Tannhäuser 58

Fragen, Berichte und Tipps zu Reparatur und Technik.

Für Einsteiger: Erste Inbetriebnahme eines Röhrenradios
AlfredG
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Tannhäuser 58

Beitrag von AlfredG »

Habe ich doch letztes Wochenende für 7 Euro "so ein Holzradio" bekommen. Das hat wohl zig Jahre in einem Schuppen gestanden. Das Gehäuse war völlig verdreckt, nach einer ersten Behandlung mit einer Bürste war dann "Tannhäuser 58" zu lesen! Das Chassis ist nun erstmal geschrubbt und grob entrostet. Nun sind auch die Kondensatoren gewechselt, die weißen NEOKON sehen zwar noch gut aus sind aber selbst am Laustärkeregler bei 0 Gleichspannung nicht mehr zu verwenden. Der große 3fach-Elko hat nur noch 3x27uF, aber zum Testen reichte das. Etwas unglücklich ist der 4uF verbaut, er wird durch die Widerstände regelrecht gegrillt. Den neuen habe ich etwas seitlich versetzt, der alte war direkt über dem 100Ohm und dem sieht man an, das er schon recht warm wurde.
tann.jpg
Eine EL84 war zerbrochen, die ECC82 hat nur noch 20% und die ECC85 40% -das Gerät muss wohl lange gelaufen sein. Jetzt spielt er immerhin schon mal auf UKW, bei AM muss ich noch suchen. Und er ist richtig LAUT.
Die Spannung kommt aber nicht über 250V, das ist jetzt das erste mal das ich einen Selengleichrichter wechseln muss. Hier ist schon die neue Füllung: zwischen den Wima sitzt noch eine Graetzbrücke und der Ladeelko geht auch noch mit rein)
selen.jpg
.
Am Wochenende wird dann erstmal die Mechanik noch von Rost befreit, auch die Potis kratzen gewaltig. Kurioserweise hat der Netztrafo nur noch 2 Nieten, die anderen sind wohl früher schon mal rausgefallen.

Alfred
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Re: Tannhäuser 58

Beitrag von radio-hobby.de »

Hallo Alfred,
kann man einen Selen-Gleichrichter so ohne Weiteres gegen einen Silizium-Gleichrichter mit WIMA's austauschen? Keine Serienwiderstände nötig?

Viele Grüße
Georg
Ein guter Irrtum braucht solide Fehlannahmen. :wink:
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holger66
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Re: Tannhäuser 58

Beitrag von holger66 »

Stimmt. Bei Gegentaktendstufen mit 2*EL84 habe ich immer wieder Werte zwischen 56 und 100 Ohm verwendet.

Wenn AM nicht geht, liegt es bei Nordmende-Geräten, die außen bereits arg vernachlässigt aussehen, gerne an komplett schwarzen Kontakten im Tastenaggregat. Da hilft dann manchmal wirklich nur K60, igitt ! Aber auch abgegammelte Hf-Litzen der Oszillatorspulen habe ich schon gesehen.

H.
UKW: Wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe.....
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Re: Tannhäuser 58

Beitrag von rettigsmerb »

Neiiiin..... - bitte KEIN K60..... bitte, bitte, bitte. Das ist das Allerschlimmste, was man einem Wellenschalteraggregat antun kann - glaubt's mir bitte! Auch wenn es fürchterlich zeitraubend und fummelig wird - da hilft dann in wirklich so hartnäckigen Fällen nur noch planvolles Zerlegen, mechanisches Reinigen der Kontakte mit Wildlederläppchen und Raddiergummi, Zusammenbau und Test. Ich weiß - das will keiner hören...
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Re: Tannhäuser 58

Beitrag von RE 084 »

radio-hobby.de hat geschrieben:Hallo Alfred,
kann man einen Selen-Gleichrichter so ohne Weiteres gegen einen Silizium-Gleichrichter mit WIMA's austauschen? Keine Serienwiderstände nötig?

Viele Grüße
Georg

Hallo Georg,

würde ich so machen, aber da müsste ich mich über den Wert
der Serienwiderstände erstmal selber schlau machen. Vielleicht
bringen die Wimas´ja auch den gewünschten Effekt, muß man
dann halt ausprobieren (Hörprobe).

Gruß,
RE 084
(Hans)
RE 084 heisst Hans und kommt aus 41844 Wegberg :mauge:
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nflanders
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Re: Tannhäuser 58

Beitrag von nflanders »

den GR hats Du aber nett zusammengestellt, schön kompakt! :super:
Gruss Nad

„Wir wünschen Ihnen eine gute Nacht. Vergessen Sie bitte nicht, die Antenne zu erden!"

