nachdem mir vor einiger Zeit die Arbeit an einer alten AMI Continental 2(1962), die ich als unvollständiges Wrack zufällig bekommen hatte so viel Spass gemacht hat, habe ich mir kürzlich wieder eine Jukebox zum Reparieren besorgt.
Das ist nochmal die AMI, meine erste Jukebox:


Aber jetzt geht es los mit ein paar Fotos und Gelaber über die "Neue", eine Wurlitzer 2204 von 1958.
Diesmal hatte ich darauf geachtet, dass das Gerät zumindest weitgehend vollständig ist, dies ist ein Foto vom Verkäufer im Fundzustand. Gewiss schmeichelt die Aufnahme dem Zustand, aber es ist nichts manipuliert und jeder Verkäufer kann seine Sachen ja in gutem Licht fotografieren.

Laut einem Steueraufkleber war die Musikbox bis 1970 regulär im Dienst und hat danach irgendwo rumgegammelt. Die Hauptarbeit daran bestand also im Zerlegen, Reinigen, Schmieren und Justieren.



Also ab- und ausgeräumt die ganze Kiste:


Einiges, wie z.B. die Seitenscheiben musste besorgt werden, die meisten Chromteile habe ich neu verchromen lassen, was im Detail einiges an Enttäuschung bereit hielt, da es immer ein Risiko ist, picklige Zinkguss-Teile neu zu verchromen. Aus der Nähe sieht man einige Mängel, was mich aber nicht stört. Lediglich im Verhältnis zu den Kosten für die Galvanik, stimmt das Ergebnis nachdenklich.

Die im Fundzustand grünen Streifen auf der pinkfarbenen Abdeckung hinten, waren ursprünglich goldfarben. Das Grün ist offenbar ein Zersetzungsprodukt der Goldfarbe. Nach längerem Überlegen, ob ich es so lassen soll, habe ich mich für Goldklebeband aus dem KFZ-Zubehör entschieden. War eine arge Fummelei, aber ist schön geworden.

Am Plattenspielmechanismus gab es einiges zu fummeln. Die Platten werden mit zwei Armen (einer für die A- und einer für die B-Seiten) vor die Nabe des Plattenspielers geschoben, dort dann von drei "Haken" herangezogen und festgehalten. Das barg einiges an Fehlerquellen, die gefunden und beseitigt werden mussten. Ausserdem war der Gleichlauf schlecht, was erst durch das Abdrehen einiger Teile auf der Drehbank in den Griff zu bekommen war.


Dann gab es einiges zu tun, woran man nicht sofort denkt, und was man dann auch nicht mehr sieht. Da es eine 110V/60Hz-Box ist, musste ein Vorschalttrafo eingebaut werden, zusätzliche Lastwiderstände wurden vor den Plattentellermotor und vor die Vorschaltgeräte (induktiv) der Leuchtstofflampen geschaltet, um die Erwärmung aufgrund der 50Hz in Grenzen zu halten.
Dann sind die originalen Rollen auch echte Parkettkiller, Abhilfe gab es für sehr kleines Geld bei Ebay(neue Gummirolle an die alten Rollenhalter gebaut):

Das Soundsystem hat einige Besonderheiten. Das normalste daran ist die
Gegentaktendstufe mit 2 x 6L6. Das Abnehmersystem ist eine Wurlitzer-Besonderheit und das wurde sogar in einem Aufkleber dem geschätzten Benutzer zur Beachtung dargelegt:

In der Vorstufe des Verstärkers ist ein Oszillator, der den Tonabnehmer mit HF beschickt, die von diesem dann moduliert wird. Das sollte eine geringere Abnutzung der Platten bewirken. Keine Ahnung, ob da etwas dran ist, aber diese Technik wurde von Wurlitzer über viele Jahre verwendet, obwohl sie zusätzlichen Aufwand und Einbußen beim Klang mit sich bringt.
Weiterhin hat der Verstärker eine automatische Loudness-Schaltung, eine automatische Lautstärkeregelung (wegen der unterschiedlich laut hergestellten Platten) und eine manuelle Lautstärkeregelung über Gleichspannung, um Stör-Einstreuungen bei einem weiter entfernt angebrachten Lautstärkeregler zu vermeiden.
Nachdem ich nun einen neuen Tonabnehmer und neues Spezialkabel dafür (normales NF-Kabel soll die HF zu sehr bedämpfen) eingebaut und den Verstärker komplett überholt habe, klingt das ganze noch immer dumpf. Experten aus dem Jukebox-Forum haben mir gesagt, dass das für diesen Typ normal sei, da der Verstärker schon weit unter den vom Tonabnehmer her möglichen 10 KHz zumacht.
Henning hat sich freundlicherweise bereit erklärt, den Schaltplan des Verstärkers mal durchzusehen, ob sich noch Möglichkeiten zur Verbesserung finden.
Der Verstärker ist zum Teil auf Platine und zum anderen Teil frei verdrahtet, alle Kondensatoren sind inzwischen natürlich erneuert:

Hier ein Bild vom Zusammenbau:

Oben in den Haltern für die Titelstreifen sind Streifen eingeschoben, die die enthaltenen Platten kategorisieren. Es sind:
-Popular and current Hits
-Western and Folk tunes
-Polkas and Specialties
-Classical and old favorites
Das erinnert an die Blues Brothers, die in "Bobs Countrybunker" fragen, was denn für Musik dort sonst so gespielt wird, und darauf zur Antwort bekommen: "wir haben beides, Country UND Western"
Ich werde in diese Box vor allem Titel aus der passenden Zeit, also frühen Elvis/Bill Haley/Chuck Berry/Eddie Cochran etc, etwas Country, Rockabilly, wenige Schlager und vielleicht auch noch etwas Blues packen. Die Hälfte ist schon drin und die Box ist jetzt fertig:



Und Abends mit Beleuchtung:

Hier ist ein Video zu sehen, allerdings ist die Qualität wg. meiner uralten Kamera nicht so doll:
http://www.youtube.com/watch?v=ObqfFTU6Cps
Vielen Dank für die Geduld beim Lesen und Grüsse aus Berlin,
Jean