Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

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Lennart
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Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

Beitrag von Lennart »

Hallo, hier eine kleine Frage meinerseits.
Ich habe dieses Unterforum gewählt, da ja vorwiegend Röhrengeräte hand-verdrahtet sind.
Also zu der Frage, was haltet ihr davon den alten Kondensator einfach abzuknipsen, und den neuen an die alten Drähte ranzulöten? Ist sicher nicht die feine Art, aber hin und wieder ist der neue Kondensator einfach zu kurz, oder die alte Lötstelle problematisch.
Und würdet ihr einen Unterschied zwischen "normalen" Kondensatoren und Elkos machen?

L.G.
Liebe Grüße
Lennart D. F.
:drftoll:
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eabc
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Re: Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

Beitrag von eabc »

Das anlöten an verbleibende Drahtenden wird oft praktiziert, vor allem an schwer zugänglichen Stellen.
Zwischen den "normalen" Kondensatoren und Elkos gibts schon unterschiede, zu einem haben Elkos wesentlich größere Kapazitäten und zum anderen sind diese idR gepolt, wobei es auch ungepolte (bipolare) Elkos gibt, die überwiegend in Lautsprecher Frequenzweichen verbaut sind.
M.f.G.
harry

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- Es ist keine Schande, nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen.
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röhrenradiofreak
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Re: Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

Beitrag von röhrenradiofreak »

Wichtig finde ich drei Dinge: nicht zu viel an dem alten Draht herumzubiegen, sonst fängt er womöglich an zu reißen und bricht bald komplett. Dann die Stelle, an die Du den Anschlussdraht des neuen Bauteils anlötest, bei Bedarf zu reinigen, damit die Lötstelle ordentlich verbunden und nicht nur geklebt ist. Und die Lötstelle muss stabil genug sein, also sollten die beiden Drähte nicht nur punktuell miteinander verlötet, sondern am besten verdrillt werden.

Lutz
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Bosk Veld
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Re: Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

Beitrag von Bosk Veld »

Ich achte auch drauf, daß die Drähte während des Lötens ohne mechanische Spannung sind.
Bei Drähten löte ich auch nicht Spitze auf Spitze, sondern lasse die Enden mehrere Millimeter überlappen. Verdrillen ist natürlich der Königsweg.

Gruß, Frank
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Lennart
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Re: Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

Beitrag von Lennart »

Vielen Dank an alle Antworten!
Dann werde ich dementsprechend handeln und löten.

L.G.
Liebe Grüße
Lennart D. F.
:drftoll:
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Re: Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

Beitrag von Bernhard W »

Vor dem Anlöten trage ich auf den alten Drähten und denen des neuen Bauteils frisches Lot auf. Dann merkt man auch, ob besonders die Oberfläche der alten Drähte noch Lot annimmt. Bei Bedarf wird die Oberfläche der Drähte von Oxid- und anderen Schichten entfernt. Das klappt oft gut mit einem Glasfaserradierer.

Und selbstverständlich die alten Lötstellen der alten Drähte prüfen, ob die noch gut verbunden sind. Besonders bei ehemals heißen Bauteilen kann sich der Draht vom Lot lösen.

Bernhard
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Re: Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

Beitrag von achim1 »

Häufig ist es sogar wesentlich besser die alten Drähte zu nehmen da sie meist wesentlich dicker sind als die Drähte der neuen Kondensatoren die ja in der Regel für Printmontage gedacht und von der Drahtstärke her nicht dafür ausgelegt sind das Bauteil frei schwebend sicher am Platz zu halten.

Gruß,
Achim
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paulchen
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Re: Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

Beitrag von paulchen »

Und manchmal hat man statt Lötstellen in frühen Nachkriegsgeräten auch Schweißstellen. Da muss man sogar die alten Drähte nehmen.

paulchen
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Röhrig
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Re: Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

Beitrag von Röhrig »

Hallo,

ein schönes Video zu diesem Thema gibt von M. Caldeira, worum es geht, versteht man auch ohne "Plattdeutsch"-Kenntnisse: https://www.youtube.com/watch?v=3zo7iXWZhNY

Er verwendet noch irgendein Flussmittel, es geht aber erfahrungsmäßig auch meistens ohne. Es kann nie schaden, den alten Draht mit Glasradierer, Messerchen oder sonst irgendwie blank zu machen, dann nimmt er auch gut Lötzinn an.

Ich selbst gehe oft nach Methode 1 ab ca. Minute 3 vor, wer Neuteile mit kurzen Beinen für Printmontage benutzt, nimmt Methode 2 ab ca. Minute 9. Ratsam ist, die Verbindung vor dem Löten noch durch Zusammenquetschen mit einer Flachzange zu fixieren, dann verrutscht nichts mehr beim Löten.

