Stoffsäckchen im Radio

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Audion
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Stoffsäckchen im Radio

Beitrag von Audion »

Hallo,

ich hab´mal eine spezielle Frage zu unseren alten Schätzchen.

Speziell die vor 1945 gebauten.

Mir ist aufgefallen, daß bei den meisten vor 1945 oder 1950
gebauten Radios der Lautsprecher incl. AU komplett in ein weißes
Leinensäckchen verpackt wurde.

Wozu diente diese "Technik" mit dem Leinensäckchen ? :shock:

War es eine akustische Maßnahme ? Oder diente es als
Schutz vor Staub und Schmutz ? Oder sollte man nicht so
genau sehen, was da im Säckchen werkelte ?

Muß doch einen ganz triftigen Grund gehabt haben. So ca. nach 1950
gab es nur noch "säckchenlose" Radios......

Bei den Amerikanern z. Beispiel, war diese Technik ungebräuchlich.....

Seltsam........ Weiß da jemand etwas näheres ?

:danke:

VG

Karl - Heinz
Zuletzt geändert von Audion am So Jan 04, 2015 11:58, insgesamt 1-mal geändert.
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GeorgK
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Re: Stoffsäckchen im Radio

Beitrag von GeorgK »

Na klar, Mäusefutter, damit das innenleben verschont geblieben ist.

Natürlich Quatsch! :lol:

Staub und Schutz geben alles mögliche.
Zuletzt geändert von GeorgK am So Jan 04, 2015 11:59, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Stoffsäckchen im Radio

Beitrag von eabc »

@....Oder diente es als
Schutz vor Staub und Schmutz ?

Das wird wohl der Hauptgrund gewesen sein.
M.f.G.
harry

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Audion
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Re: Stoffsäckchen im Radio

Beitrag von Audion »

Hallo,

ich vermute eher eine Spezialität des deutschen Radiobaus.

Schutz vor Staub - OK.

Das alleine kann es aber nicht sein.....

Wie gesagt, ausländische Radios hatten es so gut wie nicht......

Deutsche Gründlichkeit - und ab 1945 verpönt ? Kann´s auch nicht sein.

Vielleicht doch Akustik - aber dafür gab es ja die "Tonblende"

Weiß sonst noch jemand mehr zu dem Thema ?

VG

Karl - Heinz
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paulchen
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Re: Stoffsäckchen im Radio

Beitrag von paulchen »

Klanglich hat das nichts zu tun.
Wenn Du Dir Lautsprecher der damaligen Zeit anschaust, so wirst Du sehen, daß der Lufspalt von oben offen war. Es bestand sozusagen an zwei Stellen die Gefahr, daß da Schmutz reinkommt. Einmal von oben direkt im Zentrum der Membran und einmal, nicht so stark unterhalb der Membran.
Die obere Stelle wurde dann später durch ein kleines Papierstück entschärft. Noch später kamen dann eventuell noch Hochtonkalotten dazu.
Stoffsäcke gab es aber auch bei ausländischen Herstellern. Speziell sind mir da amerikanische Modelle im Hinterkopf.
Ab der UKW-Zeit war dann allerdings so ein Stoffsack ein klangliches Argument, da die Übertragungsfrequenz ja nun erheblich höher ging. Bis dahin war es nicht sooo kritisch, wenn die oberen Frequenzen etwas bedämpft wurden. Auch daher hat sich dann in der Nachkriegszeit etwas geändert.

paulchen
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Re: Stoffsäckchen im Radio

