Kann man Papierkondensatoren formieren?

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Kann man Papierkondensatoren formieren?

Beitrag von radio-hobby.de »

Hallo an alle Freunde historischer Radios,

mehr durch Zufall kam ich auf die Idee, alte Papierkondensatoren, die schon einen erheblichen Leckstrom zeigen, zu "formieren".

O.K., im Grunde ist dies eine unnütze Spielerei.

Es handelt sich um einen EROID. Der alte Papierkondensator wurde an seine Nennspannung angeschlossen - über 470 kOhm Vorwiderstand - und der Leckstrom gemessen. Er begann bei 50 µA und fiel innerhalb weniger Tage auf 3 µA.
FORMIER2.JPG
Die doppelt logarithmische Darstellung zeigt interessanterweise eine Gerade.

Meine Schlussfolgerung: Das Formieren lohnt sich nicht. Erstens dauert es ewig, bis ein erträglich niedriger Leckstrom erreicht wird, und zweitens ist der Kondensator trotzdem "hin". Er erholt sich nicht richtig.

Aber der Versuch zeigt, warum wir die Erfahrung machen, dass regelmäßig betriebene Röhrenradios mit alten Papierkondensatoren weiter leben können: Der Leckstrom wird durch's Betreiben weniger. Beim Herumstehen gehen die Papierkondensatoren kaputt.

Was meint Ihr?
Viele Grüße
Georg
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Re: Kann man Papierkondensatoren formieren?

Beitrag von hf500 »

Moin,
eigentlich ist so ein Kondensator "nass" und der "Formierungsvorgang" eher irgendein elektrochemischer Vorgang, der zwar den Leckstrom irgendwann senkt, aber man weiss nicht, was er sonst so in dem Kondensator anrichtet.
Als Experiment interessant, aber im Geraet lassen sollte man solche Kondensatoren nicht mehr. Der Kondensator sollte weiter untersucht werden. Kapazitaet, Verlustwinkel etc. damit man deutlicher sieht, wass alles in ihm geschieht.

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Peter
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Re: Kann man Papierkondensatoren formieren?

Beitrag von radio-hobby.de »

Hallo Peter,
war ja nur als Experiment gedacht.
Ja - sieht aus wie eine elektrochemische Reaktion.
Viele Grüße
Georg
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olli0371
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Re: Kann man Papierkondensatoren formieren?

Beitrag von olli0371 »

Hallo,

sehr interessant. Ich habe vor einiger Zeit mal diesen Artikel gefunden, wo jemand ähnliche Experimente gemacht hat:

http://www.radiomuseum-bocket.de/mybb/s ... p?tid=4440

Hier in grösserem Umfang.

Dort wurden die Kondensatoren später auch über längere Zeit getestet. Dabei ist wohl keiner ausgefallen. Allerdings ging es dort um Vorkriegsgeräte und deren Kondensatoren.
Diese Teer verschlossenen Kondensatoren konnte ich schon mehrfach erfolgreich zerlegen und in Wachs auskochen. Zum Ende hin war die Kapazität wieder in der Toleranz und der Isolationswiderstand bei Nennspannung bzw. auch bei Prüfspannung wieder im guten Bereich.
Für Verlustwinkel habe ich kein Messgerät, sonst hätte ich das auch mal durchgeführt.

Das regelmässig benutzte Geräte länger halten dürfte auch daran liegen, das diese Geräte ihr Leben im Wohnraum verbracht haben. Dort herrscht im Normalfall kein feuchtes Kellerklima und die Wärme im Gerät sorgt für Zirkulation und Trockenheit.


GRuß
Olvier
Nette Grüsse aus dem Ruhrgebiet.

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Re: Kann man Papierkondensatoren formieren?

Beitrag von radio-hobby.de »

Danke für den Link!

... also vielleicht doch keine unnütze Spielerei?
Werde den im Link angegebenen Rat befolgen und wochenlang "formieren" und "von innen her erwärmen" bzw. "trocknen".
Mal sehen, was sich ergibt.

Viele Grüße
Georg N.
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Bosk Veld
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Re: Kann man Papierkondensatoren formieren?

Beitrag von Bosk Veld »

Jutjuut, wieder ein Experiment! :)
Werde den im Link angegebenen Rat befolgen und wochenlang "formieren" und "von innen her erwärmen" bzw. "trocknen".
Äußere Erwärmung bringt vielleicht auch was. Ich werde mal bei ein paar Papierkondensatoren den Leckstrom nachmessen, sie einige Tage auf die heiße Heizung legen und dann nochmal messen. Falls es was gebracht hat, messe ich auch die Kapazität nach und ich lasse sie 2 Wochen lang "in der guten Stube" liegen und gucke danach, ob sie ihre Werte gehalten haben.

Gruß, Frank
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olli0371
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Re: Kann man Papierkondensatoren formieren?

