Verbastelt

Fragen, Berichte und Tipps zu Reparatur und Technik.

Für Einsteiger: Erste Inbetriebnahme eines Röhrenradios
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röhrenradiofreak
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Verbastelt

Beitrag von röhrenradiofreak »

Heute nahm ich mir ein Autoradio vor, das ein Bekannter auf dem Flohmarkt gekauft hatte. Es ist ein Blaupunkt Minden, hergestellt um 1970.

Das Pluskabel war so kurz abgeschnitten, dass nur ein Stummel aus dem Gehäuse schaute. Da die drei Schrauben an der Gehäuserückseite und die Zugentlastung für die Anschlusskabel fehlten, hatte ich schon eine leise Ahnung, was mich erwartete.

Im Inneren fehlten die aus Pappe bestehenden Isolierungen, die einen Kurzschluss zwischen Platine und Gehäuse verhindern sollten.

Das Radio hatte keine Funktion. Auf den ersten Blick waren zwei durchgebrannte Leiterbahnen auf der kleinen Platine, auf der die Eingangsdrossel und der Polaritätsumschalter sitzen, die Ursache. Auf den zweiten Blick war die Platine gebrochen und falsch wieder verbunden worden. Das brachte ich wieder in Ordnung, mit dem Erfolg, dass das Radio nun einen satten Kurzschluss hatte.

Ursache dafür war, dass irgendein Spezi den einen Endstufentransistor AD161 durch einen AD162 ersetzt hat, und zwar ohne die vorgesehene Glimmerscheibe unterzulegen. Der Transistor hat es überlebt, weil ja die Betriebsspannung kurzgeschlossen war. Nachdem ich einen AD161 korrekt eingebaut hatte, lief schon einmal das NF-Teil.

Aber das Radio gab immer noch keinen Ton von sich. Das hatte drei Ursachen: kalte Lötstellen am Lautstärkeregler, ein Haarriss in der Leiterplatte und schlechte Kontaktgabe des Wellenbereichsschalters.

Nachdem ich das alles in Ordnung gebracht hatte, spielte das Radio auf UKW endlich, aber die Sender waren um mehrere MHz verschoben. Der Vorbesitzer wollte vielleicht Polizeifunk hören und hat sowohl am Abgleich des HF-Teils gedreht als auch den Skalenzeiger verschoben, erkennbar am aufgebrochenen Sicherungslack.

Auf MW spielte das Radio erst, nachdem ich einen größeren Lötklecks am Antennentrimmer beseitigt hatte.

Misstrauisch geworden, suchte ich die Platine noch einmal ab und entdeckte tatsächlich eine Lötstelle, die jemand entlötet hatte. Nachdem ich diese wieder verlötet hatte, spielte das Radio nur noch mit mäßiger, nach kurzer Betriebszeit nachlassender Lautstärke. Ursache dafür war, dass der an eben dieser Lötstelle hängende Tantalelko falsch herum eingelötet und defekt war.

Nun funktionierte das Radio wieder. Ich fertigte Isolierungen aus Pappe und eine behelfsmäßige Zugentlastung an und baute es zusammen. Danach klemmte der Skalenantrieb. Grrr...

Also wieder auseinandergebaut. Der Skalenhintergrund aus dünnem Blech war verbogen, so dass zwischen Skala und Hintergrund nicht genügend Platz für den Zeiger war.

Nachdem ich das Radio zum zweiten und hoffentlich letzten Mal zusammengebaut hatte, fragte ich mich, was wohl der ursprüngliche Fehler war und was der Verbastler mit seinen Aktionen erreichen wollte. Manchmal kann man das ja nachvollziehen. Aber in diesem Fall...

Lutz