Maserfurnier im dunklen teint,- und die Laibung wieder mit hellen Leisten.
Toller hell,dunkel Effekt.
Auch insgeheim Dein Reparaturbericht sehr Vorbildlich und Übersichtlich, da kann sich jeder Interessent etwas herausziehen!

Gruss Beromünster
werners
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Beitrag von werners »

Hallo,
das ist ja wieder fein geworden. Ich mag diese Biennophone-Aluchassis, da gibt es keine Rostprobleme und sie lassen sich auch leicht piekfein säubern. Ausserdem ist da noch sehr viel geschraubt und fast alles einigermassen servicefreundlich zugänglich angeordnet.
Nur 2 Details sind mir noch ins Auge gestochen: Uns wurde sogar in den 80er-Jahren noch unvergesslich eingetrichtert, dass die Kabelbinder im immergleichen Abstand alle in die gleiche Richtung schauen müssen, letzteres ebenso die Schraubenschlitze.

Gruss: werners
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kusi
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Beitrag von kusi »

Guten Tag

Gratulation zu diesem Gerät, als "Biennophone"-Spezialist kann ich nur sagen, super gemacht und es ist toll rausgekommen.
Der Ascona 5505 ist übrigens das 2.Gerät dieser Marke mit UKW und hat Jahrgang 1955.
Mehr über Biennophone gibt es auf meiner HP: http://www.biennophone.ch
Gruss
Markus
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Beitrag von saarfranzose »

hi Markus,
schöne Seite, übersichtlich und mit guten Bildern. Dies wird mein einziger Biennophon bleiben (ausser einem einzelnen Chassis in meinem Ersatzteillager, auch Alu, aber größer). Ist aber trotzdem interessant zu sehen was dort noch alles gebaut wurde.

Ja, Werners, Kabelbinder sind schon praktisch. Wobei ich die eher übergangsmässig benutze, um mal schnell was festzumachen. Eine Ordnungsphobie hab ich zum Glück nicht :-)
Gruß,
Jupp
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Beitrag von werners »

Hallo,
saarfranzose hat geschrieben:Eine Ordnungsphobie hab ich zum Glück nicht :-)
Ich auch nicht, eher tendiere ich zur Ordnungsphilie bis hin zur Ordnungsmanie.

Gruss: werners