Grundig 3033/56 überholen

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röhrenradiofreak
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Re: Grundig 3033/56 überholen

Beitrag von röhrenradiofreak »

BadBehaviour hat geschrieben:Ich habe den Eindruck, dass die allermeisten Kondensatoren (selbst die Ero) noch absolut ok sind.
Mit meinem Voltcraft Messgerät haben sie eine höhere Kapazität als angegeben (meist ca. das doppelte) und keinen Kurzschluss.
Habe irgendetwas gelesen, dass sich zwischen damals und heute an den Messgeräten etwas geändert hat und es daher zu höheren Messwerten kommen kann. Oder habe ich da etwas falsch verstanden?
Die höhere angezeigte Kapazität ist ein Zeichen dafür, dass die Kondensatoren nicht mehr in Ordnung sind.

Die Kapazität hat sich nicht wirklich erhöht. Aber die Isolation ist nicht mehr in Ordnung. Damit kommt das Messverfahren der meisten Kapazitätsmessgeräte nicht klar, sie zeigen dann einen mehr oder weniger erhöhten Wert an.

Wer das nicht glaubt, der schalte mal einem einwandfreien Kondensator einen Widerstand von einem bis einigen M Ohm parallel. Das Kapazitätsmessgerät wird nun eine mehr oder weinger deutlich höhere Kapazität anzeigen. Aber wo sollte die zusätzliche Kapazität herkommen? Der Widerstand hat praktisch keine Kapazität.

Mit einem Ohmmeter kann man diese Isolationsfehler oft nicht feststellen, denn der Isolationswiderstand ist spannungsabhängig. Ich habe das mal bei einigen alten Kondensatoren ausgemessen. Bei niedriger Spannung liegt er oberhalb dessen, was die Messgeräte noch anzeigen können (oft 20 M Ohm), bei höherer Spannung wird er kleiner. Aber es gibt auch Stellen, wo schon ein Isolationswiderstand deutlich über 20 M Ohm erhebliche Probleme verursacht. Zum Beispiel beim berühmten Koppelkondensator vor der Endröhre verursacht ein Isolationswiderstand von 100 M Ohm eine Gleichspannung von knapp 1 V am Steuergitter und eine entsprechende Verschiebung des Arbeitspunktes der Endröhre mit der Folge, dass ihr Anodenstrom um einige mA steigt.

Lutz
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Re: Grundig 3033/56 überholen

Beitrag von BadBehaviour »

Okay, das leuchtet mir ein.
und ich hatte mich schon gefreut, dass mein Radio so toll in Schuss war...
wie sieht's mit dem Kondensatoren aus? 630 oder lieber 1000V?
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eabc
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Re: Grundig 3033/56 überholen

Beitrag von eabc »

@....wie sieht's mit dem Kondensatoren aus? 630 oder lieber 1000V?

Das haben wir doch schon durchgekaut :mrgreen: , im Gleichspannungsbereich der Radios verwende ich je nach Einsatzort eine Spannungsfestigkeit von Max. 630V, auch an der Anode der NF-Endstufe (solang ihre Spannung unterhalb 300V beträgt).

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Re: Grundig 3033/56 überholen

Beitrag von BadBehaviour »

Das hatte ich so nicht gelesen, aber dann ist ja alles bestens...


So nachdem ich das Radio jetzt eingeschaltet habe war sofort ein Britzeln an der eingekreisten Stelle zu sehen.
Bild
Das dürfte der Bereich unter dem UKW-Schieber sein.

Bisher habe ich in diesem Bereich nichts verändert. Wollte ihn eigentlich auch schön in ruhe lassen, schon alleine wegen den vielen Haarfeinen Drähten.

Kann es sein, dass sich hier, durch die Säuberungsaktion, staub etc. angesammelt hat, der jetzt verbrennt?
Kann ich es erst mal mit Kontakt Reiniger versuchen oder mache ich damit eher noch mehr kaputt?

Befinden sich hier auf der Rückseite überhaupt noch Bauteile, oder sind hier nur noch die Schleifkontakte und wenn ja, zerlege ich das ganze, indem ich die 4 Schrauben löse, oder kommen mir dann allerhand Federn entgegen gesprungen?
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Re: Grundig 3033/56 überholen

Beitrag von eabc »

Der blaue Kondensator scheint sehr dicht am darunterliegendem Lötpkt. zu liegen evtl. beseitigt anheben die Ursache.
Mit Kontaktsprays bitte sehr sparsam umgehen denn in Verbindung mit Staub können sich an Spannungsführenden Punkten Kriechströme bilden.

