Röhrenprüfgerät: Anodenstrom ohne Aussenwiderstand messen?

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dachbodenbastler
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Röhrenprüfgerät: Anodenstrom ohne Aussenwiderstand messen?

Beitrag von dachbodenbastler »

Ich befasse mich schon seit einiger Zeit gedanklich mit dem dem Selbstbau eines Röhrenprüfgerätes. Dabei bin ich bei folgender Frage hängengeblieben, auf die ich im Netz auch mit KI keine eindeutige Antwort gefunden habe:

Ich möchte in meinem RPG genau die Werte aus dem Datenblatt der zu prüfenden Röhre einstellen (und nicht wie bei verschiedenen anderen der alten, kommerziellen RPG mit eigenen Spannungen arbeiten). Dazu gibt es im Netz verschiedene Bauanleitungen zur Erzeugung der notwendigen Anoden- und Gitterspannungen. Soweit, so gut.

In den Datenblätter der Röhren ist der Anodenstrom sowie die Gitterspannungen entsprechend angegeben. Dazu der Wert für den Aussenwiderstand Ra.

In verschiedenen Bauanleitungen zu RPG liesst es sich aber so, als ob der Anodenstrom direkt ohne einen Aussenwiderstand gemessen wird. Die Röhre wird also quasi kurzgeschlossen und der Anodenstrom nur noch durch den Innenwiderstand begrenzt. Bei diesem Vorgehen wird doch aber nicht der Anodenstrom gem. Datenblatt erhalten, zudem kann die Röhre durch den hohen Strom beschädigt werden. Ist das richtig oder habe ich da was falsch verstanden?

Schon mal danke für eine Antwort.

Stefan
cerker
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Re: Röhrenprüfgerät: Anodenstrom ohne Aussenwiderstand messen?

Beitrag von cerker »

Das hängt davon ab .. wenn es RC-Kopplung ist musst du die sich im angegebenen Arbeitspunkt tatsächlich einstellende Anodenspannung ausrechnen und bei der Messen.

Sagen wir es ist angegeben 250V Ub, 50kOhm Ra, 2mA Ia, 2k2 Rk:

Ua = Ub - Ra*Ia - Rk*Ia = 250V - 50kOhm*2mA - 2.2kOhm*2mA = 250 - 100 - 4.4 = 145.6V
Ug = -(2.2kOhm * 2mA) = -4.4V

Bei Trafokopplung ist hier nur der DC-Widerstand der Primärwicklung interessant. Den würde ich entweder als 0 oder als 5-20% des Ra annehmen.

Sag doch mal ein paar Beispieltypen und verlinke ev. die entsprechenden Datenblätter.

Gruß,
Christian
hoeberlin
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Re: Röhrenprüfgerät: Anodenstrom ohne Aussenwiderstand messen?

Beitrag von hoeberlin »

Hallo, Stefan,

um als Beispiel mal die EL84 zu nehmen:

Es wird eine negative Gitterspannung von 7,3 Volt angelegt, sowie eine Schirmgitterspannung von 250V, und Anodenspannung von 250Volt. In den Zweig zur Anode wird ein Strommesser eingefügt, der soll dann gemäß Datenblatt im Idealfall 48mA anzeigen.

Bitte immer bedenken: Röhren haben im allgemeinen sehr große Toleranzen, und die Schaltung muß das in weitem Umfang ausgleichen können.

( in NF Endstufen üblicherweise über einen Kathodenwiderstand ).

VG Henning
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dachbodenbastler
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Re: Röhrenprüfgerät: Anodenstrom ohne Aussenwiderstand messen?

