Blitzschutz, Fangeinrichtung

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Bosk Veld
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Blitzschutz, Fangeinrichtung

Beitrag von Bosk Veld »

Hallo zusammen,

eine Variante des Blitzschutzes sind sogenannte Fangeinrichtungen. Dies sind gut leitende metallische Konstuktionen, die das Gebäude an jeder Stelle überragen und gut geerdet sind. "Abfangeinrichtung" würde die Sache noch treffender beschreiben; der Blitz, der sonst das Gebäude treffen würde, wird dadurch abgefangen und in die Erde abgeleitet.

Nicht mehr so bekannt ist, daß ein Blitz auch wirklich "eingefangen" werden kann. Das Prinzip ist recht einfach; es geht ganz ohne aktive Bauelemente.

Zunächst braucht man den oben erwähnten metallischen Aufbau, der aber nicht direkt geerdet ist.
Am unteren Ende ist diese "Blitzantenne" über eine träge Sicherung an eine gegen Masse sehr gut isolierte Kapazität angeschlossen, z.B. am obersten Punkt einer metallischen Kugel. Der unterste Punkt der Kugel schließlich ist über eine flinke Sicherung geerdet.
Schlägt nun ein Blitz ein, nimmt er den klassischen Weg zur Erde: über die Antenne, dann die träge Sicherung, die Metallkugel, die flinke Sicherung und zur Erde. Die träge Sicherung hält, aber die flinke Sicherung wird schnell auslösen. Dadurch reißt der Blitz ab und springt wieder zurück. Wieder über die Kugel und über die träge Sicherung. Die hat aber mittlerweile auch ausgelöst, so daß die Ladung nicht mehr zurück kann. Der Blitz bleibt in der Kugel, man hat ihn "eingefangen", z.B. für spätere Untersuchungen.

Ein Versuchsaufbau wurde mal in einer Funkschau von 1949 gezeigt (Heft 3, S. 33):

Bild

Die Auswahl der Sicherungen wird dort als recht kritisch beschrieben; sie müssen innerhalb von Sekundenbruchteilen nacheinander auslösen.

Bitte nicht nachbauen, Lebensgefahr!

Gruß, Frank
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paulchen
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Re: Blitzschutz, Fangeinrichtung

Beitrag von paulchen »

Ein Versuchsaufbau wurde mal in einer Funkschau von 1949 gezeigt (Heft 3, S. 33)
Ich gehe davon aus das damals auch an einen Tag war wie dieser.

Da ich im Dach wohne, werde ich mir das mal nachbauen. Kann man kleine Blitze auch mit kleineren Sicherungen einfangen? Dann kann ich mir doch so etwas später auf den Nachttisch stellen oä?

Danke für die schöne Idee!

paulchen
ELEK
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Re: Blitzschutz, Fangeinrichtung

Beitrag von ELEK »

..ja, und ich hätte schon fast eine Abhandlung über di/dt, Auslösekennlinien... Spannungen usw. geschrieben... ^^

cool !

gruß Ingo
JHG
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Re: Blitzschutz, Fangeinrichtung

Beitrag von JHG »

Hallo zusammen,
also ich habe schon zwei mal einen Blitzeinschlag in unmittelcher Nähe ( so um die 50 m entfernt ) im Hochschwarzwald erlebt. Getroffen wurden jedesmal große Fichten . Aus diesem Geschehen vermute ich, dass von dem beschriebenen April Aufbau nach Einschlag nichts mehr zu finden sein wird. Aber der Amerikaner Franklin soll mit Drachen versucht haben, Energie aus der aufgeladenen Athmosphäre zu ziehen.
Gruß JHG
klausw
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Re: Blitzschutz, Fangeinrichtung

Beitrag von klausw »

Bosk Veld hat geschrieben:...
Am unteren Ende ist diese "Blitzantenne" über eine träge Sicherung an eine gegen Masse sehr gut isolierte Kapazität angeschlossen, z.B. am obersten Punkt einer metallischen Kugel. Der unterste Punkt der Kugel schließlich ist über eine flinke Sicherung geerdet...