Beitrag von olli0371 »

Als das mit der Wärme von aussen hab ich gerade probiert. Das hat die Isolation verschlechtert so dass ich das Experiment abgebrochen habe.
Ich probiere gerade nun Erwärmung von innen.
Nette Grüsse aus dem Ruhrgebiet.

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Re: Kann man Papierkondensatoren formieren?

Beitrag von hf500 »

olli0371 hat geschrieben: Das regelmässig benutzte Geräte länger halten dürfte auch daran liegen, das diese Geräte ihr Leben im Wohnraum verbracht haben. Dort herrscht im Normalfall kein feuchtes Kellerklima und die Wärme im Gerät sorgt für Zirkulation und Trockenheit.
Moin,
Wohnraumklima kann das Ende nur hinauszoegern, aber nicht verhindern. Auch meine eigentlich immer gut gelagerten Wima Durolit zeigen einen deutlichen Abfall des Isolationswiderstandes. Trotz Impraenierung ist das verwendete Papier hygroskopisch und zieht Wasser aus der Luftfeuchtigkeit. Bei Durolit, bzw. Eroid, sogar durch die Kunstharzumhuellung. Das schafft auch Bremsfluessigkeit durch die Schlaeuche an den Radbremszylindern... Diesem Lockruf kann wohl kein Wassermolekuel widerstehen ;-)

Und wie ich schon so oft sagte, diese Bauteile wurden nicht fuer die Ewigkeit gemacht. Sie sollten fuer das Erfordernis gute Eigenschaften zu einem guenstigen Preis haben und etwa 10 Jahre zuverlaessig halten. Das taten sie, Smartphones sollten eigentlich laenger halten und erleben trotzdem kaum ihr drittes Jahr ;-) (ja, ich weiss, aber Dampfradios wurden nicht so schnell durch den technischen Fortschritt dahingerafft wie die heutigen Gimmicks)

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Peter
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Re: Kann man Papierkondensatoren formieren?

Beitrag von rettigsmerb »

Hallo Peter,

Du sprichst mir aus der Seele...
In meinem vor einigen Monaten erworbenen Fundus gab es - man höre und staune - NOS WIMA Durolit Kondensatoren! Immer warm und trocken in einem Ladengeschäft gelagert, aber allesamt wegen mangelhaftem Isolationswiderstand unbrauchbar. Ein Fall für die Tonne also. Naja, tat jetzt bei der Gesamtmasse nicht wirklich sehr weh... :roll:
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Re: Kann man Papierkondensatoren formieren?

Beitrag von hf500 »

Moin,
mein "Schock" kam, als ich vor Jahren in diesem Forum las, die Durolit seien "boese". Was ich erstmal nicht glauben wollte (sind ja kunstharzumhuellt) und daher nachpruefte. Dafuer habe ich fuer mein Nordmende TVM 396/2 mit seinen 30M Innenwiderstand eine Messmoeglichkeit fuer den Isolationswiderstand erdacht und nachgemessen (Spannungsteiler aus Ri und Isolationswiderstand). Trotz Messpannung von nur 30V war das Ergebnis sehr deutlich :-/. Der ganze NOS-Bestand (aehnliche Quelle wie deine) "nass". Mein digitaler Kapazitaetsmesser zeigt auch deutliche Kapazitaetserhoehung. Die ist immer ein sicheres Zeichen fuer Wasseraufnahme.

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Peter
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Re: Kann man Papierkondensatoren formieren?

Beitrag von achim1 »

Ob man die Feuchtigkeit unter Vakuum wieder raus bekommen würde?
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Re: Kann man Papierkondensatoren formieren?

Beitrag von Oldradio »

Hallo

Ich denke die halten bei Radios die in Gebrauch sind länger weil die Feuchtigkeit durch die wärme entweicht.
Zuletzt geändert von Oldradio am Di Feb 16, 2016 22:45, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß Helmut
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rettigsmerb
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Re: Kann man Papierkondensatoren formieren?

Beitrag von rettigsmerb »

Das ist eine gute Frage, Achim. Gefolgt von der Frage, ob sich der Aufwand lohnen würde und wie es mit der Nachhaltigkeit auschauen würde. Darüber sollte man meiner Meinung nach auch einmal nachdenken. Was nützt es, wenn die Teile zwar nach der "Kur" zunächst wieder gesund erscheinen, aber der gleiche schleichende Zirkus wieder von vorn beginnt. Meine Bedenken möge man möglichst "gesund" bewerten...
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makersting
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Re: Kann man Papierkondensatoren formieren?

Beitrag von makersting »

Andererseits denke ich manchmal, wie lange denn meine neu verbauten Kondensatoren halten werden. Insbesondere von neuen Elkos erwarte ich nicht viel.
rettigsmerb
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Re: Kann man Papierkondensatoren formieren?

Beitrag von rettigsmerb »

In puncto Elkos denke ich sind wir d'accord. Folienkondensatoren hingegen traue ich eine sehr lange Lebensdauer zu.