
Seit drei oder vier Jahren steht im Wohnzimmer der im Titel genannte Ilmenau, den ich in Bad Dürkheim auf der Radiobörse von einem Vereinskameraden für schmales Geld bekommen konnte.
Damals war das mein erstes Radio aus DDR-Produktion und vor allem gefällt mir die Gestaltung des Gehäuses sehr. Kleines Manko: Die kleinen Knöpfe sind hellgrau und von einem völlig anderen Gerät.
Bestandsaufnahme:
Das Radio ist vollständig, fast unverbastelt, das Bakelit sieht noch sehr schön aus und im Innern sind keine Spuren von Reparaturen zu erkennen. Selbst die Sicherung ist noch die originale mit dem Papierschildchen "0,5A" im Innern und genau so eingebaut, dass die Beschriftung genau ausgerichtet im Blickfeld liegt. Die Verbastelung (die Einzige) sieht man beim genaueren Betrachten der Rückwand: Beim Plattenspieleranschluß hat jemand die Öffnung in der Rückwand vergrößert.
Da es sich hier um ein Allstromgerät ohne Netztrennung handelt, muss dieses Loch unbedingt verschossen werden.
Ein kurzer Funktionstest damals offenbarte eine extrem hohe Stromaufnahme, die Vorschaltlampe (60W) leuchtete voll. Vorgestern abend nahm ich mir das gute Stück dann vor:
- Mein erster Verdacht fiel auf den Siebelko, der hinter der Diode und dem ersten Widerstand gegen Masse geschaltet ist
- Testweise lötete ich den Pluspol ab und die Stromaufnahme war wieder normal
- Als Test bastelte ich einen Elko mit Minuspol an den Pluspol des Elkos, lötete die noch losen Drähte an den Pluspol des neuen Elkos und schaltete das Gerät wieder ein (mit Vorschaltlampe)
- Die Lampe blieb Dunkel und ein Brummen war aus dem Lautsprecher zu hören
- Nach einer Minute leuchtete die Vorschaltlampe wieder voll
- ich entlötete beide Elkos wieder, die Lampe wurde dunkler, die Stromaufnahme ging deutlich zurück
- Ein Ersatz der Selendiode durch eine SI-Diode mit Vorwiderstand änderte auch nichts (ich vermutete einen Kurzschluss der Selendiode)
- nach einigem Suchen und Probieren mit zwei verschiedenen - nun korrekt angeschlossenen - Ersatzelkos änderte sich nichts, mir fiel aber auf, dass die Skalenlampe, die ja in Reihe in der Röhrenheizung liegt dunkel blieb
- Es hatte was mit dem Elko zu tun, aber der war in Ordnung. Also musste der Fehler woanders liegen...
Ich stellte mir die Frage: Warum kann ein intakter Kondensator in einem Gleichstromkreis eine erhöhte Stromaufnahme bewirken?
Weil er keinen Gleichstrom abbekommt, sondern Wechselstrom! Da musste der Fehler sein, Denn ein Kondensator lässt ja Wechselströme durch und sperrt Gleichströme
Ein Blick in den Schaltplan führte mich auf die Spur des Problems:
Es handelt sich um den Elko C45 (rot/blau gefärbt). Entfernte ich ihn, blieb die Stromaufnahme gering und es brummte aus dem Lautsprecher. Wie kann der Elko Wechselstrom abkriegen? Er wird über die Diode und R27 versorgt. Der Diode ist ein Kondensator parallelgeschaltet - C44, ein Teerkondensator. Nachdem ich den einbeinig ablötete, war der Fehler verschwunden!
Der Kondensator C45 hat also einen Schluss und überbrückt die Diode. Dadurch "sieht" der Elko C45 Wechselspannung, verhält sich wie ein Kurzschluss und zieht der Röhrenheizung und dem Rest der Schaltung "den Boden unter den Füßen weg" - sie bekommt keinen Strom.
Der Original-Elko hat übrigens noch 130µF (soll 150µF) bei einem ESR von 0,4 Ohm. Das ist für das Alter von 61 Jahren noch sehr gut.
Nun werde ich mich mal weiter durch den Kasten arbeiten - ich will, dass da wieder Musik raus kommt...
PS: Falls der Beitrag etwas klugschXXßerisch daher kommt, ich habe die Fehlersuch absichtlich so ausführlich beschrieben, damit die weniger erfahreren Leser dieses Beitrages den Zusammenhang (hoffentlich) besser verstehen können.

Gruß,
Daniel