Beitrag von dachbodenbastler »

Ich denke z.B. an eine Schaltung wie von Borngräber beschrieben:
http://www.roehrenkramladen.de/Roehrent ... 3-txt.html

Dort ist als Beispiel die ECC83 aufgeführt. Ich verstehe es so, dass auf Anode und Gitter die Spannungen gemäss Datenblatt gegeben werden
Am Beispiel der ECC83 findet sich z.B. unter

https://www.alldatasheet.com/datasheet- ... ECC83.html

typical characteristics
Anode voltage 250 V
Grid voltage. -2 V
Grid current. 1,2 mA

Ich lege also einfach 250V an die Anode, - 2 V ans Gitter und messe dann im Idealfall bei einer neuen Röhre im Durchschnitt 1,2 mA. Entsprechend mache ich das bei allen anderen Röhren. Korrekt?

Gruß
Stefan
hoeberlin
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Re: Röhrenprüfgerät: Anodenstrom ohne Aussenwiderstand messen?

Beitrag von hoeberlin »

Hallo, Stefan,

"fast" richtig, es darf nur nicht grid current heißen, sondern anode current.

Am Steuergitter fließt üblicherweise (fast) gar kein Strom.

VG Henning
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Re: Röhrenprüfgerät: Anodenstrom ohne Aussenwiderstand messen?

Beitrag von dachbodenbastler »

...in der Tat falsch aus dem Datenblatt abgeschieben. Danke für die Antwort.

Stefan
wellenkino
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Re: Röhrenprüfgerät: Anodenstrom ohne Aussenwiderstand messen?

Beitrag von wellenkino »

du kannst die Anode über das mA Meter direkt an + betreiben.
Es ist ein sehr guter Rat, in jede der (vier?) Spannungen die du dir machst eine einstellbare Strombegrenzung zu bauen. Denn es wird immerwieder mal eine wirklich defekte Birne dabeisein und es bleibt dann ohne ernstzunehmende Folgen.

lG Martin
TKOFreak61
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Re: Röhrenprüfgerät: Anodenstrom ohne Aussenwiderstand messen?

Beitrag von TKOFreak61 »

Hallo Stefan,

Herr Borngräber hat ja verschiedene Schaltungsvarianten des Röhrenprüfers vorgestellt. Alle arbeiten letztlich, wie Henning es beschrieben hat. Es werden lt. Datenblatt die Spannungen Ua, Ug2, Ug1 und Uh an die entsprechenden Röhrenanschlüsse gelegt und am im Anodenstromkreis liegenden Amperemeter der Anodenstrom abgelesen. Bei einer EL 84 sollten es im Idealfall die 48 mA sein.
Ich habe mir in Anlehnung an die Schaltungsgrundlagen von Herrn Borngräber ein solches Prüfgerät gebaut und prüfe meine Röhren auch so. Einen zusätzlichen Widerstand (entsprechend Deiner Fragestellung) benutze ich dafür nicht.
Die gemessenen Werte entsprechen den Daten aus dem Datenblatt, abgesehen vom den erwähnten Toleranzen und dem Alterungszustand der Röhre. Die meist niedrigeren Werte werden deshalb bei verschiedenen Geräten in % angegeben. Ich habe mir eine Excel-Tabelle erstellt, in der in 10er Schritten, ausgehend vom Stromwert für 100%, die Stromwerte aufgelistet sind. So weiss ich sofort, wieviel Prozent die Röhre noch bringt und ob sich deren Einsatz noch lohnt. Aber !!!! die beste und sicherste Prüfung einer Röhre auf ihre Verwendbarkeit ist im Radio selbst. Auch wenn das Prüfgerät sagt: "Röhre ist Schrott bzw. nicht brauchbar", kann sie im Gerät noch gut funktionieren.
Die Ermittlung des Anodenstromes ist aber nur ein Teil der Röhrenprüfung. Wichtig ist auch, ob in der Röhre Schlüsse zwischen einzelnen Elektroden bestehen, ob sie Luft gezogen hat und ob die Heizung noch intakt ist. Solche Prüfmöglichkeiten sollte ein Eigenbaugerät auch besitzen. Entsprechende Schaltungen findet man z.B. auf den Seiten von Jogi.

Beste Grüße
Jürgen

PS: Die in Deinem zweiten Beitrag beschriebene Vorgehensweise ist korrekt !!!