Amerikanisches Autoradio von 1955

Fragen, Berichte und Tipps zu Reparatur und Technik.

Für Einsteiger: Erste Inbetriebnahme eines Röhrenradios
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röhrenradiofreak
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Amerikanisches Autoradio von 1955

Post by röhrenradiofreak »

Ein amerikanisches Autoradio aus den 50ern hatte ich noch nie auf dem Tisch.

Es ist dieses Modell:
https://www.radiomuseum.org/r/motorola_ ... _1880.html

Auf dem Gerät steht Fomoco, das bedeutet "Ford Motor Corporation". Der Schriftzug erinnert stark an den alten Ford-Schriftzug. Also wurde das Radio wohl werkseitig in einen Ford eingebaut. Das Gerät gab es auch unter den Markennamen Bendix und Motorola.

Erst einmal feststellen, ob es für 6V oder 12V ist. Die Heizfäden aller Röhren, deren Typenbezeichnungen mit 6 beginnen, liegen parallel. Also 6 V. Eine Umschaltmöglichkeit für 12V gibt es nicht.

Das Radio hat eine extra Plusleitung für die Skalenlampe, und dafür einen zweiten Kontakt am Ein/Aus-Schalter. Die Skalenlampe (mit Lack gesichert, also wohl original) ist eine 12V-Ausführung. Bei 6V ist die Beleuchtung der Skala kaum zu erkennen. Merkwürdig. Zwei verschiedene Spannungen in einem Auto, das gibt es doch nicht, oder?

Die Zerhackerpatrone fehlt. Als Ersatz dafür werde ich eine Elektronik bauen. Erst einmal die Anodenspannung extern einspeisen, um zu prüfen, ob das Radio irgendwelche Lebenszeichen zeigt.

Das tut es tatsächlich, aber nur im Flüsterton. An den Steuergittern der Endröhren liegt positive Spannung. Auch die Amerikaner haben Papierkondensatoren verbaut, in diesem Radio gut ein halbes Dutzend. Im weißen Keramikrohr mit Teerverguaa, auf manchen steht Motorola, auf den anderen BUDROC CORNELL DUBILIER. Leckstrom ziehen sie alle. Ärgerlich ist, dass die Anschlussdrähte aller Bauteile ähnlich in den Lötösen verknotet sind wie bei Philips.

Nach deren Ersatz spielt das Radio etwas lauter, aber noch nicht befriedigend. Die Anodenspannungen der NF-Vorstufenröhre und der Phasenumkehrstufe sind zu gering. Zwei Kohlemassewiderstände haben ihren Wert von 330 k Ohm auf 1,5 bzw. 2 M Ohm erhöht. Nach deren Ersatz spielt das Radio normal.

Die Kohlemassewiderstände sehen aus wie die in deutschen Geräten. In dem Radio gibt es massenhaft davon. Zwei habe ich schon gesichtet, die einen deutlich erkennbaren Riss haben. Das könnte noch etwas Arbeit werden.

Lutz
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Re: Amerikanisches Autoradio von 1955

Post by Der Herr der Röhren »

Solltest paar Bilder davon ins Radiomuseum stellen
MFG Jannik alias Der Herr der Röhren

Mein Herz ist mit Röhren bestückt.
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radio-volker
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Re: Amerikanisches Autoradio von 1955

Post by radio-volker »

röhrenradiofreak wrote:Ein amerikanisches Autoradio aus den 50ern hatte ich noch nie auf dem Tisch.

Es ist dieses Modell:
https://www.radiomuseum.org/r/motorola_ ... _1880.html

Auf dem Gerät steht Fomoco, das bedeutet "Ford Motor Corporation". Der Schriftzug erinnert stark an den alten Ford-Schriftzug. Also wurde das Radio wohl werkseitig in einen Ford eingebaut. Das Gerät gab es auch unter den Markennamen Bendix und Motorola.

Erst einmal feststellen, ob es für 6V oder 12V ist. Die Heizfäden aller Röhren, deren Typenbezeichnungen mit 6 beginnen, liegen parallel. Also 6 V. Eine Umschaltmöglichkeit für 12V gibt es nicht.

Das Radio hat eine extra Plusleitung für die Skalenlampe, und dafür einen zweiten Kontakt am Ein/Aus-Schalter. Die Skalenlampe (mit Lack gesichert, also wohl original) ist eine 12V-Ausführung. Bei 6V ist die Beleuchtung der Skala kaum zu erkennen. Merkwürdig. Zwei verschiedene Spannungen in einem Auto, das gibt es doch nicht, oder?