Ein Leben ohne Röhrenradios ist möglich, aber sinnlos

möge die Emission mit Dir sein...

nach dem allerletzten Radio ist vor dem allerletzten Radio
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Re: Tannhäuser 58

Beitrag von AlfredG »

Ich verzichte auf den Serienwiederstand zum Gleichrichter, stattdessen wird der (schwarze) Siebwiderstand erhöht. Ich werde es heute mal mit 150-200 Ohm probieren, original hat der R76 100Ohm.
sieb.JPG
.

Nachtrag:
Also nach dem Gleichrichter sind es 315V um auf die 280 zu kommen bin ich jetzt bei 300Ohm.
Zum AM-Empfang:
da war wirklich ein Drähtchen abgerissen, aber nur von der MW-Spule. Doch die Ursache liegt ganz woanders! Beim Ändern der Lautstärke war auf einmal auf KW ein verzerrtes Signal zu hören. Dann habe ich mitbekommen das man ja die Poti-Achse auch rausziehen kann. Da wurde es besser und nach etwas seitlichem Druck ist das Signal auch völlig unverzerrt. Der Bandbreitenschalter hat also eine Treffer weg und ich muss nun das Poti ausbauen und auseinandernehmen. Davor graut mir ein bisschen. Bei den alten DDR-Potis hab ich zwar schon einige male die Nieten durch Schrauben ersetzen müssen und Abgriffe mit Leitsilber geflickt - aber das hier mit 3 Anzapfungen und Schalter dahinter wird wohl komplizierter..

Alfred
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AlfredG
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Re: Tannhäuser 58

Beitrag von AlfredG »

Ein neues Poti war nicht zu bekommen, aber ich habe ein anderes Ruwido in der Bucht gefischt. Ich weiß nicht wie die das mal zusammengebaut haben. An sich müsste man den Schalter zuerst zusammenbauen damit man die Feder/Spange richtig einsetzen kann. Das geht aber nicht, da der Schleifer von unten auf die Achse geschoben werden muss. Die Feder wird aber nur von einer ca 0,2mm tiefen Aussparung gehalten. Dann muss man noch die 4 Schrauben durchfädeln und sehen das der Schleifkörper nicht runterhupft. Buddelschiff bauen ist nichts dagegen, ich habe wirklich den ganzen Abend mit dem Poti zugebracht. Heute werde ich es einbauen und dann mal sehen ob das Radio jetzt besser läuft.

Alfred
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Re: Tannhäuser 58

Beitrag von AlfredG »

So jetzt läuft das Gerät erstmal. Bisher nur mit Bastelbox, jetzt wieder mit den richtigen Lautsprechern im Gehäuse. Aber sobald ich Jazz und/oder Bass gedrückt habe blubbert es gewaltig. Nun habe ich hier schon gelesen dass man C102 /C113 drastisch erhöhen soll, das bringt aber nur ein klein wenig Verbesserung.
Jetzt dachte ich mir Tongenerator ran und dann mit dem Oszi prüfen. Doch da ist bei tiefen Frequenzen nichts außergewöhnliches zu sehen, nicht mal die Amplitude steigt an. Dafür habe ich gemerkt das ein Elektrostat doch funktioniert, die wird ich mir wohl beide nochmal anschauen müssen.
Vielleicht habt ihr eine Idee, den viel gelobten Klang kann ich im Moment nicht nachvollziehen..
Achja, einen anderen großen Lautsprecher hatte ich auch schon dran - ohne Erfolg.

Alfred
andreas1962
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Re: Tannhäuser 58

Beitrag von andreas1962 »

Hallo Alfred,

ich würde den Siebwiderstand wieder verkleinern, vielleicht mal 150 Ohm ausprobieren. Das Blubbern bei Basswiedergabe lässt auf einen zu hohen "Innenwiderstand" der Spannungsquelle schliessen, in diesem Falle die Anodenspannungsversorgung. nach Deinem neuen Gleichrichter. Hast Du die Elkos nach dem Siebwiderstand geprüft, ggf. erneuert?

Spannungsangaben in den Schaltbildern: Diese wurden damals mit recht "niederohmigen" Messgeräten aufgenommen. Wenn Du mit einem modernen Multimeter misst, kommt hier ein weit höherer Innenwiderstand zur Wirkung. Die Spannungsangaben werden mit heutigen Meßgeräten höher sein.

Viele Grüße


andreas
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Re: Tannhäuser 58

Beitrag von AlfredG »

Hallo Andreas,
ich habe jetzt mal den Siebwiderstand R76 auf 160 Ohm halbiert. Jetzt habe ich an den EL84 280/283V Anodenspannung und an der Kathode 6,3/6,5V. Aber das Blubbern bei den Bässen ist immr noch da. Auch eine Verdopplung des Siebelkos brachte keine Erfolg. Von dem 3er C ist nur noch der Teil für die Vorstufen Original, der hat noch 35uF. Werde heute mal wieder alles ausbauen und die Lautsprecher mit einem Kabel anschließen, die Große Kiste ist doch etwas unhandlich.