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Re: Grundig 3033/56 überholen

Beitrag von BadBehaviour »

Das mit dem Kondensator liegt an der Perspektive. Da ist genügend Platz.
Es sieht fast so aus, als wenn das ganze unter der Leiste herkommt.
Habe es auch nochmal mit dem Kompressor ausgepustet, aber das konnte den Fehler leider nicht beheben.
Neben Kontaktspray habe ich auch noch einen Reiniger von Kontakt Chemie, aber das wird wahrscheinlich ähnlich sein wie mit Kontaktspray.

Werde wohl um das zerlegen nicht drum rum kommen.
Daher auch die Frage.. wenn ich die Leitungen alle ablöte, kann ich die ganze Platte abnehmen, indem ich die 4 Schrauben löse? Dann kann ich um die Spulen etc. einen Bogen machen.
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Re: Grundig 3033/56 überholen

Beitrag von röhrenradiofreak »

Unter der Stelle, die Du eingekreist hast, liegt ein Kontakt, der die Gegenkopplung umschaltet. Dort liegt keine Gleichspannung an. Aber die Kontakte rechts daneben führen die Anodenspannung der ECH81 (über 200 V). Der Überschlag wird wohl zwischen dem Kontakt, der auf dem Foto durch den blauen Kondensator verdeckt ist, und dem Kontakt, an den das rote Kabel führt, stattfinden. Das passiert meist durch Feuchtigkeit oder Reste eines Kontaktreinigungsmittels, weshalb man mit letzterem sparsam umgehen sollte.

Man könnte provisorisch den roten Draht ablöten und den links daneben liegenden Kontakt (Masse) freilegen, das würde diesen Überschlag erstmal beseitigen. Ein Nachteil dabei ist, dass die Klangeinstellung des NF-Teils auf den AM-Bereichen dann der bei UKW entspricht, was vermutlich die Störgeräusche subjektiv lauter macht. Aber damit ist die Ursache, nämlich eine Verschmutzung zwischen den Kontakten oder sogar eine Verkohlung der Kontaktträgerplatte, nicht beseitigt. Wer weiß, ob es noch weitere Stellen gibt, an denen ähnliches droht. Also ist nun eine etwas umfangreichere Arbeit angesagt.

Lutz
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Re: Grundig 3033/56 überholen

Beitrag von BadBehaviour »

Das habe ich fast befürchtet.
Vielen vielen Dank für die ausführliche Antwort.

Komme ich denn durch die 4 schrauben an die Stelle, oder muss ich den gesamten Tastensatz ausbauen?
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Re: Grundig 3033/56 überholen

Beitrag von röhrenradiofreak »

Das kann ich nicht genau beantworten. Auf dem Bild sieht es so aus, als ob die gesamte Kontaktträgerplatte nach Lösen aller abgehenden Kabelverbindungen (unbedingt genauen Plan machen, welcher Draht wohin gehört!) und der Schrauben abgenommen werden kann. Möglicherweise werden die beweglichen Kontaktfedern an den Schiebern verbleiben. Das ganze wieder so zusammenzusetzen, dass alle ca. 30 Kontaktfedern richtig auf den feststehenden Kontakten sitzen, könnte dann schwierig bis unmöglich sein.

Also könnte es vielleicht sinnvoller sein, die Tastatur auszubauen und die Schieber, wenn möglich, nach oben herauszunehmen.

Welche Vorgehensweise richtig ist, weiß ich nicht. Aber jemand anders hier im Forum.