Die Zerhackerpatrone fehlt. Als Ersatz dafür werde ich eine Elektronik bauen. Erst einmal die Anodenspannung extern einspeisen, um zu prüfen, ob das Radio irgendwelche Lebenszeichen zeigt.

Das tut es tatsächlich, aber nur im Flüsterton. An den Steuergittern der Endröhren liegt positive Spannung. Auch die Amerikaner haben Papierkondensatoren verbaut, in diesem Radio gut ein halbes Dutzend. Im weißen Keramikrohr mit Teerverguaa, auf manchen steht Motorola, auf den anderen BUDROC CORNELL DUBILIER. Leckstrom ziehen sie alle. Ärgerlich ist, dass die Anschlussdrähte aller Bauteile ähnlich in den Lötösen verknotet sind wie bei Philips.

Nach deren Ersatz spielt das Radio etwas lauter, aber noch nicht befriedigend. Die Anodenspannungen der NF-Vorstufenröhre und der Phasenumkehrstufe sind zu gering. Zwei Kohlemassewiderstände haben ihren Wert von 330 k Ohm auf 1,5 bzw. 2 M Ohm erhöht. Nach deren Ersatz spielt das Radio normal.

Die Kohlemassewiderstände sehen aus wie die in deutschen Geräten. In dem Radio gibt es massenhaft davon. Zwei habe ich schon gesichtet, die einen deutlich erkennbaren Riss haben. Das könnte noch etwas Arbeit werden.

Lutz



Servus,
Gucke mal hier:
http://www.urlaub-und-hobby.de/radio/
Den elektronischen Zerhacker habe ich nachgebaut und läuft einwandfrei.
Gruss aus Trient,
Volker
http://luxkalif.de.tl/
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röhrenradiofreak
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Re: Amerikanisches Autoradio von 1955

Post by röhrenradiofreak »

Danke für den Link. Die Zerhackerschaltung werde ich nachbauen. Dann brauche ich mir keine eigene ausdenken. Die Bauteile finden sich, anders als bei anderen Bauvorschlägen, in der Bastelkiste.

Der Herr der Röhren wrote:Solltest paar Bilder davon ins Radiomuseum stellen

Wenn ich dort Mitglied wäre, würde ich das tun. Bin ich aber nicht.

Lutz
Last edited by röhrenradiofreak on Mon Jan 29, 2018 18:57, edited 1 time in total.
hf500
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Re: Amerikanisches Autoradio von 1955

Post by hf500 »

röhrenradiofreak wrote:Die Kohlemassewiderstände sehen aus wie die in deutschen Geräten. In dem Radio gibt es massenhaft davon.
Lutz


Moin,
Massewiderstaende waren lange Zeit typisch fuer (Konsumer-)Geraete, die nicht aus Deutschland kamen. Hierzulande dominierten Schichtwiderstaende. Die billigeren Massewiderstaende fanden sich hier eher in Geraeten, von Kleinherstellern und solchen, deren Mutterhaus stark mit Uebersee verbandelt war. Z.B. Braun, teilweise Saba, Imperial und seltsamerweise Siemens um '60 (die waren aber auch, was Radios anging, "Kleinhersteller").

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Peter
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Re: Amerikanisches Autoradio von 1955

Post by röhrenradiofreak »

Philips-Radios sind auch voll von Widerständen gleicher Bauart.

Inzwischen bin ich einen Schritt weiter und habe alle Kohlemassewiderstände geprüft. Bis auf die beiden erwähnten gerissenen, die beim Ausbau auseinanderfielen, sind sie im großen und ganzen werthaltig. Trotzdem habe ich die Exemplare mit Widerstandswerten über 100 k Ohm ausgetauscht, das waren 9 Stück. Wenn nur diese hartnäckig verrödelten Anschlussdrähte nicht wären, die haben beim Ausbau etwas genervt.

Nun muss ich nur noch den elektronischen Ersatz für den Zerhacker aufbauen.

Lutz
Munzel
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Re: Amerikanisches Autoradio von 1955

Post by Munzel »

röhrenradiofreak wrote:Die Zerhackerschaltung werde ich nachbauen.

Nicht nötig:
https://www.tubesandmore.com/products/v ... ive-ground
http://www.mikehaganantiqueautoradio.co ... ?mode=list

MfG
Munzel
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Re: Amerikanisches Autoradio von 1955

Post by röhrenradiofreak »

Abgesehen davon, dass ich keine Lust habe, mich bei einem amerikanischen Unternehmen zu registrieren, kriege ich das mit Teilen aus der Bastelkiste für lau hin.