Alfred
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Re: Tannhäuser 58

Beitrag von AlfredG »

Habe jetzt nochmal mit dem Tongenerator gespielt. Der Bassregler wirkt erst unter 100Hz, und führt zu einer Verdopplung der Amplitude, wobei ich keine Veränderung am Sinus feststellen kann. Die Kombination aus Gehäuse und Lautsprecher hat wohl bei 60Hz seine Resonanzfrequenz, da knarrt es gewaltig. Ich wird mal versuchen die Gegenkopplung für die Bässe zu verstärken indem ich C93 erhöhe, doch irgendwie muss das Gerät ja mit der Originalschaltung auch gelaufen sein. Wobei so richtige Rockmusik gabs ja damals noch nicht...
Dabei ist mir auch noch eine Ungereimtheit im Schaltplan aufgefallen (Masseanschluß am AÜ):
So ist der Schaltung am AÜ:
tann ist.jpg
Der Schaltplan hat da wohl einen Fehler:
tann plan.jpg
.

Alfred
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Re: Tannhäuser 58

Beitrag von AlfredG »

Heute war mal wieder schlechtes Wetter und so kam das Sorgenkind mal wieder auf den Tisch. Da Blubbern bei den Bässen ist jetzt weg, ich habe den C81 von 0,1u auf 0,33uF erhöht.
eabc.JPG
Warum ist hier der Anodenwiderstand aufgeteilt? Ich dachte das ist eine zusätzliche Siebung, doch wenn ich R42 C82 durchrechne komme ich auf 80Hz und da hab ich auch die meisten Probleme. Aber mit den originalen Werten muss er ja mal gelaufen sein, oder gabs damals keine Bässe unter 100Hz?

Alfred
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glaubnix
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Re: Tannhäuser 58

Beitrag von glaubnix »

Hallo Alfred,

du meinst sicherlich die fgr bezüglich C81 (0µ1). Um hier die untere Grenzfrequenz zu bestimmen, musst du alles berücksichtigen was C81 lädt bzw. entlädt - dazu gehört dann nicht nur R42, sondern auch der Ri der Triode (EABC80) lt. Datenblatt =50k und R43. Dann kommt man auf eine fgr von 30Hz. Siehe folgende Skizze:
Tannh-58 fgr.JPG
Ich hoffe mich nicht verrechnet zu haben...
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...und glüht auch die Anode rot, ist die Röhre noch nicht tot.

Mit freundlichen Grüßen, Peter R.
hf500
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Re: Tannhäuser 58

Beitrag von hf500 »

Moin,
R41/C81 gehoeren nicht zu einem unterteilten Anodenwiderstand, sondern sind das Betriebsspannungssiebglied der NF-Triode. Wenn dessen Grenzfrequenz bei 30 Hz liegt, wird es den 100Hz-Brumm schon gut daempfen, die 0,33µ oder 0,47µ werden keinesfalls schaden, denn die an dem Kondensator stehende Spannung kann nicht brummfrei genug sein. Hier auftretender Brumm wird im weiteren Verstaerker auch mitverstaerkt. Der Kondensator mit 0,1µ wurde damals gewaehlt, weil das seinerzeit schon ein ansehnlicher Brocken zu entsprechendem Preis war und die Siebwirkung ausreichte. Heutige Kondensatoren lassen sich auch fuer groessere Spannungen kleiner bauen, sie sind guenstig erhaeltlich und so kann man sich den Luxus einer besseren Siebung schon leisten ;-)
Dass das Blubbern jetzt auch weg ist, wundert da auch nicht, das Siebglied siebt nicht nur die Betriebsspannung, sondern entkoppelt die Verstaerkerstufe vom Rest des Verstaerkers. Das Blubbern nennt sich auch "Motorboating" und entsteht durch schlecht entkoppelte Verstaerker, auf der Betriebsspannungsleitung auftretende NF-Reste koennen zu einer Mitkopplung bei bestimmten Frequenzen fuehren, der Verstaerker blubbert oder geraet in tieffrequentes Schwingen.
Daher findet man diese Glieder in fast allen mehrstufigen Verstaerkern, auch dann, wenn die Betriebsspannung stabilisiert ist.

C82 hat wahrscheinlich nur einige 10pF, er soll HF-Reste an der Anode der NF-Triode kurzschliessen, damit sie nicht weiterverschleppt werden.

73
Peter
Zuletzt geändert von hf500 am Mo Mär 20, 2017 21:13, insgesamt 1-mal geändert.