Das ist ein sehr interessantes Thema, Frank, danke dafür ! :super:

Ich möchte Deine Ausführungen ein wenig konkretisieren.
Entscheidend für den Erfolg dieses Aufbaus ist, dass er vom dafür vorgesehenen Blitztyp getroffen wird. Die Wissenschaft unterscheidet verschiedene Blitzarten, die nach ihrer Erscheinungsform klassifiziert werden, so z.B. den Linienblitz, den Flächenblitz und den Kugelblitz, siehe z.B. hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Blitz

Der von Dir gezeigte Aufbau ist natürlich -nomen est omen - in erster Linie für Kugelblitze vorgesehen, für alle anderen Blitzarten muss das Auffangbehältnis formgerecht modifiziert werden, damit diese darin Platz finden können.


Gruß
k.

k. steht für klaus

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Bosk Veld
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Re: Blitzschutz, Fangeinrichtung

Beitrag von Bosk Veld »

Schön, daß Euch das Thema interessiert!

paulchen, mit kleineren Sicherungen lassen sich bestimmt auch kleine Blitze einfangen. Wenn sie denn überhaupt auftauchen - bei den allermeisten Blitzen werden wohl beide Sicherungen durchbrennen. Die von Ingo erwähnten Auslösekennlinien helfen bestimmt, die Wunschblitzstärke einzustellen.
Du hast recht, das wäre eine schöne Nachttisch-Dekoration. Aber wie bekommt man das Teil gefahrlos dunkel, wenn man schlafen will?

Und danke, Klaus, für Deine Recherche und Überlegungen! Es kann durchaus sein, daß der Aufbau besonders gut zum Einfangen von Kugelblitzen geeignet ist.
Die meisten Blitzarten sind wissenschaftlich untersucht, aber laut Wikipedia NICHT die Kugelblitze, weil sie nur selten auftreten.

Gruß, Frank
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Re: Blitzschutz, Fangeinrichtung

Beitrag von volvofan58 »

Moin,

ein wirklich schönes Thema, und die Idee allein :super:

Allerdings so wohl nicht für Kugelblitze geeignet. Beim Besuch eines Freundes, habe ich vor grob 50 Jahren mal einen sehen dürfen. Der wahr wohl durch das geöffnete Küchenfenster ins Haus gekommen, der Schrei der Mutter hat alle in die Küche stürmen lassen. Gut 10cm Durchmesser hatte das Teil und war nicht wirklich hell, wenn denn dann eher als Nachtlicht einzusetzen. Faszinierend war das schon, er schwebte langsam Richtung Arbeitsplatte und knapp über dieser zur Edelstahl Kochmulde. Da war es dann auch schon vorbei, mit einem leichten "Pitsch" war er verschwunden. Ähnlich dem Geräusch, wenn man elektrostatisch aufgeladen aus dem Auto aussteigen will und den Metallrahmen der Tür berührt. Viel Energie hat das Teil nicht gehabt, insofern würde wohl selbst die kleinste Sicherung gegen Erde den sofort abmurksen um wieder zum Thema zu kommen.

Beste Grüße
Peter
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klausw
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Re: Blitzschutz, Fangeinrichtung

Beitrag von klausw »

Bosk Veld hat geschrieben: Die meisten Blitzarten sind wissenschaftlich untersucht, aber laut Wikipedia NICHT die Kugelblitze, weil sie nur selten auftreten.

Richtig, Frank. Und ich denke, genau das macht den in der Funkschau illustrierten Versuchsaufbau in wissenschaftlicher und auch pädagogischer Sicht so wertvoll. Hat man erstmal einen der seltenen Kugelblitze in der Kugel gefangen, so kann man ihn studieren, etwa dahingehend, wie lange er in der von paulchen angedachten Weise auf dem Nachttisch Helligkeit zu spenden vermag.
Auch der Aspekt der Energiewende ist, ganz generell, nicht außer Acht zu lassen, verpuffen Blitze jedweder Art bislang doch in erster Linie ungenutzt im Erdreich.
Die Funkschau von 1949 war hier wohl unbemerkt ihrer Zeit bereits weit voraus !

Gruß
k.