Beitrag von Binser »

paulchen hat vollkommen recht,

sieht man sich ganz frühe dynamische Lautsprecher an (30er Jahre), so war bei diesen die Schwingspule im Konus zentriert. Es wurde axial durch den Magneten gebohrt und die Schwingspule mittels einer federnden Pertinax- oder Pappscheibe befestigt. Der rückseitige Luftspalt blieb frei, hier konnte sich Staub ablagern. In den frühen 50ern zentrierte man die Membrane rückseitig am Konus mittels drei Federstegen ebenfalls aus Pertinax. Die Spule blieb aber immer noch frei. Erst ab den späten 50ern wurden Schwingspulen mit kreisrunden Hartgewebe-Bälgen (Balgen?) zentriert. Ab da waren die Schwingspulen besser gegen Ablagerungen geschützt, da quasi gekapselt. Beim klanglichen Argument gehe ich nicht mit. In den 50ern gab es noch keinen solchen "audiophilen Humbug".
Die Säckchen namen renommierte Hersteller bis in die 50er her (Grundig z.B. bis 1951, z.B. 3003, 4004 oder 5005).

Grüße,

Jörg
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Re: Stoffsäckchen im Radio

Beitrag von Audion »

Gut, bin jetzt hinreichend aufgeklärt. Leuchtet mir ein.

Stoffsäckchen also auf
Feinwaschprogramm waschen, trocknen, bügeln
und den LS wieder schön vermummen. Ist ja in dem Fall keine Straftat......

Spaß beiseite, das Säckchen oder der Schmutzschutz
wird natürlich weiter verwendet.

Viel Spaß weiterhin :hello:

VG

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Re: Stoffsäckchen im Radio

Beitrag von 6TH8 »

Audion hat geschrieben:Hallo,

ich vermute eher eine Spezialität des deutschen Radiobaus.

Schutz vor Staub - OK.

Das alleine kann es aber nicht sein.....

Wie gesagt, ausländische Radios hatten es so gut wie nicht......

Deutsche Gründlichkeit - und ab 1945 verpönt ? Kann´s auch nicht sein.
Das war eine Spezialität von Philips, durchgehend mindestens bei Modellen ab ca. 1933 in ganz Europa, und andere Hersteller haben dann nachgezogen.

Dies hat wohl viel damit zu tun, dass Philips sehr früh permanent-dynamische Lautsprecher einsetzte, deren Magnet ständig Eisenspäne anziehen kann und damit den Luftspalt blockiert.

Irgendwann nach WKII wurde dies wieder aufgegeben, sowohl von Philips wie auch allen anderen. Das liegt wohl daran, dass ab dieser Zeit der Luftspalt durch eine Sicke vor Eisenspänen geschützt wurde und so die gesamte Stoffumhüllung verzichtbar war.

JR
Die Sockel sind schon an den Röhren !
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Re: Stoffsäckchen im Radio

Beitrag von Fuxs »

Guten Morgen,

Ich denke die Säckchen zum Schutz vor Staub wurden noch länger verbaut. Im jüngsten Röhrenradio, dass ich besitze, befinden sich auch noch diese Stoffsäckchen zum Staubschutz der Lautsprecher. Gebaut wurde das Radio in der zweiten Hälfte der 1950er. Es handelt sich hierbei um ein RFT Staßfurt Traviata.

Liebe Grüße
Holger

P. S.: Das Foto zeigt den Zustand des Radios vor seiner Restauration. Mittlerweile ist alles blitzeblank sauber und staubfrei.
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Re: Stoffsäckchen im Radio

Beitrag von radiofreddy »

Binser hat geschrieben:paulchen hat vollkommen recht,

sieht man sich ganz frühe dynamische Lautsprecher an (30er Jahre), so war bei diesen die Schwingspule im Konus zentriert. Es wurde axial durch den Magneten gebohrt und die Schwingspule mittels einer federnden Pertinax- oder Pappscheibe befestigt. Der rückseitige Luftspalt blieb frei, hier konnte sich Staub ablagern. In den frühen 50ern zentrierte man die Membrane rückseitig am Konus mittels drei Federstegen ebenfalls aus Pertinax. Die Spule blieb aber immer noch frei. Erst ab den späten 50ern wurden Schwingspulen mit kreisrunden Hartgewebe-Bälgen (Balgen?) zentriert. Ab da waren die Schwingspulen besser gegen Ablagerungen geschützt, da quasi gekapselt. Beim klanglichen Argument gehe ich nicht mit. In den 50ern gab es noch keinen solchen "audiophilen Humbug".
Die Säckchen namen renommierte Hersteller bis in die 50er her (Grundig z.B. bis 1951, z.B. 3003, 4004 oder 5005).

