Stinkende Hartpapier-Platinen in kommerziellen Geräten

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mrossx
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Stinkende Hartpapier-Platinen in kommerziellen Geräten

Beitrag von mrossx »

Hallo,

ich habe auf ebay kürzlich einen alten Sat-Receiver geschossen, praktisch geschenkt, geschätzt aus den frühen 90ern. Da er recht verstaubt war (und auch etwas nach phenolig-typisch nach Hartpapierplatine roch, was ich überhaupt nicht abkann) hatte ich mich vor eine (vorsichtige) versuchsweise Platinenreinigung mit Bref entschieden. In weiser Voraussicht im Badezimmer und mit Gummihandschuhen. Nach der Bref-Behandlung (und Spülen) gab die Platine einen derartigen Gestank nach Hartpapier von sich dass einem übel werden konnte - das Bad musste ich im Anschluss rund 1 Stunde lüften, die Kleidung in die Wäsche da der Gestank nicht mehr rauszubekommen war. Gerät wanderte komplett in einen dicken Plastikbeutel, dicht verschlossen, kommt zum E-Müll.

Was zur Hölle passiert hier mit manchen Platinen? Rein eine Reaktion mit dem (alkalischen) Bref kann es nicht sein, denn ähnliche Effekte hatte ich auch schon nach Abwaschen mit Spiritus. Sind die Platinen eventuell versiegelt, und nach dem Abwaschen der Lackschicht kommt der ganze Phenol-Chemiecocktail raus? Manche Platinen scheinen sehr stabil, riechen gar nicht. Andere wie oben beschrieben. Sind das verschiedene Fertigunsqualitäten? Oder liegt es an Zwischenlagerung in evtl. chemisch aggressiver Umgebung bei dem/den Vorbesitzern?

Da weiss man erst, was man an hochwertigen FR4-Platinen hat!

Ach ja, guter Test um löterfahrene Elektroniker zu identifzieren: an einem sog. "torfigen Whiskey" schnuppern lassen. Wo der elektronik-unbeleckte Kenner oft mit der Zunge schnalzt, wendet sich der Elektroniker angewidert ab mit dem Ausruf: "Igitt! Alte Platinen!". :mrgreen:
Munzel
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Re: Stinkende Hartpapier-Platinen in kommerziellen Geräten

Beitrag von Munzel »

mrossx hat geschrieben: Ach ja, guter Test um löterfahrene Elektroniker zu identifzieren: an einem sog. "torfigen Whiskey" schnuppern lassen. Wo der elektronik-unbeleckte Kenner oft mit der Zunge schnalzt, wendet sich der Elektroniker angewidert ab mit dem Ausruf: "Igitt! Alte Platinen!". :mrgreen:
Nö. Er gießt sich den Whisky ein, (zündet sich dazu eine Zigarre an) und genießt.
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Re: Stinkende Hartpapier-Platinen in kommerziellen Geräten

Beitrag von röhrenradiofreak »

Ist der Sat-Receiver vielleicht von Amstrad?

Ein Sat-Receiver dieser Marke ist mir in den frühen 90er Jahren auch einmal durch penetranten Geruch nach Platinenmaterial aufgefallen. Es dauerte ca. 1 bis 2 Jahre, bis sich der Geruch so weit abgeschwächt hatte, dass er im Wohnzimmer nicht mehr störte. Aber ganz verschwunden war er bis zur Abschaltung des analogen Sat TV nicht. Da war der Receiver ca. 20 Jahre alt.

Lutz
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Micha94
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Re: Stinkende Hartpapier-Platinen in kommerziellen Geräten

Beitrag von Micha94 »

Guten Abend,

ich habe leider die unangenehme Eigenschaft, meine Röhrengeräte vor der Restauration und Inbetriebnahme zu "baden", anschließend lasse ich Sie für mindestens 7 Tage an einem warmen Ort trocken, um die Feuchtigkeit aus Trafos, Spulen und Übertragern wieder zu entfernen. Skalenscheibe, Röhren, etwaige Papieraufkleber und alles andere, was Schaden nehmen könnte, wird vorher entfernt. Hierzu verwende ich warmes Wasser sowie eine Mischung aus Glasreiniger und Salmiakgeist. Die Reinigungswirkung ist enorm, Geräte kamen hierbei noch nicht zu Schaden.

Leider bildet sich auch jedoch hier ein starker, von den Platinen ausgehender, stechender Geruch. Nach ca. einer Woche an der Luft, reduziert sich der Geruch auf ein erträgliches Maß. Nach ca. 2 Wochen ist er praktisch nicht mehr wahrnehmbar. Ich kam auch schon auf die Idee, die Geräte in eine Plastiktüte zu packen. Schlechte Idee! So verschwindet der Geruch leider nicht.

Gruß Micha
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Re: Stinkende Hartpapier-Platinen in kommerziellen Geräten

Beitrag von achim1 »

Viel wird man dagegen nicht machen können, das ist wohl einfach dem Grundmaterial geschuldet.
So unterschiedlich können Wahrnehmungen sein. Ich mag den Geruch von Phenolharz, er weckt bei mir frühjugendliche Erinnerungen an die ersten Gehversuche in der Platinenherstellung.
Frage: Was fängt man heute noch mit einem analogen Sat-Receiver an?

Gruß,
Achim
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Re: Stinkende Hartpapier-Platinen in kommerziellen Geräten

Beitrag von Klarzeichner »

@ Micha: Baden kannst du die Chassis, das mitbaden der Trafos ist aber eine sehr schlechte Idee! Die nehmen längerfristig Schaden! Lieber vorher ausbauen.

Was mrossx mit dem Analogreceiver anfangen will ist mir auch völlig schleierhaft. Vielleicht verrät er es uns?

Was die Platinen betrifft: Klar, wenn man sie reinigt, entfernt man Lötstopplack, Wachse etc. Das bietet der Platine gelegenheit, erneut schön auszudünsten.
Wenn es übermäßig stinkt, ist es eben China-Schrott.

Gruß
Stefan
mrossx
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Re: Stinkende Hartpapier-Platinen in kommerziellen Geräten

Beitrag von mrossx »

Habe das Gerät mittlerweile entsorgt. Ich hatte es in eine dicke Plastiktüte verpackt, mit Klebeband verschlossen, auf dem Balkon stehend in einer Ecke. Beim Lüften via Balkontür kam der Geruch in die Wohnung :shock: So eine Chemiepampe tue ich mir nicht an.
Nichts gegen leichten Phenol-Geruch.. aber das hier stinkt extrem stechend, evtl. Formaldehyd oder sowas?

Ich tippe auf China-Schrott, auch wen Thorens draufstand,.

Wozu braucht man sowas? Für ATV-Empfangsversuche. Wenn jemand noch einen möglichst alten analogen Sat-Receiver (nicht stinkend) hat, hätte ich Interesse...
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Gerufon
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Re: Stinkende Hartpapier-Platinen in kommerziellen Geräten

Beitrag von Gerufon »

Das mit dem Gestank ist interessant.. Ich habe mir vor ca. 18 Jahren einen Funk-Radiowecker mit Projektionsuhr gekauft.
Das Ding hat nach Inbetriebnahme infernalisch gestunken und lief erstmal ein paar Wochen auf dem Balkon in nem Schrank bis ich es wagen konnte, es in der Wohnung aufzustellen. Seither (läuft immer noch!) ist es vorbei mit dem Gemüffel.
[b]Bitte beachten: Meine Beiträge könnten Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten. Als Gegenmittel empfehle ich eine nach abwärts gerichtete Kellertreppe.[/b]