Der elektronische Zerhacker läuft auch schon, es mangelt allerdings zur Zeit noch an Leistung, da muss ich an der Dimensionierung noch ein wenig drehen.

Lutz
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GeorgK
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Re: Amerikanisches Autoradio von 1955

Post by GeorgK »

Hallo Lutz,

wenn es eine 6 Volt Zerhackerpatrone ist, kann ich helfen.
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Der Arbeitsplatz
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Die Homepage
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"Sag nicht alles, was du weißt, aber wisse immer, was du sagst.“

Matthias Claudius
Grüsse Georg
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röhrenradiofreak
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Re: Amerikanisches Autoradio von 1955

Post by röhrenradiofreak »

Du hast eine PN...

Lutz
Welle
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Re: Amerikanisches Autoradio von 1955

Post by Welle »

Hallo röhrenradiofreak,
kennst Du diese Seite schon: http://members.iinet.net.au/~cool386/ ? Runterscrollen bis "Vibrator Power Supply Design & Repair:" . Der Mann kennt sich mit Zerhackerpatronen aus. Da findest Du alle Informationen welche der Hobbybastler zur instandsetzung braucht.
Viele Grüße
Welle
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röhrenradiofreak
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Re: Amerikanisches Autoradio von 1955

Post by röhrenradiofreak »

Instandsetzung ist in diesem Fall nicht möglich, weil die Zerhackerpatrone fehlt.

Lutz
Welle
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Re: Amerikanisches Autoradio von 1955

Post by Welle »

Hallo röhrenradiofreak,
als unbeteiligter Mitleser kam ich zu dem Schluß, das sich bald eine Zerhackerpatrone auf den Weg zu Dir machen wird :wink: .Ist aber auch egal :mrgreen: . Trotzdem ist diese Seite vielleicht interessant, steht doch viel Wissenswertes drin über die Kurvenformen der Ausgangsspannung von Zerhackerbestückten Wechselrichtern und was man daraus alles ablesen kann. Viele Zerhackerpatronen sterben vorzeitig nur weil der ausgangsseitige Kondensator nicht mehr den erforderlichen Wert aufweist.
Und der Autor gibt Tips, mit welchen Schaltungstricks (und ja auch 6V Patronen für 12V Anlagen) man vorhandene Zerhackerpatronen für den jeweiligen Anwendungsfall nutzbar machen kann.
Gruß Welle
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Re: Amerikanisches Autoradio von 1955

Post by röhrenradiofreak »

Wenn ich ein wenig mehr Zeit habe, werde ich auf der Seite mal stöbern, sie scheint recht interessant zu sein.

Der elektronische Zerhacker läuft jetzt. Die Schaltung war für 12 V dimensioniert, für 6 Volt waren ein paar Umdimensionierungen nötig. Die Basisströme der Transistoren reichten nicht aus, aus zwei Gründen: erstens sind sie bei der Betriebsspannung von 6 V niedriger, zweitens wird durch das höhere Transformationsverhältnis mehr Strom benötigt (der Spitzenstrom an den Collectoranschlüssen liegt bei über 4 A!). Mit der Original-Dimensionierung lief der Wandler mit etwa 100 Hz an, aber sobald die Röhren aufgeheizt waren und Anodenstrom abgenommen wurde, ging zunächst die Amplitude etwas in die Knie, dann sprang die Wandlerfrequenz auf etwa 30 kHz und die Anodenspannung sank auf 40 V.

Lutz
Welle
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Re: Amerikanisches Autoradio von 1955

Post by Welle »

Hallo röhrenradiofreak,
wenn Du an elektronischen Zerhackerschaltungen festhalten möchtest, dann schau Dir den Schaltplan BRAUNH_5.gif auf dieser Seite mal an: http://www.blende-und-zeit.sirutor-und- ... &thread=12 . Diese Schaltung arbeitet mit MOSFET vom Typ BUZ11. Das dürfte gerade bei 6V dem Wirkungsgrad zugute kommen. Die Schaltung nutzt die Selbstinduktionsspannung der Primärwicklung um die Gates der beiden MOSFET (vorher die Schwellenspannung ausmessen, gut wären 3 bis 3,5V) bis hinab zu ca. 3,3 V Betriebsspannung sicher anzusteuern.
Gruß Welle