Die Concertino-Story: aus 3 mach 1 !

Fragen, Berichte und Tipps zu Reparatur und Technik.

Für Einsteiger: Erste Inbetriebnahme eines Röhrenradios
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holger66
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Die Concertino-Story: aus 3 mach 1 !

Beitrag von holger66 »

Ich wollte mal berichten, wie ich aus zweieinhalb Schrott-Concertinos wieder ein brauchbares Radio gemacht habe.

Erst bekam ich von Sammler 1 ein Concertino 53 geschenkt. Zustand: Röhren, Lautsprecher, Rückwand, Schriftzug und Baßpoti fehlten. Oszillator-Trimmer im UKW-Tuner defekt, Achse des LS-Potis verbogen, Gehäuse stabil, aber Lack schlecht, stellenweise auch Furnierausbrüche. Diverse Kondis fehlten nach einem abgebrochenen Reparaturversuch.

Da ich wußte, daß auch Sammler 2 noch Schrottbestände von dem Modell hatte, bekam ich auch von ihm zwei Leichen: ein AEG 2073WU und ein Concertino 53GW. Genauer: ein akzeptables Gehäuse, W-Chassis ohne Röhren, Netztrafo aber mit Übertrager und UKW-Tuner, GW-Chassis nur mit UKW-Tuner. Außerdem beide Rückwände und Frontmasken. Fehlteile auch hier: Lautsprecher.

Also stellte sich die Aufgabe, aus drei Geräteresten ein funktionierendes Gerät zusammenzustricken.

Zunächst habe ich in das Chassis von Sammler 1 die fehlenden Kondis wieder eingesetzt und Telefunken-Röhren aus dem Fundus eingesetzt, worauf das Chassis grundsätzlich spielte. Dann habe ich das Baßpoti aus einem der Geräte von Sammler 2 ergänzt und das LS-Poti wegen der bananenkrummen Achse ersetzt. Diese Achse mußte ich abbrechen, um das Poti aus der langen Kunststoffhülse (Antrieb Ferritantenne) herausziehen zu können. Schließlich habe ich den UKW-Tuner komplett getauscht, da sich der originale Tuner wegen des defekten Oszillator-Trimmers nicht mehr auf genauen Skalengang trimmen ließ. Eine lästige Fummelei war auch das Einhängen des Baßregister-Schauzeichens nach dem Wiedereinbau des Baßpotis.

Dann habe ich das Chassis nachgeglichen und zunächst zur Seite gestellt. Das Gehäuse hatte auch so seine Probleme. Zunächst wollte der Schriftzug behutsam von Schallwand zu Schallwand transportiert werden, dann habe ich die Frontmaske abgenommen und gründlich poliert. Der Lack an der Frontseite war auch an dem besseren Gehäuse schlecht, ich habe den abgezogen und mit Schellack nachgearbeitet, wobei die Schwierigkeit darin bestand, den Übergang zur Dachfläche hinzubekommen. Besser als “3-“ ist mir das nicht gelungen, man sieht es aber erst bei zweiten Hinsehen.

Für die Lautsprecherbestückung mußte ich mir was einfallen lassen. Ich hatte keinen einzigen der originalen Breitbänder dazubekommen, die beiden Teile aus seinen Schlachtgeräten hatte Sammler 2 vor längerer Zeit auf mein Anraten hin bei ebay verscheuert....und die kleinen, spitzen Elektrostaten funktionieren sowieso heute nicht mehr. Also nahm ich einen gleichgroßen Breitbänder aus einem Metz-Gerät des Baujahres 1952, das schon vor Monaten geschlachtet worden war. Dieser ist dem Telefunken-Lautsprecher sehr ähnlich, wird aber statt mit Laschen mit Krampen befestigt. Außerdem hat er etwas mehr Hub, was kräftigere Bässe macht. Für die hohen Töne kam ein Standard-Isophon mit 10 cm Durchmesser zum Einsatz.

Dann konnte der Zusammenbau erfolgen, nach mehreren Versuchen war das schließlich erfolgreich. Es stellte sich aber heraus, daß auch die Netzelkos noch getauscht werden wollten, da das Gerät empfindlich brummte. Nach dem Polieren der Knöpfe und dem Anbringen der Rückwand (auf der steht “Allstrom-Super”, das werde ich noch schwarz überkleben) steht das Gerät nun fertig da und wartet auf seinen nächsten Einsatz. Insgesamt habe ich sicher 25 Stunden daran zugebracht, lohnen tut sich sowas nicht, wenn es gut läuft, komme ich beim Verkauf auf einen Stundenlohn von 4 Euro. Aber sei´s drum....aufgeben wollte ich auch nicht !

H.
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Re: Die Concertino-Story: aus 3 mach 1 !

Beitrag von klausw »

Schön geschrieben, Holger :super: .
Lese gerne sowas und bastele mindestens genauso gerne aus mehreren Ruinen wieder 1 komplettes Gerät zusammen.

Letztes Objekt meiner Begierde war der NORA EGMONT 855 W, der seit meiner Schulzeit im Besitz ist, aber Fehlteile hatte. Konnte dank eines Schlachtgeraetes von @EQ80@ komplettiert werden.

Allerdings, ich bringe es dann nicht mehr fertig, solche mit vielen Muehen gerettete Geraete zu veraeussern.

Tipp zur Rueckwand } ich ueberpinsele sowas mit Wasserfarbe.

Gruss
k.

k. steht für klaus

Kenntnisse kann jeder haben, aber die Kunst zu denken ist das seltene Geschenk der Natur.
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Re: Die Concertino-Story: aus 3 mach 1 !

Beitrag von saarfranzose »

holger66 hat geschrieben:.. lohnen tut sich sowas nicht, wenn es gut läuft, komme ich beim Verkauf auf einen Stundenlohn von 4 Euro..
eben, trotzdem hattest du deinen Spass und das DRF wieder einen netten Bericht mehr.
Gruß,
Jupp
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Der Sammler "an sich" wird einfach nie ethisch oder moralisch sein. Liegt in der Sache der Natur... Sonst wären wir ja keine "Sammler & Jäger", sondern biedere Heimchen (Marek)
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Re: Die Concertino-Story: aus 3 mach 1 !

Beitrag von Walterh »

Hallo Holger

Danke für den interessanten Bericht. Hast Du auch Bilder?

Gruss, Walter

P.S. Hast Du den Autophon schon genauer angeschaut?
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holger66
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Re: Die Concertino-Story: aus 3 mach 1 !

Beitrag von holger66 »

Hallo Walter,

außer einem mäßig häßlichen oder mäßig hübschen Concertino wäre da nichts zu sehen. Allenfalls zeigenswert wäre die Ansatzstelle in der Lackierung, aber da bin ich wieder nicht soooo stolz drauf. :oops:

Der Autophon ist noch in der Warteschlange, ich habe aktuell einen Nordmende 189WU auf dem Tisch, dann folgt ein Rossini, falls der bis dahin hier eingetroffen sein sollte, erst dann wäre der Autophon dran. Nur Gemach...im All geht nichts verloren.

Gruß
Holger
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