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Re: Blitzschutz, Fangeinrichtung

Beitrag von Röhrig »

Hallo Frank,

das hat mich an den genialen Erfinder Dietrich Drahtlos erinnert, der ja seinerzeit auch mit der Gewinnung von Blitzernergie experimentiert hat: http://b-kainka.de/drahtlos/kap2f.htm

Frohe Ostertage wünscht von der sonnigen Förde

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Bosk Veld
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Re: Blitzschutz, Fangeinrichtung

Beitrag von Bosk Veld »

Röhrig hat geschrieben:das hat mich an den genialen Erfinder Dietrich Drahtlos erinnert, der ja seinerzeit auch mit der Gewinnung von Blitzernergie experimentiert hat: http://b-kainka.de/drahtlos/kap2f.htm
:D
Ohne diesen rührigen Idealisten wäre die Blitzforschung heute bei weitem nicht so weit, wie sie heute ... äh ... ist.
(Die Beschreibung seiner Versuche hört sich an wie die der genialen Tricks von Nick Knatterton im Off-Ton.)

Gruß, Frank
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Re: Blitzschutz, Fangeinrichtung

Beitrag von Pitterchen »

Schönes Thema Frank...DANKE....

Besteht ein Blitz, welcher Art auch immer, aus Gleich- oder Wechselspannung?
Können wir damit unsere Schätzchen betreiben oder E-Autos laden?
Könnte man die eingefangene Energie ins öffentliche Stromnetz einspeisen?
Viele Grüße aus dem Siebengebirge

Peter


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Bosk Veld
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Re: Blitzschutz, Fangeinrichtung

Beitrag von Bosk Veld »

Hallo Peter,

für natürliche Blitze ist die Ursache immer eine hohe Gleichspannung.

Es hat Versuche gegeben, E-Autos mit Blitzen zu laden. Sie fuhren damit über 200 km/h. Einzelne Teile erreichten sogar 350 km/h.

Grundsätzlich läßt sich die eingefangene Energie schon ins Stromnetz einspeisen; die technischen Voraussetzungen sind teuer, aber machbar. Scheitern könnte es jedoch an einem flächendeckenden stabilen Modell für Netzeinspeisegebühren.

Übrigens suchte man auch schon während der industriellen Revolution nach Möglichkeiten zur Nutzung von Blitzen. Anfang des 19. Jahrhunderts gelang es etwa einem gewissen Dr. F. bei Ingolstadt, organische Materie zu beleben (Quelle: Wikipedia).

Gruß, Frank
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Re: Blitzschutz, Fangeinrichtung

Beitrag von Grundig4085 »

Hallo Frank,

wie kommst Du auf Gleichstrom?

Ich habe immer gedacht Wechselstrom.

Begründung :
1. der Blitz wechselt oft die Richtung und sieht zackig aus
2. Der Blitz verkehrt oft zwischen Himmel und Erde
3. Die Umgebungstemperatur der Luft wechselt von Kalt nach Warm
4. Zustand getroffener Geräte wechselt oft von ganz nach kaputt
.......

Da ist für mich viel "Wechsel" drinnen.

:bier:

Gruß Stefan
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Pitterchen
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Re: Blitzschutz, Fangeinrichtung

Beitrag von Pitterchen »

@ Frank,
danke für Deine Erklärung.

@ Stefan,
Spannung....nicht Strom...sorry.
Viele Grüße aus dem Siebengebirge

Peter


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Re: Blitzschutz, Fangeinrichtung

Beitrag von ELEK »

..ich glaub, daß der Blitz aus Wechselstrom besteht, weil er seine Stärke wechselt:

- Blitz nicht da --- Blitz da --- Blitz weg

In diesem Zyklus steigt die Stromstärke an, erreicht ein Zenit und fällt wieder ab, unterschiedliche Zeitkonstanten, deshalb Aproximation durch zwei unterschiedliche Sinuskurven möglich

Ein Beweis für den Wechselstromcharakter ist die Induktion von hohen Spannungen in Leiterschleifen (indirekte Blitzeinwirkung)

... die treibende Spannung ist nat Gleichspannung, mit einer Ausnahme: Wenn Elsa aus Arendelle alles in Eis hüllt, führt das plötzliche hohe epsilon des Wassers zu einer Ladungsschwingung in den Wolken, das ist mit dem Versuch zu vergleichen, daß die Spannung über einem Drehkondensator ansteigt, wenn man die Kapazität verringert.

...is alles nicht ganz einfach...

Gruß Ingo