M. Caldeira macht meiner Meinung nach sehr gute Videos zu unserem Hobby. Er spricht ein gut verständliches English und geht nach der klassischen Methode erst Netzteil, dann vom Lautsprecher zur Antenne vor. Auch seine Erläuterungen der Funktionen der einzelnen Stufen anhand des Stromlaufs sind klar und nachvollziehbar. Gut sind auch seine Bauvorschläge für Mess- und Hilfsmittel.

Schönes Wochenende von der sonnigen Förde

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Re: Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

Beitrag von countryman »

Vielen Dank für den Tipp, ich denke das ist die Methode der Wahl wenn es schwierig erscheint, die Bauteile korrekt in Lötösen einzusetzen.

Wg. Flussmittel, welches könnte man an dieser Stelle verwenden? Bei meinen alten Telefonen habe ich öfter mit oxidierten Litzen zu kämpfen, die sehr schlecht zu reinigen und daher auch zu verlöten sind.
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Re: Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

Beitrag von Yamanote »

Ja, die Videos von M. Caldeira sind super. Nicht zu vergessen noch Mr. Carlsons Lab und natuerlich auch Ollis Tubes! Sehr informativ und sehenswert.

Ich entscheide auch immer von Fall zu Fall und mit der Zeit bekommt man ein Gefuehl fuer die jeweils beste Methode. Manchmal ist es einfach das Beste, die alten Anschlussdraehte zu verwenden. Ansonsten wurde eh schon alles gesagt.

Als Flussmittel verwende ich "Stannol Kontaktloetpaste" und bin sehr zufrieden damit. Allerdings verwende ich immer das klassische bleihaltige Loetzinn (Durchmesser 1mm) mit Flussmittelseele. Da brauche ich nur ganz selten zusaetzliches Flussmittel.
Viele Grüße,
Günter
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Re: Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

Beitrag von radio-hobby.de »

Heinz Richter, der Bücher für Radiobastler geschrieben hat, hat in seinen Büchern vor Lötpasten gewarnt. Darauf hatte ich nicht hören wollen, denn bei Lötarbeiten an der Modelleisenbahnanlage hatte ich gute Erfahrung damit gemacht, und daraufhin meine erste selbstgeätzte Pertinax-Platine ebenfalls mit Lötpaste bearbeitet. Das hätte ich lieber bleiben lassen sollen: ich hatte nur Krachen im Lautsprecher - die Platine musste ich wegwerfen. Seitdem bevorzuge ich immer mechanische Reinigung wie schon hier beschrieben wurde; als Flussmittel muss das Colophonium innerhalb des bleihaltigen Elektronik-Lötzinns ausreichen - und damit hatte ich gute Erfahrung.

Gruß
Georg
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Re: Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

Beitrag von klausw »

Das Anlöten neuer Bauteile an alte Drähte ist vor allem bei den Röhrenradios ein probates Mittel, bei denen erstmals Chassisplatinen zum Einsatz kamen. Das wurde seinerzeit sogar als seriöse Reparaturempfehlung formuliert, da die Leiterbahnen sich bei diesen Platinen schnell lösten, wenn man versuchte, das Altteil auszulöten.

Beste Erfahrungen habe ich über die Jahre gemacht, wenn ich den verliebenen Altdrahtrest mit einem scharfen Messer vorsichtig abkratzte, das reinigt noch besser, als ein Glasfaserpinsel dies kann. Dann diesen Altdrahtrest leicht verzinnen und das Neuteil anlöten.


k.

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Kenntnisse kann jeder haben, aber die Kunst zu denken ist das seltene Geschenk der Natur.
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Re: Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

Beitrag von Bosk Veld »

Oft findet man bei den Freiluftverdrahtungen Lötstützpunkte, an denen viele Drähte zusammenkommen. Das sind dicke Knubbel mit viel Lötzinn.
Da kann auch bei einem frisch verzinnten Bauteildraht eine kalte Lötstelle herauskommen, weil evtl. das Flußmittel im Lötzinn nicht gereicht hat oder der Knubbel nicht genug erhitzt worden ist.
Um das zu prüfen, ziehe vor dem Entfernen des Lötkolbens das Drähtchen leicht aus dem Knubbel heraus; dann muß sich um den Draht herum eine Hohlkehle aus Lötzinn bilden.

Falls nicht, nicht lange herumbraten, sondern: altes Lötzinn mit einer Entlötpumpe entfernen dann die anderen Drähte zusammen mit dem neuen Draht verlöten.

Gruß, Frank
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Re: Löten an alte Drähte, ein go oder no go?

Beitrag von yehti »

Anstelle der Drahtwickel kann man auch Aderendhülsen benutzen.
Die sind auch schön für Skalenseile.
Gruß Gerrit