Bisher konnte ich jedes alte Röhrenradio mit UKW dazu bewegen, auch in Stereo los zu brüllen!
Das funktioniert sogar mit einfachsten alten UKW Vorsatzgeräten, wie z.B. dem Graetz UK83W/GW, der mit ECC81 und 2 mal EF41 bestückt ist. Wie die Typbezeichnung schon aussagt ist dieses Vorsatzgerät eine Allstromausführung. Es besitzt zwar einen kleinen Heiztrafo, aber die Anodenspannung wird direkt aus dem Netz mit einem Selengleichrichter gewonnen. Das Vorsatzteil hat deswegen die Netzspannung am Chassis, auch wenn der Abschirmbecher des Ratiodetektors eine Phantommassse hat, also isoliert aufgebaut wurde vom Chassis und mit der "Chassismasse" nur durch einen 25nf Kondensator und einem 500pf Keramikko verbunden ist. Deswegen sollte man daher das kleine Chassis in einem Gehäuse einbauen, selbst wenn die NF-Auskopplung Netz potentialfrei ist. Natürlich juckte es mich sofort in den Fingern dieses kleine Chassis zum Stereoempfang zu überreden. Im Grunde ist es ja wie ein Radioempfänger, UKW Tuner und 2 ZF Stufen plus Ratiodetektor mit 2 Kristalldioden, also musste das gehen. Angeschlossen werden sollte es an meine beiden Lucky-Sixpacks, wie ich die kleine Stereoanlage taufte, die pro Kanal mit jeweils 6 Stück E180F bestückt ist. Jeder Kanal wurde in eine hölzerne Lucky Strike Zigarettenkiste eingebaut, welche die Stieftochter bei einer Zwischenlandung in Dubai kaufte. Ich rauche ja nicht, aber die kleinen Kistchen kamen mir sehr recht. Der Verstärker besteht aus Eingangsstufe, Phasenumkehr und Parallel Gegentaktenendstufe mit 4xE180F und die Anlage macht richtig gute und kräftige Lautstärke, jedenfalls lärmt sie durch das ganze Haus, wen ich sie voll aufdrehe. Die Stereoanzeige geschieht mit 2 Stück EAM86 plus der Stereo Pilotlampe des kleinen Decoders mit TA7343, ein Toshiba Chip, den ich als Standard und in Kleinserie verbaue. Kurz gesagt, das Projekt war beschlossen, aber zuerst musste einmal der alte Graetz Vorsatz auf die Werkbank: Der Selengleichrichter war perfekt in Ordnung also blieb er drin, ein Vorwiderstand und ein Ko waren hinüber, aber selbst die Elkos waren noch topfit. Immerhin ist das Gerätchen von 1952, also mehr als 60 Jahre alt.
Danach begann die klassische Änderung am Ratiodetektor, die beiden 500pf Deemphasis Kondensatoren wurden abgelötet (C36, C52) und R50 überbrückt, danach die Zeitkonstante des Zeitgliedes für Stereo verbessert, also der Elko C49 verdoppelt im Wert und der Widerstand R 48 halbiert. Der Auskoppelko C51 erneuert, wie natürlich auch der Ko der Phantonmasse C53. Aufwendiger war die mechanische Arbeit, zur Abstimmung wurde eine M6 Schraube verwendet, die einen Drehknopf bekam, dadurch kann man den Empfänger normal und fein genug abstimmen. Probeweise in Betrieb genommen an einem 240 Ohm Faltdipol im Zimmer, leuchtete die Stereoanzeige des kleinen Decoders bei fast allen Sendern hier in den Bergen flackerfrei auf, im empfindlichen Kopfhörer war die Kanaltrennung sauber und nur bei wenigen Sendern leichtes Rauschen feststellbar.
Mehr kann man von einem solchen einfachen Vorsatz auch nicht verlangen, immerhin verwendet er noch die ECC81 im Tuner, da die ECC85 wohl 1952 noch nicht zur Verfügung stand. Jedenfalls spornte der Erfolg mich an, sofort die kleine Stereoanlage zu vervollständigen, aber das wird ein anderes Thema.
Ich baute dann den Vorsatz in ein Gehäuse zusammen mit dem kleinen Stereodecoder, der zur Sicherheit ein eigenes kleines Netzteil bekam, die einzige "Verbindung" zum Graetzchassis geht damit nur über die Phantommasse des Ratiodetektors. Dsr Empfang ist absolut brummfrei und die Versorgungsspannung des Decoders ist circa 8V DC, der Toshiba Chip funktioniert einwandfrei ab 4,5V, deswegen kann man in normalen UKW Radios seine Spannung problemlos aus der Heizung der Röhren mittels einer einzigen Diode gewinnen, der Siebelko befindet sich schon auf der kleinen Platine des Decoders. Der Toshiba Chip kostet hier etwa 90 cents und ist noch gut verfügbar. Sein Pinraster ist exakt das von den Chipfassungen, man kann ihn also bequem steckbar aufbauen.
Wie man es macht, hier die nötigen Info, aber die Eingriffe sind absoluter Standard und gelten für jedes UKW Röhrenradio: Demphasis abklemmen, Auskoppelwiderstand überbrücken und ggf. das Zeitglied ändern, Faustformel: Elko verdoppeln und Parallelwiderstand halbieren! Ich habe inzwischen bestimmt 50 Radios umgebaut und musste noch nie die ZF zusätzlich bedämpfen oder andere Klimmzüge durchführen, selbst das primitive Magnafon FM217 belohnte mich mit glasklaren Stereoempfang!
Wie immer zuerst der Schaltplan, damit beginnt einfach jede Arbeit!


Detail des Ratiodetektors, Umbauarbeiten siehe Text!

So wurde der Vorsatz damals montiert in den alten Radios


NF Auskopplung und neuer Ko der Phantonmasse auf dem Probetisch

Minimale Erneuerungen im Chassis

Bau der neuen Abstimmung

Stereoempfang mit dem kleinen Graetz Vorsatz

Die kleine Stereoanlage dann im Teil 2! Und wieder ein Bier verdient.

Beginn des Teil 2:
Der kleine Stereodecoder. Hier ein paar Bilder:

Fertiger Decoder mit Netzteil

Die kleine Platine

Empfangsproben mit Stereokopfhörer