Lutz
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Re: Grundig 3033/56 überholen

Beitrag von SABA78 »

Hallo.
Das Ent- und wieder Ver-Drahten mehr oder weniger aufwändiger Schaltungen ist ja der Schrecken der meisten von uns. Ich musste mal bei einem Japanischen Kofferradio eine Platine ausbauen um Elkos zu tauschen. Das Problem war, daß die Platine auf Ober- und Unterseite verdrahtet waren und das die Drähte aus "allen Richtungen" kamen. Die Platine war also regelrecht eingewoben.
Um die Platine letzten Endes heraus zu bekommen habe ich mir aus dem Mantel von Telefonkabel (das hatte ich gerade in ausreichender Zahel) kleine Stückchen von ca 2cm Länge geschnitten und diese dann durchnummeriert. Die abgelöteten Drähte bekamen eine Nummer - der Lötpunkt auf der Platine die gleiche Nummer. Die Kabelmantelstückchen lassen sich wunderbar auf die Drähte schieben.
Bei starren Drähten, wie sie ja in den Röhrenradios meistens vorkommen, kann man einfach das Ende zurückbiegen, damit die Beschriftung nicht verloren geht.
Die Kabelmantelstückchen, die die Lötpunkte markieren sollen habe ich angelötet indem ich durch den Mantel ein stück Blankdraht steckte, die beiden enden zusammenbog und verdrillte.
Wenn man Draht für Draht vorgeht und sich langsam durch das Chassis arbeitet, kann man theoretisch ein Gerät komplett entlöten und wieder neu bestücken.
Resize of Kabelmarkierung.jpg
Oben: Marker zum Anlöten
Unten: Marker auf Drahtende aufgeschoben

Gruß,
Daniel.
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Gruß,
Daniel


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Re: Grundig 3033/56 überholen

Beitrag von Bosk Veld »

Super-Tip, :super:, das probiere ich demnächst mal aus.

Gruß, Frank
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Re: Grundig 3033/56 überholen

Beitrag von SABA78 »

Danke,
freut mich wenn's hilft :-)

Hoffentlich bringen die Bilder das auch so rüber wie's gemeint ist. Die grauen Teile sehen ja doch etwas nach Abwasserrohr aus ;-)
Gruß,
Daniel


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Re: Grundig 3033/56 überholen

Beitrag von BadBehaviour »

Von mir auch vielen Dank für den Tip!
Zusätzlich werde ich noch 2-3 Fotos machen, so dass ich nachsehen kann, falls es Unsicherheiten gibt.

Ich hoffe zwar immer noch, dass sich irgendwer meldet, der eine Alternative zum freilöten kennt (man wird ja noch träumen dürfen), aber das hat mir immerhin ein wenig den Schrecken vor dem Kabelwust genommen.
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SABA78
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Re: Grundig 3033/56 überholen

Beitrag von SABA78 »

Hallo.
Ich kenne das Problem. Ich bin grundsätzlich ungeduldiger Natur und will immer am Ende einer Arbeitsetappe ein Ergebnis sehen. Am liebsten würde ich ein Radio in einem Rutsch ohne Unterbrechung durchrestaurieren. Aber wie das halt so ist - der Abend wird später und später und... und irgendwann hat man keine Lust mehr es "anständig" zu machen. Dann schreit das kleine Teufelchen über der einen Schulter "schxxss drauf - machs halt irgendwie so!" und der gute Engel der Vernunft sagt "hör für heute auf, mach ein ander Mal weiter!" ;-). Irgendwann habe ich gelernt auf das Engelchen zu hören :-).
Wenn man müde und unmotiviert wird, dann macht man Kompromisse - das sollte man bleiben lassen.
Auch bei der Neulackierung lasse ich mir mittlerweile Zeit - seit dem wird das Ergebnis auch deutlich besser. Gerade beim Lackieren ist Ungeduld der Feind des Handwerks.

Gruß,
Daniel

Nachtrag: Wenn ein Projekt aussichtslos erscheint, man nicht mehr weiterkommt oder einfach keine Lust mehr hat, dann sollte man die Baustelle zur Seite stellen und was anderes machen. Irgendwann packt es einem dann mal wieder (wie z.B. bei meinem Meersburg 7 :mrgreen:
Gruß,
Daniel


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Re: Grundig 3033/56 überholen

Beitrag von BadBehaviour »

Es geschehen noch Zeichen und Wunder.
Habe das Problem mit Kontaktreiniger (kein Kontakt spray), Wattestäbchen und viel Geduld behoben.
Konnte von hinten mit dem Wattestäbchen die Stelle erreichen, so dass nach einem weiteren Test weder ein britzeln zu sehen, hören oder riechen war.
Allerdings habe ich ein Recht lautes Netzbrummen, so dass ich nachher noch einen Becherelko bestellen werde.


Es wird langsam...