Grüße,

Jörg
dass es in den fünfziger Jahren noch keinen "audiophilen Humbug" gab, das halte ich für nicht ganz zutreffend. Auch in den Fünfzigern strebte man schon eine naturtreue Wiedergabe an, und die Phono- und Tonbandgeräte hatten wie die Lautsprecher teilweise beeindruckende technische Daten, die von den frühen "echten" HiFi Geräten teilweise nicht erreicht wurden. Der audiophile Humbug war halt in den Fünfzigern in Radios und Truhen verpackt, und dadurch für Leute unsichtbar, bei denen HiFi nur dann HiFi ist, wenn die Technik in einzelne Kisten verpackt ist.

Ich kann mir vorstellen, dass die Säckchen für den Schutz der Schwingspule gut waren. Später hatten die Lautsprecher im Zentrum der Membran eine Schaumgummiabdeckung oder die bereits erwähnte Kalotte, von unten wurde die Schwingspule durch die Membranführung abgedichtet, die meist aus in Sicken gelegtem Textilmaterial bestand. Frühe Lautsprecher hatten eine offene Schwingspule im Membranzentrum und die Führung der Membran wurde durch ein gestell aus z.B. elastischem Kunststoff gemacht, hierbei konnte der Dreck von allen Seiten in den Luftspalt fallen.

Gruß Frank
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Re: Stoffsäckchen im Radio

Beitrag von Oldradio »

Hallo

Ist doch ganz einfach, wenn du das erste mal kleine Schrauben oder Eisenspäne aus deinem Lautsprecher fischen musstest dann weist du warum.
Gruß Helmut
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Re: Stoffsäckchen im Radio

Beitrag von ColonelHogan9162 »

Bei einer Blaupunkt-Truhe von 1957 (Torino 58) ist auch dieser Sack vorhanden. Ansonsten kennt man das von Blaupunkt in der Zeit garnicht.
Das Tischgerät Palma hat das gleiche Chassis drin aber keinen Sack.
In dem Fall geh ich davon aus, daß es ein Schutz gegen Beschädigungen war, da die gesamte Schallwand inkl Lautsprecher als Klapptür mit Griff gebaut ist die man aufziehen konnte.
Der Raum dahinter sollte wohl als Ablagefach dienen und die Membran gegen unbeabsichtigte Beschädigung geschützt werden

Ich glaub ansonsten auch eher an Staubschutz, das innenleben der Dampfradios ist ja ein starker Staubfänger, daher kommt ja wohl auch der Begriff wenn es warmgelaufen ist und anfängt zu kokelig zu riechen :D
Es kommt ja auch gelegentlich vor, daß gerade fettiger Dreck, (manche Geräte sind ja mit 'ner schmierigen Staubschicht überzogen),
standen wohl in der Küche
Speziell auf der heissesten Röhre, der Endstufe schon Rauchfahnen abgibt :D

Daß der Stoff die Höhen dämpft glaub ich nicht, die Lautsprecher zumindest um 1950 bis ca 8000Hz gingen und der Stoff ja sehr Luftdurchlässig ist, die vordere Bespannung ist ja meist noch dicker, die dämpft die Höhen ja auch nicht.
Bei späteren Geräten ab Mitte der 50er als es mit Hifi, Raum - und 3D Klang losging brauchte man eh für höhere Frequenzgänge zusätzlich Hochtöner und da hatten die meisten sowieso keine Stoffsäcke mehr

Gruss
Andi
Was kann schöner sein auf Erden als von Röhren beschallt zu werden
Was kümmert es die stolze Eiche wenn sich ein Borstenvieh dran wetzt

All that we see or seem is but a dream within a dream? E.A.Poe